Pflichtverletzung des Obmannes eines Vereins, Berufungsvorentscheidung hat Vorhaltswirkung
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Miterledigte GZ: |
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RV/3079-W/10 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat 10 über die Berufungen des Bw., vertreten durch Steuerberater, vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs, vertreten durch A., vom und betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber (Bw.) als ehemaliger Obmann des Vereines X für dessen nachstehende Abgabenschuldigkeiten in Höhe von insgesamt € 10.774,03 zur Haftung herangezogen.
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Abgabenart | Zeitraum | Betrag |
Umsatzsteuer | 03/06 | 1.128,09 |
Umsatzsteuer | 04/06 | 191,69 |
Umsatzsteuer | 05/06 | 1.590,71 |
Umsatzsteuer | 06/06 | 348,41 |
Umsatzsteuer | 07/06 | 675,56 |
Umsatzsteuer | 10/06 | 2.921,25 |
Umsatzsteuer | 11/06 | 2.823,39 |
Umsatzsteuer | 12/06 | 1.094,93 |
Zur Begründung führte das Finanzamt aus, dass mit Beschluss des Landesgerichtes P. über das Vermögen des Vereines das Konkursverfahren eröffnet worden sei.
Der Rückstand sei beim Primärschuldner uneinbringlich.
Der Bw. stelle für den Verein die statutenmäßig zur Vertretung nach außen bestimmte Person dar und er wäre daher verpflichtet gewesen, für die Abgabenentrichtung Sorge zu tragen.
Im gegenständlichen Fall habe trotz Aufforderung vom kein geeigneter Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung erbracht werden können, somit müsse das Finanzamt davon ausgehen, dass er seiner ihm obliegenden Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den von ihm verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt habe. Diese Pflichtverletzung sei ursächlich für den Abgabenausfall.
Gegen diesen Haftungsbescheid sowie einen Umsatzsteuerbescheid für 2006 brachte der Bw. das Rechtsmittel der Berufung ein und ersuchte um Übermittlung des Umsatzsteuerbescheides 2006 bzw. der Festsetzungsbescheide für die geltend gemachten monatlichen Umsatzsteuerzeiträume.
In der gesondert eingebrachten Begründung wurde ausgeführt, dass die Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsGmbHW mit Verständigungsschreiben vom zum das Auftragsverhältnis mit dem Verein gekündigt habe.
Aus dem Kündigungsschreiben sei zu entnehmen, dass am März 2006 keine Umsatzsteuerberechnungen von der Kanzlei mehr vorgenommen worden seien. Das Zustandekommen der Zahllast der Umsatzsteuer 2006 sei für den Bw. nicht nachvollziehbar.
Der Bw. habe seinen nunmehrigen steuerlichen Vertreter davon in Kenntnis gesetzt, dass sämtliche Kontobewegungen des Vereines auf zwei Bankkonten abgewickelt worden seien. Die Kontoauszugslisten für den Zeitraum ab sollten beweisen, dass mangels entsprechenden Wertschöpfungen bzw. Berücksichtigung von Vorsteuern für den haftungsgegenständlichen Zeitraum 2006 keine Jahreszahllast zustande gekommen sein könne.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte dazu im Wesentlichen aus, dass Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme das Bestehen einer Abgabenverbindlichkeit gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit sei ().
Die Uneinbringlichkeit der Abgaben stehe fest, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Primärschuldners am mangels Kostendeckung aufgehoben worden sei. Die rechtskräftige Bestätigung der Konkursaufhebung sei am erfolgt.
Eine Pflichtverletzung des Vertreters ergebe sich aus der Tatsache, dass für den Umsatzsteuerzeitraum 3-8/06 keine Voranmeldungen eingebracht und diesbezüglich auch keine Zahlungen geleistet worden seien.
Die Umsatzsteuer sei anlässlich einer stattgefundenen Prüfung am auf dem Abgabenkonto festgesetzt worden. Die Niederschrift über die Schlussbesprechung sei vom Bw. persönlich unterschrieben worden.
In diesem Zusammenhang werde angemerkt, dass im Haftungsverfahren die Abgabenbehörde an den Inhalt der vorangegangenen Abgabenbescheide gebunden sei. Die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sei im Haftungsverfahren nicht zu überprüfen.
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG habe der Unternehmer - unabhängig einer steuerlichen Vertretung - spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) selbst zu berechnen habe. Die Voranmeldung gelte als Steuererklärung. Der Unternehmer habe eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten.
Bezüglich des Zeitraumes 10/2006 - 12/2006 ergebe die Aktenlage, dass die betreffenden monatlichen Voranmeldungen - jeweils versehen mit der Unterschrift des Obmannes (dem Bw.) rechtzeitig gemeldet worden seien, jedoch die Entrichtung der selbst errechneten Beträge unterblieben sei.
Der Einwand, dass das Zustandekommen der Jahreszahllast an Umsatzsteuer für 2006 nicht nachvollziehbar sei, gehe durch die unterfertigten Abgaben (z.B. UVA 10-12/2006) des Obmannes ins Leere.
Ergänzend teile das Finanzamt mit, dass aus den der Berufung beigelegten Unterlagen (Kontoauszugslisten) zweifelsfrei das Vorhandensein verfügbarer Geldmittel zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten des Jahres 2006 (Gutschriften zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten, z.B. Fälligkeit Mai 2006 - Hypo Bank Guthaben ca € 3.300,00, Volksbank Guthaben ca. € 2.000,00, Februar 2007 Hypo Bank ca. € 2.800,00, VB € 350,00) erkennbar sei.
Bei Selbstbemessungsabgaben sei maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend sei daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt würden.
Die schuldhafte Pflichtverletzung sei somit durch die Nichtentrichtung der Umsatzsteuer gegeben, daher sei die Haftungsinanspruchnahme zu Recht erfolgt.
Mit einem weiteren Haftungsbescheid vom wurde der Bw. als ehemaliger Obmann des Vereines X für die nicht entrichtete Lohnsteuern für 2005, 2006 und 2007 im Gesamtbetrag von € 23.628,46 (2005: € 840,63, 2006: € 1.950,50, 2007: € 837,33) gemäß §§9 und 80 BAO zur Haftung herangezogen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen aus der Lohnsteuerprüfung vom resultieren würden und entsprechend den Prüfungsfeststellungen (Abfuhrdifferenzen wegen Nichtentrichtung der Lohnsteuer entsprechend der vorgelegten Lohnkonten) vom Finanzamt mit Haftungs- und Abgabenbescheiden am auf dem Abgabenkonto festgesetzt worden.
In diesem Zusammenhang werde angemerkt, dass im Haftungsverfahren die Abgabenbehörde an den Inhalt der vorangegangenen Abgabenbescheide gebunden sei. Die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sei im Haftungsverfahren nicht zu prüfen (§ 248 BAO sehe die Berufungsmöglichkeit gegen den Abgabenanspruch vor).
Bei Selbstbemessungsabgaben sei maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend sei daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob und wann die Abgaben bescheidmäßig festgesetzt würden (Ritz, BAO³, § 9 Tz 10 und die dort zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes).
Hinsichtlich der Lohnsteuer ergebe sich bereits aus § 78 Abs. 3 EStG 1988, dass der Arbeitgeber für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und abzuführen habe. Werde die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt ausgeführt, sei ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen, was zu dessen Inanspruchnahme als Haftender führe ().
In der dagegen form- und fristgerecht eingebrachten Berufung vom wurde begründend ausgeführt, dass der finanzbehördlichen Aktenlage entnommen werden könne, dass über den verfahrensgegenständlichen Verein ein Insolvenzverfahren eröffnet worden wäre, das bis heute nicht abgeschlossen sei. Parallel zum neuerlichen Haftungsbescheid sei der Bw. hinsichtlich Umsatzsteuern mit Bescheid vom zur Haftung herangezogen worden. Eine Erledigung stehe noch aus. Im Zuge dieses Beweisverfahrens seien Beweismittel vorgelegt worden, die auch im neuerlichen Berufungsverfahren von Bedeutung seien.
Der Bw. verfüge derzeit nicht über jenen Bescheid, der die Rechtsgrundlage für die verfahrensgegenständliche Lohnsteuernachzahlung für den Zeitraum 2005, 2006 und 2007 darstelle. Es müsse sich um einen Haftungs- und Abgabenbescheid nach abgabenbehördlicher Prüfung handeln. Dieser Prüfungsbericht samt Bescheid möge zu Handen des steuerlichen Vertreters übermittelt werden, dass im Anschluss über die Einbringung einer Berufung gegen die Sachbescheide entschieden werden könne.
In der diesbezüglichen Berufungsvorentscheidung vom führte das Finanzamt aus, dass gemäß § 9 Abs. 1 BAO die in den §§ 80 leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese sie treffenden Abgaben insoweit haften würden, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden könnten. Nach § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen würden und seien befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden. Zur Vertretung juristischer Personen könnten Vertreter sowohl durch Gesetz als auch durch Vertrag berufen sein, wobei nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zwischen den beiden Vertretungsarten nicht unterschieden werde. Soweit es sich um Stiftungen, Fonds oder Vereine handle, würden deren Statuten den Vertreter bestimmen; maßgebend seien jene Personen, die von den Statuten zur Vertretung des Vereines berufen seien. Dieses Organ sei den Behörden für die gesetzmäßige Tätigkeit des Vereines verantwortlich. Maßgebend für die Haftung des Obmannes sei nicht, ob er seine Funktion tatsächlich selbst ausübe, sondern er als Obmann zum Vertreter des Vereines bestellt worden sei und ihm daher die Ausübung der Funktion obliege.
Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme seien das Bestehen einer Abgabenverbindlichkeit gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit sei ().
Die Uneinbringlichkeit der Abgaben stehe fest, weil das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Primärschuldners am mangels Kostendeckung aufgehoben worden sei. Die rechtskräftige Bestätigung der Konkursaufhebung sei am erfolgt.
Die haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen würden aus der Lohnsteuerprüfung vom resultieren und seien entsprechend den Prüfungsfeststellungen (Abfuhrdifferenzen) vom Finanzamt mit Haftungs- und Abgabenbescheiden am auf dem Abgabenkonto festgesetzt worden.
Werde Lohnsteuer, die im verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheid geltend gemacht worden sei, nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Gesellschafters auszugehen. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , 91/13/0037, 0038, ausdrücklich aufrecht erhaltenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes falle es nämlich einem Vertreter im Sinne des § 80 BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne ausbezahle, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichte ().
Hinsichtlich der Lohnsteuer ergebe sich aus § 78 Abs. 3 EStG 1988, dass der Arbeitgeber für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen würden, verpflichtet sei, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen, einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen habe.
Werde die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, sei ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten einer GmbH (Anm.: hier wohl richtig eines Vereines) von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen, was zu dessen Inanspruchnahme als Haftender führe ().
Liege dem Haftungsbescheid ein an den Abgabepflichtigen ergangener Abgabenbescheid zu Grunde, so sei die Behörde daran gebunden und habe sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten ().
Die in der Berufung erwähnten Beweismittel (Kontoauszugslisten) hätten im gegenständlichen Berufungsverfahren keine Bedeutung, da sich die Haftung für die Lohnabgaben aus der Bestimmung des § 78 EStG ergebe, wonach jede Zahlung der Arbeitslöhne eine schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten darstelle, wenn die daraus resultierende Lohnsteuer nicht entrichtet werde.
Dagegen beantragte der Bw. mit Eingaben vom die Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Ergänzend wurde ausgeführt, dass der Spruch der Berufungsvorentscheidung nicht die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom umfasse, der dem Masseverwalter zugestellt worden sei.
In beiden Berufungen wurde die Anberaumung einer mündlichen Senatsverhandlung beantragt.
In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass im Bezug auf die Haftung für die Lohnabgaben erstmalig nach Eröffnung des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter geltend gemacht und nicht dem Haftungspflichtigen selbst zugestellt worden wäre, weswegen ein Primärschuldverhältnis nicht entstanden seien.
Im Bezug auf die Inanspruchnahme zur Haftung gemäß § 9 BAO für Umsatzsteuer einzelner Monate des Jahres 2006 sei auszuführen, dass der zugrunde liegende Jahresbescheid vom auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen beruhe, welche bei einem Verlustbetrieb keinesfalls den Tatsachen entsprechend sein könnten, weswegen auch der zugrunde liegende Umsatzsteuerbescheid angefochten worden sei.
Zur behaupteten Pflichtverletzung durch Gläubigerbenachteiligung sei einzuwenden, dass der Bw. bereits zwei Jahre vor Konkurseröffnung keine Zahlungen geleistet habe, weil entsprechende liquide Mittel nicht vorhanden gewesen seien und daher die Quote gegenüber der Abgabenbehörde € 0,00 gewesen wäre.
Letztlich sei zum Ermessen auszuführen, dass dem UFS die Möglichkeit eingeräumt sei, auch im Rahmen der Ermessensübung die Haftung mit einem Betrag von € 0,00 zu bemessen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme sind das Bestehen einer Abgabenverbindlichkeit gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl. das Erkenntnis des Zl. 84/17/0224). Den Vertreter einer juristischen Person, deren Abgaben nicht entrichtet wurden und uneinbringlich geworden sind, trifft im Haftungsverfahren die Obliegenheit darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass diese die anfallenden Abgaben nicht rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 22. Feber 1993, Zl. 91/15/0123). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (Erkenntnis des Zahl 90/15/0114).
Zur Vertretung juristischer Personen können Vertreter sowohl durch Gesetz als auch durch Vertrag berufen sein, wobei nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zwischen den beiden Vertretungsarten nicht unterschieden wird. Soweit es sich um Stiftungen, Fonds oder Vereine handelt, bestimmen deren Statuten den Vertreter; maßgebend sind jene Personen, die von den Statuten zur Vertretung des Vereines berufen sind (Reeger - Stoll, Kommentar zur Bundesabgabenordnung, S 283 f.). Dieses Organ ist den Behörden für die gesetzmäßige Tätigkeit des Vereines verantwortlich. Maßgebend für die Haftung des Obmannes ist nicht, ob er seine Funktion tatsächlich selbst ausübt, sondern ob er als Obmann zum Vertreter des Vereines bestellt wurde und ihm daher die Ausübung der Funktion obliegt. Wenn der Vertreter seine abgabenrechtlichen Pflichten auf andere Personen überträgt, wird er dadurch nicht von seinen Pflichten befreit. Es treffen ihn in einem solchen Fall Auswahl- und Kontrollpflichten, deren Verletzung zu Haftungsfolgen nach § 9 BAO führen kann. Es gehört zu den Pflichten des Obmannes eines Vereines durch geeignete Aufsichts- und Überwachungsmaßnahmen, insbesondere durch Einrichtung von Kontrollmechanismen dafür Sorge zu tragen, dass die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten tatsächlich erfolgt. Der zur Vertretung berufene Obmann hat die Tätigkeit der beauftragten Personen in solchen Abständen zu überprüfen, die es ausschließen, dass die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, insbesondere die Verletzung abgabenrechtlicher Zahlungsfristen verborgen bleibt (Ritz, BAO-Kommentar³, § 9 TZ 13 und die dort zitierte Rechtsprechung).
Die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben beim Verein steht zweifelsfrei fest, da mit Beschluss des LG P. vom der Konkurs über das Vermögen des Vereines mangels Kostendeckung aufgehoben wurde.
Unbestritten ist, dass der Bw. im haftungsgegenständlichen Zeitraum Obmann des Vereines war und kann damit zur Haftung gemäß § 9 BAO herangezogen werden.
Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung ohnehin gemäß § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen, wobei es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () hiezu keines gesonderten Schriftsatzes bedarf. Wird aber neben einer Berufung gegen den Haftungsbescheid eine - allenfalls auch mangelhafte - Berufung gegen den Abgabenanspruch erhoben, so ist zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt. Die Voraussetzungen für eine Verbindung der beiden Berufungen zu einem gemeinsamen Verfahren (§ 277 BAO) liegen in einem solchen Fall nicht vor (vgl. ).
Der Einwand, dass der Bw. gegen den Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2006 vom Berufung erhoben habe und über diese in der Berufungsvorentscheidung vom nicht entschieden worden wäre, kann daher der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.
Dem Vorbringen, dass die Lohnabgaben erstmalig nach Eröffnung des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter und gegenüber dem Haftungspflichtigen zugestellt worden seien, weshalb ein Primärschuldverhältnis nicht entstanden sei, ist entgegenzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Abgaben während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter festzusetzen sind. Während der Dauer eines Konkursverfahrens kann daher kann daher ein Bescheid gegenüber dem Gemeinschuldner nicht wirksam erlassen werden. Es muss vielmehr ausschließlich der Masseverwalter als Partei behandelt werden (vgl. z.B. ).
Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Berufungsvorentscheidung die Wirkung eines Vorhaltes. Tritt der Abgabe- bzw. Haftungspflichtige den in der Berufungsvorentscheidung enthaltenen Fakten nicht entgegen, so kann die Berufungsbehörde diese als richtig annehmen.
Das Finanzamt hat sich in den Berufungsvorentscheidungen mit der Pflichtverletzung des Bw. als Obmann des Vereines und dessen Verschulden an der Pflichtverletzung ausführlich auseinandergesetzt. Insbesondere hat das Finanzamt dargetan, dass sich aus den vorliegenden Kontoauszugslisten das Vorhandensein liquider Mittel zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten des Jahres 2006 ergebe (z.B. Fälligkeit Mai 2006 - Hypo Bank Guthaben ca € 3.300,00, Volksbank Guthaben ca. € 2.000,00, Februar 2007 Hypo Bank ca. € 2.800,00, VB € 350,00).
Diesen Ausführungen ist der Bw. in den Vorlageanträgen nicht entgegengetreten.
Der Behauptung, der Bw. habe in den letzten zwei Jahren vor Konkurseröffnung ( keine Zahlungen mehr geleistet, ist zu entgegnen, dass sich aus der vorliegenden Kontoauszugslisten der Volksbank und der Hypo-Bank gegenteiliges ergibt.
Bezüglich der Liquidität des Vereines ergibt sich weiters aus dem Umstand, dass Löhne ausbezahlt und Umsätze erzielt wurden, dass der Verein nicht völlig vermögenslos war, zumal es der Lebenserfahrung widerspricht, dass sämtliche Geschäftspartner ihre Schulden nicht beglichen haben.
Bei schuldhafter Pflichtverletzung spricht die Vermutung für eine Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Abgabenausfall ().
Nach Lehre und Rechtssprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.
Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ().
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 78 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at