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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 27.10.2008, RV/0147-F/04

Für die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer ist es erforderlich, dass der Unternehmer seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat. Eine verheiratete Großjährige, die einen Wohnsitz im Ausland hat, hat keinen (abgeleiteten) Wohnsitz bei ihren Eltern im Inland.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W., H, vertreten durch Gerhard Morscher, Steuerberater, 6840 Götzis, Vorarlberger Wirtschaftspark, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom 18. bzw. betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer für das Jahr 2001 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Im vorliegenden Fall verfügte die mit einem Schweizer Staatsbürger verheiratete Berufungswerberin im Streitjahr über einen Wohnsitz in der Schweiz. Sie erzielte Umsätze aus der Vermietung einer in Österreich gelegenen Wohnung in Höhe von 71.993,89 S (5.232,00 €). Strittig ist, ob im Jahr 2001 der im elterlichen Haus in Österreich (W., X) zur Verfügung stehende Wohnraum einen weiteren Wohnsitz der Berufungswerberin darstellte, diese daher in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und weiters von der Kleinunternehmerregelung (im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994) Gebrauch machen konnte.

Über die Berufung wurde erwogen:

Einkommensteuer: Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Gemäß Abs. 3 leg. cit. sind jene natürlichen Personen beschränkt steuerpflichtig, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die in § 98 EStG 1988 aufgezählten Einkünfte (zB Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iSd § 28 EStG 1988, wenn das unbewegliche Vermögen, die Sachinbegriffe oder Rechte im Inland gelegen sind, in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind oder in einer inländischen Betriebsstätte verwertet werden).

Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Entscheidend ist sonach, dass jemand die Verfügungsgewalt über eine inländische Wohnung innehat und die Wohnung erkennbar als solche beibehalten will und die Wohnung auch tatsächlich als solche benutzt.

Alle drei Tatbestandselemente müssen kumuliert vorliegen.

Innehaben bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können. Die bloße Überlassung eines Zimmers zur vorübergehenden Nutzung reicht nicht. Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen vor allem Eigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht, aber auch familienrechtliche Ansprüche in Betracht. Eine bestimmte rechtgeschäftliche Form ist nicht nötig (vgl. Ritz, BAO3, § 26, Tz 5 ff). Die polizeiliche Ab- und Anmeldung ist nicht entscheidend. Volljährige Kinder, die keine eigene Wohnung haben und bei ihren Eltern leben, haben dort einen sog. abgeleiteten Wohnsitz; dasselbe gilt für Ehepartner. Unterhalten volljährige Kinder einen eigenen Hausstand, dann haben sie bei den Eltern idR selbst dann keinen Wohnsitz, wenn ihnen dort ein Zimmer zur Verfügung steht (vgl. Doralt, EStG9, § 1, Tz 15). Bereits beim zweiten Tatbestandselement spielt die zeitliche Dauer eine Rolle. Denn es muss objektiv aus den Umständen erkennbar sein, dass die Wohnung beibehalten werden soll; die Verfügungsgewalt über die Wohnung muss daher in zeitlicher Hinsicht dauerhaft sein. Als Anhaltspunkt kann auf die Sechsmonatsfrist des Aufenthaltstatbestandes (§ 26 Abs. 2 BAO) abgestellt werden. Mit Wohnungsanmietungen, die diese Frist nicht überschreiten, wird daher kein Eintritt einer unbeschränkten Steuerpflicht gegeben sein, auch dann nicht, wenn solche Wohnungsanmietungen über Jahre hinweg regelmäßig anfallen; zumindest solange nicht ein und dieselbe Wohnung regelmäßig angemietet wird und solange die Auslandsabwesenheiten sich auf die Sechs-Monats-Frist des gewöhnlichen Aufenthaltes unterbrechend und nicht bloß hemmend auswirken (vgl. SWI 2004, 53). Die ununterbrochene tatsächliche Benützung ist nötig; der Wortlaut des § 26 BAO lässt an sich jegliches Benutzen der Wohnung, mag dieses von kurzer oder von längerer Dauer sein, wohnsitzbegründend wirken. Der Verwaltungsgerichtshof fordert für den Wohnsitzbegriff "nicht die ununterbrochene tatsächliche Benützung der Wohnung" (vgl. zB ) oder hält es für ausreichend "wenn eine Wohnung jährlich durch mehrere Wochen benützt wird" (vgl. zB ).

Die Berufungswerberin hat die Adresse "W., X" für den Zeitraum bis polizeilich als ihren Nebenwohnsitz gemeldet. Mit Schreiben vom bestätigte die Mutter der Berufungswerberin, dass die Berufungswerberin in ihrem Haus in W., X, ein Zimmer zur jederzeitigen alleinigen Verfügung habe. Die Berufungswerberin machte geltend (vgl. das diesbezügliche Vorbringen im Berufungsschriftsatz vom und im Vorlageantrag vom ), dass sie bereits im Jahr 2000 nach dem Umzug in die Schweiz genötigt gewesen sei, in Österreich einen Wohnsitz zu gründen. Dieser Zweitwohnsitz sei keine Räumlichkeit gewesen, der ihr nur vorübergehend Unterkunft gewährt habe, sondern sei ein vollwertiger Wohnraum gewesen, mit dem die Möglichkeit der Benützung aller anderen notwendigen Räumlichkeiten des Einfamilienhauses verbunden gewesen sei. Am ehesten könne die Wohnmöglichkeit mit einem Untermietzimmer verglichen werden. Dieser Wohnsitz sei nur ein Wohnsitz für sie und nicht für ihre Familie gewesen. Sie habe diesen Wohnsitz gegründet, da schon im Jahre 2000 festgestanden sei, dass sie in der Gemeinde We ein Einfamilienhaus errichten würde. Um die entsprechenden Baukoordinationsaufgaben wahrnehmen zu können, sei es notwendig gewesen, einen Zweitwohnsitz zur Verfügung zu haben. Im Herbst 2002 sei der Hausbau konkret geworden. Es habe sich in der Praxis gezeigt, dass diese Überlegungen richtig gewesen seien. Es sei immer wieder notwendig gewesen, auf der Baustelle des Einfamilienhauses zur Verfügung zu stehen und den Zweitwohnsitz in We zu nutzen.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen gelangt der Unabhängige Finanzsenat zur Ansicht, dass die Berufungswerberin im elterlichen Haus, wo ihr, aber nicht ihrer Familie, ein Wohnraum zur Verfügung stand, keinen (abgeleiteten) Wohnsitz hat. Das Familienband mit den Eltern begründet für sich allein noch keinen Wohnsitz bei den Eltern. Dies gilt insbesondere, da die Berufungswerberin im Streitjahr 29 Jahre alt war und mit ihrem Schweizer Ehegatten anderweitig (in der Schweiz) wohnte. Anders läge der Fall, wenn die Berufungswerberin eine Beziehung zum elterlichen Haus gehabt hätte, die über die allein durch das Kindschaftsverhältnis begründete Beziehung hinausgegangen wäre und erkennen hätte lassen, dass sie das elterliche Haus nach wie vor auch als ihr Haus betrachtet. Davon ist aber im gegenständlichen Fall nicht auszugehen (vgl. Doralt, EStG9, § 1, Tz 15 und die dort angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung und die Literaturhinweise.)

Unabhängig von der Klärung der Frage, ob der zur Verfügung stehende Wohnraum im elterlichen Haus allenfalls als Untermietzimmer angesehen werden kann oder nicht (wie der steuerliche Vertreter im Vorlageantrag vom richtig ausgeführt hat, können auch Untermietzimmer eine Wohnung und damit einen Wohnsitz gemäß § 26 Abs. 1 BAO darstellen; vgl. das diesbezügliche Vorbringen im Berufungsschriftsatz vom ), also ob der Berufungswerberin tatsächlich die Verfügungsgewalt über die Räumlichkeit im elterlichen Haus zugekommen ist oder nicht, ob der Berufungswerberin, ohne die Zustimmung einer anderen Person einholen zu müssen, die Benützung der in Rede stehenden Räumlichkeit möglich war (ihr gleichsam Schlüsselgewalt zukam), ist gegenständlich nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates wesentlich, dass die Berufungswerberin die Räumlichkeit im elterlichen Haus im Streitjahr gar nicht benutzt hat (vgl. das diesbezügliche Berufungsvorbringen, wonach sie erst in der Bauphase des Einfamilienhauses die Unterkunft in We genutzt habe; die Bauphase ist jedenfalls nicht im Jahr 2001 gelegen; vgl. die unwidersprochenen diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes in der zusätzlichen Begründung zur Berufungsvorentscheidung vom ). Die polizeiliche Meldung an der Adresse des elterlichen Hauses und die bloße Möglichkeit, Räumlichkeiten im elterlichen Haus benützen zu können, begründen noch keinen Wohnsitz. Das "Innehaben" von Räumlichkeiten alleine genügt nicht; das "Innehaben" muss vielmehr unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung (Räumlichkeit) beibehalten und benutzt wird; diese "Umstände" müssen "objektiver Natur, dh durch das äußerlich wahrnehmbare Verhalten erkennbar", sein (vgl. zB ). Es gibt gegenständlich keine Anhaltspunkte, dass die Berufungswerberin die Räumlichkeit im elterlichen Haus im Streitjahr tatsächlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit benutzt hat. Allein die bloße subjektive Absicht, die Räumlichkeiten "später" einmal - konkret während der Bauphase des eigenen Einfamilienhauses - zu nützen, begründet kein Wohnsitz im Sinne des § 26 BAO.

Zusammengefasst kann der Ansicht der Berufungswerberin nicht gefolgt werden, dass die Räumlichkeiten im elterlichen Haus in We einen die unbeschränkte Einkommensteuerpflicht begründenden Wohnsitz im Streitzeitraum darstellten.

Mit der Frage, ob die Berufungswerberin alternativ ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat oder nicht, hatte sich der Unabhängige Finanzsenat nicht zu beschäftigen, zumal die Berufungswerberin dies auch gar nicht behauptet hat.

Die Berufungswerberin war daher mit ihren Einkünften aus der Vermietung einer in Österreich gelegenen Wohnung in Österreich beschränkt steuerpflichtig.

Umsatzsteuer: Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 unterliegen die Umsätze der Kleinunternehmer einer unechten Steuerbefreiung (Befreiung mit Verlust des Vorsteuerabzugs). Für die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer ist es erforderlich, dass der Unternehmer seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat und dessen Umsätze im Veranlagungszeitraum 300.000,00 S (22.000,00 €) nicht übersteigen.

Da gegenständlich ein Wohnsitz in Österreich nicht vorliegt, kann die Berufungswerberin von der Kleinunternehmerregelung nicht Gebrauch machen und sind daher die Umsätze aus der Wohnungsvermietung in Höhe von 71.993,89 S (5.232,00 €) mit 10 % zu versteuern.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Schlagworte
Umsatzsteuerbefreiung
Kleinunternehmer
Wohnsitz
abgeleiteter
Eltern
Inland

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at