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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 18.06.2012, RV/0921-W/10

Vorliegen eines haftungsbegründenden Sachverhaltes, Ermessensübung insbesondere angesichts lange verstrichener Zeit

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des NG, vertreten durch WM, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO entschieden:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Haftung auf € 66.607,81 anstatt € 127.490,12 eingeschränkt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Berufungswerber (Bw) als Haftungspflichtigen gemäß § 9 Abs. 1 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der D-GmbH im Ausmaß von € 127.490,12 in Anspruch.

In der dagegen eingebrachten Berufung führte der Bw aus, dass er den Haftungsbescheid und die Abgabenbescheide wegen inhaltlicher und formeller Rechtswidrigkeit zur Gänze bekämpfe.

Mit Schreiben vom habe die damalige steuerliche Vertretung den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend der Abgabenpflichtigen mit der Begründung gestellt, dass aufgrund der angeschlagenen wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Betriebsprüfung nicht alle Unterlagen, vor allem auch nicht entsprechend aufgearbeitete, hätten vorgelegt werden können. Da die Gesellschaft danach in Konkurs habe gehen müssen, hätten die entsprechenden Belege auch nicht nachgereicht werden können, sodass es zu rigorosen Schätzungen gekommen sei. Im Zuge des Strafverfahrens gegen die Geschäftsführer seien alle Unterlagen aufbereitet und fehlende Belege nachgereicht worden, sodass der Sachverständige im Strafverfahren nunmehr von vollständigen Belegen spreche. Gleichzeitig seien die vervollständigten Unterlagen zur neuerlichen Prüfung angeboten worden.

Über diesen Antrag habe die Abgabenbehörde bisher nicht entschieden, sondern den gegenständlichen Haftungsbescheid erlassen, ohne dem Bw ausführlich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, dass die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, weil die vorgenommenen Schätzungen auf realitätsfremden Schätzungsgrundlagen beruhten. Dem angefochtenen Haftungsbescheid sei inhaltlich seiner·Begründung auch nicht zu entnehmen, worin eine Pflichtverletzung des Bw gelegen sein sollte. Hätte die Finanzbehörde im Zuge eines gesetzmäßigen Ermittlungsverfahrens über den Wiederaufnahmeantrag inhaltlich entschieden und dem Bw ausreichend Parteiengehör eingeräumt, wäre der Haftungsbescheid nicht zu erlassen gewesen. Der Sachverständige JE habe am u.a. festgestellt, dass in Ansehung der Abgabenpflichten das vorliegende Rechnungswesen und Belegmaterial richtig sei (GA Seite 8) und die Annahme der Finanzverwaltung (Prämisse b)), wonach die baren Darlehenszuflüsse von insgesamt S 2,150.000,00 als "Schwarzumsätze" einzustufen seien, im Wesentlichen unhaltbar sei (GA Seite 9). Der Prämisse c), wonach das gesamte Rechnungswesen nicht auf realen Vorgängen beruhe und die Gesellschaften nur zu Verschleierungszwecken gegründet und in Insolvenz geführt worden seien (GA Seite 9), sei das Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft nicht nähergetreten und habe das Verfahren eingestellt.

Aus den umfangreichen Ermittlungsergebnissen des Verfahrens 2p des Gs ergebe sich, dass die im Rahmen der Betriebsprüfung vorgenommenen Schätzungen zu Unrecht erfolgt seien und dem Bw (dort Beschuldigten) an einer allfälligen Nichtentrichtung von Abgabenschuldigkeiten der Steuerpflichten jedenfalls kein haftungsrelevantes Verschulden treffe. Vor Konkurseröffnung der Abgabenpflichtigen hätten laut Sachverständigengutachten Verbindlichkeiten an den Gesellschafter NoG von rund € 78.000,00 bestanden, die als eigenkapitalersetzend einzustufen seien (GA Seite 4). Der Bw habe somit auf eigene Forderungen in beträchtlicher Höhe zugunsten der Abgabepflichtigen verzichtet.

In dem angefochtenen Haftungsbescheid werde mit Blick auf die Verpflichtung zur Ausübung von billigen Ermessen (§ 20 BAO) nichts angeführt, was die getroffene Entscheidung zu tragen vermöchte. Es seien mangels ausreichenden Parteiengehörs weder das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen des Bw noch seine persönliche Verhältnisse berücksichtigt worden. Berücksichtige man, dass die Abgabenforderungen teilweise bald 10 Jahre zurücklägen, der Bw auf erhebliche Forderungen gegen die Abgabenpflichtige verzichtet habe und derzeit als Angestellter monatlich € 1.000,00 brutto bei Sorgepflichten für seine Ehegattin und einem Kind ins Verdienen bringe, erweise sich die Inanspruchnahme der persönlichen Haftung des Bw weder als billig noch als zweckmäßig. Eine zwangsweise Hereinbringung des geltend gemachten Haftungsbetrages wäre voraussichtlich mit dem Verlust des Arbeitsplatzes des Bw verbunden, womit die Familie auf Sozialleistungen angewiesen wäre. Aus diesem Blickwinkel könne eine Zweckmäßigkeit in der Haftungsinanspruchnahme nicht erblickt werden.

Aus anwaltlicher Vorsicht werde mangels Kenntnis der Abgabenbescheide auch Verjährung der Abgabenansprüche geltend gemacht.

Der Berufungswerber stelle daher den Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom beantragte der Bw die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Unbestritten ist, dass dem Bw als selbstständig vertretungsbefugtem Geschäftsführer der Abgabepflichtigen laut Eintragung im Firmenbuch von bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über deren Vermögen mit Beschluss des Ge vom die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag.

Die ebenfalls nicht bestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin steht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auf Grund der Aufhebung des Konkurses mangels Kostendeckung mit Beschluss des Ge vom fest. Zudem wurde auch bereits am die amtswegige Löschung gemäß § 40 FBG der Firma der Primärschuldnerin wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch eingetragen.

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.

Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er nur dann haftungsfrei, wenn er im Verwaltungsverfahren nachweist, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat. Wenn die Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.

Bezüglich der mit Haftungsbescheid geltend gemachten Lohnsteuer ergibt sich die schuldhafte Verletzung der Vertreterpflichten durch deren Nichtabfuhr durch den Bw nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 90/13/0143) aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG, wonach jede Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters darstellt.

Dass für die Entrichtung der übrigen haftungsgegenständlichen Abgaben keine Mittel zur Verfügung gestanden wären, wurde vom Bw nicht behauptet. Aus dem vom Bw vorgelegten Gutachten geht vielmehr hervor, dass die operative Geschäftstätigkeit der D-GmbH Anfang August 2003 eingestellt wurde und aufgrund des nun vorgelegten Kassenbuches und der Buchhaltungen sich an Stelle des früher aufscheinenden Bargeldbestandes von mehr als € 96.000,00 zum ein Bargeldbestand von € 14.290,92 ergibt (Pkt. 2.2). Aus dem korrigierten Rechnungswesen ergibt sich, dass bei Konkurseröffnung ein Bargeldbestand von € 290,92 hätte vorhanden sein sollen (Pkt. 3.1). Es ist somit davon auszugehen, dass bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens Mittel zur anteiligen Entrichtung der Abgaben zur Verfügung standen.

Auf Grund des nachweislichen Vorhandenseins von Mittel bis konnten dem Bw mangels Darlegung des Fehlens der Mittel im maßgeblichen Zeitraum der Fälligkeit der Abgabenverbindlichkeiten zu deren vollständiger Entrichtung, was er nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () tauglich nur durch Darstellung auch der Einnahmesituation der Primärschuldnerin hätte aufzeigen können, und mangels Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ) die - bis zu diesem Zeitpunkt fälligen - uneinbringlichen Abgaben, sofern sie in der Zeit fällig wurden, in der der Bw Geschäftsführer der Gesellschaft war, zur Gänze vorgeschrieben werden.

Da der Bw ab Eröffnung des Konkursverfahrens am nicht mehr über diese Mittel verfügungsberechtigt war (vgl. ), war der Berufung hinsichtlich der danach fällig gewordenen Abgaben stattzugeben.

Dies betrifft die jeweils am fällig gewordene Körperschaftsteuer 2000 bis 2002 in Höhe von € 272,52, € 48.178,89 und € 10.052,21 und Anspruchszinsen 2001 und 2002 in Höhe von € 2.307,07 und € 71,62, sodass ein Haftungsbetrag von € 66.607,81 verbleibt.

Sofern der Bw mit dem Einwand, dass die im Rahmen der Betriebsprüfung vorgenommenen Schätzungen zu Unrecht erfolgt seien, die inhaltliche Richtigkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen bestreitet, ist dem entgegenzuhalten, dass dem Haftungsbescheid Abgabenbescheide vorangegangen sind, sodass es der Behörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () im Verfahren über die Heranziehung des Bw zur Haftung daher verwehrt ist, die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung als Vorfrage zu beurteilen. Der Bw hat neben der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung ohnehin gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen die Bescheide über den Abgabenanspruch berufen. Wird aber neben einer Berufung gegen den Haftungsbescheid eine - allenfalls auch mangelhafte - Berufung gegen den Abgabenanspruch erhoben, so ist zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt. Die Voraussetzungen für eine Verbindung der beiden Berufungen zu einem gemeinsamen Verfahren (§ 277 BAO) liegen in einem solchen Fall nicht vor (vgl. ).

Der Einwand, dass es zu rigorosen Schätzungen gekommen sei, bezieht sich nicht auf die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben, die laut Aktenlage von der Abgabepflichtigen selbst gemeldet wurden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () spricht die Meldung von einbehaltenen Lohnabgaben an das Finanzamt dafür, dass die entsprechenden Löhne tatsächlich ausbezahlt worden sind.

Soweit der Bw aus anwaltlicher Vorsicht die Verjährung der Abgabenansprüche geltend macht, ist vorerst darauf zu verweisen, dass die Heranziehung zur Haftung eine Einhebungsmaßnahme darstellt (vgl. ), sodass hinsichtlich der Verjährung die Bestimmung des § 238 Abs. 1 BAO über die Einhebungsverjährung gilt, wonach das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe, verjährt.

Die Verjährung fälliger Abgaben wird nach § 238 Abs. 2 BAO durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Gemäß § 9 Abs. 1 der im Beschwerdefall noch maßgeblichen Konkursordnung in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 370/1982 wird die Verjährung der angemeldeten Forderung durch die Anmeldung im Konkurs unterbrochen und beginnt die Verjährung der Forderung gegen den Gemeinschuldner von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist.

Seit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (verstärkter Senat) vom , 91/13/0037, 0038, sieht dieser Unterbrechungshandlungen im Sinn des § 238 Abs. 2 BAO anspruchsbezogen, somit entfalten solche Unterbrechungshandlungen nicht nur gegenüber etwa dem Primärschuldner, sondern auch gegenüber einem allfälligen Haftungspflichtigen Wirkungen.

Demnach hat der Lauf der Verjährungsfrist von fünf Jahren (§ 238 Abs. 1 BAO) erst mit Rechtskraft des Beschlusses des Ge vom über die Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der D-GmbH (neuerlich) zu laufen begonnen. Da laut Aktenlage nach Konkursaufhebung zahlreiche zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlungen - etwa die Meldeanfragen vom und (vgl. ), Amtshilfeersuchen vom , und (vgl. ) - getätigt wurden, wurde der Haftungsbescheid des Finanzamtes vom zweifelsohne innerhalb der Verjährungsfrist erlassen.

Sofern der Bw mit dem Hinweis auf seine persönliche Verhältnisse (Forderungsverzicht, Einkommen als Angestellter von monatlich € 1.000,00 brutto und seine Sorgepflichten) eine Unbilligkeit der Haftungsinanspruchnahme vorbringt, ist dem vorerst zu entgegnen, dass er mit diesem Einwand nur die Uneinbringlichkeit der Haftungsschuld bei ihm vorbringt. Damit wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () nicht eine unzweckmäßige Ermessensübung dargelegt, da die allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können.

Bezüglich der Befürchtung, dass die zwangsweise Hereinbringung des geltend gemachten Haftungsbetrages voraussichtlich mit dem Verlust des Arbeitsplatzes des Bw verbunden wäre, ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/14/0044, zu verweisen, wonach Arbeitslosigkeit des Haftenden an sich in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung steht und persönliche Umstände des Bw anspricht, die im Rahmen der Ermessensübung zur Geltendmachung der Haftung nicht maßgeblich sind.

Bezüglich des Einwandes, dass sich die Inanspruchnahme der persönlichen Haftung des Bw weder als billig noch als zweckmäßig erweise, weil die Abgabenforderungen teilweise bald 10 Jahre zurücklägen, ist vorerst festzustellen, dass die verbleibenden der mit Haftungsbescheid vom geltend gemachten Abgabenansprüche den Zeitraum 2001 bis September 2003 betreffen.

Zwar bildet es auch eine wichtige Obliegenheit der behördlichen Ermessensübung, den jeweiligen Umständen des Einzelfalles in der gebotenen Weise Rechnung zu tragen und auch aus dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit resultierende Unbilligkeiten hintanzuhalten (vgl. ), doch kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () allein in der Geltendmachung einer Haftung (mit Haftungsbescheid vom ) für Abgabenschulden, die länger als Jahre (1990 bis 1995) zurückliegen, von einem Ermessensmissbrauch nicht gesprochen werden.

Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren. Bei der Inanspruchnahme persönlich Haftender ist somit vor allem die Nachrangigkeit der Haftung zu berücksichtigen (vgl. Ritz, BAO4 § 20 Tz 8). Laut Firmenbuchauszug war der Bw im haftungsrelevanten Zeitraum einziger Geschäftsführer der Gesellschaft, somit der einzige in Betracht kommende Haftende im Sinne der § 9 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 80 ff. BAO, und können diese Abgabenschulden bei der Gesellschaft nicht mehr eingebracht werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () ist die Behörde daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nicht rechtswidrig vorgegangen.

Auch wird mit dem bloßen Hinweis, die Abgabenforderungen lägen teilweise bald 10 Jahre zurück, noch keineswegs dargetan, dass die Heranziehung des Bw für die haftungsgegenständlichen Abgaben, deren Uneinbringlichkeit aus schuldhaften Pflichtverletzungen (insbesondere Nichtentrichtung) des Bw während seiner Geschäftsführungstätigkeit resultiert, aus dem Element der Zumutbarkeit angesichts lange verstrichener Zeit unangemessen in Bezug auf seine berechtigten Interessen sein sollte, zumal der Erlassung des Haftungsbescheides zahlreiche gegen den Bw gerichtete Amtshandlungen aufgrund der Amtshilfeersuchen vom zur Erhebung der wirtschaftlichen Lage des Bw in L4, vom zur Erhebung der wirtschaftlichen Lage des Bw in L2, und vom zur Erhebung der wirtschaftlichen Lage des Bw in V3, vorausgingen, sodass auch ein diesbezüglicher Vertrauensschutz auf faktische Gegebenheiten infolge eines lang andauernden Zustandes nicht ausgelöst wurde.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw konnte die Abgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw für die laut Rückstandsaufgliederung vom nach wie vor unberichtigt aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der D-GmbH im Ausmaß von € 66.607,81 zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Geschäftsführer
schuldhafte Pflichtverletzung
Uneinbringlichkeit
Löschung
Eröffnung des Konkursverfahrens
Amtshilfeersuchen
Ermessensübung
lange verstrichener Zeit

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at