Bei einer falschen Firmenanschrift ist die Übereinstimmung der Anschrift des leistenden Unternehmers mit jener unter der es seine Firma im Firmenbuch eintragen ließ unbedeutend.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., W., G.Gasse, vertreten durch Brigitte Spann & Mag. Freund STB OEG, 1180 Wien, Paulinengasse 4, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17, vertreten durch Mag. Ingeborg Fröhlich, vom betreffend Umsatzsteuer 2000 entschieden:
Die Berufung gegen den Bescheid betreffend die Umsatzsteuer für das Jahr 2000 wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Bw. ist eine offene Erwerbsgesellschaft (OEG), ihre Tätigkeit nach dem Gewerbeschein ist das "Verschließen von Bauwerksfugen mittels plastischer und dauerelastischer Kunststoffmassen". An der Bw. sind Herr Z.F. und sein Bruder B.G. als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt.
In der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 beantragte die Bw. unter anderem die in Rechnungen der ABGmbH vom , vom und vom gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 72.000,00 ATS (5.232,44 €) als Vorsteuer in Abzug zu bringen. Die genannte GmbH hatte in diesen Fakturen Verfugungsarbeiten im Leistungszeitraum September bis Oktober 2000 an die Bw. erbracht und abgerechnet.
In einer Niederschrift vom gab Z.F. vor der Abgabenbehörde erster Instanz an, dass er damals einen großen Auftrag erhalten und dabei die Unterstützung eines anderen Bauunternehmens benötigt habe. Auf die ABGmbH sei er in diesem Zusammenhang über das Firmenbuch gekommen und habe daraufhin mit einem Herrn "M." telefonisch Kontakt aufgenommen und einen Treffpunkt in einem Cafe in der S.straße vereinbart.
Eine abgabenbehördliche Nachschau bei der ABGmbH hat zudem ergeben, dass zwar die in den Rechnungen fakturierten Leistungen erbracht worden seien, die tatsächliche Adresse des genannten Unternehmens hingegen weder die im Firmenbuch eingetragene, noch die auf den besagten Rechnungen bezeichnete Anschrift in A., sei. Das Finanzamt hielt demgegenüber fest, dass die richtige Adresse des rechnungsausstellenden Unternehmens in B., gewesen sei.
Dazu ist weiters aus den Veranlagungsakten zu entnehmen, dass die ABGmbH mit der I.R.GmbH, einem Businesscenter in B., einen Servicevertrag abgeschlossen hat, nach dem die ABGmbH in der Zeit vom bis zum berechtigt gewesen sei, die Firmenadresse der I.R.GmbH als eigene Postanschrift zu nutzen sowie ein Telefonservice zu beanspruchen. Es sei ihr jedoch weder gestattet gewesen an der besagten Adresse den Firmensitz einzurichten noch einen solchen Dritten gegenüber anzugeben. Für die ABGmbH ist dabei als Kontaktperson Herr M.U. in V., O.gasse, aufgetreten.
Im angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2000 versagte das Finanzamt den von der Bw. geltend gemachten Vorsteuerabzug. Es stützte sich dabei auf die bereits dargelegten Erhebungen der Abgabenbehörde, wonach im Streitjahr der Sitz des rechnungsausstellenden Unternehmens nicht auf der im Firmenbuch aufscheinenden Adresse gewesen sei. Da Voraussetzung für den Vorsteuerabzug die eindeutige Identifizierbarkeit des Rechnungsausstellers anhand der in der Rechnung angeführten Rechnungsmerkmale sei und dies im konkreten Fall nicht zutreffe, da eine unrichtige Adresse in der Rechnung aufscheine, seien die Vorsteuern nicht anzuerkennen gewesen.
In den Begründungsausführungen des dagegen erhobenen Rechtsmittels verweist der steuerliche Vertreter unter anderem auf die Bestimmung des § 11 UStG 1994 und seinen Absatz 3, wonach bezüglich des Namens und der Anschrift des leistenden Unternehmens jede Bezeichnung ausreichend sei, die eine eindeutige Feststellung des Namens und der Anschrift des Unternehmers ermögliche. Überdies sei aus einem Erkenntnis des , 0134, abzuleiten, dass Regelungszweck dieser Bestimmung die Identifizierung des Rechnungsausstellers durch die Finanzverwaltung sei. Feststehe, dass die ABGmbH unter der Firmenbuchnummer XY mit der Geschäftsanschrift, A, in Wien erfasst sei. Gemäß § 1 Abs 2 FBG seien alle Eintragungen, die nach diesem Bundesgesetz erfolgen, Tatsachen. Nach § 3 FBG sei die Geschäftsanschrift bei allen Rechtsträgern einzutragen. Das Firmenbuch diene der Verzeichnung und Offenlegung von Tatsachen. Da die Bw. zum Zeitpunkt des Rechnungserhaltes die für den Vorsteuerabzug erforderliche Rechnung nach den oben dargelegten Kriterien überprüft habe und die Geschäftsanschrift als vorausgesetzte Tatsache mit jener im Firmenbuch übereingestimmt hätte, sei der Vorsteuerabzug zu akzeptieren. Die Bw. hätte nach dem strengen Publizitätsprinzip keine andere Adresse akzeptieren können, weshalb die nach dem Umsatzsteuergesetz geforderte Identifizierung des Rechnungsausstellers auch gewährleistet gewesen sei.
In einem weiteren Schreiben vom führte die steuerliche Vertretung aus, dass Nachforschungen bei der I.R.GmbH ergeben hätten, dass sich der Sitz der ABGmbH doch an der angeführten Adresse in B., befunden hätte. Dies bedeute, dass die in Streit stehenden, an die Bw. gelegten Ausgangsrechnungen lediglich einen kleinen Schreibfehler "7 zwischen dem Schrägstrich und der 2" aufgewiesen hätten.
Demzufolge sei die in den Ausgangsrechnungen angegebene Adresse richtig, sodass der angeführte Schreibfehler in keiner Weise die Identifizierbarkeit des Rechnungsausstellers beeinträchtigt habe.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung vertrat das Finanzamt unter Verweis auf die ständige höchstgerichtliche Judikatur die Rechtsauffassung, dass eine unrichtige Adresse des liefernden oder leistenden Unternehmens zur Versagung des Vorsteuerabzuges führe. Auch werde in der Literatur ausgeführt, dass es an der Angabe des leistenden Unternehmers fehlt, selbst wenn eine Leistung erbracht worden ist, in der Rechnung aber als leistendes Unternehmen eine Firma aufscheint, die unter der angegebenen Anschrift nicht existiert. Ermittlungen hätten ergeben, dass es der ABGmbH nicht erlaubt gewesen sei an der gegenständlichen Adresse in B., ihren Betriebssitz zu errichten. Damit sei erwiesen, dass dies nicht die Adresse des leistenden Unternehmers gewesen sei. Überdies sei bei der Frage der Zuerkennung des Vorsteuerabzuges das Verschulden und somit die subjektive Komponente nicht entscheidungsrelevant.
Im Vorlageantrag verwies die steuerliche Vertretung auf die bisherigen Ausführungen und gab überdies an, dass der bestehende Datenschutz nicht ermöglicht habe zu prüfen, ob der ABGmbH die Errichtung eines Betriebssitzes an der Adresse B., gestattet gewesen sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.
Nach § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 haben die von einem Unternehmer, der steuerpflichtige Lieferungen oder steuerpflichtige Leistungen ausführt, ausgestellten Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers zu enthalten.
Gemäß § 11 Abs. 2 UStG 1994 können die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wurde. In diesem Zusammenhang ist überdies auf die ständige höchstgerichtliche Rechtsprechung zu verweisen, nach der eine Urkunde, die nicht die in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben enthält, nicht als Rechnung im Sinne der Gesetzesstelle anzusehen ist. Auf eine solche Urkunde kann der Vorsteuerabzug nicht gestützt werden (vgl. ). Das Gesetz begnügt sich auch - nach dem Zweck der zitierten Bestimmung - nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die konkret in Rechnung gestellten Lieferungen oder Leistungen zu einem konkret bestimmten Zeitpunkt erbracht hat (). Dabei kann auch die Angabe "nur" einer falschen Adresse nicht als "kleiner", dem Vorsteuerabzug nicht hinderlicher Formalfehler betrachtet werden (vgl. ).
Die Bw. geht in ihrem Berufungsvorbringen zunächst davon aus, dass nach § 1 Abs 2 FBG alle Eintragungen, die nach diesem Bundesgesetz erfolgen, Tatsachen seien und demzufolge sie zum Zeitpunkt des Rechnungserhaltes festgestellt habe, dass die auf den Rechnungen angegebenen Adressen mit jener Anschrift übereinstimmte, die im Firmenbuch für die ABGmbH eingetragen war. Die Bw. hätte demnach eine andere Adresse auf der Rechnung nicht akzeptieren können. Dazu ist auszuführen, dass es für die Frage der Erfüllung der Tatbestandvoraussetzung des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nicht darauf ankommt, ob die auf den Rechnungen angeführte Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers mit jener übereinstimmt, unter welcher das Unternehmen seine Firma im Firmenbuch eintragen ließ (vgl. ). Voraussetzung für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 Z1 iVm § 11 Abs. 1 UStG 1994 ist vielmehr, dass aus der Rechnungsurkunde die richtige Anschrift des leistenden Unternehmens hervorgeht.
Die Behörde muss auf Grund der Angaben in der Rechnung ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens den tatsächlichen Namen des Unternehmers samt seiner Anschrift erkennen können.
Im konkreten Fall steht außer Streit, dass der in den besagten Rechnungen angeführte Firmensitz der ABGmbH in Wirklichkeit nicht existierte. Schon daraus ergibt sich für den Berufungsfall, dass die Angabe einer nicht existenten Adresse des leistenden Unternehmers für sich selbst die Berechtigung des Leistungsempfängers zum Vorsteuerabzug ausschließt.
In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die steuerliche Erfassung der ABGmbH erst im Jahre 2001 erfolgte, sie hingegen niemals Steuererklärungen abgab und keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführte.
Vor diesem Hintergrund vermag der Umstand, dass die ABGmbH im Streitjahr für vier Monate mit der I.R.GmbH in B., vertraglich die bereits erwähnten Serviceleistungen ausbedungen hat, keinesfalls die fehlende Voraussetzung einer richtigen Anschrift in den strittigen Rechnungen zu ersetzen.
Ebenso ist für die Frage des Vorsteuerabzuges das Vorbringen in der Berufung, dass die Bw. infolge des Datenschutzes nicht überprüfen habe können, ob es der ABGmbH auch gestattet war, den Firmensitz an der Adresse der I.R.GmbH zu haben, nicht entscheidend.
Die Bw. führt aus, dass der tatsächliche Firmensitz nicht der in den Rechnungen genannte gewesen sei, vermeinte jedoch, dass die zu beurteilenden Rechnungen lediglich einen "kleinen" Schreibfehler aufweisen würden.
Dem ist zu erwidern, dass auch der Firmenstempel auf den besagten Rechnungen die falsche Adresse aufwies und sämtliche Eintragungen im Firmenbuch diese in Wirklichkeit nicht existente Anschrift zum Inhalt hatten, wobei insbesondere bei einem Firmenstempel ein im vom Bw. vorgebrachten Sinne unterlaufener Schreibfehler nicht möglich ist, weshalb nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates in der Verwendung der falschen Anschrift insgesamt gesehen keine irrtümliche Vorgangsweise zu erblicken war.
Unabhängig von diesen Überlegungen führt selbst ein "kleiner Schreibfehler" zu einer unrichtigen Bezeichnung der Anschrift des leistenden Unternehmers in den Fakturen, weshalb auch aus dieser Sicht das Vorbringen des Bw., ein solcher habe in keiner Weise die Identifizierbarkeit des Rechnungsausstellers beeinträchtigt, ohne Erfolg blieb.
Das Gesetz begnügt sich nämlich im § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhang mit dem übrigen Sachverhalt eine in einer Rechnung unrichtig angegebene Adresse in eine den Tatsachen entsprechende Adresse umgedeutet werden muss, um auf diese Weise zur eindeutigen Feststellung des Namens und der Adresse des leistenden Unternehmens zu gelangen, vielmehr müssen alle Angaben zur Feststellung der richtigen Anschrift des leistenden Unternehmens aus der Rechnung zu entnehmen sein, ohne dass weitere Ermittlungsschritte notwendig sind.
Daraus ergibt sich für den konkreten Fall, dass weder die vorliegende Übereinstimmung der Anschrift des leistenden Unternehmens auf den Fakturen mit jener unter der es seine Firma im Firmenbuch eintragen ließ, noch ein allfälliger gute Glaube des Leistungsempfängers an die Richtigkeit der in den Rechnungen gemachten Angaben, für die Frage der Erfüllung der gesetzlichen Erfordernisse für den Vorsteuerabzug von Bedeutung sind, weshalb insgesamt gesehen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nicht erfüllt waren.
Die Berufung erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 289 Abs. 2 BAO abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Vorsteuerabzug Firmenbuchadresse |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at