Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 29.09.2009, RV/0587-L/08

Haftung gemäß § 14 BAO für die Umsatzsteuer aus der Betriebsveräußerung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0587-L/08-RS1
Für eine Übereignung im Sinne des § 14 BAO genügt es, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebes bloß im wirtschaftlichen Sinn übereignet wurden, wenn also ein eigentümerähnliches Herrschaftsverhältnis an den sachlichen Grundlagen des Betriebes auf den Erwerber übergegangen ist. Unter Übereignung ist daher die Verschaffung der Verfügungsmacht über den Betrieb im Ganzen, also die Einräumung der Herrschaftsmacht (Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums) zu verstehen. Es kommt daher nicht auf eine besondere zivilrechtliche Gestaltung an, sondern darauf, dass ein solcher tatsächlicher Zustand geschaffen wird, der wirtschaftlich betrachtet als Übergang des Unternehmens als Ganzes angesehen werden kann (Stoll, BAO, 164 mwN).
RV/0587-L/08-RS2
Die Haftung gemäß § 14 BAO kommt nur für Abgaben in Betracht, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, also Abgaben, bei denen materiell-rechtlich die Führung eines Betriebes Tatbestandsmerkmal ist. Ein Kausalzusammenhang zwischen Betrieb (Führung des Unternehmens) und Abgabe reicht nicht aus. Der Betriebserwerber haftet daher nicht für einen Säumniszuschlag, der wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Umsatzsteuer aus der Betriebsveräußerung durch die Primärschuldnerin festgesetzt wurde (vgl. Tipke-Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, § 75 Tz 38 mwN).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der der C-GmbH, vertreten durch Walter, Zeinler & Partner Steuerberatung GmbH, 1010 Wien, Tegetthoffstraße 7, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Linz vom betreffend

1) Pfändung und Überweisung einer Geldforderung der T-GmbH gegen die Berufungswerberin

2) Haftung der Berufungswerberin gemäß § 14 BAO für Abgabenschuldigkeiten der T-GmbH

3) Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Berufungswerberin gemäß § 232 BAO zur Sicherung der Haftungsansprüche

4) Pfändung einer Geldforderung der Berufungswerberin gegen den Abgabengläubiger aufgrund eines Guthabens auf ihrem Abgabenkonto

5) Verfügungsverbot, mit dem der Berufungswerberin die Verfügung über die gepfändete Forderung (Spruchpunkt 4) untersagt wurde,

entschieden:

1) Die Berufung gegen den Bescheid über die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung der T-GmbH gegen die Berufungswerberin wird als unzulässig zurückgewiesen.

2) Der Berufung gegen den Haftungsbescheid wird teilweise stattgegeben, die Haftung wird auf Umsatzsteuer 11/2007 in Höhe von 838.610,61 € eingeschränkt. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

3) Der Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag wird dahin stattgegeben, dass die Sicherstellung auf die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer 11/2007 in Höhe von 838.610,61 € eingeschränkt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

4) Die im Pfändungsbescheid mit einem Betrag von 869.183,59 € bezifferten sicherzustellenden Abgabenansprüche werden auf 838.610,61 € eingeschränkt (siehe Spruchpunkte 3 und 4), und demgemäß auch die Gebühren und Barauslagen für die Pfändung auf 8.392,51 € (1% von 838.610,61 € zuzüglich 6,40 € Barauslagen) vermindert. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

5) Die Berufung gegen das Verfügungsverbot wird gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 77 Abs. 1 Zif. 1 AbgEO als unzulässig zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

A) Mit Gesellschaftsvertrag vom wurde die im Firmenbuch zu FN 000 protokollierte "T=GmbH." (Primärschuldnerin) gegründet, deren Unternehmenstätigkeit in der Erzeugung von Farben und Lacken sowie im Handel mit diesen Produkten bestand. Die Firma dieser Gesellschaft wurde mit Generalversammlungsbeschluss vom in "T GmbH" geändert, und die geänderte Firma am im Firmenbuch protokolliert.

Die berufungswerbende Gesellschaft wurde mit Gesellschaftsvertrag vom unter der Firma "C GmbH" gegründet und im Firmenbuch zu FN 0000 protokolliert. Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die Firma in "C=GmbH" geändert.

Am wurde zwischen der Primärschuldnerin als Verkäuferin und der Berufungswerberin als Käuferin ein 22-seitiger "Kauf- und Übertragungsvertrag" mit elf Anlagen abgeschlossen. Im Firmenbuch wurde dieser Vertrag am zu FN 0000 wie folgt protokolliert: "Kauf- und Übertragungsvertrag vom , Übertragung des Betriebes der T=GmbH (FN 000) auf diese Gesellschaft". Am erfolgte die entsprechende Firmenbucheintragung zu FN 000: "Kauf- und Übertragungsvertrag vom , Übertragung des Betriebes in die C GmbH (FN 0000)".

Kaufgegenstand waren "sämtliche körperlichen und unkörperlichen Vermögensgegenstände, die den Betrieb ausmachen" (§ 1 Abs. 1 lit. a des Vertrages), näher angeführte Beteiligungen der Verkäuferin (lit. b) sowie sämtliche Rechte und Pflichten aus im einzelnen angeführten Vertragsverhältnissen (lit. c), insbesondere die Anstellungsverträge der beiden Mitarbeiterinnen der Verkäuferin (sublit. iii).

Weiters wurde unter § 3 des Vertrages zwischen den Vertragsparteien ein Personalleasingvertrag abgeschlossen, demzufolge die Berufungswerberin von der Verkäuferin das verfügbare Personal (rund 130 Mitarbeiter) leaste.

Die Betriebsliegenschaften wurden gemäß § 4 des Vertrages von der Verkäuferin gemäß dem als Anlage 8 abgeschlossenen Untermietvertrag der Berufungswerberin in Untermiete gegeben. Sobald die Berufungswerberin die Liegenschaften oder einen Teil der Liegenschaften erwerbe, erlösche der Untermietvertrag.

Als Kaufpreis für den gesamten Kaufgegenstand wurde in § 6 des Vertrages ein Betrag von 5,7 Mio. € festgelegt, der in näher beschriebenen Teilzahlungen zu leisten sei. In § 6 Abs. 4 wurde festgehalten, dass die Vertragsparteien von einer teilweisen Befreiung des Verkaufes von der Umsatzsteuer ausgingen. Wenn und sofern dennoch eine Umsatzsteuer erhoben werden sollte, werde die Berufungswerberin diese gegen Stellung einer ordnungsgemäßen Rechnung zuzüglich zum Kaufpreis zahlen. In diesem Fall erfolge die Entrichtung durch "Umbuchung aufgrund eines Überrechnungsantrages auf den Steuerkonten" der Verkäuferin und der Berufungswerberin.

Als Stichtag für den Übergang des Betriebes ("von Besitz, Gefahr, Schaden und Zufall, Last und Vorteil) wurde der vereinbart (§ 7 des Vertrages).

§ 9 des Vertrages betrifft Gewährleistungen und Garantien. Dabei wird in lit. a einleitend festgehalten: "Die in § 1 näher genannten materiellen und immateriellen Vermögenswerte machen den Betrieb in seiner Gesamtheit aus. Andere Vermögenswerte des Betriebes (abgesehen von den in § 1 Abs. 1 erwähnten) sind nicht vorhanden."

In § 14 des Vertrages wurde die bereits oben erwähnte Änderung der Firma der Verkäuferin vereinbart.

B) Mit Teilrechnung vom verrechnete die Primärschuldnerin der Berufungswerberin "für die gemäß Kaufvertrag vom gelieferten Güter (Lager, Anlagevermögen, sowie immaterielle Werte [Rezepturen, Kundenstock, Markenrechte etc.]) einen "ersten Teilbetrag in Höhe von 4.297.150,06 €" zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 859.430,01 €. Die ausgewiesene Umsatzsteuer werde "wie vertraglich vereinbart" vom Steuerkonto der Berufungswerberin auf jenes der Primärschuldnerin übertragen.

C) Die Primärschuldnerin reichte am elektronisch eine Umsatzsteuervoranmeldung 11/2007 ein, und erklärte darin Umsätze in Höhe von 71.946,74 €. Unter Berücksichtigung der Vorsteuern ergab sich ein Überschuss von 4.435,70 €.

Am langte beim Finanzamt Linz eine berichtigte Voranmeldung für diesen Zeitraum ein, in der Umsätze in Höhe von 4.369.096,80 € und eine Zahllast von 854.994,31 € erklärt wurden. Gegenüber dem bisher erklärten Überschuss ergab sich daraus eine Nachforderung in Höhe der Umsatzsteuer aus der oben unter Punkt B angeführten Teilrechnung vom in Höhe von 859.430,01 €.

Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom die Umsatzsteuer 11/2007 wie in der berichtigten UVA erklärt mit 854.994,31 € fest, woraus sich unter Berücksichtigung des bisherigen Überschusses die bereits erwähnte Nachforderung von 859.430,01 € ergab, die am Abgabenkonto zu einem Rückstand von 861.696,15 € führte.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt wegen der nicht termingerechten Entrichtung der am fällig gewesenen Umsatzsteuer 11/2007 in Höhe von 854.994,31 € einen ersten Säumniszuschlag mit 17.099,89 € fest, der am fällig war.

D) Die Berufungswerberin machte in der elektronisch am eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung 12/2007 einen Vorsteuerüberschuss in Höhe von 758.775,63 € geltend. An Vorsteuern (ohne EUSt) waren 932.345,81 € verzeichnet worden.

Am wurden 100.000,00 € und am weitere 41.267,84 € vom Abgabenkonto der Berufungswerberin auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin überrechnet, wo sie am jeweiligen Folgetag verbucht wurden.

E) Am nahm das Finanzamt mit dem Geschäftsführer der Primärschuldnerin, Dr. R, der im Firmenbuch vom bis auch als Geschäftsführer der Berufungswerberin eingetragen war, Kontakt auf und urgierte die Bezahlung des offenen Abgabenrückstandes. Dieser teilte mit, es sei im Kauf- und Übertragungsvertrag vereinbart worden, dass die Umsatzsteuer durch Überrechnung des Vorsteuerguthabens der Käuferin erfolgen solle, diese sei aber mit der Überrechnung säumig. Bisher wären erst 100.000,00 € überrechnet worden. Der Kaufpreis wäre zudem ebenfalls noch nicht zur Gänze bezahlt worden, es seien noch ca. 2 Mio. € offen. Eine vereinbarte weitere Kontaktaufnahme mit dem Finanzamt zur Regulierung des Rückstandes erfolgte nicht.

F) Das Finanzamt verfügte daraufhin mit Bescheid über die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung vom die Pfändung der noch offenen Kaufpreisforderung der Primärschuldnerin gegen die Berufungswerberin aus dem Kauf- und Übergabevertrag vom in Höhe von 2 Mio. € (mehr oder weniger). Die Primärschuldnerin schulde Abgaben einschließlich Nebenabgaben in Höhe von 871.421,17 € zuzüglich Gebühren und Barauslagen für diese Pfändung von 8.698,24 €, insgesamt somit 880.119,41 €. Wegen dieses Gesamtbetrages würden die genannten Forderungen gepfändet, und der Berufungswerberin die Zahlung der gepfändeten Forderung an die Primärschuldnerin untersagt (Zahlungsverbot). Mit weiterem Bescheid vom wurde der Primärschuldnerin die Verfügung über die gepfändet Forderung untersagt (Verfügungsverbot).

Mit weiterem Bescheid vom wurden Forderungen der Primärschuldnerin gegen die Allgemeine Sparkasse OÖ Bank AG aus einem näher bezeichneten Kontokorrent- bzw. Girokonto gepfändet. In einer Drittschuldnererklärung vom bestritt die Bank Forderungen der Primärschuldnerin.

Die Berufungswerberin gab als Drittschuldnerin erst nach Urgenz und Fristerstreckung zur Forderungspfändung vom mit Eingabe vom eine Drittschuldnererklärung ab. Die Berufungswerberin habe mit Übergabevertrag vom Vermögensgegenstände der Primärschuldnerin erworben. Als "Richtwert" für die Übertragung derselben sei ein Betrag von 5,7 Mio. € festgelegt worden. Obwohl sich bereits bald nach Abschluss des Kaufvertrages herausgestellt habe, dass die übertragenen Vermögenswerte zumindest teilweise nicht den davor definierten Wertmaßstäben und Qualitätskriterien entsprechen würden, hätte die Berufungswerberin in weiterer Folge unter Vorbehalt Teil- bzw. Anzahlungen auf den Kaufpreis geleistet. Die derzeit noch bestehende Differenz zum ursprünglich im Vertrag vorgesehenen Kaufpreis ergebe sich daher aus Mängeln des Kaufgegenstandes. Die Berufungswerberin habe erst zwei Teilrechnungen über den Kaufpreis von in Summe rund 4,7 Mio. € erhalten und die aus diesen Rechnungen resultierenden Vorsteuerbeträge geltend gemacht. In weiterer Folge werde der endgültige Kaufpreis zwischen den Parteien noch exakt abzustimmen bzw. zu vereinbaren sein. Es sei daher aus Sicht der Berufungswerberin derzeit noch keine fällige Kaufpreisforderung seitens der Primärschuldnerin offen. Sollte diese dennoch Forderungen gegenüber der Berufungswerberin geltend machen, würden diese derzeit beeinsprucht werden. Neue Forderungen von Seiten der Primärschuldnerin könnten daher erst dann rechtsgültig entstehen, sobald Einigkeit über den endgültigen Kaufpreis und entsprechende Schlusszahlungen erzielt worden sei. Die gepfändete Forderung in Höhe von 2 Mio. € werde daher derzeit nicht als begründet anerkannt, weshalb die Berufungswerberin derzeit keine Zahlungen leisten werde. Die Forderung werde derzeit auch seitens der Primärschuldnerin nicht betrieben. Seitens der Berufungswerberin bestehe derzeit keine Zahlungspflicht, Ansprüche Dritter auf die gepfändete Forderung wären ihr nicht bekannt. Es sei auch keine Klage der Primärschuldnerin anhängig, die zu einer Zahlungspflicht der Berufungswerberin führen könnte.

G) Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt die Berufungswerberin gemäß § 14 BAO für Umsatzsteuer 11/2007 in Höhe von 852.083,70 € und den oben unter Punkt B erwähnten Säumniszuschlag von 17.099,89 € in Anspruch. Laut vorliegendem Kauf- und Übertragungsvertrag vom seien von der Primärschuldnerin sämtliche dem Betrieb zuzurechnenden Vermögensgegenstände an die Berufungswerberin verkauft worden. Die Verkäuferin sei dem Finanzamt die gegenständlichen Abgaben schuldig geblieben, wiederholten Zahlungsaufforderungen sei nicht entsprochen worden. Aus diesem Grund werde die Haftung geltend gemacht; dies sei eine zweckmäßige Maßnahme zur Durchsetzung des Abgabenanspruches. Die Haftung für den Säumniszuschlag gründe sich auf § 7 Abs. 2 BAO.

H) Weiters ordnete das Finanzamt mit Sicherstellungsauftrag vom die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen der Berufungswerberin zur Sicherung der geltend gemachten Haftungsansprüche in Höhe von insgesamt 869.183,59 € an. Die Einbringlichkeit der Abgaben sei gefährdet, weil im Kauf- und Übergabevertrag vom vereinbart worden sei, dass eine allenfalls sich aus dem Verkauf ergebende Umsatzsteuer von der Käuferin bezahlt werde, wobei in diesem Fall die Entrichtung der Umsatzsteuer durch "Umbuchung" aufgrund eines Überrechnungsantrages erfolgen sollte. Laut Auskunft des Geschäftsführers der Verkäuferin (Primärschuldnerin) sei die Berufungswerberin bei der Erfüllung dieser Vereinbarung säumig, bislang sei erst ein Betrag von 100.000,00 € überrechnet worden. Das aus dem Verkauf resultierende Vorsteuerguthaben bei der Berufungswerberin sei zum Teil von dieser für die Entrichtung von eigenen laufenden Abgaben verwendet worden. Auf ihrem Abgabenkonto sei derzeit nur noch ein Guthabenssaldo von 585.740,49 € vorhanden, welcher somit zur vollen Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben nicht mehr ausreichend sei. Gegen die Berufungswerberin sei zudem beim BG Linz zu einer näher bezeichneten Geschäftszahl eine Exekution wegen 9.500,00 € anhängig. Aufgrund dieses Umstandes, dass offenbar auch einer relativ kleinen Verbindlichkeit nicht nachgekommen werden könne, sei von wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft auszugehen, welche auf eine Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben hinweisen würden, sodass nur durch einen raschen Zugriff die Einbringlichkeit voraussichtlich gesichert erscheine.

I) Mit Pfändungsbescheid vom (Zweitverbot) wurde aufgrund des Sicherstellungsauftrages über einen Betrag von 869.183,59 € sowie für Gebühren und Barauslagen für diese Pfändung in Höhe von 8.698,24 € (insgesamt somit 877.881,83 €) das Guthaben der Berufungswerberin auf ihrem Abgabenkonto in Höhe von 585.740,49 € gepfändet. Das Zweitverbot ging am beim zuständigen Finanzamt Wien 1/23 ein. Die Pfändung wurde damit erst zu diesem Zeitpunkt wirksam. Vom Abgabenguthaben in Höhe von 585.740,49 verblieb nach Abzug der dem Finanzamt von der Berufungswerberin bekannt gegebenen, aber nicht durch entsprechende Überweisung entrichteten, und am fällig gewesenen Umsatzsteuer 02/2008 in Höhe von 96.374,92 € ein restliches Abgabenguthaben in Höhe von 489.365,57 €, welches aufgrund der Pfändung auf Verwahrung gebucht wurde.

Ferner wurde der Berufungswerberin mit weiterem Bescheid (Verfügungsverbot) vom jede Verfügung über die gepfändete Forderung untersagt. In der Rechtsmittelbelehrung dieses Bescheides wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass gegen das Verfügungsverbot gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO kein Rechtsmittel zulässig ist.

J) Mit Eingabe vom teilte ein Rechtsvertreter der Berufungswerberin mit, dass diese weitere Exekutionsmaßnahmen aufgrund des Sicherstellungsauftrages vermeiden möchte. Das Finanzamt habe zugesichert, bei Vorlage einer entsprechenden Bankgarantie von weiteren exekutiven Maßnahmen abzusehen. Die Berufungswerberin werde daher eine solche vorlegen.

Am wurde von der Bank zugunsten des Finanzamtes Linz eine bis befristete Bankgarantie über 380.000,00 € ausgestellt. Die Befristung wurde in weiterer Folge verlängert.

K) Mit Eingabe vom stellte die Berufungswerberin durch ihre steuerliche Vertreterin unter Bezugnahme auf die Bescheide vom einen Antrag auf Akteneinsicht (Übermittlung der an die Primärschuldnerin ergangenen und den haftungsgegenständlichen Abgaben zugrunde liegenden Bescheide) und Ausstellung einer Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO.

Diesem Antrag wurde mit einem direkt an die Berufungswerberin adressierten Schreiben des Finanzamtes Linz vom entsprochen. Diesem wurden Kopien des Bescheides vom über die Festsetzung der Umsatzsteuer 11/2007 sowie des Bescheides vom über die Festsetzung des haftungsgegenständlichen Säumniszuschlages übermittelt. Weiters wurde eine Bescheinigung gemäß § 229a BAO vom über die vollstreckbaren Haftungsschulden ausgestellt, und diese mit 852.083,70 € (Umsatzsteuer 11/2007) und 17.099,89 € (Säumniszuschlag) beziffert.

L) Mit Berufung vom wurden folgende Bescheide angefochten und deren Aufhebung beantragt:

1) Bescheid über die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung (offene Kaufpreisforderung der Primärschuldnerin gegen die Berufungswerberin) wegen offener Abgabenforderungen der Primärschuldnerin in Höhe von 880.119,41 € (oben Punkt F),

2) Haftungsbescheid vom über 869.183,59 € (Punkt G),

3) Sicherstellungsauftrag vom über 869.183,59 € (Punkt H),

4) Bescheid über die Pfändung einer Geldforderung (Zweitverbot) vom über 877.881,83 € (Punkt H),

5) Verfügungsverbot vom zum Zweitverbot (Punkt I).

Aufgrund der angeführten Bescheide sei die Berufungswerberin zur Haftung für Abgaben der Primärschuldnerin herangezogen und aufgefordert worden, in Höhe der angeführten Beträge Zahlungen an die Abgabenbehörde zu leisten. Die Behörde stütze die Inanspruchnahme zur Haftung auf § 14 BAO mit der Begründung, die Berufungswerberin habe einen gesondert geführten Betrieb erworben. Dieser Feststellung müsse widersprochen werden. Die Berufungswerberin habe zwar Vermögensgegenstände aus dem laufenden Betrieb der Primärschuldnerin erworben, nicht jedoch den Betrieb als solchen bzw. ein Unternehmen in seiner Gesamtheit. Ein Unternehmen bzw. eine für sich allein lebensfähige Unternehmenseinheit im Sinne der Abgabenvorschriften werde definiert durch das "organisierte Zusammenwirken von persönlichen und sachlichen Betriebsmitteln" als Einheit. Es handle sich einerseits um sachliche Produktionsmittel, als auch um menschliche Arbeitskraft, die zusammen ein eigenständiges, für sich allein lebensfähiges Unternehmen bildeten. Im konkreten Fall seien jedoch nur einzelne Betriebsmittel und Wirtschaftsgüter bzw. allenfalls Teile eines Betriebes erworben worden, wie aus dem der Abgabenbehörde vorliegenden Kaufvertrag ersichtlich sei. Dienstnehmer der Primärschuldnerin, die ebenfalls eine der wesentlichen Betriebsgrundlagen darstellen würden, wären hingegen nicht übernommen bzw. nicht durch die Berufungswerberin beschäftigt worden. Es könne daher nicht von einer Unternehmenseinheit gesprochen werden, die die Berufungswerberin von der Primärschuldnerin erworben habe, weshalb § 14 BAO nicht anwendbar sei. Darüber hinaus werde die Aufhebung der genannten Bescheide beantragt, da die darin genannten Beträge für die Berufungswerberin als nunmehrige Drittschuldnerin nicht nachvollziehbar seien und bis dato nicht überprüft werden hätten können. Als Drittschuldnerin könne die Berufungswerberin alle Einwendungen aus ihren Verbindlichkeiten gegenüber der Primärschuldnerin auch dem nunmehr betreibenden Gläubiger entgegen halten. Um dieses Recht ausüben zu können, sei es für die Berufungswerberin erforderlich, die Beträge, auf die das Finanzamt die erlassenen Bescheide stütze, insbesondere die Umsatzsteuer 11/2007 nachvollziehen zu können. Gemäß § 90 BAO habe die Abgabenbehörde der Partei bzw. dem Abgabenschuldner Einsicht in alle Unterlagen zu gewähren, die für die Verteidigung der auferlegten abgabenrechtlichen Pflichten maßgeblich und erforderlich seien. Da dies bisher nicht erfolgt sei, werde nochmals die Aufhebung der gegenständlichen Bescheide beantragt. Schließlich werde gegen die genannten Bescheide Berufung eingelegt, da die darin genannten Säumniszuschläge, Nebengebühren und Auslagenersätze sich nicht auf den Betrieb der Berufungswerberin gründeten bzw. nicht von ihr verschuldet worden seien. Eine Haftungsinanspruchnahme könne auch nicht aus § 14 BAO abgeleitet werden, da sich diese Abgabenschulden weder auf die erworbenen Vermögensgegenstände beziehen würden, noch der Berufungswerberin zum Zeitpunkt des Kaufvertrages oder zum Erwerbszeitpunkt bekannt gewesen wären. Da letzteres eine Anwendungsvoraussetzung des § 14 BAO darstelle, sei die Inanspruchnahme zur Haftung der Berufungswerberin für Abgabenschulden der Primärschuldnerin nicht zulässig, und werde daher nochmals die Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt. In eventu werde auch der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO auf Aufhebung des Säumniszuschlages gestellt, da kein grobes Verschulden an der Festsetzung des Säumniszuschlages seitens der Berufungswerberin vorliege. Gegen den Bescheid über die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung in Höhe von 880.119,41 € vom werde weiters eingewendet, dass die gepfändete und noch offene Kaufpreisforderung in Höhe von 2 Mio. € aus dem Kauf- und Übergabevertrag vom der Höhe nach strittig sei und daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als begründet anerkannt werden könne. Schließlich wurde gemäß § 284 Abs. 1 BAO beantragt, eine mündliche Verhandlung über die Berufung durchzuführen.

M) In einem Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates vom wurde die Berufungswerberin um Stellungnahme zu folgenden Punkten ersucht:

"1) Nach Einbringung der gegenständlichen Berufung wurde von der Gesellschaft eine Bankgarantie der Bank vom über 380.000,00 € für den durch die Sicherstellungsexekution nicht besicherten Differenzbetrag vorgelegt. Im Hinblick darauf wird um Mitteilung ersucht, ob die gegenständliche Berufung überhaupt noch aufrechterhalten wird. Unverständlich ist die Berufung gegen die Heranziehung zur Haftung für die Umsatzsteuer aus der Geschäftsveräußerung auch deshalb, weil die Berufungswerberin die Pflicht zur Entrichtung dieser Umsatzsteuer schon im Kauf- und Übertragungsvertrag vom (§ 6 Abs. 4 des Vertrages) ausdrücklich übernommen hat. Tatsächlich wurde aber nur ein Teilbetrag durch Überrechnung entrichtet (100.000,00 € am ).

2) Ihrem Antrag vom auf Akteneinsicht und Ausstellung einer Rückstandsbescheinigung gemäß § 229a BAO hat das Finanzamt mit einem direkt an die Berufungswerberin gerichteten Schreiben vom entsprochen. Dabei wurden Ausfertigungen der Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer 11/2007 sowie des Säumniszuschlages vom und die gewünschte Bescheinigung gemäß § 229a BAO angeschlossen. Der in der Berufung vom gerügte Verfahrensmangel liegt daher nicht mehr vor.

3) Am Vorliegen eines Betriebserwerbes im Sinne des § 14 BAO bestehen angesichts des Kauf- und Übertragungsvertrages vom keine Zweifel. Entgegen den Ausführungen in der Berufung wurden auch die beiden einzigen Mitarbeiter der Verkäuferin übernommen (siehe Punkt 7 der Vorbemerkungen und § 1 Abs. 1 lit. c sublit. iii des Vertrages), und hinsichtlich des übrigen Personals mit der Verkäuferin ein Personalleasingvertrag abgeschlossen (Punkt 3 des Vertrages). Abgesehen davon zählt das Personal bei produktionsgebundenen Unternehmen nicht zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes (z.B. ).

4) Die in den Pfändungsbescheiden vom angeführten Nebengebühren und Auslagenersätze haben ihre Ursache nicht im Betrieb der Verkäuferin oder der Berufungswerberin, sondern resultieren aus den vom Finanzamt auf Grundlage des Sicherstellungsauftrages bzw. des Haftungsbescheides gesetzten Exekutionsmaßnahmen, und wurden daher auf der Grundlage des § 26 AbgEO vorgeschrieben.

5) Die Berufung gegen den Bescheid über die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung in Höhe von 880.119,41 € wurde damit begründet, dass die gepfändete Forderung strittig sei. Über die Frage des Bestandes und Umfanges einer gepfändeten Forderung kann aber nur im Zivilrechtsweg abgesprochen werden. Sollte eine gepfändete Forderung nicht bestehen, dann ist die Pfändung wirkungslos bzw. geht ins Leere (Liebeg, AbgEO, § 65 Tz 8 mit Judikaturnachweisen). Einer Berufung bedarf es in einem solchen Fall nicht, bzw. wäre eine solche entweder als unbegründet abzuweisen (z.B. ), oder sogar als unzulässig zurückzuweisen (Reeger-Stoll, AbgEO, 158).

6) Soweit sich die Berufung auch gegen das Verfügungsverbot vom richtet, wird auf die bereits in diesem Bescheid erteilte Rechtsmittelbelehrung verwiesen, wonach gegen das Verfügungsverbot gemäß § 77 Abs. 1 Z 1 AbgEO kein Rechtsmittel zulässig ist. Die Berufung wäre daher insoweit jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen."

N) Nachdem die Berufungswerberin mit Eingabe vom um Verlängerung der Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ersucht hatte, wurde mit Schriftsatz vom ergänzend zum bisherigen Vorbringen ausgeführt:

Die Bankgarantie sei von der Berufungswerberin vorgelegt worden, um einen Zugriff durch die Finanzverwaltung auf notwendiges Betriebsvermögen der Gesellschaft und einen möglichen daraus entstehenden Schaden für die Gesellschaft abzuwenden. Die Bereitstellung der Bankgarantie sei daher keinesfalls als Zustimmung zum Haftungsbescheid zu werten. Darüber hinaus habe die Berufungswerberin in Summe 141.267,84 € (am 100.000,00 € und am 41.267,84 €) auf das Finanzamtskonto der Primärschuldnerin übertragen. Dieser Betrag sei daher aus der Haftung auszuscheiden. Nach Abzug des bereits gepfändeten Finanzamtsguthabens in Höhe von 489.365,57 € würde schließlich nur noch ein Betrag in Höhe von 238.550,15 € verbleiben, der mit einer Bankgarantie bis zum Abschluss des Verfahrens zu "unterlegen" wäre. Die derzeit aufrechte Bankgarantie bzw. Sicherstellung des Finanzamtes in Höhe von 380.000,00 € sei daher unbeachtlich der materiellen Einwendungen jedenfalls überhöht. Wie bereits ausgeführt habe die Berufungswerberin zwar einzelne Wirtschaftsgüter, jedoch keinesfalls einen in sich geschlossenen, eigenständigen und für sich lebensfähigen Betrieb im Ganzen erworben. Aufgrund der einzelnen übertragenen Wirtschaftsgüter sei eine eigenständige Betriebsgrundlage und eine selbständige Lebensfähigkeit dieser "Vermögensmasse" für sich allein nicht gegeben gewesen, weshalb es zu keiner Übertragung des Betriebes gekommen sei, die eine Haftung gemäß § 14 BAO begründen hätte können. Es müsse daher sowohl der Inanspruchnahme zur Haftung für die Umsatzsteuer aus dem Kaufpreis, als auch für die bei der Primärschuldnerin angefallenen Nebengebühren in Form von Säumniszuschlägen widersprochen werden. Zum einen, da aus Sicht der Berufungswerberin kein eigenständiger Betrieb übertragen worden sei und zum anderen, weil - auch für den Fall einer Betriebsübertragung - die nach der Übertragung angefallenen Nebengebühren mangels schuldhaften Verhalten nicht dem Übernehmenden zugerechnet werden könnten. So erstrecke sich die Haftung gemäß § 14 BAO laut Judikatur des VwGH zwar auch auf die Umsatzsteuer und auf eine allfällige Vorsteuerberichtigung im Zuge einer Unternehmensveräußerung. Eine Haftung für erst nach der Übertragung angefallene Nebengebühren müsse allerdings ausgeschlossen sein, da diese Gebühren sich weder auf den übertragenen Betrieb gründen würden, noch mit dessen Veräußerung in Zusammenhang stünden, und deshalb ja auch dem Erwerber nicht bekannt sein hätten müssen, sondern allein auf ein schuldhaftes Verhalten des Abgabepflichtigen aus der verspäteten Entrichtung der ihm allein zuzurechnenden Steuerschulden nach dem Veräußerungsvorgang zurückzuführen seien. Aus der Haftung seien daher jedenfalls der Säumniszuschlag von "17.100,00 €" (richtig: 17.099,89 €) und die bereits überrechneten Beträge in Höhe von 141.267,84 € auszuscheiden. Für darüber hinausgehende Beträge könne die Berufungswerberin aus den bereits angeführten Gründen ebenfalls nicht zur Haftung herangezogen werden, da kein Betrieb übertragen worden sei. Beträge, die unter Umständen noch aufgrund des Kaufvertrages vom an die Primärschuldnerin (u.a. aufgrund der Bestimmungen im Vertrag zur Überrechnung auf das Finanzamtskonto) zu entrichten wären, gründeten sich auf allfällige Forderungen derselben, die allerdings im Zivilrechtsweg einzufordern wären. Wie bereits vorgebracht, stehe eine Einigung mit der Primärschuldnerin noch aus bzw. würden von der Berufungswerberin beträchtliche Gegenforderungen geltend gemacht.

O) In einem weiteren Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates vom wurde die Berufungswerberin um Stellungnahme zu folgenden Punkten ersucht:

"In der Stellungnahme vom wird zutreffend auf die durchgeführten Überrechnungen in Höhe von insgesamt 141.267,84 € hingewiesen. Tatsächlich wurden diese überrechneten Beträge vom Finanzamt Linz aber größtenteils mit anderen Abgaben der Primärschuldnerin als der haftungsgegenständliche Umsatzsteuer 11/2007 verrechnet (so wurde beispielsweise die Umsatzsteuer 12/2007 der Primärschuldnerin zur Gänze abgedeckt), weshalb im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Haftungsbescheides der in diesem Bescheid angeführte Betrag an Umsatzsteuer 11/2007 aushaftete. Es wird um Bekanntgabe ersucht, ob im Zuge der gegenständlichen Überrechnungsanträge entsprechende Verrechnungsweisungen erteilt worden waren. Zutreffendenfalls mögen Ablichtungen derselben (gegebenenfalls EDV-Ausdrucke elektronisch gestellter Überrechnungsanträge) vorgelegt werden.

Ferner wird um Übermittlung von Ablichtungen jener Rechnungen der Primärschuldnerin ersucht, mit denen der Berufungswerberin die Umsatzsteuern aus der Betriebsveräußerung in Rechnung gestellt wurden, und die von der Berufungswerberin offenkundig erst in der UVA 12/2007 als Vorsteuern geltend gemacht wurden."

P) In einer Stellungnahme vom wurde die oben unter Punkt B angeführte Teilrechnung vom vorgelegt. Weiters wurde die Ablichtung einer "Anzahlungsrechnung" der Primärschuldnerin an die Berufungswerberin vom vorgelegt, mit der für bisher empfangene Kaufpreisaconti im Dezember 2007 ein Betrag von 395.903,02 € zuzüglich Umsatzsteuer von 79.180,60 € in Rechnung gestellt wurden. In beiden Rechnungen findet sich der Hinweis, dass die ausgewiesene Umsatzsteuer vom Steuerkonto der Berufungswerberin auf jenes der Primärschuldnerin übertragen wird. Schließlich wurde auch der Überrechnungsantrag vom betreffend die Überrechnung eines Teilbetrages von 100.000,00 € vorgelegt. Dieser Überrechnungsantrag enthält eine Verrechnungsweisung lautend auf Umsatzsteuer 12/2007 der Primärschuldnerin.

Q) In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde zur Frage der Betriebsnachfolgerhaftung unter anderem festgestellt, dass die Berufungswerberin den von der Primärschuldnerin übernommenen Betrieb auch tatsächlich fortgeführt habe. Als Stichtag für den Übergang des Betriebes sei der vereinbart worden. Die Berufungswerberin habe ab August 2007 (erstmals) Umsätze erklärt und Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, und dabei folgende steuerbaren Umsätze bekannt gegeben: 1.526.090,53 € (August), 1.555.142,60 € (September), 1.776.752,71 € (Oktober) 1.701.136,15 € (November). Die Primärschuldnerin habe im April, Mai, Juni und Juli 2007 monatliche Umsätze von jeweils rund 1,8 Mio. € erklärt. Die monatlichen Umsätze der Berufungswerberin hätten damit im Wesentlichen jenen entsprochen, die zuvor auch die Primärschuldnerin erzielt hatte. Die Berufungswerberin führe den gegenständlichen Betrieb seit nunmehr über zwei Jahren. Dem hielt die Berufungswerberin zusammengefasst entgegen, dass sie das Betriebsgebäude zivilrechtlich titellos nutzen würde, und mit einer Räumungsklage konfrontiert worden sei. Die Primärschuldnerin wäre zur Untervermietung dieser Gebäude nicht berechtigt gewesen. Weiters wären Maschinen und Betriebsvorrichtungen von der Primärschuldnerin nur geleast gewesen. Es sei der Berufungswerberin nicht gelungen, hier entsprechende Verträge oder Vereinbarungen mit den Leasinggesellschaften zu schließen, um zivilrechtlich auf einwandfreier Basis diese Anlagen nutzen zu dürfen. Abschließend wurde ersucht, zur Glaubhaftmachung dieser Verantwortung noch weitere Unterlagen vorlegen zu dürfen.

R) Innerhalb dazu vom Unabhängigen Finanzsenat gewährter Frist wurde mit Eingabe vom ein Rechtsgutachten des MMag. Dr. Christoph Urtz, Privatdozent und Universitätsassistent am Institut für Finanzrecht der Universität Salzburg, zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 BAO im gegenständlichen Fall mit folgendem Inhalt vorgelegt:

1. Kurzzusammenfassung (executive summary):

Die Käuferin C=GmbH, FN 0000, hat weder am Sachanlagevermögen, noch an den Maschinen und Einrichtungen, noch an der Betriebsliegenschaft wirtschaftliches Eigentum erworben. In weiterer Folge fehlt es auch an einem lebenden bzw lebensfähigen Unternehmen bzw Betrieb. Somit sind auch nicht die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes an die Käuferin ("c") übereignet worden. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme der Käuferin C zur Haftung gemäß § 14 Abs 1 BAO liegen somit nicht vor.

2. Kurzdarstellung des Sachverhaltes:

Zwischen der C & Co Gesellschaft m.b.H, FN 000 (jetzt T_GmbH; in der Folge als "t" bezeichnet) als Verkäuferin und der C GmbH, FN 0000 (jetzt C=GmbH; in der Folge als "c" bezeichnet) als Käuferin wurde am ein Kauf- und Übertragungsvertrag abgeschlossen. Die Verkäuferin unterhielt einen Produktionsbetrieb in Linz mit mehreren Niederlassungen (in Wien, Graz und Tschechien).

Zum (Übertragungs)Stichtag wurde auf der Grundlage des Kauf- und Übertragungsvertrages ("Vertrag") der gesamte Produktionsbetrieb der Verkäuferin an die Käuferin veräußert. Die Übergabe des Kaufgegenstandes war für diesen Stichtag durch Zeichen vorgesehen; die Käuferin c sollte das am Betriebsstandort ausgeübte Unternehmen an diesem Tag von t übernehmen und weiter betreiben wie bisher.

Der Kaufgegenstand besteht aus "sämtlichen dem Betrieb zuzurechnenden Vermögensgegenständen" (§ 1 Abs 1 des Vertrages), dies sind konkret die folgenden Vermögensgegenstände:

a) Sämtliche körperlichen und unkörperlichen Vermögensgegenstände, die den Betrieb ausmachen, gemäß § 1 Abs. 1 lit. a des Vertrages (dazu zählt insbesondere das Sachanlagevermögen, wobei das der Verkäuferin t eigentümlich gehörige Sachanlagevermögen nur etwa 5% des Gesamten ausmachte, die restlichen 95% des Maschinenparks waren geleast [siehe dazu unten], sowie die Vorräte, Kundenstock, Rezepturen und Know-How, gewerbliche Schutzrechte). Im Zuge einer Überprüfung der übertragenen Kaufgegenstände hat sich allerdings herausgestellt, dass diese weit unter dem zugesagten Zeitwert lagen. Zudem hat der Masseverwalter der c Personalmanagement GmbH, Dr. Wolfgang Strasser, kurze Zeit nach Abschluss des Kaufvertrages Klage gegen t und C auf Anfechtung des Übertragungsvorganges der Gegenstände zwischen c Personalmanagement GmbH und t, sowie des Übertragungsvorganges von Assets zwischen t und c eingebracht. Aus der Aktenlage geht somit hervor, dass t an den Assets nicht rechtswirksam Eigentum erworben hat.

b) Die vertragliche Rechtsposition (Vertragsparteienstellung) aus Leasingverträgen des Verkäufers mit der S-Leasing betreffend Mobilien (Maschinen und Einrichtungen) sowie ihre Rechtsposition aus Leasingverträgen mit der W Leasing betreffend Mobilien (Maschinen und Einrichtungen) gemäß § 1 Abs 1 lit c des Vertrages. Im Vertrag ist vorgesehen, dass sich die Verkäuferin bei Nichteintritt der Käuferin ("c") in die Leasingverträge binnen 6 Wochen nach Unterfertigung des Kauf- und Übereignungsvertrages verpflichtet, c das rechtliche Eigentum an den geleasten Maschinen und Geräten zu verschaffen (= Kauf zum Schätzwert), und zwar binnen eines Jahres. Bis zu einem Eintritt oder einer Eigentumsverschaffung sollte die Verkäuferin die Vertragsverhältnisse mit S-Leasing und W Leasing treuhändig weiterführen, und zwischen ihr und c sollte sozusagen ein "Unterleasingverhältnis" bestehen (§ 1 Abs 1 lit c und § 9 lit q des Vertrages). Es konnte allerdings bisher keine Einigung über einen Eintritt in die Leasingverträge oder über eine Verschaffung des Eigentums (= Kauf der Leasinggegenstände) hergestellt werden. Leasingentgelte waren nicht bezahlt und Leasingverträge mit t daher aufgekündigt worden, und die Leasingentgelte standen in keiner Relation zum Wert der Maschinen und Gegenstände. Zusätzlich konnte bezüglich einiger geleaster Maschinen und Gegenstände bis heute nicht geklärt werden, welchem Eigentümer sie zuzuordnen sind, weil die Parteien im Rahmen der Kaufverhandlungen keine Gewähr dafür leisten wollten, Eigentümer der Maschinen und Gegenstände zu sein. c wurde von den (mutmaßlichen) Eigentümern sogar die weitere Nutzung der aufgrund des Kauf- und Übereignungsvertrages "übertragenen" Mobilien untersagt. Wenngleich die Eigentümerstruktur bis heute unklar ist, so steht fest, dass die Verkäuferin t der Käuferin c die rechtmäßige Nutzung der Leasinggegenstände nicht übertragen konnte und auch nicht übertragen hat. c ist daher titelloser Benutzer der Mobilien und wurde zur Herausgabe und Zahlung eines angemessenen Nutzungsentgeltes mehrfach aufgefordert. Zwischen einem mutmaßlichen Eigentümer, der W Leasing KG, und c ist bereits ein entsprechendes Verfahren anhängig.

c) Im Kauf- und Übereignungsvertrag war schließlich vereinbart, dass die Verkäuferin der Käuferin die Liegenschaften Y, in Untermiete gibt, sodass die Käuferin c ab dem (Übertragungs)Stichtag zur "ausschließlichen und alleinigen Nutzung dieser Liegenschaften berechtigt" ist (vgl § 4 des Vertrages). Mit Unterfertigung dieses Vertrages sollten die Liegenschaften als übergeben gelten (vgl § 4 Abs 2 des Vertrages). Der Untermietvertrag wurde für mindestens 3 Jahre abgeschlossen (für diesen Zeitraum verzichtete die Verkäuferin auf ihr ordentliches Kündigungsrecht). Es war vorgesehen, dass während der Dauer des Untermietvertrages die Käuferin c auch das Eigentum an den Liegenschaften erwerben sollte (siehe dazu die Vorbemerkungen Absatz 5 des Vertrages). Dazu ist anzumerken, dass die erwähnten vier Einlagenzahlen (YY) gemeinsam die Betriebsliegenschaft der Verkäuferin t bilden. Die Verkäuferin war zwar nicht Eigentümerin, aber nach ihren ausdrücklichen Angaben (vgl § 4 Abs 1 des Vertrages) war sie die Liegenschaften samt Betriebsgebäuden zu nutzen berechtigt und war ferner auch berechtigt, diese Liegenschaften unterzuvermieten. Die Betriebsliegenschaft stand einerseits im Eigentum der c Personalmanagement GmbH (y) und andererseits im Eigentum des W (yy). Die Verkäuferin hatte, wie erwähnt, der Käuferin c im Kaufvertrag zugesichert, dass sie zur Untervermietung der Betriebsliegenschaft berechtigt, und darüber hinaus in der Lage sei, c in näherer Zukunft das Eigentum an der Betriebsliegenschaft zu verschaffen. Die Berechtigung zur Nutzung der Liegenschaft sowie die Fähigkeit, eine Eigentumsübertragung forcieren zu können, wurde unter anderem deshalb nicht in Zweifel gezogen, weil die Verkäuferin auf der Betriebsliegenschaft den kaufgegenständlichen Betrieb ("cc") ausübte, und der Geschäftsführer der Verkäuferin auch Geschäftsführer der erstgenannten Liegenschaftseigentümerin war. Unmittelbar nach dem (Übertragungs)Stichtag wurde die Käuferin c allerdings damit konfrontiert, dass die Verkäuferin auf Räumung wegen titelloser Benutzung geklagt wurde. Der Aktenlage zufolge hatte die Verkäuferin t keine Berechtigung, die Liegenschaft zu nutzen, geschweige denn zu vermieten. Die Käuferin c wurde darüber informiert, dass sie daher ebenfalls nicht berechtigt sei, die Liegenschaft zu nutzen, und zur Zahlung von angemessenem Nutzungsentgelt (rückwirkend) aufgefordert. c benutzt somit auch die Betriebsliegenschaft titellos und ist selbst der unmittelbaren Gefahr einer Räumungsklage ausgesetzt.

3. Problemstellung:

Die Finanzverwaltung geht offenbar davon aus, dass die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme nach § 14 BAO vorliegen; dies geht einerseits aus dem Haftungsbescheid des FA Linz vom sowie dem Ersuchen um Stellungnahme des GZ. RV/0587-L/08 hervor. Auf die im Berufungsschriftsatz aufgeworfenen Fragen, nämlich auf die Frage, ob ein Betrieb bzw ein Unternehmen übereignet wurde und solcherart § 14 BAO überhaupt anwendbar ist, ist die Finanzverwaltung bis jetzt noch nicht (schriftlich) eingegangen. Im Rahmen dieses Gutachtens soll daher auf die folgenden Fragen eingegangen werden:

a) welche Vermögensgegenstände müssen übertragen werden, damit die Übereignung eines Unternehmens bzw eines Betriebes vorliegt, sodass die Erwerberhaftung des § 14 BAO zum Tragen kommen kann (Stichwort "wesentliche Grundlagen des Betriebes bzw. Unternehmens")?

b) In welcher Form müssen die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes "übereignet" werden? Ist zivilrechtliches Eigentum erforderlich, oder genügt wirtschaftliches Eigentum? Falls wirtschaftliches Eigentum ausreichend ist: Wurde im konkreten Fall das wirtschaftliche Eigentum an den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens/Betriebes übertragen, und liegen solcherart überhaupt die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme zur Haftung nach § 14 BAO vor?

Es wird ausdrücklich festgehalten, dass die übrigen Voraussetzungen des § 14 Abs 1 BAO, wie insbesondere die zeitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Haftung (§ 14 Abs 1 lit a und lit b BAO), die Höhe des Haftungsbetrages, sowie die Frage des Kennens / Kennenmüssens der in Betracht kommenden Schulden sowie die Einschränkung auf die vorhandenen Besitzposten in diesem Gutachten nicht geprüft werden. Auf die Bestimmung des § 14 Abs 2 BAO wird ebenso wenig eingegangen.

4. Übereignung eines "Unternehmens" bzw "gesondert geführten Betriebes" iSd § 14 Abs 1 BAO:

Der Bestimmung des § 14 BAO liegt die Überlegung zugrunde, dass die Haftung des Erwerbers deswegen gerechtfertigt ist, da ein lebender Betrieb übergeht, und der Erwerber damit die Lebenskraft und Leistungsfähigkeit eines für sich bestehenden und einsatzfähigen Ertragspotentials erhält (so wörtlich Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, Band I [1994], S. 161). Oder anders ausgedrückt: Die Haftungssubstanz bzw Sicherung, die in einem Unternehmen bzw Betrieb liegt, soll durch den Übergang des Unternehmens bzw Betriebes in andere Hände nicht verloren gehen (zB ). Daher ordnet der Gesetzgeber die Haftung auch nur in den beiden Fällen an, in denen entweder ein "Unternehmen" oder ein - im Rahmen eines Unternehmens - "gesondert geführter Betrieb" im Ganzen übereignet wird (§ 14 Abs 1 BAO). Ein solcher "gesondert geführter Betrieb" ist eine organisatorisch-technische, im Wesentlichen selbständige, geschlossene Einheit sachlicher und persönlicher Mittel (Stoll, BAO I, S. 161).

Der Produktionsbetrieb der Verkäuferin t erfüllt im vorliegenden Fall jedenfalls die Merkmale eines Unternehmens bzw eines gesondert geführten Betriebes (eine Abgrenzung zwischen "Unternehmen" und "Betrieb" muss daher nicht vorgenommen werden).

Nach ganz hM und Rsp sind die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Haftung jedoch nur dann erfüllt, wenn auch die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes übereignet werden (vgl zB ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; Stoll, BAO I, S. 162; Ritz, BAO-Kommentar³ [2005] § 14 Rz 6). Es ist daher einerseits nicht ausreichend, wenn lediglich einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden, andererseits müssen aber nicht sämtliche Wirtschaftsgüter eines Unternehmens bzw Betriebes übertragen werden, solange nur die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes übereignet werden.

Ferner wird nach hM und Rsp auch verlangt, dass ein lebendes (lebensfähiges) Unternehmen bzw ein lebender (lebensfähiger) Betrieb übergeht (zB ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; Stoll, BAO I, S. 163; Ritz, BAO³ § 14 Rz 3).

Das Erfordernis des lebensfähigen Unternehmens bzw Betriebes ist mE in Zusammenhang mit dem Erfordernis der Übereignung der wesentlichen Unternehmens- bzw Betriebsgrundlagen zu sehen; ohne diese wesentlichen Grundlagen wären das Unternehmen bzw der Betrieb nämlich nicht lebensfähig. Das Erfordernis des lebensfähigen Unternehmens bzw Betriebs wird somit, ebenso wie das Erfordernis der Übereignung der wesentlichen Unternehmens- bzw Betriebsgrundlagen, vor dem Hintergrund der erwähnten Zielsetzung des § 14 BAO verständlich: Es ist nämlich nur dann sachgerecht, dass der Gesetzgeber den Erwerber zur Haftung heranzieht, wenn dieser auch eine entsprechende Haftungssubstanz bzw eine Sicherung erhält, was nur dann der Fall ist, wenn an ihn ein lebendes und bestehendes, dh einsatzfähiges Unternehmen bzw ein lebender Betrieb übertragen wird. Denn nur in diesem Fall hat der Erwerber auch eine entsprechende Haftungssubstanz bzw Sicherung (vgl auch Stoll, BAO I, S. 163).

Wann kann man nun davon sprechen, dass die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes übereignet werden? Nach hM und Rsp ist die Frage nach den wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens bzw Betriebes in funktionaler Betrachtungsweise zu beurteilen; es kommt daher auf den jeweiligen Betriebstypus und die jeweilige Betriebsart an (vgl zB , ÖStZB 1989, 261; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; Stoll, BAO I, S. 162; Ritz, BAO³ § 14 Rz 6; vgl auch zum [Teil]Betriebsbegriff in § 24 EStG).

Der Verwaltungsgerichtshof hat konkret zu einem Produktionsbetrieb ausgesprochen, dass bei produktionsgebundenen Unternehmungen das Betriebsgebäude sowie die Maschinen, Anlagen und Einrichtungen die wesentliche Grundlage des Betriebes bzw Unternehmens bilden ( zu einem Bäckereiunternehmen [als Produktionsbetrieb] bzw zu einem Cafe- und Pensionsbetrieb; betreffend Produktion und Abfüllung chemisch-technischer Produkte). Auf den Übergang von Dienstnehmern kommt es bei einem Pensionsbetrieb nicht entscheidend an (vgl ).

Im konkreten Fall bedeutet dies folgendes: Aufgrund des erwähnten Kauf- und Übereignungsvertrages sollte ein Produktionsbetrieb, nämlich der Betrieb "cc", übertragen werden. Im vorliegenden Fall kann vom Übergang der wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes also nur dann gesprochen werden, wenn das Betriebsgebäude sowie die Maschinen, Anlagen und Einrichtungen von der Verkäuferin t an die Käuferin c übertragen wurden. Es ist also konkret zu prüfen, ob

a) das Sachanlagevermögen übertragen wurde (die körperlichen und unkörperlichen Vermögensgegenstände, die den Betrieb ausmachen; vgl § 1 Abs 1 lit a des Vertrages),

b) ob die Maschinen und Einrichtungen übertragen wurden (aufgrund eines "Unterleasingverhältnisses" zwischen Verkäuferin und Käuferin bzw eines Eintrittes der Käuferin in die Leasingverträge des Verkäufers mit der S-Leasing und mit W; vgl gemäß § 1 Abs 1 lit c des Vertrages),

c) und ob schließlich die Betriebsliegenschaft (Liegenschaften Y) an die Käuferin übertragen wurde (aufgrund eines Untermietverhältnisses mit der Verkäuferin; vgl § 4 des Vertrages).

Festzuhalten ist, dass es im vorliegenden Fall - da es sich unstrittiger weise um ein Produktionsunternehmen handelt - auf den Übergang von Dienstnehmern von der Verkäuferin an die Käuferin nicht ankommt (konkret gingen offenbar zwei DienstnehmerInnen von der Verkäuferin an die Käuferin über; vgl § 1 Abs 1 lit c sublit iii und § 3 des Vertrages). Auch der UFS räumt in seinem Ersuchen um Stellungnahme vom , GZ. RV/0587-L/08, S. 2 ein, dass das Personal bei produktionsgebundenen Betrieben nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen zählt (vgl in diesem Zusammenhang auch ).

Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass es entscheidend ist, ob die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes von der Verkäuferin an die Käuferin übertragen wurden. In rechtlicher Sicht kommt es somit darauf an, ob eine "Übereignung" iSd § 14 Abs 1 BAO vorliegt. Diese Frage soll im folgenden Abschnitt erörtert werden.

5. Die "Übereignung" iSd § 14 Abs 1 BAO - ist zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum erforderlich?

Die grundlegende Frage liegt zunächst darin, ob unter einer "Übereignung" iSd § 14 Abs 1 BAO der Übergang des zivilrechtlichen oder aber die Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums zu verstehen ist.

Die ältere Judikatur des VwGH geht offenbar - wenn auch teilweise in obiter dicta - davon aus, dass das Eigentum im zivilrechtlichen Sinne übergegangen sein muss (zB und ).

In der Lehre sind die Auffassungen geteilt; nach Fraberger (Der steueroptimale Tod [1997], S. 70) kommt es auf das zivilrechtliche Eigentum an. Von Stoll (BAO I, S. 164) wird jedoch die Ansicht vertreten, dass der Begriff der "Übereignung" im Sinne von einer Verschaffung der Verfügungsmacht über den Betrieb bzw über das Unternehmen (konkret: über dessen wesentliche Grundlagen) zu verstehen ist. Es muss also nicht das zivilrechtliche, sondern das wirtschaftliche Eigentum übertragen werden. Stoll beruft sich dabei auf die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs 1 BAO und auf den Gesetzeswortlaut.

Die jüngere Judikatur des VwGH hat sich der erwähnten Auffassung von Stoll angeschlossen. Nach Auffassung des VwGH ist es nunmehr erforderlich, dass das wirtschaftliche Eigentum übertragen wird (zB ; , 2000/16/0238; ; ; ; ; ).

Die Finanzverwaltung ging früher - der älteren Rsp des VwGH folgend - von der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums aus ( GZ. 05 0201/1-IV/5/92, AÖFV 1992/382, unter Hinweis auf ). Nunmehr hält die Finanzverwaltung - der jüngeren Rsp folgend - den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums für ausreichend ( GZ. 010103/0050-VI/2006 unter Hinweis auf und ).

Aus praktischen Überlegungen und unter Bedachtnahme auf eine allenfalls erforderliche VwGH-Beschwerde soll im Rahmen dieses Gutachtens der jüngeren Judikatur des VwGH gefolgt werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums erforderlich ist; es muss die Verfügungsmacht über die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes verschafft werden.

6. Wurde im vorliegenden Fall das wirtschaftliche Eigentum an den wesentlichen Betriebsgrundlagen von der Verkäuferin an die Käuferin C übertragen?

Die Kernfrage liegt nun darin, ob im vorliegenden Fall das wirtschaftliche Eigentum an den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes von der Verkäuferin an die Käuferin c übertragen wurde.

Es ist demnach zu prüfen, ob hinsichtlich der in der Folge aufgezählten wesentlichen Betriebsgrundlagen (vgl bereits Abschnitt 4.) das wirtschaftliche Eigentum übertragen wurde, und zwar ob

a) das wirtschaftliche Eigentum am Sachanlagevermögen übertragen wurde (die körperlichen und unkörperlichen Vermögensgegenstände, die den Betrieb ausmachen; vgl § 1 Abs 1 lit a des Vertrages),

b) ob das wirtschaftliche Eigentum an den Maschinen und Einrichtungen übertragen wurde (aufgrund eines "Unterleasingverhältnisses" zwischen Verkäuferin und Käuferin bzw eines Eintrittes der Käuferin in die Leasingverträge des Verkäufers mit der S-Leasing und mit W; vgl gemäß § 1 Abs 1 lit c des Vertrages),

c) und ob schließlich das wirtschaftliche Eigentum an der Betriebsliegenschaft (YYY) an die Käuferin übertragen wurde (aufgrund eines Untermietverhältnisses mit der Verkäuferin; vgl § 4 des Vertrages).

Dazu ist zunächst folgendes festzuhalten: Nach ganz hM und Rsp ist der wirtschaftliche Eigentümer auch der zivilrechtliche Eigentümer (vgl zB Ritz, BAO³ § 24 Rz 3; ; ). Zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum fallen nur dann auseinander, "wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die positiven Befugnisse, die Ausdruck des zivilrechtlichen Eigentums sind, wie insbesondere Gebrauch, Verbrauch, Veränderung, Belastung und Veräußerung, auszuüben in der Lage ist, und wenn er zugleich den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, geltend machen kann" (so zB ; ; Ritz, BAO³ § 24 Rz 3; vgl auch Stoll, BAO I, S. 286).

Bloße Sachherrschaft vermag alleine das wirtschaftliche Eigentum nicht zu begründen (vgl Stoll, BAO I, S. 288).

In der Lehre wird die Ansicht vertreten, dass wirtschaftliches Eigentum nur dann vorliegt, wenn die Nutzungsmöglichkeit dauerhaft - dh für einen längeren Zeitraum - vorhanden ist (zB Stoll, Leasing Steuerrechtliche Beurteilungsgrundsätze² [1977], S. 64; Werndl, Wirtschaftliches Eigentum [1983], S. 95; vgl auch Ritz, BAO³ § 24 Rz 4).

Vor diesem Hintergrund ergibt sich für den vorliegenden Fall folgendes Ergebnis:

a) Ob das wirtschaftliche Eigentum am Sachanlagevermögen übergegangen ist, kann zumindest als zweifelhaft bezeichnet werden, da der zivilrechtliche Eigentumsübergang angefochten wurde und daher nach der Aktenlage davon auszugehen ist, dass das zivilrechtliche Eigentum nicht an die Käuferin übergegangen ist. Daher kann auch nicht von wirtschaftlichem Eigentum der Käuferin c am Sachanlagevermögen ausgegangen werden.

b) Das wirtschaftliche Eigentum an den Maschinen und Einrichtungen (aufgrund eines "Unterleasingverhältnisses" zwischen Verkäuferin und Käuferin bzw eines Eintrittes der Käuferin in die Leasingverträge des Verkäufers mit der S-Leasing und mit W; vgl gemäß § 1 Abs 1 lit c des Vertrages) wurde nicht übertragen. Denn weder wurde eine Einigung über einen Eintritt in die Leasingverträge mit der S-Leasing und W erzielt, noch konnte die Käuferin c die Leasinggegenstände zivilrechtlich ins Eigentum erwerben. Es steht zudem fest, dass die Verkäuferin t der Käuferin c die rechtmäßige Nutzung der Leasinggegenstände - durch ein Unterleasingverhältnis - nicht übertragen konnte und auch bisher nicht übertragen hat. c ist daher titelloser Benutzer und wurde bereits zur Herausgabe aufgefordert. Daraus ergibt sich, dass die Käuferin c weder in der Lage war, zivilrechtlich den Gebrauch der Sache zu Recht auszuüben, noch in der Lage war, den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, geltend machen. Vom Übergang wirtschaftlichen Eigentums an die Käuferin c kann daher nicht die Rede sein.

c) Das wirtschaftliche Eigentum an der Betriebsliegenschaft (YYY) wurde schließlich - aufgrund eines Untermietverhältnisses mit der Verkäuferin; vgl § 4 des Vertrages - ebenso wenig an die Käuferin übertragen. Denn ein bloßes Untermietverhältnis reicht für die Übertragung wirtschaftlichen Eigentums ohnehin nicht aus (Stoll, BAO I, S. 293). Dazu kommt, dass die Verkäuferin auf Räumung wegen titelloser Benutzung geklagt wurde. Der Aktenlage zufolge hatte die Verkäuferin t daher keine Berechtigung, die Liegenschaft zu nutzen, geschweige denn zu vermieten. Die Käuferin c benutzt somit auch die Betriebsliegenschaft titellos und ist selbst der unmittelbaren Gefahr einer Räumungsklage ausgesetzt. Auch hier steht daher fest, dass die Käuferin c weder in der Lage war, zivilrechtlich den Gebrauch der Sache zu Recht auszuüben, noch in der Lage war, den negativen Inhalt des Eigentumsrechts, nämlich den Ausschluss Dritter von der Einwirkung auf die Sache, geltend machen. Es liegt somit auch hier kein wirtschaftliches Eigentum vor.

Fazit: Die Käuferin c hat weder am Sachanlagevermögen, noch an den Maschinen und Einrichtungen, noch an der Betriebsliegenschaft wirtschaftliches Eigentum erworben. Denn sie ist nicht zivilrechtlicher Eigentümer; zudem fehlt es ihr an den typischen Herrschaftsbefugnissen, wie den Gebrauch der Sache zu Recht auszuüben, sowie der Möglichkeit, Dritte von der Einwirkung auf die Sache(n) auszuschließen.

Damit sind auch jene Vermögensgegenstände, die die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes bilden, nicht an die Käuferin c übereignet worden. Die Käuferin c hat allenfalls bloße Sachherrschaft über jene Vermögensgegenstände, die die wesentlichen Betriebsgrundlagen bilden. Dies reicht alleine aber nicht aus.

Dazu kommt, dass aufgrund der drohenden tatsächlichen Entziehung der wesentlichen Betriebsgrundlagen - der Übergang des Sachanlagevermögens wurde angefochten, die Käuferin wurde zur Herausgabe der Maschinen und Einrichtungen aufgefordert, und bei der Betriebsliegenschaft droht die Räumungsklage - auch das von der Lehre für den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums geforderte Element der dauerhaften Nutzungsmöglichkeit fehlt.

7. Ergebnis:

Als Ergebnis ist somit festzuhalten: Die Käuferin c hat weder am Sachanlagevermögen, noch an den Maschinen und Einrichtungen, noch an der Betriebsliegenschaft wirtschaftliches Eigentum erworben. Damit sind auch die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bzw Betriebes an die Käuferin c nicht übereignet worden. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Inanspruchnahme der Käuferin c zur Haftung gemäß § 14 Abs 1 BAO liegen somit nicht vor.

Die neuere Judikatur des VwGH zum Abschluss von Mietverträgen widerspricht diesem Ergebnis nicht, sondern bestärkt es sogar. Nach Ansicht des VwGH liegt ein Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht auch dann vor, wenn der Erwerber des Unternehmens des Vormieters einen neuen Mietvertrag mit dem Bestandgeber der Geschäftsräumlichkeiten abschließt (zB ; ; ; ). Jene Situation, die den vom VwGH entschiedenen Fällen zugrunde lag, ist im vorliegenden Fall aber nicht gegeben. Denn im konkreten Fall gelang es der Käuferin c ja gerade nicht, in die bestehenden Miet- oder Leasingverträge einzutreten, welche die Verkäuferin mit dem bzw den Bestandgeber(in) abgeschlossen hatte (weder gelang ein Eintritt in die Leasingverträge mit der S-Leasing und W noch ein Eintritt in die Bestandverträge betreffend die Betriebsliegenschaft bzw wurde letzteres gar nicht versucht, da ja der Kauf der Betriebsliegenschaft beabsichtigt war, welcher ebenfalls scheiterte) oder gar neue Miet- oder Leasingverträge mit dem bzw der Bestandgeber(in) abzuschließen.

Abschließend ist festzuhalten, dass aufgrund der drohenden tatsächlichen Entziehung der wesentlichen Betriebsgrundlagen - der Übergang des Sachanlagevermögens wurde wie erwähnt angefochten, die Käuferin wurde zur Herausgabe der Maschinen und Einrichtungen aufgefordert, und bei der Betriebsliegenschaft droht die Räumungsklage (siehe oben Abschnitt 6) - mE auch kein lebendes bzw lebensfähiges Unternehmen bzw Betrieb übertragen wurde. Der drohende Entzug der wesentlichen Betriebsgrundlagen schließt die Lebensfähigkeit aus. Dies wird auch vor dem Hintergrund der erwähnten Zielsetzung des § 14 BAO deutlich (siehe Abschnitt 4.): Es ist nämlich nur dann sachgerecht, dass der Gesetzgeber den Erwerber zur Haftung heranzieht, wenn dieser auch eine entsprechende Haftungssubstanz bzw eine Sicherung erhält. Dies ist nur dann der Fall, wenn an ihn ein lebendes und bestehendes, dh einsatzfähiges Unternehmen bzw ein lebender Betrieb übertragen wird. Droht aber der Entzug der wesentlichen Grundlagen eines solchen Unternehmens bzw Betriebes, kann nicht von einem einsatzfähigen Unternehmen gesprochen werden. Es wäre daher mangels Haftungssubstanz bzw Sicherung nicht sachgerecht, den Erwerber zur Haftung heranzuziehen.

Über die Berufungen wurde erwogen:

1) Berufung gegen den Bescheid über die Pfändung und Überweisung einer Geldforderung der Primärschuldnerin gegen die Berufungswerberin

Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen gemäß 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht. Im gegenständlichen Fall lag der Forderungspfändung vom der Rückstandsausweis vom zugrunde, in dem eine vollstreckbarer Abgabenschuld in Höhe von 871.421,17 € ausgewiesen wird.

Gemäß § 65 Abs. 1 erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen.

Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen (§ 65 Abs. 3 AbgEO).

Die vom Finanzamt im vorliegenden Fall durchgeführte Forderungspfändung vom entsprach diesen Anforderungen. An der Rechtmäßigkeit der Forderungspfändung ändert auch der Umstand nichts, dass die Berufungswerberin laut ihrer Drittschuldnererklärung vom die gepfändete Forderung aus den dort genannten Gründen "derzeit nicht als begründet anerkenne". In der gegenständlichen Berufung wurde diese Verantwortung wiederholt.

Besteht eine gepfändete Forderung nicht, dann ist die Pfändung wirkungslos. Die Pfändung einer nicht bestehenden Forderung geht von vornherein ins Leere, sie entfaltet keine Wirkung, ein Pfandrecht wurde nicht begründet. Die vom Drittschuldner gegen die Pfändung (das Zahlungsverbot) ergriffene Berufung ist in einem solchen Fall als unzulässig zurückzuweisen, weil über die Frage des Bestandes und Umfanges der Forderung nur im Zivilrechtsweg abgesprochen werden kann (Reeger-Stoll, AbgEO, 158; ). Sollte daher das Finanzamt eine Drittschuldnerklage (§ 73 AbgEO) einbringen, kann die Berufungswerberin als Drittschuldnerin in diesem Zivilverfahren ihre Einwendungen geltend machen und den Bestand oder die Fälligkeit der gepfändeten Forderung bestreiten.

2) Berufung gegen den Haftungsbescheid

Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet gemäß § 14 Abs. 1 BAO der Erwerber

a) für Abgaben, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen;

b) für Steuerabzugsbeträge, die seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres abzuführen waren.

Dies gilt nur insoweit, als der Erwerber im Zeitpunkt der Übereignung die in Betracht kommenden Schulden kannte oder kennen musste und insoweit, als er an solchen Abgabenschuldigkeiten nicht schon so viel entrichtet hat, wie der Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten) ohne Abzug übernommener Schulden beträgt.

Die Haftungsregelung des § 14 BAO dient dem Zweck, die im Unternehmen (Betrieb) als solchem liegende Sicherung für die auf den Betrieb sich gründenden Abgabenschulden durch den Übergang des Unternehmens (Betriebes) in andere Hände nicht verloren gehen zu lassen. Die Haftung knüpft dabei an die Übereignung eines Unternehmens (oder eines im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes) im Ganzen, also an den Übergang eines lebenden (lebensfähigen) Unternehmens bzw. Betriebes an; dabei müssen nicht alle zum Unternehmen (Betrieb) gehörigen Wirtschaftsgüter übereignet werden, sondern nur jene, welche die wesentliche Grundlage des Unternehmens (Betriebes) bilden und den Erwerber in die Lage versetzen, das Unternehmen fortzuführen.

Die Frage, welche Wirtschaftsgüter die wesentliche Grundlage des Unternehmens (Betriebes) bilden, ist in funktionaler Betrachtungsweise nach dem jeweiligen Unternehmens- bzw. Betriebstypus zu beantworten.

Bei einem produktionsgebundenen Unternehmen wie jenem der Primärschuldnerin zählen das Betriebsgebäude, Maschinen, Anlagen und Einrichtungen zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes (z.B. ). Wie bereits im Vorhalt vom unter Hinweis auf ausgeführt, zählt dagegen das Personal nicht dazu. Abgesehen davon wurden von der Berufungswerberin ohnehin die beiden Mitarbeiterinnen der Primärschuldnerin übernommen und hinsichtlich des übrigen Personals mit der Verkäuferin ein Personalleasingvertrag abgeschlossen.

Zur Frage, ob eine Übereignung im Sinne des § 14 BAO den Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums voraussetzt, oder ob die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ausreicht, wird in der überwiegenden Literatur nicht auf die zivilrechtliche Gestaltung, sondern auf den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums abgestellt (Ritz, BAO³, § 14 Tz 8 mit Hinweis auf Stoll, BAO, 164 f). Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in einer Fülle von Erkenntnissen ausgesprochen, dass unter "Übereignung" die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht zu verstehen sei, und es nicht auf eine besondere zivilrechtliche Gestaltung ankomme (; , 2000/16/0238; , 95/08/0322; , 99/16/0465; , 98/15/0102; , 2000/14/0091; , 99/13/0259; , 99/15/0007; , 98/08/0104; , 2004/14/0046; , 2006/14/0008; , 2002/14/0114).

Schon nach der Rechtsprechung zur insoweit gleichlautenden Vorgängerbestimmung des § 116 RAO wurde das Wort "übereignet" in einer gegenüber dem bürgerlichen Recht erweiterten Bedeutung gebraucht. Nach dieser Judikatur genügte es, wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebes bloß im wirtschaftlichen Sinn übereignet wurden, wenn also ein eigentümerähnliches Herrschaftsverhältnis an den sachlichen Grundlagen des Betriebes auf den Erwerber übergegangen ist (Stoll, BAO, 164 mit Hinweis auf BFH , BStBl 1967 III 684). Die ursprüngliche Fassung des § 116 RAO setzte für die Haftung voraus, dass das Unternehmen "veräußert" wurde. Die auf § 21 StAnpG beruhende Neufassung des § 116 RAO, wonach die Haftung davon abhing, dass das Unternehmen "übereignet" wurde, hat sich somit von einem Ausdruck gelöst, der eher mit der Übertragung des Eigentums gleichgesetzt werden könnte. Die neue (auch von § 14 BAO übernommene) Fassung verlangt somit nicht nur der Wortwahl nach, sondern auch ihrer Entwicklung nach ein Verständnis, das unter "Übereignung" nicht Erwerb des Eigentums, sondern Erwerb der tatsächlichen Verfügungsgewalt über die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens meint (Stoll, a.a.O. mit Hinweis auf RFH RFHE 23, 109 und Becker-Riewald, AO, Anm 3 zu § 116). Für diese Begriffsdeutung spricht auch, dass für die Übertragung eines Betriebes auch Wirtschaftsgüter in Betracht kommen, die im bürgerlich-rechtlichen Sinn gar nicht veräußert werden können, weil diese beispielsweise keine Sachen und Rechte im Rechtssinn sind, etwa Erfahrungen und Geheimnisse, Beziehungen zu Kunden. Solche Wirtschaftgüter können nur im wirtschaftlichen Sinn übereignet, also bloß ihre wirtschaftliche Herrschaftsmacht übertragen werden, daher muss auch die Übereignung des ganzen (solche Wirtschaftsgüter einschließenden) Betriebes in diesem Sinne verstanden werden (Stoll, a.a.O. mit Hinweis auf BFH BStBl 1980 II 258). Schließlich spricht § 14 BAO selbst (nur) vom Erwerber des Unternehmens, setzt als einen "Erwerb" schlechthin voraus und verlangt nicht den "Erwerb" des Eigentums. Unter einer Übereignung ist daher die Verschaffung der Verfügungsmacht über den Betrieb im Ganzen, also die Einräumung der Herrschaftsmacht (Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums) zu verstehen. Es kommt daher nicht auf eine besondere zivilrechtliche Gestaltung an, sondern darauf, dass ein solcher tatsächlicher Zustand geschaffen wird, der wirtschaftlich betrachtet als Übergang des Unternehmens als ganzes angesehen werden kann, der Erwerber also zumindest die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers erlangt hat (Stoll, a.a.O. mit Hinweis auf BFH BFHE 89, 466 und Friesecke, FR 1965, 368).

Bei dieser Rechtslage kommt es somit darauf an, ob die Berufungswerberin die tatsächliche Verfügungsmacht über den Betrieb erlangt hat. Daran besteht im vorliegenden Fall kein Zweifel. Der Betrieb ging nahtlos ab August 2007 von der Primärschuldnerin auf die Berufungswerberin über, und wurde auch praktisch im selben Umfang weitergeführt, wie bereits in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die von der Primärschuldnerin sowie anschließend von der Berufungswerberin erklärten Umsätze dargestellt wurde. Dass der Betrieb ohne Unterbrechung seit mehr als zwei Jahrentatsächlich von der Berufungswerberin geführt wird, konnte von dieser ebenfalls nicht in Abrede gestellt werden.

Aus den nunmehr ins Treffen geführten zivilrechtlichen Auseinandersetzungen kann für das gegenständliche Haftungsverfahren nichts gewonnen werden. Im vorgelegten Rechtsgutachten wird die "Kernfrage", ob wirtschaftliches Eigentum an den wesentlichen Grundlagen des Betriebes von der Berufungswerberin erworben wurde, im dortigen Punkt 6 wieder davon abhängig gemacht, ob zivilrechtlich ein Übergang der von der Primärschuldnerin innegehabten bzw. auch von dieser tatsächlich nie innegehabten Rechtspositionen erfolgt ist:

Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums am Sachanlagevermögen (Punkt 6 a) wird als "zweifelhaft" bezeichnet, da der zivilrechtliche Eigentumsübergang angefochten worden wäre und daher nach der Aktenlage davon auszugehen sei, dass das zivilrechtliche Eigentum nicht an die Käuferin übergegangen sei. Daher könne auch nicht von wirtschaftlichem Eigentum der Berufungswerberin am Sachanlagevermögen ausgegangen werden. Die verfehlte Schlussfolgerung der Berufungswerberin lautet somit: Weil kein zivilrechtlicher Eigentumsübergang stattgefunden hat, liegt auch kein Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über das Sachanlagevermögen vor; dies wie bereits erwähnt entgegen der unbestritten Tatsache, dass dieses Sachanlagevermögen seit mehr als zwei Jahren zur Führung des Betriebes genutzt wird.

Auch der Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die "geleasten" Maschinen und Einrichtungen wird ebenfalls mit dem Argument verneint, dass weder ein zivilrechtlicher Eintritt in die Leasingverträge erfolgt sei, noch die Berufungswerberin die Leasinggegenstände zivilrechtlich ins Eigentum erwerben hätte können. Wem die geleasten Maschinen und Gegenstände zivilrechtlich tatsächlich zuzuordnen sind, werden im gegenständlichen Fall wohl nur die Zivilgerichte entscheiden können, wird doch im Rechtsgutachten selbst in Punkt 2 b ausgeführt, dass die "Eigentümerstruktur bis heute unklar" sei bzw. auf ein bereits anhängiges Verfahren zwischen einem "mutmaßlichen Eigentümer" und der Berufungswerberin hingewiesen. Wenn nun schon die zivilrechtliche Zurechnung dieser Gegenstände derart unklar und ungewiss ist (der Ausgang der zivilgerichtlichen Auseinandersetzungen ist völlig offen), und daher nicht einmal gesagt werden kann, mit wem die Berufungswerberin die Leasingverträge zivilrechtlich rechtswirksam überhaupt abschließen hätte können, kann im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens umso mehr nur darauf abzustellen sein, wer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über diese Maschinen und Einrichtungen inne hat, also mit denselben "tatsächlich wirtschaftet", und das ist im vorliegenden Fall seit August 2007 unbestreitbar die Berufungswerberin.

Schließlich wird auch die Frage der Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums an der Betriebsliegenschaft damit verneint, dass die Berufungswerberin zivilrechtlich nicht in der Lage sei, den Gebrauch der Sache zu Recht auszuüben. Es wird daher auch in diesem Punkt aus einem "zivilrechtlichen Mangel" auf die Unmöglichkeit der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht geschlossen. Zunächst sei zum Einwand, dass ein bloßes Untermietverhältnis für die Übertragung wirtschaftlichen Eigentums ohnehin nicht ausreichend sei, auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0126 verwiesen: Gehört eine Liegenschaft zu den wesentlichen Grundlagen des Betriebes und wird sie im Zuge der Veräußerung aller übrigen wesentlichen Grundlagen zurückbehalten, so reicht es aus, wenn dem Erwerber unter Mitwirkung des Veräußerers die Nutzung an der Liegenschaft verschafft wird. Es würde daher entgegen der im Rechtsgutachten vertretenen Ansicht auch ein bloßes Untermietverhältnis für die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums genügen. Im gegenständlichen Fall wird nun aber eingewendet, dass schon die Primärschuldnerin keine Berechtigung gehabt hätte, die Betriebsliegenschaft zu nutzen, geschweige denn sie zu vermieten. Die Berufungswerberin benutze somit auch die Betriebsliegenschaft titellos. Dies ändert aber nun nichts daran, dass die Berufungswerberin diese Liegenschaft seit August 2007 tatsächlich wirtschaftlich im Rahmen ihres Betriebes nutzt, und auf dieser Liegenschaft seit über zwei Jahren ihren Produktionsbetrieb führt. Deutlicher kann wohl kein solcher "tatsächlicher Zustand" im Sinne der oben zitierten Ausführungen Stolls geschaffen werden, der wirtschaftlich betrachtet als Übergang der Verfügungsmacht über die Betriebsliegenschaft des Unternehmens angesehen werden muss. Selbst wenn in den dargestellten zivilrechtlichen Auseinandersetzungen in ferner Zukunft irgendwann einmal rechtskräftig durch letztinstanzliches Urteil festgestellt werden sollte, dass schon die Primärschuldnerin zivilrechtlich nicht zur Benützung der Betriebsliegenschaft berechtigt gewesen war, würde dies nichts an der tatsächlichen und jahrelangen betrieblichen Nutzung dieser Liegenschaft zunächst durch die Primärschuldnerin und sodann durch die Berufungswerberin ändern.

Zusammenfassend ist daher zu allen drei Teilen der "Kernfrage" festzuhalten: Wenn der Übergang wirtschaftlichen Eigentums nur dann anzunehmen wäre, wenn auch zivilrechtlich die entsprechenden Rechtspositionen übergegangen sind, läge ohnehin immer eine zivilrechtliche "Übereignung" vor. Die Prüfung der Frage, ob (nur) die wirtschaftliche Verfügungsmacht übertragen wurde, würde sich bei einer solchen Rechtsansicht erübrigen, weil es ohnehin allein nur auf den Übergang der zivilrechtlichen Rechtspositionen ankäme. Im Ergebnis würde daher eine Übereignung im Sinne des § 14 BAO doch den Erwerb des zivilrechtlichen Eigentums voraussetzen. Diese Ansicht entspricht aber weder der überwiegenden herrschenden Lehre, noch der aufgezeigten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schließlich geht der Einwand, es wäre kein lebender bzw. lebensfähiger Betrieb übertragen worden, schlicht an der Realität vorbei. Es wurde bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Berufungswerberin den unbestreitbar seinerzeit lebenden Betrieb der Primärschuldnerin nahtlos und aufgrund der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen praktisch im selben Umfang fortgeführt hat, und diesen Betrieb auch ununterbrochen seit über zwei Jahren führt. Bei dieser Sachlage kann es nicht darauf ankommen, ob die Berufungswerberin irgendwann in der Zukunft aufgrund des derzeit völlig ungewissen Ausganges zivilrechtlicher Rechtsstreitigkeiten möglicherweise den Betrieb einstellen muss.

Insgesamt gesehen liegt daher im gegenständlichen Fall aus den angeführten Gründen eine Betriebsnachfolge im Sinne des § 14 BAO vor.

Die Haftung nach § 14 Abs. 1 lit. a BAO betrifft insbesondere die Umsatzsteuer, einschließlich der auf die Geschäftsveräußerung im Sinne des § 4 Abs. 7 UStG entfallenden Steuer sowie allfälliger durch den Verkauf ausgelöster Vorsteuerberichtigungen (Judikaturnachweise bei Ritz, BAO³, § 14 Tz 10).

Strittig war im vorliegenden Fall auch die Frage, ob eine Haftung für den Säumniszuschlag betreffend Umsatzsteuer 11/2007 schon dem Grunde nach überhaupt zulässig wäre. Die Haftung gemäß § 14 Abs. 1 BAO kommt nur für Abgaben in Betracht, bei denen die Abgabepflicht sich auf den Betrieb des Unternehmens gründet, also Abgaben, bei denen materiell-rechtlich die Führung eines Betriebes Tatbestandsmerkmal ist. Ein Kausalzusammenhang zwischen Betrieb (Führung des Unternehmens) und Abgabe reicht nicht aus. Die Haftungsbestimmung stellt vielmehr auf jene Abgaben ab, die nur dadurch entstehen könne, dass der Inhaber durch seine betriebliche Tätigkeit den materiell-rechtlichen, die Abgabepflicht begründenden Tatbestand auslöst. Gehört die Führung des Betriebes nicht zum materiell-rechtlichen Tatbestand, kann für die Abgabe (mag sie auch durch den Betrieb veranlasst sein) nicht die Haftung nach § 14 BAO geltend gemacht werden. Eine innere Beziehung zum Betrieb oder zum Betriebszweck rechtfertigt somit nicht die Haftung, vielmehr muss die Steuerpflicht durch in den Einzelsteuergesetzen bezeichnete Sachverhalte an den Betrieb des Unternehmens gebunden sein (Stoll, BAO, 165 f). Dies ist beim gegenständlichen Säumniszuschlag jedoch nicht der Fall. Auch die deutsche herrschende Lehre und Rechtsprechung zur vergleichbaren Bestimmung des § 75 AO verneinen eine Haftung des Betriebsübernehmers für Ansprüche auf Nebenleistungen, insbesondere Säumniszuschläge (vgl. dazu Tipke-Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, § 75 Tz 38 mwN).

Darüber hinaus ist die Haftung gemäß § 14 BAO auch zeitlich begrenzt. Zum einen ist die Haftung zeitlich auf solche Abgaben beschränkt, die auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen, wobei diesbezüglich auf den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches im Sinne des § 4 BAO abzustellen ist. Zum anderen stellt der Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung die zweite zeitliche Schranke dar. Es besteht daher keine Haftung des Erwerbers für Abgabenansprüche, hinsichtlich derer der Abgabentatbestand nach der Übereignung verwirklicht wurde (Ritz, BAO³, § 14 Tz 12 mwN). Die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer war am fällig. Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind (nach Maßgabe der weiteren Bestimmungen dieser Norm) Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen zur Vorschreibung des gegenständlichen Säumniszuschlages lagen daher erst vor, nachdem die Umsatzsteuer nicht zum Fälligkeitstermin () entrichtet worden war. Damit wurde der die Säumniszuschlagspflicht auslösende Abgabentatbestand aber erst nach der Übereignung des Betriebes verwirklicht, sodass der Berufung insoweit Berechtigung zukommt. Der Säumniszuschlag wurde daher aus der Haftungsinanspruchnahme ausgeschieden.

Die in der Teilrechnung vom ausgewiesene Umsatzsteuer aus der Betriebsveräußerung betrug 859.430,01 €, und wurde in dieser Höhe auch vom Finanzamt mit Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 11/2007 vom festgestellt. Von der Berufungswerberin wurde mit Wirksamkeit ein Teilbetrag von 100.000,00 € von ihrem Abgabenkonto auf jenes der Primärschuldnerin überrechnet. Entsprechend der von der Berufungswerberin erteilten Verrechnungsweisung wurde dabei die gesamte Umsatzsteuer 12/2007 der Primärschuldnerin, die zu diesem Zeitpunkt mit 89.806,13 € aushaftete abgedeckt. Mit dem restlichen Differenzbetrag wurden bei der Primärschuldnerin die Umsatzsteuer 10/2007 (1.974,87 €), Kammerumlage 10-12/2007 (144,42 €), Körperschaftsteuer 01-03/2008 (437,00 €), Verspätungszuschlag 10/2007 (291,27 €) zur Gänze, und die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer 11/2007 um 7.346,31 € bis auf einen Restbetrag von 852.083,70 € abgedeckt. Mit diesem Restbetrag fand die Umsatzsteuer 11/2007 auch Eingang in den angefochtenen Haftungsbescheid.

Tatsächlich beträgt die Umsatzsteuer aus der Anzahlungsrechnung vom nur 79.180,60 €, überrechnet wurde jedoch eine Gutschrift von 100.000,00 €. Mit dem Differenzbetrag von 20.819,40 € wurde die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer 11/2007 um 7.346,31 € auf einen Restbetrag von 852.083,70 € vermindert, und ohnehin nur mit diesem Betrag in den Haftungsbescheid aufgenommen. Es verbleibt somit noch ein Betrag von 13.473,09 € (20.819,40 € - 7.346,31 €), mit dem die oben angeführten Abgaben der Primärschuldnerin abgedeckt wurden. Diese Abgaben stehen aber in keinem Zusammenhang mit der Betriebsveräußerung. Diese Abgaben wurden daher von der Berufungswerberin rechtsgrundlos entrichtet. Eine Korrektur der erteilten Verrechnungsweisung (die bei analoger Anwendung des § 214 Abs. 4 letzter Satz BAO in den Fällen des § 214 Abs. 7 BAO auch ein noch nicht in Anspruch genommener Haftungspflichtiger erteilen kann; vgl. dazu Ritz, BAO³, § 214 Tz 32 mit Hinweis auf RAE Rz 749) ist nicht mehr möglich, weil die dreimonatige Frist des § 214 Abs. 5 BAO dazu längst abgelaufen ist. Eine Nichtberücksichtigung dieser Teilzahlung der Berufungswerberin erscheint jedoch sachlich unbillig, da mit der Überrechnung tatsächlich (aber ungewollt) Abgaben der Primärschuldnerin abgedeckt wurden, für die eine Haftungsinanspruchnahme der Berufungswerberin nie in Betracht kam und auch nicht geltend gemacht wurde. Es bestand auch kein sonstiger Anlass für die Berufungswerberin, diese Abgaben der Primärschuldnerin abzudecken, da sich die zivilrechtliche Verpflichtung aus dem Kauf- und Übertragungsvertrag allein auf die Abdeckung der Umsatzsteuer aus der Betriebsveräußerung im Überrechnungsweg erstreckt hat. Jedenfalls im Zuge der Ermessensübung (siehe dazu ergänzend weiter unten) überwiegt insoweit diese Billigkeitserwägung die ansonsten für die Haftungsinanspruchnahme sprechenden Zweckmäßigkeitsüberlegungen. Die haftungsgegenständliche Umsatzsteuer aus der Betriebsveräußerung war daher um diesen Betrag von 13.473,09 € zu vermindern.

Anderes gilt dagegen für die in der Stellungnahme vom angesprochene weitere Überrechnung eines Teilbetrages in Höhe von 41.267,84 € vom Abgabenkonto der Berufungswerberin auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin. Diese "Zahlung" (Überrechnung) erfolgte erst nach der Geltendmachung der Haftung gemäß § 14 BAO und vermindert damit die durch den Haftungsbescheid begründete Gesamtschuld. Eine Zahlung des Haftungsschuldners vermindert nun somit zwar den zu entrichtenden Haftungsbetrag, ändert aber nichts an dem grundsätzlich im Haftungsbescheid (in der Berufungsentscheidung) aufzuerlegenden Umfang der Haftungspflicht. Dies gilt auch dann, wenn die "Zahlung" in der Umbuchung entsprechender Guthaben vom persönlichen Abgabenkonto des Berufungswerbers auf das Abgabenkonto der Primärschuldnerin zum Zwecke der teilweisen Abdeckung haftungsgegenständlicher Abgaben besteht (; ). Die tatsächlich noch offene Haftungsschuld vermindert sich daher von dem im gegenständlichen Bescheidspruch genannten Betrag in Höhe von 838.610,61 € auf nur mehr 797.342,77 €, der mit der gegenständlichen Entscheidung festzulegende Umfang der die Berufungswerberin insgesamt treffenden Haftung erfährt durch diese Überrechnung jedoch keine weitere Einschränkung.

Zusammengefasst verbleibt daher eine Haftung für Umsatzsteuer aus der Geschäftsveräußerung im Sinne des § 4 Abs. 7 UStG in Höhe von 838.610,61 €, von der ein Teilbetrag in Höhe von 41.267,84 € bereits entrichtet wurde.

Weitere tatbestandsmäßige Voraussetzung für die Haftung gemäß § 14 ist die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen der Abgabenschuld durch die Haftungsschuldnerin. Diesbezüglich ist die Literatur und Judikatur zu § 1409 ABGB heranziehbar (Stoll, BAO-Kommentar, 169). Danach steht die Unkenntnis der Abgabenschuldigkeiten einer Haftungsinanspruchnahme insbesondere dann nicht entgegen, wenn der Erwerber bei gehöriger, allgemein üblicher Sorgfaltsanwendung von der Schuld hätte erfahren müssen. Hierbei ist jene Sorgfalt zugrunde zu legen, die bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann, und darüber hinaus jene besondere Sorgfalt, die gerade ein Unternehmensübergang erfordert.

Die aus der Betriebsveräußerung resultierende Umsatzsteuer wurde im gegenständlichen Kauf- und Übertragungsvertrag vom nicht ziffernmäßig bestimmt, sondern in § 6 Abs. 4 des Vertrages festgehalten, dass die Vertragsparteien von einer teilweisen Befreiung des Verkaufes von der Umsatzsteuer ausgingen, und die anfallende Umsatzsteuer der Berufungswerberin in Rechnung gestellt würde.

Bemessungsgrundlage bei der Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 4 Abs. 7 UStG ist das Entgelt für die auf den Erwerber übertragenen Gegenstände und Rechte (Besitzposten). Bei der Geschäftsveräußerung handelt es sich zwar um eine einheitliche Lieferung, bei der Berechnung der Umsatzsteuer ist aber eine Aufteilung der Bemessungsgrundlage vorzunehmen, so als ob der Unternehmer eine Mehrzahl von Einzelleistungen erbracht hätte. Das Gesamtentgelt ist auf die einzelnen Leistungen (Besitzposten) aufzuteilen. Jede einzelne Leistung (Besitzposten) ist für sich umsatzsteuerlich zu beurteilen. Dabei bleiben Befreiungsbestimmungen unberührt und kommen auch im Rahmen der Geschäftsveräußerung im Ganzen zur Anwendung (Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, § 4 Tz 407 ff).

Bei Aufwendung der gehörigen und bei einer Unternehmensübertragung erforderlichen Sorgfalt wäre die Berufungswerberin bei Abschluss des Kauf- und Übertragungsvertrag gehalten gewesen, sich über die konkrete Höhe der aus der Geschäftsveräußerung im Ganzen resultierenden Umsatzsteuer zu informieren. Aufgrund des Umfanges der übernommenen Besitzposten wäre es in diesem Zusammenhang auch nahe liegend gewesen, sich mit dieser Frage an den eigenen steuerlichen Vertreter zu wenden, damit dieser anhand des Vertrages prüft, für welche Leistungen Umsatzsteuer anfällt bzw. inwieweit Befreiungsbestimmungen zur Anwendung gelangen. Eine solche Informationsbeschaffung wäre auch schon deswegen geboten gewesen, weil die Berufungswerberin sich zur Entrichtung dieser Umsatzsteuer im Überrechnungsweg verpflichtet hatte. Gründe, warum der Berufungswerberin eine Ermittlung und damit eine Kenntniserlangung der Umsatzsteuer aus der Betriebsveräußerung im Zeitpunkt der Übereignung nicht möglich gewesen wäre, wurden nicht vorgebracht.

Der Umstand, dass die Umsatzsteuer aus der Geschäftsveräußerung der Berufungswerberin erst nach Abschluss des Kauf- und Übertragungsvertrages in Rechnung gestellt wurde, schließt daher eine Haftung für diese Abgabe nicht aus. Andernfalls hätte es ein Betriebserwerber in der Hand, einen Haftungsausschluss allein dadurch zu erwirken, dass die Umsatzsteuer im Kaufvertrag eben nicht ziffernmäßig präzisiert wird, sondern diese Abgabe erst in weiterer Folge ermittelt und dem Finanzamt bekannt gegeben wird.

Insgesamt gesehen lagen daher die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 14 BAO vor.

Die Haftungsinanspruchnahme des Erwerbers liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Wie bei jeder Ermessensübung ist vor allem der Zweck der Ermessen einräumenden Norm zu berücksichtigen. Bereits eingangs wurde ausgeführt, § 14 BAO diene dem Zweck, die im Unternehmen als solchem liegende Sicherung für die auf den Betrieb sich gründende Abgabenschuld durch den Übergang des Unternehmens nicht verloren gehen zu lassen. Das Ermessen wird im Sinne des Gesetzes geübt, wenn die Abgabenbehörde eine Haftung in Anspruch nimmt, weil sie die Abgabenschuld vom Hauptschuldner nicht ohne Gefährdung oder nicht ohne Schwierigkeiten rasch hätte einbringen können. Gerade weil im Zuge einer Betriebsveräußerung die im Unternehmen als solchem liegenden Sicherheiten vom Veräußerer auf den Erwerber des Betriebes übergehen, ist eine Einbringung der Abgaben beim Primärschuldner schon im Regelfall nicht mehr möglich bzw. jedenfalls wesentlich erschwert. Darüber hinaus verliefen im gegenständlichen Fall sowohl die Pfändung der noch offenen Kaufpreisforderung sowie allfälliger Forderungen der Primärschuldnerin gegen die Allgemeine Sparkasse OÖ Bank AG (siehe oben Punkt F) erfolglos. Die Primärschuldnerin hat ferner (wie das Finanzamt im angefochtenen Bescheid unwidersprochen festgestellt hat) wiederholten Zahlungsaufforderungen nicht entsprochen. Insgesamt gesehen schlossen daher die Interessen des Abgabengläubigers an der Abgabeneinhebung eine andere Entscheidung als die Haftungsinanspruchnahme aus. Eine Einschränkung der Haftung war nur im Zusammenhang mit den durchgeführten Überrechnungen aus den oben erwähnten Billigkeitserwägungen möglich.

3) Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag

Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen.

Bei potenziell Haftungspflichtigen entsteht die Abgabenschuld als Gesamtschuld gemäß § 7 Abs. 1 BAO mit bescheidmäßiger Geltendmachung von Haftungen. Nach Erlassung von Haftungsbescheiden sind die betreffenden Abgabenschulden nach § 224 Abs. 1 BAO binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Innerhalb dieser Monatsfrist ist die Erlassung von Sicherstellungsaufträgen zulässig (Ritz, BAO³, § 232 Tz 4 mwN).

Da der Haftungsbescheid gemeinsam mit dem Sicherstellungsauftrag zugestellt wurde, war im Zeitpunkt der Erlassung des letztgenannten Bescheides die Haftungsschuld als Gesamtschuld entstanden, und damit diese Voraussetzung für die Erlassung des Sicherstellungsauftrages erfüllt.

Am Abgabenkonto der Berufungswerberin bestand im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages ein restliches Abgabenguthaben in Höhe von 585.740,49 €. Die Einbringung einer Haftungsschuld im Exekutionsweg ist regelmäßig wesentlich schwieriger als die Verwendung eines beim Abgabengläubiger bereits bestehenden Guthabens des Haftungsschuldners zur Abdeckung der Haftungsschuld. Aufgrund eines Sicherstellungsauftrages kann mittels Pfändung des Abgabenguthabens (Zweitverbot) dieses Guthaben sichergestellt, und nach Eintritt der Vollstreckbarkeit der Haftungsschuld und Ausstellung eines Rückstandsausweises zur Tilgung der haftungsgegenständlichen Abgaben verwendet werden. Schon unter diesem Gesichtspunkt diente der gegenständliche Sicherstellungsauftrag dazu, einer wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Haftungsschuld zu begegnen.

Eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben erblickte das Finanzamt auch darin, dass die Berufungswerberin entgegen ihrer zivilrechtlich übernommenen Verpflichtung tatsächlich nur einen geringen Teil des bei ihr entstandenen Vorsteuerguthabens zur Abdeckung der bei der Primärschuldnerin angefallenen Umsatzsteuer verwendet hat, und dieses Guthaben (jedenfalls teilweise) zur Tilgung eigener Abgabenforderungen nutzte. Aus diesem offenkundigen Bestreben, der zivilrechtlich übernommenen Zahlungsverpflichtung nicht nachzukommen, konnte das Finanzamt darauf schließen, dass die Berufungswerberin auch die geltend gemachte Gesamtschuld (Haftungsschuld) nicht ohne weiteres entrichten werde. Es war davon auszugehen, dass auch das restliche Abgabenguthaben zur Abdeckung eigener Abgabenschulden Verwendung finden sollte.

Weiters stellte das Finanzamt im angefochtenen Bescheid fest, dass gegen die Berufungswerberin BG Linz zu einer näher bezeichneten Geschäftszahl eine Exekution wegen eines Betrages von nur 9.500,00 € anhängig sei. Aufgrund dieses Umstandes, dass offenbar auch einer relativ kleinen Verbindlichkeit nicht nachgekommen werden könne, sei von wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft auszugehen, welche auf eine Gefährdung bzw. Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben hinweisen würden, sodass nur durch einen raschen Zugriff die Einbringlichkeit voraussichtlich gesichert erscheine. Die Berufungswerberin trat dieser Feststellung nicht entgegen.

Ferner werden in der Bilanz der Berufungswerberin zum Verbindlichkeiten in Höhe von rund 11,7 Mio. € und ein Bilanzverlust von rund 1,7 Mio. € bei Umsätzen von rund 7,7 Mio. € ausgewiesen. Die Eigenmittelquote gemäß § 23 URG wird im Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses mit -14,47 % beziffert, womit nach den Bestimmungen des URG Reorganisationsbedarf bestünde. Die Geschäftsführung sei auf diese Tatsache hingewiesen worden. Auch diese Umstände sprachen für eine Gefährdung bzw. zumindest wesentliche Erschwerung der Einbringlichkeit der Haftungsschuld im Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass im Berufungsverfahren (nur) zu prüfen ist, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben waren (Ritz, BAO³, § 232 Tz 11 mit Judikaturnachweisen). Davon ist im gegenständlichen Fall dem Grunde nach auszugehen. Lediglich hinsichtlich der Höhe der sicherzustellenden Haftungsschuld wurde der Berufung teilweise stattgegeben, und der Umfang der Sicherstellung auf die tatsächlich zu Recht geltend gemachte Haftungsschuld eingeschränkt.

Das der Abgabenbehörde durch § 232 BAO eingeräumte Ermessen erfordert gemäß § 20 BAO die Beachtung der Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit. Bei der Ermessensübung sind demnach berechtigte Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände abzuwägen. Aus der zwingenden Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der Abgaben ergibt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aber, dass nur durch die Sofortmaßnahme dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben Rechnung getragen werden kann. Die berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen werden daher grundsätzlich in den Hintergrund treten. Nur in Ausnahmefällen - etwa bei Geringfügigkeit des zu sichernden Betrages oder der zu erlangenden Sicherheit - ist daher von der Erlassung eines Sicherstellungsauftrages abzusehen ( mit Hinweis auf Ritz, Verwaltungsökonomie als Ermessenskriterium, ÖStZ 1996, 70). Dies war jedoch hier nicht der Fall, sodass die Erlassung des Sicherstellungsauftrages nicht das Ergebnis einer fehlerhaften Ermessensübung war.

4) Berufung gegen die Pfändung einer Geldforderung (Abgabenguthaben der Berufungswerberin)

Auf Grund eines Sicherstellungsauftrages kann gemäß § 78 AbgEO zur Sicherung von Abgaben und Abgabenstrafen schon vor Eintritt der Rechtskraft oder vor Ablauf der für die Leistung bestimmten Frist die Vornahme von Vollstreckungshandlungen angeordnet werden. Zur Sicherung kann nur die Pfändung und Verwahrung beweglicher körperlicher Sachen und die Pfändung grundbücherlich nicht sichergestellter Geldforderungen und von Ansprüchen auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen vorgenommen werden. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des I. Teiles der AbgEO sinngemäß.

Gemäß § 65 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Die Pfändung geschieht dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen (Zahlungsverbot). Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen (Verfügungsverbot).

Wird auf eine Geldforderung Vollstreckung geführt, die dem Abgabenschuldner wider die Republik Österreich oder gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts gebührt, so ist gemäß § 66 AbgEO das Zahlungsverbot der Stelle, die zur Anweisung der betreffenden Zahlung berufen ist, und auch dem Organe (Kasse oder Rechnungsdepartement, Rechnungsabteilung), das zur Liquidierung der dem Abgabenschuldner gebührenden Zahlung berufen ist, zuzustellen. Mit der Zustellung des Zahlungsverbotes an die anweisende Stelle ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.

Die "Pfändung eines Abgabenguthabens" erfolgt daher durch Erlassung des Zahlungsverbotes (Zweitverbotes) an die Abgabenbehörde. Gleichzeitig wird dem Abgabepflichtigen die Verfügung über seine Forderung gegen den Abgabengläubiger untersagt. Die gegenständliche Pfändung genügt diesen Voraussetzungen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist neben dem Drittschuldner zwar auch der Abgabepflichtige zur Berufung gegen die Forderungspfändung legitimiert (Liebeg, AbgEO, § 65 Tz 22 mit Judikaturnachweisen), was auch im Fall der Pfändung eines Abgabenguthabens mittels Zweitverbotes gilt. In der gegenständlichen Berufung wird jedoch keine Rechtswidrigkeit dieser Pfändung aufgezeigt. Die Berufungen gegen den der Pfändung zugrunde liegenden Exekutionstitel (Sicherstellungsauftrag) sowie den dem Sicherstellungsauftrag zugrunde liegenden Haftungsbescheid begründen keine Rechtswidrigkeit der Pfändung. Abgesehen davon, dass diese Berufungen mit der gegenständlichen Entscheidung erledigt werden, ist im Sicherungsverfahren gemäß § 78 AbgEO eine allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit des diesem Verfahren zugrunde liegenden Titels (Sicherstellungsauftrag) nicht zu berücksichtigen. Die materielle Richtigkeit des der Vollstreckungshandlung zugrunde liegenden Titels ist vielmehr allein im Berufungsverfahren betreffend den Sicherstellungsauftrag zu prüfen (). Gleiches gilt auch für eine allfällige behauptete Rechtswidrigkeit des dem Sicherstellungsauftrag zugrunde liegenden Haftungsbescheides. Die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides war (allein) im Haftungs(berufungs)verfahren zu prüfen.

Ergänzend sei noch bemerkt, dass etwa auch in einem finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahren aufgrund eines Rückstandsausweises eine Rechtswidrigkeit des Exekutionstitels nicht erfolgreich eingewendet werden kann (vgl. Liebeg, AbgEO, § 65 Tz 19). Einwendungen, die sich gegen den Abgabenanspruch oder die Höhe der Abgabe richten, sind im Veranlagungsverfahren mit Berufung gegen die Abgabenbescheide und nicht gemäß § 12 Abs. 1 AbgEO geltend zu machen. In dem vor der Titelbehörde durchzuführenden Verfahren gemäß § 12 und § 13 AbgEO können keine Einwendungen gegen die Richtigkeit des Abgabenbescheides (mehr) erhoben werden (Liebeg, AbgEO, § 12 Tz 3 mit Judikaturnachweisen). Gleiches gilt für das Sicherungsverfahren. Auch in diesem können keine Einwendungen gegen den diesem Verfahren zugrunde liegenden Sicherstellungsauftrag (mehr) erhoben werden.

Es wurden lediglich die im Pfändungsbescheid mit einem Betrag von 869.183,59 € bezifferten sicherzustellenden Abgabenansprüche auf 838.610,61 € eingeschränkt (siehe Spruchpunkte 3 und 4), und demgemäß die Gebühren und Barauslagen für die Pfändung auf 8.392,51 € (1% von 838.610,61 € zuzüglich 6,40 € Barauslagen) vermindert. Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

5) Berufung gegen das Verfügungsverbot betreffend die Pfändung des Abgabenguthabens

Gemäß § 77 Abs. 1 Zif. 1 AbgEO ist ein Rechtsmittel unstatthaft gegen Bescheide, welche dem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellte Pfand untersagen.

Die Abgabenbehörde hat gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist. Unzulässig ist eine Berufung unter anderem bei Rechtsmittelausschluss (Ritz, BAO³, § 273 Tz 2).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 14 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 66 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 77 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 78 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2009, 416
UFS Newsletter 2009/07

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at