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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 30.09.2008, RV/0355-I/08

Zeitpunkt des Zuflusses von Nachzahlungen im Insolvenzverfahren

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0355-I/08-RS1
Nachzahlungen im Insolvenzverfahren bei Konkursen, die nach dem eröffnet wurden, gelten gemäß § 19 Abs. 1 EStG idF AbgÄG 2005, BGBl. I 2005/161 in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht. Da der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld-Zahlungen (Kündigungsentschädigungen und Urlaubsentschädigungen) gegenüber der IAF-Service GmbH (Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds) mit dem Austritt des Dienstnehmers begründet wurde, gelten diese Zahlungen mit dem Austritt als zugeflossen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes, vertreten durch Finanzanwalt, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber war bei der Arbeitgeberin (seit ) beschäftigt. Am wurde über die Arbeitgeberin der Konkurs eröffnet (Landesgericht Innsbruck, GZ). Der Berufungswerber trat in Folge gemäß § 25 KO zum aus dem Arbeitsverhältnis aus. Die Bezüge des Berufungswerbers wurden von der Arbeitgeberin bis , die offenen laufenden Bezüge des Zeitraumes 1. November bis sowie die gesamten Beendigungsansprüche (Abfertigung, Ersatzleistung Urlaubsentgelt und Kündigungsentschädigung) von der IAF Service GmbH (Insolvenz-Ausfallgeld aus den Mitteln des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds) abgerechnet und ausbezahlt. Der Berufungswerber meldete seine Ansprüche im Konkursverfahren der Arbeitgeberin als Konkursforderungen an.

In Folge der am bei der Abgabenbehörde eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 erließ das Finanzamt einen Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2006 (mit Ausfertigungsdatum ), in welchem ua. die von der IAF Service GmbH bezogenen Bezüge der Einkommensteuer unterworfen wurden. In der hiergegen fristgerecht erhobenen Berufung vom begehrte der Berufungswerber die steuerliche Erfassung der von der IAF Service GmbH erhaltenen Insolvenzgelder im Jahr des Anspruchsbestehens und nicht im Jahr des Zuflusses, da die Insolvenz seines Arbeitgebers nach dem eröffnet worden wäre. Die Steuerbemessungsgrundlage des Jahres 2006 sei daher um die Kündigungsentschädigung 1.1. bis und die Urlaubsersatzleistung zu reduzieren, da der Anspruch für 2007 bestanden hätte.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom begründete das Finanzamt ua. damit, gemäß § 67 Abs. 10 EStG sind Kündigungsentschädigungen und Ersatzleistungen Urlaubsentgelt in einem Insolvenzverfahren den laufenden Bezügen des Kalendermonates zuzurechnen und gemeinsam nach dem Monatstarif zu versteuern. Da die laufenden Bezüge das Kalenderjahr 2006 betreffen würden, seien diese Bezüge dem Kalenderjahr 2006 zuzurechnen. Die Abrechnung der gesamten Bezüge sei daher im Jahr 2006 zu Recht erfolgt. Der Berufungswerber begehrte mit Schreiben vom die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im vorliegenden Fall ist strittig, welchem Kalenderjahr die streitgegenständlichen Zahlungen des Insolvenz-Ausfallgeldes (Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistungen) steuerlich zuzurechnen sind. Der Berufungswerber ordnet diese dem Jahr 2007 zu, da diese Zahlungen Kündigungsentschädigungen für den Zeitraum 1. Jänner bis und Urlaubsersatzleistungen 2007 betreffen würden; das Finanzamt hingegen unterwirft die Zahlungen der Einkommensteuer 2006, da Kündigungsentschädigungen und Ersatzleistungen Urlaubsentgelt in einem Insolvenzverfahren den laufenden Bezügen des Kalendermonates zuzurechnen und gemeinsam nach dem Monatstarif zu versteuern seien.

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG idF AbgÄG 2005, BGBl. I 2005/161 ab , sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht.

Für Nachzahlungen des Insolvenz-Ausfallgeldes besteht sohin die Sonderregelung, dass diese nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern in dem Zeitpunkt, für den der Anspruch besteht, als Einkünfte zu erfassen sind. Die Zurechnung dieser Nachzahlungen zu dem Jahr, für das der Anspruch besteht, gilt für Konkurse, die nach dem eröffnet wurden (§ 124b Z 130 EStG idF AbgÄG 2005; Jakom/Baldauf, EStG § 19 Rz. 4, 26; Doralt, EStG10 (), § 19 Tz. 30/1ff).

Nachdem im vorliegenden Fall die Konkurseröffnung zum vorgenommen wurde, ist somit entscheidungswesentlich, in welchem Jahr der Anspruch des Berufungswerbers gegenüber der IAF-Service GmbH (Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds) begründet wurde.

Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld haben nach § 1 Abs.1 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG) ua. Arbeitnehmer für die nach Abs. 2 gesicherten Ansprüche, wenn ua. über das Vermögen des Arbeitgebers im Inland der Konkurs eröffnet wird. Gesichert sind nach § 1 Abs. 2 IESG aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, und zwar ua. Entgeltansprüche, insbesondere auf laufendes Entgelt und aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Z. 1) und Schadenersatzansprüche (Z. 2).

Der Begriff "Entgeltansprüche" ist im arbeitsrechtlichen Sinn zu verstehen; er umfasst alle Leistungen des Arbeitgebers, die dieser dem Arbeitnehmer für die Zurverfügungstellung seiner Arbeitskraft gewährt und daher auch die als Entgelt aus der Beendigung des Arbeitsverhältnis zu qualifizierenden Ansprüche auf Kündigungsentschädigung (OGH 8 ObS 276/99 t RdW 2000/401, 434) und Urlaubsentschädigung ( SZ 61/244). Insolvenz-Ausfallgeld gebührt nach § 3a Abs. 2 IESG im Fall der Eröffnung des Konkurses für Ansprüche auf laufendes Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen ua. bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn es ua. nach § 25 Konkursordnung (KO) gelöst wird. Nach § 3 Abs. 1 IESG gelten betagte Forderungen als fällig.

Ist der Gemeinschuldner Arbeitgeber und ist das Arbeitsverhältnis bereits angetreten, so kann es nach § 25 Abs. 1 KO vom Arbeitnehmer durch vorzeitigen Austritt, wobei die Konkurseröffnung als wichtiger Grund gilt, gelöst werden. Wird das Arbeitsverhältnis nach § 25 Abs. 1 KO gelöst, so kann der Arbeitnehmer gemäß § 25 Abs. 2 KO den Ersatz des verursachten Schadens als Konkursforderung verlangen. Tritt ein Arbeitnehmer nach Konkurseröffnung wegen Nichtzahlung des Entgeltes aus, bevor ihn der Masseverwalter noch nach § 25 Abs. 1 Z 1 KO kündigen konnte, ist er nicht anders zu behandeln als bei zulässiger Kündigung durch den Masseverwalter; ihm steht daher bis zur fiktiven Beendigung des Arbeitsverhältnisses Kündigungsentschädigung, für den Zeitraum danach Schadenersatz nach § 25 Abs. 2 KO zu (siehe ua. ; ; ; ; ).

§ 29 Angestelltengesetz (AngG) ist auch für den Fall eines gerechtfertigten Austritts nach § 25 KO anzuwenden ( Arb 9871; EvBL 1982/8, RdW 1988, 137). Nach § 29 Abs. 2 AngG kann ein Angestellter bei einem unverschuldeten vorzeitigen Austritt, unbeschadet eines weitergehenden Schadenersatzes, die ihm nach § 29 Abs. 1 AngG zustehenden vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragzeit oder durch ordnungsgemäße Kündigung durch den Dienstgeber hätte verstreichen müssen, soweit der Zeitraum nach Abs. 1 nicht drei Monate übersteigt, ohne Abzug sofort, den Rest zur vereinbarten oder gesetzlichen (§ 15 AngG) Zeit fordern. Da betagte Forderungen im Konkurs (§ 14 Abs. 2 KO) und im Einklang damit auch der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für solche Forderungen als fällig gelten (§ 3 IESG), wird eine den Zeitraum von drei Monaten übersteigende Kündigungsentschädigung (§ 1162b ABGB; § 29 Abs. 2 AngG) im Konkurs trotz des Umstandes, dass ihre (endgültige) Bezifferung wegen der ungewissen zukünftigen Entwicklung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitnehmers noch gar nicht möglich ist (diese ergibt erst, ob und wieviel er sich anrechnen lassen muss), sofort "fällig" ().

Bei einem berechtigten vorzeitigen Austritt gemäß § 25 KO besteht in Verbindung mit § 9 Urlaubsgesetz (UrlG) ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung. Entsteht während der fiktiven Kündigungsfrist ein neuer Urlaubsanspruch, so ist dieser bei der Berechnung der Ersatzansprüche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen ( RdW 1988, 137).

Beendigungsansprüche entstehen mit (arbeitsrechtlichem) Ende des Dienstverhältnisses. Dieses ist maßgeblich für die Zuordnung von Urlaubsersatzleistungen, Abfertigungen und Kündigungsentschädigungen (Exl in SWK, Insolvenz und Steuern, 4. VI B. Lohnsteuerliche Fragen in der Insolvenz, Seite 87).

Aus obigen rechtlichen Ausführungen ergibt sich somit, dass der Anspruch des Berufungswerbers auf Insolvenz-Ausfallgeld-Zahlungen der IAF-Service GmbH (aus Mitteln des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds) zum Zeitpunkt seiner Austrittserklärung und somit bei Beendigung des Dienstverhältnisses bei der Arbeitgeberin zum begründet wurde. Dem Berufungswerber kam somit ab diesem Zeitpunkt sein Recht auf Zahlung von Kündigungsentschädigungen sowie der hiermit verbundenen Urlaubsentschädigungen für den Zeitraum vom bis (§ 20 Abs. 2 AngG) zu. Da gemäß § 19 Abs. 1 EStG Nachzahlungen im Insolvenzverfahren im Kalenderjahr des Anspruches als zugeflossen gelten, wurden vom Finanzamt im bekämpften Bescheid obige Zahlungen zu Recht dem Jahr der Anspruchsbegründung, sohin dem Jahr 2006 zugerechnet und in diesem Jahr der Einkommensteuer unterworfen .

Die Einwendungen des Berufungswerbers, die strittigen Zahlungen würden Zeiträume nach dem betreffen und seien somit dem Kalenderjahr 2007 zuzurechnen, kann daher der Berufung zu keinem Erfolg verhelfen, dienen die in den vorgelegten Bescheiden der IAF-Service GmbH vom 25. Mai und ausgewiesenen "Anspruchszeiträume" doch lediglich der Berechnung der Höhe der bereits seit dem Zeitpunkt des Austrittes bestehenden Leistungsansprüche des Abgabepflichtigen. Wie oben dargelegt stellt der Zeitpunkt des Einnahmenzuflusses nach § 19 Abs. 1 EStG nicht auf den zu ersetzenden Anspruchsgrund und -zeitraum (Kündigungsfrist), sondern ausschließlich auf den Zeitpunkt der Anspruchsbegründung (Beendigung des Dienstverhältnisses) ab.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 IESG, Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, BGBl. Nr. 324/1977
Schlagworte
Zufluss
Anspruch
Insolvenz
Konkurs
Nachzahlung
Insolvenzverfahren
Kalenderjahr
bezogen
Bezug
Kündigungsentschädigung
Urlaubsentschädigung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at