Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 31.05.2011, RV/0064-L/11

Alleinerzieherabsetzbetrag

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Einkommensteuer 2008 (Arbeitnehmerveranlagung) entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der Bescheid betreffend Einkommensteuer 2008 wird abgeändert.

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die Berufungsvorentscheidung vom verwiesen.

Entscheidungsgründe

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung machte die Berufungswerberin ua den Alleinerzieherabsetzbetrag geltend. Nach erklärungsgemäßer Veranlagung erging am der Einkommensteuerbescheid 2008. Mit Bescheid vom wurde das Verfahren betreffend die Einkommensteuer 2008 wieder aufgenommen. Dieser Bescheid wurde nicht bekämpft. In der Begründung zum gleichzeitig ergangenen Einkommensteuerbescheid 2008 vom hielt das Finanzamt fest, der Alleinerzieherabsetzbetrag könne nicht berücksichtigt werden, zumal die Berufungswerberin im Veranlagungsjahr mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-)Partner gelebt habe.

In der Berufung vom hielt die Berufungswerberin fest, die Eheschließung sei xx.xx.2008, die Ummeldung Ihres Gatten zum Hauptwohnsitz am erfolgt. Zuvor sei der Ehegatte in A gemeldet gewesen und habe dort eine Dienstwohnung bewohnt. Die vorübergehende Anmeldung Ihres Gatten (Nebenwohnsitz) habe ausschließlich berufliche Gründe gehabt, weil dieser aushilfsweise die Leitung eines Rehabilitationszentrums für zwei Monate übernommen habe. Beigelegt war der Berufung eine Bestätigung des Ehegatten, wonach dieser bis zur Ummeldung am seinen Hauptwohnsitz in A gehabt und in seiner Wohnung in dieser Gemeinde gelebt habe. Zudem habe sich dieser auf keinerlei Weise an der Haushaltsführung beteiligt.

Im Zuge einer persönlichen Vorsprache beim Finanzamt am teilte die Berufungswerberin mit, dass Ihr Gatte (während der Tätigkeit als aushilfsweiser Leiter) 3 Nächte pro Woche in Ihrer Wohnung geschlafen habe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2008 vom geändert und die Einkommensteuer für das Jahr 2008 mit € -395,11 festgesetzt. In der Begründung hielt das Finanzamt fest, auf Grund der vorliegenden Unterlagen und der persönlichen Vorsprache könne von einer Lebensgemeinschaft bereits ab dem 1. Halbjahr 2008 ausgegangen werden.

Im Vorlageantrag vom wies die Berufungswerberin neuerlich darauf hin, dass ihr zukünftiger Lebensgefährte im Frühjahr 2008 nur ca. 2 Monate dreimal wöchentlich bei ihr genächtigt habe. Seinen Hauptwohnsitz habe dieser bis zum in A gehabt. Aus den Lohnsteuerrichtlinien gehe hervor, dass eine eheliche Gemeinschaft erst dann gegeben sei, wenn jemand einen dauernden Aufenthalt in der anderen Wohnung nehme. Da dies im vorliegenden Fall erst nach der Hochzeit gegeben gewesen sei, wären die Voraussetzungen für den Alleinerzieherabsetzbetrag gegeben.

In der Vorhaltsbeantwortung vom teilte die Berufungswerberin mit, Ihren jetzigen Ehegatten im November 2006 kennen gelernt zu haben. 18 Monate zuvor sei dessen Ehegattin verstorben, seine Tochter mit dem Tod der Mutter bzw. mit der neuen Bekanntschaft nicht so schnell fertig geworden. An den Wochenenden habe sie versucht sich frei zu machen und öfters nach A zu fahren. Der einzige Grund, dass der Gatte einen Zweitwohnsitz angemeldet habe, sei ein beruflicher gewesen, weil dieser geglaubt habe, wenn er die Vertretung annehme, müsse er sich auch hier registrieren lassen. Erst im Juli 2009 habe ihr Ehegatte das Mietverhältnis seiner Dienstwohnung im Zuge der Pensionierung aufgelöst. Weil bis zu diesem Zeitpunkt kein wirklich gemeinsamer Wohnsitz vorhanden war, sei auch keine Beteiligung an den Haushalts- bzw. Betriebskosten ins Auge gefasst worden, da der Ehegatte ohnehin genug laufende Zahlungen in A bzw. in C hatte, wo er die Wohnung für die Tochter eingerichtet habe. Diese klare Trennung sei für Ihren Mann ganz selbstverständlich gewesen, weil er die Ansicht vertrete, dass ein Zusammenleben vor der Ehe nicht korrekt sei und er dies auch vor seiner ersten Ehe nicht getan habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen

§ 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in der für das Jahr 2008 maßgebenden Fassung lautet:

Einem Alleinerzieher steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich

- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,

- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerzieher ist ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt."

Nach Lage der Akten war der jetzige Ehegatte der Berufungswerberin in der Zeit vom bis zur X als Stellvertreter des Verwaltungsleiters zugeteilt. Während dieser nächtigte er dreimal die Woche bei der Berufungswerberin. Laut ZMR Abfrage hatte er in der Zeit vom bis seinen Nebenwohnsitz in B gemeldet; Unterkunftgeberin war die Berufungswerberin. Am war die Eheschließung. Daraus folgerte das Finanzamt, dass bereits ab dem 1. Halbjahr 2008 von einer Lebensgemeinschaft ausgegangen werden kann und ein Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zusteht.

Eine eheähnliche Gemeinschaft i. S. d. § 106 Abs. 3 i. d. F. bis 2009 ist eine Lebensgemeinschaft, wozu im Allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft gehört (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 11. EL § 33 Anm. 62).

Bei der Lebensgemeinschaft handelt es sich nach Rechtsprechung und Verwaltungspraxis um einen eheähnlichen Zustand. Für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft (eheähnlichen Gemeinschaft) sind insbesondere drei Kriterien maßgeblich, nämlich (vgl. Wanke/Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke [Hrsg], MSA EStG 11. EL § 106 Anm. 15):

1. die Eheähnlichkeit bzw. Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Partnerschaft,

2. das Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft und

3. eine gewisse Dauer.

Doch kann wie auch in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal weniger stark ausgeprägt sein oder fehlen.

Maßgeblich sind für eine Lebensgemeinschaft im Allgemeinen die persönlichen eheähnlichen Bindungen zwischen den Partnern; das Bestehen von Geschlechtsbeziehungen ist nicht Voraussetzung. Die "eheliche Lebensgemeinschaft" ist (idealtypisch) nicht die bloße räumliche häusliche Gemeinschaft der Ehegatten (eingetragenen Partner), sondern als Inbegriff der häuslichen, geistigen, seelisch-körperlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Gemeinsamkeiten der Ehegatten zu verstehen (vgl. ).

Bei der Beurteilung des Vorliegens der einer Ehe (einer eingetragenen Partnerschaft) gleichenden persönlichen Beziehung handelt es sich um den höchstpersönlichen Lebensbereich von Menschen. Auf die innere Einstellung zweier Menschen, die zusammen leben, lässt sich für die Abgabenbehörde nur auf Grund äußerer Umstände schließen. Ob die einer (idealtypischen) Ehe gleichen Gemeinsamkeiten gegeben sind, kann nicht allein von den Angaben der jeweiligen Partner abhängen, sonst hätten es diese durch bloße Verneinung des Vorhandenseins bestimmter innerer Einstellungen in der Hand, abgabenrechtliche (und andere) Rechtsfolgen willkürlich herbeizuführen.

Einer Eheschließung geht gewöhnlich eine gewisse Vorlaufzeit in einer eheähnlichen Gemeinschaft voraus. Dokumentiert wird dies durch die Tatsache, dass der jetzige Ehegatte im Frühjahr 2008 mehr als zwei Monate bei der Berufungswerberin Quartier bezogen hatte und dort dreimal pro Woche nächtigte und am die Eheschließung erfolgte.

Es kommt auch nicht auf die "genauen Umstände der Umsetzung" einer Geschlechtsgemeinschaft an. Die Bw. bestreitet nicht das Vorliegen einer Geschlechtsgemeinschaft und würde dies im Hinblick auf den Zeitpunkt der Eheschließung nicht glaubwürdig sein; daher erübrigen sich weitere Erörterungen hinsichtlich deren Umsetzung.

Nach allgemeinem Begriffsverständnis bedeutet "allein stehend" nicht in einer Partnerschaft lebend, nicht aber unbedingt alleine wohnend. Alleinstehende leben in der Praxis keineswegs nur in Singlehaushalten. Der Alltag kennt unterschiedliche Formen der Lebensführung, in denen sich Alleinstehende eine Wohnung mit anderen Personen teilen, sei es, dass sie mit diesen einen gemeinsamen Haushalt führen oder als Mitbewohner im Haushalt Dritter leben. Andererseits muss - wie in einer Ehe - selbst ein weitgehend getrenntes Wohnen eine Lebensgemeinschaft nicht ausschließen. Das Merkmal einer Wohngemeinschaft ist, dass die Partner in einer gemeinsamen Wohnung in der Absicht leben, dort den Mittelpunkt ihrer Lebensführung einzurichten. In Einzelfällen kann eine Lebensgemeinschaft auch vorliegen, wenn die Lebensgefährten ihre Wohnung zunächst beibehalten. Auch in aufrechter Ehe ist die Beibehaltung oder Gründung mehrerer Wohnsitze keineswegs außergewöhnlich, ebenso die Aufteilung der Kosten in der Weise, dass jeder der Partner für jeweils eine Wohnung aufkommt.

Tatsache ist, dass der jetzige Gatte laut ZMR Abfrage in der Zeit vom bis bei der Berufungswerberin mit Nebenwohnsitz gemeldet war. Der Behauptung, dies sei nur aus beruflichen Gründen erfolgt, steht die Tatsache entgegen, dass nach Ablauf der Zuteilung dennoch der Nebenwohnsitz bis 14. August beibehalten wurde. Seit hat der jetzige Ehegatte der Berufungswerberin seinen Hauptwohnsitz in B. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass auch das Merkmal der Wohngemeinschaft im ersten Halbjahr vorübergehend gegeben war.

Von einer Wirtschaftsgemeinschaft spricht die Judikatur dann, wenn die Lebensgefährten die Bedürfnisse des täglichen Lebens auf gemeinsame Rechnung bestreiten, d. h. die Mittel zur Haushaltsführung gemeinschaftlich aufwenden (vgl. Doralt/Herzog, EStG14, § 33 Rz 30/2 m. w. N.). Mitunter kann jedoch (zumindest außerhalb des Anwendungsbereichs des § 106 EStG 1988) auch bei getrennter Kassenführung eine Lebensgemeinschaft vorliegen. (vgl. Deixler-Hübner, Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft 7, Tz. 235).

Es ist notorisch und bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass die gemeinsame Haushaltsführung durch mehrere Personen für jede dieser Personen mit geringeren Belastungen verbunden ist, als wenn diese Personen für sich allein leben. Die Ersparnis wird niedriger sein. Dies selbst dann, wenn weiterhin Kosten für zwei Wohnungen anfallen. Sind doch ungeachtet dessen, Synergien etwa bei Einkäufen, Kochen etc. gegeben.

Von der Bw. wird bestritten, dass sich der jetzige Ehegatte im maßgeblichen Zeitraum an der Haushaltsführung beteiligt hat. Eine diesbezügliche Bestätigung des Ehegatten liegt vor. Es widerspricht allerdings der Lebenserfahrung, dass jemand, der für einen Zeitraum von immerhin zwei Monaten Unterkunft nimmt, dem Unterkunftgeber, den er kurz darauf heiratet, keinerlei Vorteil zukommen lässt. Zudem wurden die oben beschriebenen Synergien konkret nicht in Abrede gestellt.

Die Dauerhaftigkeit dient zur Abgrenzung einer Lebensgemeinschaft von flüchtigen Beziehungen, denen es an einer entsprechenden Beziehungstiefe mangelt. Durch die im Juli 2008 erfolgte Eheschließung ist die Dauerhaftigkeit entsprechend dokumentiert.

Typisch für eine Partnerschaft ist, dass der Wille der Partner auf ein gemeinschaftliches Zusammenleben gerichtet ist. Dies ist auch hier der Fall (siehe etwa die Nebenwohnsitz- und in der weiteren Folge die Hauptwohnsitzbegründung).

Die Berufungswerberin ihren nunmehrigen Ehegatten bereits im November 2006 kennen gelernt. Tatsache ist dass der nunmehrige Ehegatte der Berufungswerberin in der Zeit vom bis seinen Nebenwohnsitz in B gemeldet hatte; Unterkunftgeberin die Berufungswerberin war und am die Eheschließung stattfand. Das äußere Erscheinungsbild, insbesondere dieser zeitliche Zusammenhang, sprechen für eine über sechs Monate hinausgehende Gemeinschaft mit einem Partner im Jahr 2008.

Die Berufung erweist sich daher als unbegründet.

Das Finanzamt hat bereits in seiner Berufungsvorentscheidung vom darauf hingewiesen, dass im Zuge der Berufungserledigung das Bescheidergebnis in jede Richtung abänderbar ist. Streitgegenständlich war letztendlich, ob der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht. Bemessungsgrundlage und Höhe der festgesetzten Abgabe sind daher der Berufungsvorentscheidung zu entnehmen.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

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