Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 30.06.2010, RV/0822-L/09

Feststellung von abgabenrechtlich bedeutsamen Tatsachen im Rahmen der Gruppenbesteuerung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Firma W GesmbH, L,W, vertreten durch Firma L Steuerberatung GmbH, L,T, vom gegen den Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2007 des Finanzamtes X vom entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs. 2 BAO ersatzlos aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (in der Folge kurz Bw) ist seit der Veranlagung 2006 Gruppenmitglied in der von der Fa. D Holding GmbH als Gruppenträgerin geführten Unternehmensgruppe.

Laut Hinweis am Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2005 vom standen für die nächsten Veranlagungsjahre 1.810,67 € an verrechenbarer Mindestkörperschaftsteuer zur Verfügung.

Da die Bw als Gruppenmitglied im Jahr 2006 einen Verlust erzielte, konnte in diesem Jahr beim Gruppenträger keine Mindestkörperschaftsteuer (aus dem Zeitraum vor der Gruppe) angerechnet werden.

Mit Feststellungsbescheid für das Jahr 2007 vom wurde das Einkommen der Bw mit 4.783,20 € festgesetzt. Dies entsprach den erklärten Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die ebenfalls in der Erklärung mit 1.195,80 € ausgewiesene "zu verrechnende Vor- und Außergruppenmindestkörperschaftsteuer" wurde jedoch nicht berücksichtigt. Vielmehr fand sich am Bescheid wiederum der Hinweis, dass für die nächsten Veranlagungsjahre 1.810,67 € zur Verfügung stünden.

Dagegen erhob die Gesellschaft innerhalb offener Frist Berufung und begründete diese, wie folgt:

Das der Körperschaftsteuer zugrunde liegende Einkommen des Gruppenmitgliedes sei mit 4.783,20 € festgesetzt worden.Dabei sei entgegen § 24a Abs. 4 Z 2 KStG die im Jahr 2007 beim Gruppenmitglied verrechenbare Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von 1.195,80 von der verrechenbaren Vor- bzw. Außergruppenmindestkörperschaftsteuer in Höhe von 1.810,67 € nicht abgezogen worden.Unter Verweis auf ein Telefonat mit dem zuständigen Sachbearbeiter des Finanzamtes, wonach es sich offensichtlich um eine Unrichtigkeit des Bescheides gehandelt habe, wurde die Berücksichtigung der verrechenbaren Mindestkörperschaftsteuer laut Erklärung in Höhe von 1.195,80 € beantragt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die gegenständliche Berufung vom Finanzamt mit der Begründung abgewiesen, dass auf Grund der Höhe des Einkommens der Bw im Jahr 2007 (4.783,20 €) bei Individualbesteuerung keine Mindeststeuer aus den Vorjahren anrechenbar gewesen wäre, weshalb auch keine Weiterleitung von Vorgruppen-Mindeststeuer an den Gruppenträger möglich sei.

Mit Schreiben vom stellte die Bw einen Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag) und begründete diesen im Wesentlichen folgendermaßen:

Gemäß § 9 KStG habe zunächst jedes Gruppenmitglied sein steuerliches Ergebnis individuell und unabhängig von anderen Gruppenmitgliedern zu ermitteln. Sodann werde das steuerliche Ergebnis des jeweiligen Gruppenmitgliedes dem steuerlich maßgebenden Ergebnis des beteiligten Gruppenmitgliedes bzw. Gruppenträgers zugerechnet. Beim Gruppenträger würden dann alle Ergebnisse zusammengefasst der Besteuerung unterworfen.

Als Ergebnis eines unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedes gelte das Einkommen unter Berücksichtigung von Vor- bzw. Außergruppenverlusten. Vortragsfähige Verluste eines unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedes aus Zeiträumen vor dem Wirksamwerden der Unternehmensgruppe (Vorgruppenverluste) oder aus einer umgründungsbedingten Übernahme durch ein Gruppenmitglied (Außengruppenverluste) könnten gemäß § 9 Abs. 6 Z 4 KStG bis zur Höhe des eigenen Gewinnes des jeweiligen Gruppenmitgliedes verrechnet werden. Die 75%-Grenze gemäß § 2 Abs. 2b EStG gelte daher nicht für Gruppenmitglieder.

Für Mindeststeuern aus Zeiträumen vor dem Wirksamwerden der Unternehmensgruppe sei in § 24a Abs. 4 Z 2 KStG vorgesehen, dass diese dem finanziell ausreichend beteiligten Gruppenmitglied bzw. dem Gruppenträger in jener Höhe zuzurechnen seien, die auf das vom Gruppenmitglied weitergeleitete eigene Einkommen anrechenbar wäre.Das heiße, bei einem Körperschaftsteuersatz von 25% könnten Vorgruppenmindeststeuern - soweit noch vorhanden - im Ausmaß von 25% des Einkommens des Gruppenmitgliedes (soweit Vorgruppenverluste abgebaut worden seien) weitergeleitet werden.

Das Körperschaftsteuerrecht sei vom Grundsatz der Individualbesteuerung geprägt, wovon die Bestimmungen zur Gruppenbesteuerung gemäß § 9 KStG abweichen würden. Der Zweck der Gruppenbesteuerung sei die Zusammenfassung und Besteuerung der steuerlichen Ergebnisse von finanziell ausreichend verbundenen Körperschaften beim Gruppenträger.

Dies werde auch durch die Bestimmung betreffend die Entrichtung von Mindeststeuern während des Bestehens der Unternehmensgruppe gemäß § 24a Abs. 4 Z 1 KStG bestätigt. Die Entrichtung von Mindeststeuer während des Bestehens der Unternehmensgruppe gemäß § 24a Abs. 4 Z 1 KStG hänge vom Gesamteinkommen in der Unternehmensgruppe ab, welches auf Ebene des Gruppenträgers besteuert werde. Im Zuge der Ermittlung der darauf zu leistenden Körperschaftsteuer werde die Anrechenbarkeit der Mindestkörperschaftsteuer gemäß § 24 Abs. 4 Z 4 KStG geprüft.

Damit eine sachgerechte und systematische Verrechnung der Mindestkörperschaftsteuern innerhalb der Unternehmensgruppe möglich sei, habe das Gruppenmitglied nach Verrechnung der eigenen Vorgruppenverluste vorhandene Vorgruppenmindestkörperschaftsteuern mit dem eigenen Gewinn an das finanziell ausreichend beteiligte Gruppenmitglied bzw. den Gruppenträger weiterzuleiten.Aus § 24a Abs. 4 Z 2 KStG sei nicht ableitbar, dass eine Verrechnung der Mindeststeuer erst bei einem Einkommen, welches bei Individualbesteuerung zu einer höheren Körperschaftsteuer als die Mindeststeuer führe, erfolge (so aber Rz 1577 der KStRL).

Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Berufungsbehörde liegt folgender angefochtene Bescheid vor:

FA xx/Team yy


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W GesmbH
z.H. L Steuerberatung
Adresse

Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2007 W GesmbH FA Steuernummer

Einkommen des Gruppenmitgliedes 4.783,20 €

Hinweis:Gruppenträger/Hauptbeteiligter der Beteiligungsgemeinschaft:FA Steuernummer D Holding GmbH

Jahr der Zurechnung 2007

Prozentzahl der Zurechnung 100,0000%

Hinweis: Für die nächsten Veranlagungsjahre stehen 1.810,67 € als verrechenbare Mindestkörperschaftsteuer zur Verfügung.

Zur Qualität dieses Bescheides ist rechtlich Folgendes auszuführen:

Die Veranlagung in der Gruppe erfolgt zweistufig. Das Einkommen des Gruppenmitgliedes wird mit Feststellungsbescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO bescheidmäßig festgestellt. Der Bescheid ist rechtsmittelfähig und hat Bindungswirkung.

In § 24a Abs. 1 und 2 KStG1 1988 ist die Vorgangsweise für Unternehmensgruppen wie folgt geregelt:

Abs. 1: "Das Ergebnis jedes unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedes (§ 9 Abs. 2) ist mit Bescheid (§ 92 Abs. 1 lit. b der Bundesabgabenordnung) festzustellen. In diesem Bescheid ist abzusprechen über:- Das eigene Einkommen gemäß § 9 Abs. 6 Z 1,- ..."

Abs. 2: "Der Feststellungsbescheid im Sinne des Abs. 1 ergeht an das jeweilige Gruppenmitglied, den Gruppenträger und im Fall einer dem Gruppenmitglied unmittelbar übergeordneten Beteiligungsgemeinschaft den Minderbeteiligten. Der Feststellungsbescheid ist Grundlage für die Festsetzung der Körperschaftsteuer beim Gruppenträger."

Damit ist von Gesetzes wegen klargestellt, dass - gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO eine abgabenrechtlich bedeutsame Tatsache festgestellt wird - und die Feststellung dieser Tatsache (nämlich des Einkommens des Gruppenmitgliedes) einheitlich gegenüber dem Gruppenmitglied, dem Gruppenträger und allfälligen Minderbeteiligten erfolgen muss. Es handelt sich dabei nicht um eine einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 188 BAO, sondern um einen Bescheid nach § 92 Abs. 1 lit. b BAO. Dennoch hat dieser Feststellungsbescheid von Gesetzes wegen eine einheitliche (Feststellung von Tatsachen gegenüber Gruppenmitglied, Gruppenträger und Minderbeteiligten) und eine gesonderte Komponente (Feststellung des Einkommens des jeweiligen Gruppenmitgliedes) zu enthalten.

Die mit der Personenumschreibung getroffene Wahl des Normadressaten ist wesentlicher Bestandteil eines Feststellungsbescheides. Die Benennung jener Personen, denen gegenüber die bedeutsame Tatsache festgestellt werden soll, ist notwendiges Inhaltserfordernis eines derartigen Feststellungsbescheides und damit konstitutiv.

Wie vom Unabhängigen Finanzsenat bereits in seiner Entscheidung vom , RV/0262-L/10, in einem gleich gelagerten Fall dargelegt, hätte die bescheidmäßige Umsetzung des gegenständlichen Feststellungsbescheides nach dem Gesetzeswortlaut des § 24a Abs. 2 KStG 1988 so erfolgen müssen, dass der Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2007 an das Gruppenmitglied und den Gruppenträger, die beide Parteien des Feststellungsverfahrens sind, zu richten gewesen wäre.

Tatsächlich wurde aber kein an das Gruppenmitglied und an den Gruppenträger ergehender (einheitlicher) Bescheid ausgefertigt. Laut Verwaltungspraxis ergehen in Fällen wie dem gegenständlichen vielmehr zwei getrennte, im Wesentlichen gleichlautende Bescheide, einer adressiert an das Gruppenmitglied und ein weiterer Bescheid adressiert an den Gruppenträger.

Der berufungsgegenständliche Bescheid aber erfüllt nicht jene Anforderungen, die das Gesetz vorschreibt, weil er in der vorliegenden Form nur an das Gruppenmitglied ergeht und spruchgemäß nicht an diejenigen gerichtet ist, denen gegenüber Tatsachen festgestellt werden (Gruppenmitglied, Gruppenträger). Die Ausfertigung zweier getrennter Bescheide - die offenkundig darauf zurückzuführen ist, dass EDV-technische Schwierigkeiten bestehen, den Gesetzesauftrag umzusetzen - kann diesbezüglich keinen formell rechtmäßigen Ersatz darstellen. Daran kann auch der in beiden Bescheiden enthaltene Hinweis auf den Gruppenträger und die an ihn erfolgende Zurechnung nichts ändern, weil dieser (nicht zu den Spruchbestandteilen gehörende) Hinweis nicht zu einem Feststellungsbescheid führt, der an jene ergeht, denen gegenüber Tatsachen festgestellt werden.

Der an das Gruppenmitglied ergangene Bescheid enthält somit den falschen Bescheidadressaten und war aus den bezeichneten Gründen ersatzlos aufzuheben. Über die beantragte Anrechnung der Vorgruppenmindestkörperschaftsteuer war inhaltlich nicht mehr abzusprechen.

Ergänzend wird noch hinzugefügt, dass die derzeitige Verwaltungspraxis einer Versendung zweier getrennter Bescheide an den Gruppenträger und das Gruppenmitglied, verbunden mit dem Faktum, dass der Berufungsbehörde weder der Akt des Gruppenträgers noch eine Information über allfällige Berufungen desselben übermittelt wird, formelle Fehler des Berufungsverfahrens geradezu herausfordert, zumal gesetzlich auch kein gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter von Gruppenträger und -mitglied vorgesehen ist. Kommen der Berufungsbehörde aufgrund dieser derzeit getrennt ablaufenden Verfahren entsprechende Informationen verspätet oder gar nicht zu, wäre - zB bei nicht verwerteten zusätzlichen Einwendungen des Gruppenträgers - die ergehende Berufungsentscheidung von vornherein fehlerhaft (siehe ).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 24a Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 92 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Gruppenbesteuerung
Feststellung Gruppenmitglied
Normadressat
Gruppenmitglied
Gruppenträger
Parteien des Feststellungsverfahrens
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at