Anschaffungszeitpunkt (hier: iZm der Geltendmachung einer IZP für ein Kreuzfahrtschiff) ist der Zeitpunkt der Lieferung (Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums), also der Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit, und zwar nicht im Sinn der bloß rechtlichen, sondern im Sinn der faktischen Verfügungsmöglichkeit über das Wirtschaftsgut (VwGH 8.3.1994, 93/14/0179).
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Stb, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108 e EStG 1988 für 2004 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Investitionszuwachsprämie 2004 wird festgesetzt mit 4.446.158,83 €.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin berechnete die für 2004 geltend gemachte Investitionszuwachsprämie gemäß § 108 e EStG 1988 wie folgt:
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AK/HK prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter | 55.618.139,74 |
Abzgl. Durchschnittliche AK/HK der drei Vorjahre | -46.917,67 |
Ergibt Bemessungsgrundlage | 55.571.222,07 |
Prämie (10 %) | 5.557.122,21 |
Zu den in der Bemessungsgrundlage enthaltenen Anschaffungskosten für ein Kreuzfahrtenschiff iHv 8.140.866,60 € und für eine Maschine "Vutek - UltraVu 3360EC" iHv 243.798,64 € wurde anlässlich einer Nachschau festgestellt (Bericht zu AbNr. 101045/05):
Mit Vertrag vom hätten die Berufungswerberin und die Werft. in den Niederlanden den Bau und die Lieferung eines Schiffes vereinbart. Das Schiff sei im März 2005 fertiggestellt und am in das Binnenschiffsregister beim Amtsgericht Regensburg eingetragen worden. Der Stapellauf sei laut Registerauszug vom im Jahr 2005 erfolgt. Die Anschaffung des Schiffes sei daher erst im Jahr 2005 erfolgt. Weiters sei auch die Maschine "Vutek - UltraVu 3360 EC" erst im Jahr 2005 angeschaffen worden. Die Investitionszuwachsprämie wurde von der Betriebsprüfung wie folgt berechnet:
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AK/HK prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter | 55.618.139,74 |
Abzgl. Durchschnittliche AK/HK der drei Vorjahre | -46.917,67 |
Zwischensumme | 55.571.222,07 |
Kürzung AK Kreuzfahrtschiff | -8.140.866,60 |
Kürzung Maschine Vutek-UltraVu 3360 EC | -243.798,64 |
Andere unbestrittene Kürzungen der AK/HK | -2.968.767,22 |
Ergibt Bemessungsgrundlage laut Prüfung | 44.217.789,61 |
Prämie (10 %) | 4.421.778,96 |
Der Ansicht der Betriebsprüfung, eine Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 stehe für das Schiff und die Maschine nicht zu, hielt die Berufungswerberin im an die Betriebsprüfung gerichteten Mail vom entgegen:
- Das Schiff sei wie im Vertrag vereinbart mit unmitttelbar nach dem Stapellauf durch den Kapitän vor Ort für die Berufungswerberin übernommen worden.
- Ab diesem Zeitpunkt sei das wirtschaftliche Risiko auf die Berufungswerberin übergegangen.
- Die Berufungswerberin habe das Schiff in der Bilanz aktiviert, was den gesetzlichen Erfordernissen des UGB und EStG entspreche. Die Berufungswerberin sei mit wirtschaftliche und zivilrechtliche Eigentümerin geworden. Chancen und Risiken seien zu diesem Zeitpunkt auf sie übergagangen.
- Im Februar habe die Berufungswerberin erfahren, dass das Schiff " nicht den erforderlichen Fertigstellungsgrad hat und die Werft in höchster Insolvenzgefahr schwebt ".
- Die Berufungswerberin habe vor Ort versucht, für die Fertigstellung des Schiffes andere Werften zu finden. Gleichzeitig habe sie der Werft besicherte Geldmittel zur Verfügung gestellt, um die Fertigstellung zu ermöglichen und eine Schadensbegrenzung zu erreichen. Der Werft sei es aber " im letzten Moment " gelungen, das Schiff mit eigenen Mitteln fertigzustellen.
- Die Berufungswerberin stehe auf dem Standpunkt, " den zugrunde liegenden Vertrag in zwie Teilbeträgen aktivieren zu können ": Zum einen den schwimmenden Schiffskörper, zum anderen die Fertigstellungsarbeiten.
Der Ansicht der Betriebsprüfung folgend ging das Finanzamt von einer Lieferung des Schiffes und der angeführten Maschine erst im Jahr 2005 aus. Dem Bescheid über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie für 2004 vom wurde die oben dargestellte Berechnung der Betriebsprüfung zugrunde gelegt.
In der Begründung der gegen den angeführten Bescheid eingebrachten Berufung wurde ausgeführt:
Am habe die Berufungswerberin mit der Scheepswerf de Hoop Lobith B.V. einen Werkvertrag über den Bau eines Kreuzfahrtschiffes abgeschlossen. Als Übergabetermin sei der vereinbart worden. Teilzahlungen seien nach Baufortschritt erfolgt. Zur Absicherung ihres Risikos habe die Berufungswerberin Bankgarantien erhalten, sodass sie von allfälligen Problemen der Werft nicht tangiert worden wäre. Laut Vertrag habe die Werft bzw. die Sicherheiten gebende Bank Eigentum am gesamten Material und am Schiff erworben. Erst nach der Lieferung sei das Schiff in das Eigentum der Berufungswerberin übertragen worden. Bis dahin sei die Versicherung durch die Werft erfolgt. Der Stapellauf habe wie vereinbart am stattgefunden. Nachdem der Schiffskapitän die Berufungswerberin davon verständigt habe, dass die Werft ihre Verpflichtungen erfüllt habe, habe die Berufungswerberin das Schiff übernommen und die Bankgarantien zurückgegeben. Ab diesem Zeitpunkt sei die Berufungswerberin zivilrechtliche Eigentümerin des Schiffes gewesen und habe das wirtschaftliche Risiko getragen. Im Feber 2005 sei allerdings offenkundig geworden, dass die Werft ihre Verpflichtungen insofern nicht erfüllt habe, als der Motor und die Schiffseinrichtung fehlten. Die bereits bezahlten aber vertragswidrig noch nicht geleisteten Arbeiten seien von der zu dieser Zeit akut insolvenzgefährdeten Werft noch nicht fertig gestellt worden. Mit der Übernahme des Schiffes mit dem Stapellauf am und der Rückgabe der Bankgarantien sei die Berufungswerberin zivilrechtliche und wirtschaftliche Eigentümerin des Schiffes geworden. Daher sei es auch in das Anlagenverzeichnis aufzunehmen gewesen. Wäre das Schiff nicht 2005, sondern erst 2006 fertig gestellt worden, wäre wohl unstrittig, dass die Kosten des Zuganges des Schiffes bereits 2004 zu aktivieren gewesen wären. Wesentlich sei weiters, dass die Berufungswerberin das Schiff am abgenommen habe. Als klar geworden sei, dass das Schiff nicht in vertragskonformem Zustand war, sei angesichts der Insolvenzgefahr der Werft " die Abnahme des Schiffes iVm einer Fertigstellung ohnehin die wirtschaftlich einzig sinnvolle Vorgangsweise " gewesen. Nach der Rückgabe der Bankgarantien habe die Berufungswerberin das volle wirtschaftliche Risiko getragen. Die Rückgabe wäre nie erfolgt, wenn nicht von einer vertragskonformen und korrekten Abnahme am ausgegangen worden wäre. Korrespondierend zum Anschaffungsvorgang der Berufungswerberin am habe die Werft den Erlös vereinnahmen und das Schiff aus ihrem Vermögen ausbuchen können. Die Fertigstellung des Schiffes habe die Berufungswerberin aus wirtschaftlichen Erwägungen durch dieselbe Firma vornehmen lassen, die am geliefert hatte. Die Möglichkeit der Fertigstellung durch eine andere Werft sei als finanziell kostspieligere Variante verworfen worden.
Zur Maschine Vutek - UltraVu 3360 EC wurde eingewendet, dass eine Besprechung im Rahmen der Betriebsprüfung aus Versehen nicht erfolgt sei. Die entsprechende, an die Berufungswerberin adressierte Rechnung sei mit datiert. Die Maschine sei mit gleichem Datum direkt an den Leasingnehmer geliefert worden. Die zollrechtlichen Anmeldungen seien mit und datiert.
In Beantwortung eines Fragenvorhaltes (Mail der Betriebsprüfung vom an die steuerliche Vertretung) wurde mitgeteilt (Eingabe vom ):
- Das im Binnenschiffsregister des Amtsgerichtes Regensburg eingetragene Datum des Stapellaufes (2005) sei für die Berufungswerberin nicht nachvollziehbar. Tatsächlich sei der Stapellauf im Dezember 2004 erfolgt. Dies sei an Hand eines Mailprotokolls vom , in dem der Leasingnehmer Fotos vom Stapellauf anfordere, nachweisbar.
- Da der von beiden Vertragsparteien beauftragte und bevollmächtigte Kapitän die ordentliche Übernahme des Schiffes bestätigt hatte, habe kein Grund mehr bestanden, die Bankgarantien - bis auf eine Ausnahme - zurückzuhalten. Das Schiff sei nach der Übernahme im Dezember 2004 an eine an die Werft angrenzende Liegestelle in Lobith (Niederlande) gebracht worden.
- Die Berufungswerberin sei zunächst von der Fertigstellung des Schiffes - von unwesentlichen Einrichtungsteilen abgesehen - ausgegangen. Erst im Feber 2005 habe sie der Leasingnehmer informiert, " dass sowohl der Motor wie auch der komplette Innenausbau fehlten ". Infolge von Terminnöten (das Schiff sei bereits für die erste Kreuzfahrt im April 2005 gebucht gewesen) habe man versucht, der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Werft entgegenzukommen und auf Pönalezahlungen bzw. deren Androhung zu verzichten, " um keine negative Stimmung zu erzeugen " und eine Fertigstellung vor dem zu erreichen.
- Der von beiden Vertragsteilen beauftragte und bevollmächtigte Kapitän habe vereinbarungsgemäß mit der Abnahme am auch die Übergabe an den Leasingnehmer vollzogen. Das Übernahme- bzw. Übergabeprotkoll liege der Betriebsprüfung vor. Das Schiff sei schließlich termingerecht am zu seiner ersten Kreuzfahrt ausgelaufen. Das Datum des Messbriefes () sei für die Fertigstellung ohne Belang.
Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden (§ 108e Abs. 1 EStG 1988).
Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.
Strittig ist, ob die Anschaffung des Schiffes und der Maschine noch im Jahr 2004 erfolgt ist. Nur in diesem Fall kann die Berufungswerberin eine Investitionsprämie geltend machen.
Anschaffungszeitpunkt ist der Zeitpunkt der Lieferung (Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums), also der Erlangung der betrieblichen Nutzungsmöglichkeit, und zwar nicht im Sinn der bloß rechtlichen, sondern im Sinn der faktischen Verfügungsmöglichkeit über das Wirtschaftsgut ( betreffend Anschaffung einer Rauchgasentschwefelungsanlage; weiters betreffend Anschaffung von Kühlmöbeln für einen Gewerbebetrieb; betreffend IZP und Anschaffungszeitpunkt für drei KFZ). Unwesentlich für den Zeitpunkt des Erwerbes wirtschaftlichen Eigentums ist dagegen der Übergang der Preisgefahr (; weitere Hinweise auf einschlägige Rechtsprechung des VwGH siehe RZ 2166 EStR).
Laut Vertrag verpflichtete sich die Werft, " auf einem ihrer Schiffbauplätze ein Kreuzfahrtschiff von 93 (73 + 20) Kabinen im Standard der ... für Kreuzfahrten auf der Donau (bis zur Mündung), den Rhein-Main-Donau-Kanal, Main, Rhein, Mosel und alle Nebenflüsse zu bauen und an den Reeder ( Anm.: die Berufungswerberin ) zu liefern ".
Für die vorgesehene Verwendung befand sich das Schiff im Feber 2005 noch nicht in einem tauglichen Zustand, wurde doch die Berufungswerberin zu diesem Zeitpunkt erst über das Fehlen des Schiffsmotors und der Inneneinrichtung informiert. Ein betriebsbereiter Zustand wurde (auch nach dem Berufungsvorbringen) erst im Jahr 2005 (kurz vor dem ersten Auslaufen im April 2005) erreicht. Eine Investitionszuwachsprämie kann daher für 2004 nicht in Anspruch genommen werden.
Zur Maschine Vutek-UltraVu 3360 EC teilte die Betriebsprüfung mit, dass Ermittlungen beim Zollamt eine Lieferung bereits im Jahr 2004 bestätigt haben. Dem Berufungsantrag war daher insofern zu entsprechen.
Die Investitionszuwachsprämie errechnete sich daher wie folgt:
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AK/HK prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter | 55.618.139,74 |
Abzgl. Durchschnittliche AK/HK der drei Vorjahre | -46.917,67 |
Zwischensumme | 55.571.222,07 |
Kürzung AK Kreuzfahrtschiff | -8.140.866,60 |
Andere unbestrittene Kürzungen der AK/HK | -2.968.767,22 |
Ergibt Bemessungsgrundlage laut Berufungsentscheidung | 44.461.588,25 |
Prämie (10 %) | 4.446.158,83 |
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 108e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Anschaffungszeitpunkt Investitionszuwachsprämie betriebliche Nutzungsmöglichkeit |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at