TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 24.05.2012, RV/0676-W/12

Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen führen zu inländischen Einkünften

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0676-W/12-RS1
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit liegen vor, wenn Sozialversicherungsbeiträge rückerstattet wurden, auch wenn die die Sozialversicherungspflicht auslösenden Bezüge in Deutschland zu versteuern sind. Derartige Einkünfte sind nach dem Tarif zu versteuern und nicht im Wege eines Progressionsvorbehaltes.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Vertreter, gegen den Bescheid des Finanzamtes xxxx betreffend Einkommensteuer 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die im Jahr 2010 an den Berufungswerber(Bw) rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe oder nur im Zuge der Progression zu berücksichtigen sind.

Im angefochtenen Bescheid hat das Finanzamt die rückgezahlten Beiträge gem. Lohnzettel der WGKK als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

In der frist- und formgerechten Berufung wendet der Bw ein, es handle sich um die Rückerstattung der SV-Beiträge aus dem deutschen Auslandseinkommen über dem Höchstbeitrag. Grundsätzlich sei der Sachverhalt nach österreichischer Besteuerung zu sehen, also sei das ausländische Einkommen zu behandeln, als sei es ein österreichisches. SV-Beitrags-Rückerstattungen seien zu versteuern, da die Beiträge ja bei der ursprünglichen Steuerberechnung von der Bemessungsgrundlage abgezogen worden seien. Bei Rückzahlungen aus einem inländischen Dienstverhältnis hebe das Finanzamt daher zu Recht Steuer ein. Bei Rückzahlungen aus einem ausländischen Dienstverhältnis werde diese Steuer im Wege der laufenden deutschen Lohnsteuer bereits in Deutschland abgeführt, da in Deutschland SV-Beiträge mitversteuert würden (Teil der Bemessung) und sich diese Steuerlast durch eine Rückzahlung nicht reduziere. Es könne das österreichische Finanzamt daher auf Grund des DBA mit Deutschland nicht nochmals die gleiche Steuer einheben. Das wäre eine klassische Doppelbesteuerung. Der Lohnzettel der WGKK sei daher nicht anzusetzen.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung (BVE) wird vom Finanzamt wie folgt begründet: "Gem. § 25 Abs. 1 Z 3. litt. d EStG 1988 igF sind Rückzahlungen von Pflichtbeiträgen, sofern diese ganz oder teilweise auf Grund des Vorliegens von Einkünften im Sinne der Z 1 einbehalten oder rückgezahlt wurden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Gesetzesmaterialien führen dazu aus (1471 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XX. GP): "Erstattete Pflichtbeiträge stellen als rückgängig gemachte Werbungskosten steuerpflichtige Einkünfte dar. Sofern diese Pflichtbeiträge (auch teilweise) auf Grund des Vorliegens von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einzubehalten bzw. zu entrichten waren, sind die erstatteten (rückgezahlten) Beiträge zur Gänze als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen. Zur Erfassung dieser Beiträge im Rahmen der Veranlagung soll ein Verfahren eingerichtet werden, das eine einfache Administration gewährleistet. Sofern die rückgezahlten Beiträge ausschließlich auf Grund von selbständig ausgeübten Tätigkeiten zu entrichten waren, kommt es zu keiner Änderung der steuerlichen Behandlung; diese Beiträge sind wie bisher als Betriebseinnahmen bei den jeweiligen Einkünften zu erfassen."

Demzufolge hat die auszahlende Stelle gemäß § 69 Abs. 5 EStG 1988 bei Auszahlung von Bezügen nach § 25 Abs. 1 Z 3 litt. d EStG 1988 einen Lohnzettel zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren auszustellen und an das Finanzamt der Betriebsstätte zu übermitteln. In diesem Lohnzettel sind ein Siebentel der ausgezahlten Bezüge als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 leg. cit. auszuweisen.

Voraussetzung für die Ausstellung eines Lohnzettels ist ein Zahlungsvorgang. Diese erstatteten Pflichtbeiträge stellen als rückgängig gemachte Werbungskosten steuerpflichtige Einkünfte dar.

Zu steuerpflichtigen Einnahmen im Sinne des § 15 EStG führt auch eine Rückerstattung von ehemaligen Werbungskosten (vgl. Doralt, Kommentar zum EStG, 10. Auflage, § 15, Tz. 28).

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen,... Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Zu den Werbungskosten gehören nach Z.4 der Bestimmung auch a) Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung. Auch zur steuerlichen Behandlung von rückerstatteten Werbungskosten hat sich der VwGH in der Vergangenheit bereits geäußert. So hat er im Erkenntnis vom , 89/14/0178 zur Erstattung von Pflichtbeiträgen zum Wohlfahrtfonds der Ärztekammer ausgeführt: Werden dem Steuerpflichtigen Werbungskosten in einem späteren Jahr erstattet, so fließen ihm im Rahmen der jeweiligen Einkunftsart Einnahmen im Sinne des § 15 EStG zu, die bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen sind (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch2 § 16 EStG Tz 26, Hofstätter-Reichel, Kommentar zur Einkommensteuer, § 15 EStG Tz 2 Seite 4, sowie auch das hg. Erkenntnis vom , Slg. 4970/F). Dem entspricht für den umgekehrten Fall die Bestimmung des § 16 Abs. 2 EStG, wonach zu den Werbungskosten grundsätzlich auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen zählt.

Zum Inhalt der Norm des § 25 Abs. 1 Z 3 litt. d EStG 1988 besteht eine einhellige Rechtsmeinung: Wenn Pflichtbeiträge - auch nur teilweise - auf Grund des Vorliegens von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einzubehalten bzw. zu entrichten waren, stellen die erstatteten (rückgezahlten) Beiträge zur Gänze Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar. Werden beispielsweise Pflichtbeiträge, teils auf Grund eines Dienstverhältnisses teils auf Grund einer gewerblichen Tätigkeit, einbehalten und später rückgezahlt, dann zählen sie insgesamt zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Sind dagegen die rückgezahlten Beträge ausschließlich auf Grund von selbständig ausgeübten Tätigkeiten entrichtet worden, dann sind die Rückzahlungen als Betriebseinnahmen bei den jeweiligen Einkünften zu erfassen.

Unstrittig ist, dass an Sie im Kalenderjahr 2010 von der WGKK mit ein Erstattungsbetrag in Höhe von € 8.876,16 (berechnet anhand der Anzahl der Monate mit Beitragsgrundlagen =12 für den Erstattungsbetrag) für den Zeitraum 2009 nach der Rechtsgrundlage der §§ 70/70a ASVG und des § 45 AIVG 1977 zur Auszahlung gelangte.

Fest steht, dass die WGKK folglich unter Beachtung der Norm des § 69 Abs. 5 EStG 1988 einen korrekten Lohnzettel (KZ 210: 8.876,16, KZ 220: 1.268,02 KZ 245: 7.608,14 €) für die Auszahlung des in Rede stehenden Erstattungsbetrages an das Finanzamt elektronisch übermittelte.

Ebenso steht fest, dass Sie im Kalenderjahr 2010 lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen haben.

§ 70 /70a ASVG igF lautet auszugsweise: (1) Überschreitet in einem Kalenderjahr

1. bei einer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigung oder

2. bei gleichzeitiger Ausübung mehrerer die Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz begründenden Beschäftigungen die Summe aller Beitragsgrundlagen der Pflichtversicherung -einschließlich der Sonderzahlungen - die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen für die im Kalenderjahr liegenden Beitragsmonate der Pflichtversicherung auf Grund einer Erwerbstätigkeit, wobei sich deckende Beitragsmonate nur einmal zu zählen sind, so hat die versicherte Person Anspruch auf Beitragserstattung nach den Abs. 2 und 3. Gleiches gilt für die Erstattung von Beiträgen bei gleichzeitigem Vorliegen einer oder mehrerer Pflichtversicherungen nach dem GSVG oder BSVG, wenn ausschließlich Beiträge nach dem ASVG entrichtet wurden. Monatliche Höchstbeitragsgrundlage ist der 35-fache Betrag der Höchstbeitragsgrundlage. Der (die) Versicherte kann bei sonstigem Ausschluss bis zum Ablauf des dem Beitragsjahr drittfolgenden Kalenderjahres für die im Beitragsjahr fällig gewordenen Beiträge bei einem der beteiligten Versicherungsträger den Antrag auf Erstattung stellen, Ein Antrag kann auch für die folgenden Beitragsjahre gestellt werden. Er gilt so lange, als der (die) Versicherte bei dem Versicherungsträger versichert ist, bei welchem der Antrag gestellt wurde.45 Abs. 1.

Daraus wird deutlich, dass die zurückgezahlten Beiträge nicht nur eine der beiden versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeiten betreffen, sondern immer sämtliche.

Es waren die ausländischen Einkünfte Netto, unter Abzug der Sozialversicherungsbeiträge mit € 83.787,22 für die Berechnung der Steuer unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehaltes aus der Anwendung des DBA heranzuziehen.

Eine Nichtberücksichtigung der bezahlten Sozialversicherungsbeiträge bei der deutschen Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer kann nicht dazu führen, dass sich deutsche Verhältnisses (entgegen den innerstaatlichen Gesetzesbestimmungen) in Österreich dann auswirken.

Im Vorlageantrag führt der Bw aus, die Sozialversicherungsbeiträge seien zwar an die Österreichische Gebietskrankenkasse bezahlt, bei der Berechnung der Steuer aber - lt. Bestätigung - nicht berücksichtigt worden.

Es seien zwar in der Erklärung diese Beträge bei der Höhe der Auslandseinkünfte in Abzug gebracht worden, eine Rückzahlung der Beträge, die über den Höchstbemessungsbetrag hinausgingen, dürfe sich bei den Auslandseinkünften nur über die Progression auswirken, nicht aber zu zusätzlichen Einkünften in Österreich führen, da diese Beträge weder in Österreich noch in Deutschland steuermindernd geltend gemacht worden seien.

Aus der Bestätigung über die Einkünfte sei zu ersehen, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht von der Lohnsteuerbemessungsgrundlage abgezogen worden seien. Die rückgezahlten Sozialversicherungsbeiträge seien nur bei der Progression zu berücksichtigen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zunächst ist, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die ausführliche und in allen Punkten zutreffende Begründung des Finanzamtes hinzuweisen.

Ergänzend ist auszuführen, dass es sich bei den rückerstatteten Beiträgen um inländische Einkünfte handelt, an denen das Besteuerungsrecht ausschließlich Österreich zusteht und eine Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens nicht erforderlich ist, womit ein Progressionsvorbehalt von Vornherein ausgeschlossen ist.

Das Gesetz trifft auch keine Einschränkung dahingehend, dass die rückerstatteten Beiträge deshalb steuerfrei zu belassen wären, da die die Sozialversicherungspflicht auslösenden Einkünfte in Deutschland erzielt wurden bzw. dort zu versteuern sind.

Da die Besteuerung der inländischen Einkünfte nach österreichischem Recht zu erfolgen hat, spielt es keine Rolle, ob die Sozialversicherungsbeiträge bei der Versteuerung in Deutschland nicht von der Lohnsteuerbemessungsgrundlage abgezogen werden.

Wie bereits das Finanzamt in seiner Begründung ausgeführt hat, wurden die in Deutschland erzielten Einkünfte nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge zum Progressionsvorbehalt herangezogen, weshalb die Berufungsausführungen, es läge eine Doppelbesteuerung vor, nicht zutreffen.

Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
ARD 6322/11/2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at