Bedingte Leistungen - Teil des vereinbarten Preises
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 17/08 eingebracht. Mit Entscheidung vom wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/3334-W/08 erledigt.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch KPMG Alpen Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1090 Wien, Porzellangasse 51, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. betreffend Börsenumsatzsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Abgabenerklärung vom gab die G. dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien bekannt, dass die "F." ihr mit Abtretungsvertrag vom ihren Geschäftsanteil an der S. entsprechend einer Stammeinlage von S 10,000.000,- (das entspricht € 726.728,34) das sind 100% vom gesamten Stammkapital abgetreten hat. Sie gab weiters an, dass der Kaufpreis gemäß Punkt II. des darüber aufgenommenen Notaratsaktes DM 21,000.000,- (das entspricht € 10,737.129,51) abzüglich des von S zu entrichtenden Auseinandersetzungsguthabens (das zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt war) betrug und dass dieser sich für den Fall des Eintritts bestimmter Bedingungen im Zeitraum bis um bis zu DM 12,500.000,- (das entspricht € 6,391.148,51) erhöhen könne.
Der Abgabenerklärung war u.a. auch eine Ablichtung des Kauf- und Abtretungsvertrages angeschlossen.
In Punkt II. dieses Vertrages ist u.a. auch festgehalten, dass sich der Kaufpreis (in Höhe von DM 21,000.000,- das entspricht € 10,737.129,51) unter bestimmten Bedingungen um bis zu DM 12,500.000,- (das entspricht € 6,391.148,51) erhöhen kann, wobei ausdrücklich festgehalten ist, dass der Kaufpreis und dieser Besserungspreis im folgenden auch gemeinsam Kaufpreis genannt werden.
In Punkt III. ist festgehalten, dass diese Vereinbarung mit Eintritt der letzten Bedingung gemäß Punkt VII, oder zu einem anderen von den Vertragsparteien festgelegten Zeitpunkt, in Kraft tritt.
In weiterer Folge wurde die G. mit der S. (diese als übertragende Gesellschaft) verschmolzen.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für diesen Abtretungsvorgang die Börsenumsatzsteuer in Höhe von S 1,846.827,- (das entspricht € 134.214,15) der S. (vormals G. , nunmehr T.) - in der Folge Berufungswerberin (Bw.) genannt - gegenüber vorläufig ausgehend von dem in Punkt II. des Kauf- und Abtretungsvertrages festgehaltenen Kaufpreises in Höhe von DM 21,000.000, (= S 147,746.123,13, das entspricht € 10,737.129,51) unter Anwendung der Begünstigung nach § 34 Abs. 1 KVG fest.
Auf Grund eines Vorhaltes des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom gab die Bw. bekannt, dass das Auseinandersetzungsguthaben, welches den Kaufpreis reduziert S 10,840.000,- (das entspricht € 787.773,52) beträgt, sodass sich ein endgültiger Kaufpreis von DM 19,459.248,91 (das entspricht € 9,949.355,98) ergäbe. Bezüglich des laut Punkt II. des Kauf- und Abtretungsvertrages vereinbarten Besserungspreises wies die Bw. darauf hin, dass dieser nach Maßgabe der Umsatzentwicklungen in den Geschäftsjahren 2002 und 2004 berechnet werden sollte und teilte mit, dass zwischen den Vertragsparteien am eine Ergänzungsvereinbarung dahingehend getroffen wurde, dass sich der Kaufpreis um € 2,000.000,- erhöht. Dazu führt die Bw. weiter aus, dass soferne die Steuerschuld von einer Bedingung oder Genehmigung abhängt diese erst mit Eintritt der Bedingung oder Genehmigung entsteht, sodass ihrer Ansicht nach dieser Teil des Entgelts nachdem die Börsenumsatzsteuer mit Ablauf des außer Kraft trat nicht mehr der Steuer zu unterziehen wäre.
In einem weiteren Schriftsatz teilte die Bw. mit, dass alle Bedingungen am eingetreten waren und das Rechtsgeschäft somit an diesem Tag in Kraft getreten ist.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien letztlich die Börsenumsatzsteuer in Höhe von € 204.256,30 endgültig fest. Es legte der Bemessung den ursprünglichen Kaufpreis von DM 21,000.000,- (das entspricht € 10,737.129,51) abzüglich des Auseinandersetzungsguthabens von DM 1,540.751,09 (das entspricht € 787.773,52) und zuzüglich des Besserungspreises von DM 12,500.000,- (das entspricht € 6,391.148,51) zu Grunde und führte aus, dass die am getroffene Ergänzungsvereinbarung kein separates Anschaffungsgeschäft darstelle, sondern die Steuerschuld bereits mit Abschluss des Vertrages und damit vor dem entstanden war. Gegen die Einbeziehung des Besserungspreises in die Bemessungsgrundlage richtet sich die Berufung. Die Bw. stützt ihr Berufungsbegehren u.a. auch auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, mit der zum Einen die Bestimmungen der Börsenumsatzsteuer aufgehoben wurden und zum Anderen § 22 GebG, der die Gebührenbemessung auf Basis von Höchstbeträgen vorgesehen hatte.
Über die Berufung wurde erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass
für den zeitlichen Anwendungsbereich von Abgabengesetzen die Zeitbezogenheit der Abgabengesetze zu beachten ist. In einem Besteuerungsfall sind jene materiell-rechtlichen Bestimmungen anzuwenden, die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches in Kraft standen (vgl. zB Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2001/16/0555). Bei der Börsenumsatzsteuer entsteht (wie später noch dargestellt wird) die Steuerpflicht mit dem Verpflichtungsgeschäft; das ist der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages (vgl. Dorazil, Kurzkommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz2, S. 228 zu § 18)
zwar gemäß § 38 Abs. 3a erster und zweiter Satz KVG mit Ablauf des Teil III (Börsenumsatzsteuer) sowie die Durchführungsbestimmungen zum Kapitalverkehrsteuergesetz vom , RMBl. S 839, außer Kraft getreten sind, diese Vorschriften aber noch auf die Anschaffungsgeschäfte anzuwenden sind, bei denen die Steuerschuld vor dem entstanden ist;
der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "bedingte oder" in § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG zwar aufgehoben hat, doch diese Aufhebung erst mit Ablauf des in Kraft tritt; damit ist nach Art. 140 Abs. 7 B-VG diese Bestimmung auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.
Nun ist Gegenstand der Börsenumsatzsteuer gemäß § 17 Abs. 1 KVG der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden.
Im gegenständlichen Fall besteht kein Streit darüber, dass grundsätzlich ein der Börsenumsatzsteuer zu unterziehendes Anschaffungsgeschäft vorliegt. Strittig ist ausschließlich ob der Besserungspreis in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.
Nach § 18 Abs. 1 KVG sind Anschaffungsgeschäfte entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind. In der im Berufungsfall anzuwendenden Fassung galten als Anschaffungsgeschäfte gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG auch bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte. (Das vorliegende Anschaffungsgeschäft vom für das laut Angaben der Bw. alle Bedingungen am eingetreten waren, war kein Anlassfall, weshalb hier auch noch die Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 3 KVG in der Fassung vor der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof Anwendung findet.)
§ 21 KVG regelt die Bemessungsgrundlage der Börsenumsatzsteuer (dies ergibt sich bereits aus der Überschrift "Steuermaßstab"). So wird die Steuer berechnet: Gemäß Z. 1 leg.cit regelmäßig: vom vereinbarten Preis. Gemäß Z. 4 leg.cit., wenn einem Vertragsteil ein Wahlrecht oder die Befugnis, innerhalb gewisser Grenzen den Umfang der Leistung zu bestimmen, zugestanden worden ist nach dem höchstmöglichen Wert des Gegenstands.
Gemäß § 25 Abs. 2 Kapitalverkehrsteuergesetz (in der im Berufungsfall geltenden Fassung, vor der Fassung des BGBl. I 2000/29) entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiges Anschaffungsgeschäft verwirklicht ist.
Die Steuerschuld entsteht demnach mit dem Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, mit welchem die Pflicht zur Übertragung des Wertpapiers entsteht. Das Erfüllungsgeschäft selbst ist nur eine Folge des Verpflichtungsgeschäftes und unterliegt nicht (mehr) der Steuer ( Zl. 91/15/0049, 0050, Dorazil, KVG², S.228) und es ist auch nicht erheblich wie und in welchem Ausmaß das Geschäft letztlich erfüllt wird.
Auch § 21 KVG ist im Wesentlichen am Verpflichtungsgeschäft, nämlich der Vereinbarung, Wert und Gegenwert austauschen zu wollen, orientiert. Das zukünftige Schicksal dieser vereinbarten Leistungen wird in die Betrachtungen nicht einbezogen. Diese Gesetzesstelle knüpft somit an die ursprünglichen Preis- und Wertvorstellungen der Parteien an. Der Begriff "vereinbarter Preis" ist zwar nicht gesetzlich definiert, doch hat sich durch Lehre und Rechtsprechung dafür eine anerkannte Generalklausel entwickelt, nämlich "alles, was der Erwerber laut Vertrag aufwenden muss, um in den Besitz der Sache zu kommen" bzw. alles, was nach dem Willen der Parteien conditio sine qua non für den Erwerb der Anteile ist.
Zur Problematik der "bedingten Leistungen hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom , Zl. 99/16/0399 ausgesprochen, dass das was § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG für bedingte Geschäfte generell anordnet (nämlich ihre Gleichstellung mit unbedingten Geschäften) nicht nur zu gelten hat, wenn ein Geschäft in seiner Gesamtheit einer Bedingung unterworfen ist, sondern auch dann, wenn (nur) eines der Vertragselemente (wie zB. das Essentiale des Abtretungspreises) bedingt ist. Andernfalls käme man zu dem nicht vertretbaren Ergebnis, dass die Parteien durch einen nach ihrem Willen unbedingt geschlossenen Vertrag mit einem unbedingten, bloß symbolischen Preis von S 1,-- in Verbindung mit der Vereinbarung eines aufschiebenden bedingten weiteren (meist wesentlich höheren) Kaufpreises die Anwendung des § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG vermeiden könnten. Insbesondere dann, wenn die Parteien eines der Essentialia eines Vertrages (wie zB den Kaufpreis oder einen Kaufpreisteil) unter eine Bedingung stellen, ist, wenn keiner der Tatbestände des § 21 KVG erfüllt ist, die die Bedingung regelnde Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. anzuwenden. Insoweit ist daher der Begriff "vereinbarter Preis" in § 21 Z. 1 KVG durch die Anwendung des § 18 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. dahin zu ergänzen, dass auch ein bedingt vereinbarter Kaufpreis(teil) als Teil des Anschaffungsgeschäftes zu verstehen und damit als Steuermaßstab heranzuziehen ist. Für eine Trennung des Geschäftes in einen unbedingt abgeschlossenen Teil und einen "bedingten" Teil des Kaufpreises, bietet das Gesetz keine Grundlage. Weiters hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich im Übrigen auch aus § 21 Z. 4 KVG, wonach für den einer Willkürbedingung vergleichbaren Fall des Leistungsgestaltungsrechtes einer der Vertragsparteien ebenfalls der "höchstmögliche Wert des Gegenstandes" als Steuerbemessungsgrundlage heranzuziehen ist - die Heranziehung der bei Eintritt der von den Parteien gesetzten Bedingung maximalen Kaufpreishöhe dem Geist des Gesetzes entspricht, ergibt.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass (von der Bw. grundsätzlich unbestritten) mit Abschluss des Abtretungsvertrages vom ein Verpflichtungsgeschäft betreffend die Abtretung von GmbH-Gesellschaftsanteilen abgeschlossen wurde, wodurch ein die Börsenumsatzsteuerpflicht begründender Abgabentatbestand verwirklicht worden ist. Aus den obigen Ausführungen wird desweiteren auch deutlich, dass selbst Preisteile, deren Leistung vom Eintritt einer Bedingung abhängig ist für die Bemessung der Börsenumsatzsteuer beachtlich sind. Schon aus der Formulierung im Vertrag selbst ist ersichtlich, dass der Besserungspreis Teil der Preis- und Wertvorstellungen der Parteien war. Die Ergänzungsvereinbarung, die festhält in welcher Höhe der Besserungspreis endgültig zu entrichten ist, ist Teil des Erfüllungsgeschäftes und als solcher für die Festsetzung der Börsenumsatzsteuer selbst unerheblich. Damit ist entgegen der Ansicht der Bw. auch der durch spätere Erfolge bedingte Besserungspreis, auf Grund der Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG (in der für den Berufungsfall geltenden Fassung) in Zusammenhang mit § 21 Z. 4 KVG mit dem vertraglich genannten Höchstbetrag von DM 12,500.000,- (das entspricht € 6,391.148,51) als Teil des vereinbarten Preises in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Überlegungen der Bw. im Hinblick auf die Judikatur, mit der der Verfassungsgerichtshof Bestimmungen des Gebührengesetzes und der Börsenumsatzsteuer aufgehoben hat, können im gegenständlichen Fall keine Berücksichtigung finden, da die Behörde die im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld geltenden Bestimmungen anzuwenden hat.
Damit war die Börsenumsatzsteuer in dem vom Finanzamt festgesetzten Ausmaß zu erheben und es war die Berufung somit aus den zuvor genannten Gründen abzuweisen und demzufolge spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 17 Abs. 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 38 Abs. 3a KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 18 Abs. 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 21 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 25 Abs. 2 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 |
Schlagworte | bedingte Leistung Verpflichtungsgeschäft Erfüllungsgeschäft vereinbarter Preis |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at