Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 26.05.2011, RV/0548-W/06

Rückforderung von Kapitalertragsteuer auf grenzüberschreitende Dividenden

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., Norwegen, vertreten durch ERNST & YOUNG GmbH, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 1220 Wien, Wagramer Straße 19, IZD-Tower (Postfach 89), vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Abweisung von Anträgen auf Rückzahlung österreichischer Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO für den Zeitraum 2000 bis 2005 entschieden:

Die Berufung vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung österreichischer Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO für den Zeitraum 2000 wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Der Berufung vom betreffend Abweisung von Anträgen auf Rückzahlung österreichischer Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO für den Zeitraum 2001 bis 2005 wird teilweise Folge gegeben.

Der Bescheid wird abgeändert. Die Abweisung des Antrages auf Rückzahlung österreichischer Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO erfolgte hinsichtlich des Zeitraumes 2001 bis 2003 zu Recht, für den Zeitraum 2004 und 2005 zu Unrecht.

Entscheidungsgründe

Die Bw. ist eine Gesellschaft mit Sitz in Norwegen. Mit Schreiben vom stellte die Bw. beim Finanzamt Wien 1/23 Anträge gemäß § 240 Abs. 3 BAO auf Rückzahlung von österreichischer Kapitalertragsteuer, welche durch die T. GmbH als Abzugsverpflichtete im Zusammenhang mit den Gewinnausschüttungen an die Bw. an das Finanzamt Wien 1/23 abgeführt worden sei. Der Gesamtbetrag der zur Rückzahlung beantragten Kapitalertragsteuer gliedere sich für die einzelnen Jahre wie folgt auf:

Die Anträge begründete die Bw. wie folgt:

Die Bw. sei seit zu 100% an der T. GmbH beteiligt. Von den auf Basis von Umlaufbeschlüssen an die Bw. getätigten Gewinnausschüttungen dieser Gesellschaft sei auf Grund der unmittelbaren Anwendbarkeit des DBA Österreich Norwegen (vgl. EAS 1358 vom ) Kapitalertragsteuer in Höhe von jeweils 5 % der Gewinnausschüttung einbehalten und an das Finanzamt Wien 1/23 abgeführt worden. Gemäß Art. 10 Abs. 2 lit a DBA Österreich Norwegen (BGBl III 1997/1) dürfe Österreich als der Vertragsstaat, in dem die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig sei, eine Steuer von höchstens 5 % des Bruttobetrages der Dividenden erheben, wenn der Nutzungsberechtigte eine im anderen Vertragsstaat ansässige Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) sei, die unmittelbar über mindestens 25 % des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfüge.

§ 240 Abs. 3 BAO sehe vor, dass auf Antrag des Abgabepflichtigen zu Unrecht einbehaltene Beträge zurückzuzahlen seien, sofern nicht ein Ausgleich gemäß § 240 Abs. 3 lit a bis c erfolgt sei; im Fall der auf Basis von Gewinnausschüttungsbeschlüssen durch die T. GmbH durchgeführten Gewinnausschüttungen sei kein solcher Ausgleich erfolgt. Antragsberechtigt sei gemäß § 240 Abs. 3 BAO im Fall der Kapitalertragsteuer der Schuldner der Kapitalertragsteuer und somit der Empfänger der Kapitalerträge und nicht der Abfuhrverpflichtete. Gemäß § 240 Abs. 3 BAO letzter Satz könne der Antrag bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folge, gestellt werden. Da die Einbehaltung im vorliegenden Fall in den Jahren 2000 bis 2005 erfolgt sei, werde der Antrag binnen offener Frist gestellt. Örtlich zuständig für das Verfahren über die Rückzahlung sei gemäß § 240 Abs. 3 BAO letzter Absatz das Finanzamt, dem die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Antragstellers obliege. Dem Finanzamt Eisenstadt komme im vorliegenden Fall keine Zuständigkeit gemäß § 13a AVOG zu, da es sich um keine auf Grund völkerrechtlicher Verträge (wie beispielsweise Doppelbesteuerungsabkommen) vorgesehene Rückzahlung von Abgaben handle. Der Rückzahlungsantrag sei somit beim Finanzamt Wien 1/23 einzubringen gewesen. § 240 Abs. 3 BAO komme nur bei zu Unrecht einbehaltenen Beträgen zur Anwendung. Sowohl Art 56 des Vertrages über die Errichtung der Europäischen Gemeinschaft als auch Art 40 des Vertrages über den Europäischen Wirtschaftsraum würden Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten und dritten Ländern verbieten. Die Kapitalverkehrs-Richtlinie (RL 88/361/EWG) sehe ebenfalls die Beseitigung von Beschränkungen des Kapitalverkehrs durch die Mitgliedsstaaten vor. Diskriminierungen beschränkt Steuerpflichtiger gegenüber unbeschränkt steuerpflichtigen Investoren würden der Kapitalverkehrsfreiheit ebenfalls entgegenstehen. Diese Auslegung des Gemeinschaftsrechts sei auch durch das Urteil des EFTA Gerichtshofes vom in der Rechtssache Fokus Bank ASA (E-1/04) bestätigt. Unter Berücksichtigung dieser unmittelbar anwendbaren Bestimmungen komme Österreich kein Recht zur Einbehaltung einer Abzugsteuer zu und es werde die Rückzahlung der Kapitalertragsteuer in der aufgegliederten Gesamthöhe von € 275.375,61 beantragt. Bezüglich des Grundsatzes der Gegenseitigkeit sei auf das Urteil des Stadtgerichtes Oslo vom hingewiesen, wonach die Einbehaltung von norwegischen Abzugsteuern auf Gewinnausschüttungen an im Europäischen Wirtschaftsraum ansässige Anteilseigner im Widerspruch zur Kapitalverkehrsfreiheit stehe.

Mit Bescheiden vom wies das Finanzamt die Anträge vom auf Rückzahlung österreichischer Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO ab und begründete dies wie folgt: Gemäß § 93 EStG 1988 handle es sich bei den in Rede stehenden Gewinnausschüttungen um steuerabzugspflichtige Kapitalerträge. Eine gänzliche Befreiung von der Kapitalertragsteuer im Sinn der §§ 94 und 94a EStG 1988 sei mangels Vorliegens der entsprechenden Voraussetzungen nicht in Betracht gekommen. Lediglich hinsichtlich der Höhe der einzubehaltenden Kapitalertragsteuer sei durch Art 10 DBA Österreich Norwegen eine Einschränkung auf 5 % vorzunehmen. Da die T. GmbH als Haftungspflichtige im Sinn des § 95 Abs. 3 EStG 1988 die angeführten gesetzlichen Bestimmungen genau eingehalten habe, liege ein zu Unrecht einbehaltener Steuerbetrag nicht vor. Dass die Bestimmungen des § 93 EStG in Verbindung mit Art 10 DBA Österreich Norwegen von der abfuhrverpflichteten Gesellschaft nicht gesetzeskonform angewandt worden seien oder der Betrag etwa rechnerisch unrichtig wäre, sei im Rückzahlungsantrag nicht behauptet worden. Inwieweit die gesetzeskonforme Anwendung des § 93 EStG in Verbindung mit Art 10 DBA Österreich Norwegen nicht dem EWR-Recht entsprechen sollte, könne seitens des Finanzamtes weder nachvollzogen werden, noch werde eine derartige Ansicht geteilt. Aus diesem Grund könnten die entsprechenden Ausführungen der Antragstellerin keine Auswirkungen auf die Entscheidung über die Rückzahlungsanträge haben. Da die Abgabenbehörde gemäß Art 18 Abs. 1 B-VG die jeweils geltenden Gesetze zu vollziehen habe und die Bestimmungen des § 93 EStG 1988 sowie des Art 10 DBA Österreich Norwegen für die gegenständlichen Gewinnausschüttungen tatsächlich gesetzeskonform eingehalten worden seien, liege ein zu Unrecht einbehaltener Steuerbetrag nicht vor.

Mit Schreiben vom erhob die Bw. fristgerecht Berufung gegen diese Bescheide und begründete diese wie folgt: Nach österreichisch innerstaatlichem Steuerrecht handle es sich bei den in Rede stehenden Gewinnausschüttungen gemäß § 93 EStG 1988 um steuerabzugspflichtige Kapitalerträge. Unter direkter Anwendung des Art 10 Abs. 2 lit a DBA Österreich Norwegen sei das österreichische Besteuerungsrecht auf 5 % beschränkt. Die rechnerische Richtigkeit der von der T. GmbH auf Basis der österreichisch innerstaatlichen Bestimmungen einbehaltenen und an das Finanzamt abgeführten Steuerbeträge sei nicht in Frage gestellt worden. Sowohl Art 56 des Vertrages über die Errichtung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) als auch Art 40 des Vertrages über den Europäischen Wirtschaftsraum verbieten Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern. Die Kapitalverkehrs-Richtlinie (RL 88/361/EWG) sehe ebenfalls die Beseitigung von Beschränkungen des Kapitalverkehrs durch die Mitgliedstaaten vor. Diskriminierungen beschränkt Steuerpflichtiger gegenüber unbeschränkt steuerpflichtigen Investoren stünden der Kapitalverkehrsfreiheit ebenfalls entgegen. Die Kapitalverkehrsfreiheit als eines der Grundprinzipien des EWRA sei, ebenso wie Art 56 EGV, in den Mitgliedstaaten des EWR und somit auch in Österreich unmittelbar anwendbar (vgl. Kofler, EFTA-Gerichtshof: Besteuerung von "Auswärtsausschüttungen" unter der EWR-Kapitalverkehrsfreiheit, ÖStZ 2005, 279 mwN). Diese Regelungen bedürfen keiner gesonderten Umsetzung in die innerstaatliche Rechtsordnung. Die unmittelbare Anwendbarkeit der Kapitalverkehrsfreiheit auch im Verhältnis zu Staaten des EWR sei von den nationalen Behörden entsprechend zu berücksichtigen. Der EuGH habe im Jahr 2003 auf Basis eines Ersuchens um Vorabentscheidung des österreichischen Verwaltungsgerichtshofes die direkte Anwendbarkeit von Art 40 EWRA klargestellt. (vgl. , Rs Margarete Ospelt und Schloessle Weissenberg Familienstiftung. Der EuGH habe darin im konkreten Verhältnis Österreich -Liechtenstein unterstrichen, dass die Vorschriften, nach denen Beschränkungen des Kapitalverkehrs und die dadurch bewirkte Diskriminierung untersagt seien, in den Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten des EWR mit denen identisch seien, die das Gemeinschaftsrecht für die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten aufstelle). Das österreichische Bundesministerium für Finanzen habe dementsprechend in Anfragebeantwortungen die EG-Diskriminierungsverbote auch schon in der Vergangenheit nicht nur auf Mitgliedstaaten der EG, sondern auch auf EWR Staaten angewendet (vgl. EAS 2303 und 2309, SWI 2003, 394 und 395). Der EFTA-Gerichtshof habe am in der Rechtssache Fokus Bank ASA die EWR-Kapitalverkehrsfreiheit bei der Besteuerung von Auswärtsausschüttungen bestätigt. Aus diesem Urteil könne eine klare Verpflichtung der Mitgliedstaaten abgeleitet werden, die für nationale Ausschüttungen bestehenden Begünstigungen auf Ebene des Empfängers auch auf Auswärtsausschüttungen in den EWR auszudehnen (vgl. Kofler, Einige Überlegungen gegen die DBA-Irrelevanzthese im Fokus Bank-Urteil, ÖStZ 2005, 357).

Der Leiter der Abteilung für Internationales Steuerrecht im österreichischen Bundesministerium für Finanzen habe sich in jüngster Vergangenheit mit der Diskriminierung des Dividendenflusses in den EWR Raum gegenüber einem vergleichbaren Dividendenfluss in Österreich und in den EU-Raum auseinandergesetzt. Dieser weise im Verhältnis zu Norwegen zusätzlich darauf hin, dass im DBA Österreich Norwegen auch die in einschlägigen EG-Richtlinien vorgesehene Ermittlungs- sowie Vollstreckungsamtshilfe gewährleistet sei. Problematisch sei in diesem Zusammenhang, dass die Europäische Kommission ein der Öffentlichkeit nicht zugängliches Mahnschreiben in Zusammenhang mit der Umsetzung der Kapitalverkehrsfreiheit im Verhältnis zum EWR an Österreich gerichtet habe. Auf telefonische Anfrage beim Bundeskanzleramt als auch beim Bundesministerium für Finanzen sei der Bw. die Vorlage des Mahnschreibens unter Hinweis auf den Grundsatz der Verschwiegenheit verweigert worden. Es könnte sich bei diesem Mahnschreiben um eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener österreichischer Kapitalertragsteuer handeln. Es stelle sich daher als unumgänglich dar, besagtes Mahnschreiben auf behördeninternem Wege anzufordern und bei der Entscheidung über die verfahrensgegenständliche Berufung entsprechend zu berücksichtigen.

Der Unvereinbarkeit der derzeitigen Regelung des DBA Österreich Norwegen für Konzerndividenden mit dem EWR-Vertrag werde durch den österreichischen Gesetzgeber auch durch eine aktuelle Revision des DBA Österreich Norwegen Rechnung getragen. Art 10 Abs. 3 des DBA Österreich Norwegen in der Fassung des Revisionsprotokolls sehe einen gänzlichen Entfall von Quellensteuern auf Konzerndividenden unabhängig von einer Beteiligungshöhe vor. Die Bestimmungen des Revisionsprotokolls seien bisher nicht in Kraft getreten. Im Vorblatt zu den Materialien werde einleitend darauf verwiesen, dass sich das "österreichisch norwegische DBA als revisionsbedürftig erwiesen" habe (vgl. 1211 der Beilagen XXII. GP). Zum Ziel der Revision werde ausgeführt: "Durch die Abkommensrevision soll vor allem im Bereich der Besteuerung von Konzerndividenden im Verhältnis zu Norwegen die gleiche steuerliche Wettbewerbssituation wie im Verhältnis zu den EU-Staaten geschaffen werden."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 KStG 1988, BGBl. Nr. 401/1988, sind Körperschaften, die im Inland weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz (§ 27 der Bundesabgabenordnung) haben, mit ihren Einkünften im Sinne des § 21 Abs. 1 beschränkt steuerpflichtig. Als Körperschaften gelten gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 lit. a KStG 1988 Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die einer inländischen juristischen Person vergleichbar sind. Bei beschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 3 Z 1 erstreckt sich die Steuerpflicht gemäß § 21 Abs. 1 KStG 1988 nur auf Einkünfte im Sinne des § 98 des Einkommensteuergesetzes 1988. Wie die Einkünfte zu ermitteln sind, bestimmt sich nach dem Einkommensteuergesetz 1988 und diesem Bundesgesetz. § 10 ist nicht anzuwenden. Von den Einkünften sind nach Maßgabe des § 8 Abs. 4 Sonderausgaben abzuziehen. § 102 Abs. 2 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist nicht anzuwenden. Gemäß § 98 Z 5 EStG 1988 sind inländische Einkünfte im Sinn der beschränkten Steuerpflicht Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27, wenn es sich dabei um Kapitalerträge gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 lit a bis d sowie gemäß § 93 Abs. 2 Z 2 handelt und Kapitalertragsteuer abzuziehen war.

Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben. Inländische Kapitalerträge liegen gemäß § 93 Abs. 2 EStG 1988 vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder Zweigstelle im Inland eines Kreditinstituts ist und es sich um folgende Kapitalerträge handelt: a) Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

Zum Abzug der Kapitalertragsteuer ist gemäß § 95 Abs. 3 EStG 1988 bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2) der Schuldner der Kapitalerträge verpflichtet. Die Kapitalertragsteuer beträgt 25 % und ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Gemäß Artikel 10 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA - Norwegen), BGBl. III 1997/1, dürfen Dividenden, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Gesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person zahlt, im anderen Staat besteuert werden. Diese Dividenden dürfen jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staats besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Empfänger der Dividenden der Nutzungsberechtigte ist, nicht 5 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden übersteigen, wenn der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (jedoch keine Personengesellschaft) ist, die unmittelbar über mindestens 25 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt. Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck "Dividenden" bedeutet gemäß Abs. 3 leg. cit. Einkünfte aus Aktien, Genussaktien oder Genussscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder anderen Rechten - ausgenommen Forderungen - mit Gewinnbeteiligung sowie aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Recht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien steuerlich gleichgestellt sind.

Mit BGBl III 2006/181 wurden folgende Abänderungen des DBA Österreich Norwegen in Bezug auf die Quellenbesteuerung getroffen (in Kraft getreten mit ).

"Artikel 3

1. Absatz 2 des Artikels 10 des Abkommens wird aufgehoben und durch folgende

Bestimmung ersetzt:

"(2) Diese Dividenden dürfen jedoch auch in dem Vertragsstaat, in dem die die

Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert

werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte der Dividenden eine in dem

anderen Vertragsstaat ansässige Person ist, 15 vom Hundert des Bruttobetrags der

Dividenden nicht übersteigen. Ist jedoch der Nutzungsberechtigte eine Gesellschaft (jedoch

keine Personengesellschaft), sind die Dividenden von der Steuer des erstgenannten Staates

auszunehmen."

2. Absatz 3 des Artikels 10 des Abkommens wird aufgehoben und durch folgende

Bestimmung ersetzt:

"(3) Dividenden, die von der Regierung eines Vertragsstaats als Nutzungsberechtigte

bezogen werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden. Für Zwecke dieses Absatzes

umfasst der Ausdruck "Regierung eines Vertragsstaates"

a) Im Fall Norwegens:

(i) die Zentralbank Norwegens;

(ii) den Erdölfonds der Norwegischen Regierung;

(iii) den Nationalen Versicherungsfonds; und

(iv) nach Maßgabe der jeweiligen Verständigungen zwischen den zuständigen

Behörden der Vertragsstaaten Körperschaften öffentlichen Rechts oder

Institutionen, die zur Gänze oder überwiegend der Regierung Norwegens

gehören;

b) Im Fall Österreichs:

(i) die Österreichische Nationalbank;

(ii) nach Maßgabe der jeweiligen Verständigungen zwischen den zuständigen

Behörden der Vertragsstaaten Körperschaften öffentlichen Rechts oder

Institutionen, die zur Gänze oder überwiegend der österreichischen Regierung

gehören."

3. Die Absätze 3, 4 und 5 des Artikels 10 erhalten die Bezeichnung Absätze 4, 5 und 6."

Gemäß § 240 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, ist der Abfuhrpflichtige bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabenpflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabenpflichtigen zurückzuzahlen.

Gemäß § 240 Abs. 3 BAO hat auf Antrag des Abgabepflichtigen (Abs. 1) die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages insoweit zu erfolgen, als nicht

- eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1 erfolgt ist,

- ein Ausgleich im Wege der Veranlagung erfolgt ist,

- ein Ausgleich im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder im Fall eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.

Der Antrag kann bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden. Für das Verfahren über die Rückzahlung ist das Finanzamt örtlich zuständig, dem die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Antragstellers obliegt.

a) Innerstaatliche Rechtsanwendung

Die dargestellte Rechtslage führt in einer zunächst auf die innerstaatliche Rechtsanwendung beschränkten Betrachtung des vorliegenden Sachverhaltes zu folgenden Ergebnissen: Da die T. GmbH ihren Sitz im Inland hatte unterlagen die Gewinnanteile (Dividenden) im berufungsgegenständlichem Zeitraum 2000 bis 2005 dem Kapitalertragsteuerabzug gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988. Die T. GmbH war als Schuldnerin der Kapitalerträge zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet, wofür sie gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 auch haftete. Der Steuersatz des § 95 Abs. 1 (25 %) wurde durch das DBA Österreich-Norwegen (Art 10 Abs. 2 lit a) auf 5 % reduziert. Die dargestellten Abänderungen des DBA Österreich Norwegen in Bezug auf die Quellenbesteuerung sind auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anzuwenden, da diese erst mit in Kraft traten.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 sind Gewinnanteile jeder Art aufgrund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Form von Gesellschafts- und Genossenschaftsanteilen von der Körperschaftsteuer befreit.

b) Gemeinschaftsrechtliche Rechtsanwendung

Gewinnanteile jeder Art aufgrund einer Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft sind im Inlandsfall gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 von der Körperschaftsteuer befreit. Im Fall einer grenzüberschreitenden, nicht unter § 94a EStG 1988 fallenden, Ausschüttung kam es im Gegensatz zum Inlandsfall in den streitgegenständlichen Jahren aufgrund der dargestellten Rechtslage zu einer definitiven Belastung mit der (allenfalls abkommensrechtlich reduzierten) Kapitalertragsteuer (§ 93 Abs. 1 iVm § 98 Abs. 1 Z 5 lit a EStG 1988 und § 21 KStG 1988). Die Bw. hat sowohl in den Anträgen auf Rückerstattung der Kapitalertragsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO als auch in den Berufungen vom umfangreiche Vorbringen zur gemeinschaftsrechtlichen Rechtsanwendung erstattet. Das Finanzamt ist auf diese Vorbringen in keinster Weise eingegangen. Diese Vorgangsweise des Finanzamtes ist vor allem im Hinblick auf den bereits zum erfolgten Beitritt Österreichs zu Europäischen Union und dem wohl auch dem Finanzamt bekannten Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts gänzlich unverständlich. Begründungsmängel im erstinstanzlichen Verfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden. Entsprechend diesem Prinzip wird die erforderliche Auseinandersetzung mit den Vorbringen der Bw. im Rahmen der rechtlichen Würdigung in dieser Berufungsentscheidung von der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgenommen.

Art 40 des EWR-Abkommens sieht vor, dass der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den Mitgliedstaaten der EU oder den Staaten der EFTA ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder aufgrund des Wohnortes der Parteien oder aufgrund des Anlageortes unterliegen dürfen. Im Urteil vom , Rs. C-521/07, Kommission/Niederlande wies der EuGH darauf hin, dass eines der Hauptziele des EWR-Abkommens die möglichst umfassende Verwirklichung der Freizügigkeit und des freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs im gesamten EWR ist, sodass der innerhalb des Gemeinschaftsgebiets verwirklichte Binnenmarkt auf die EFTA-Staaten ausgeweitet wird. Sind Beschränkungen des freien Kapitalverkehrs zwischen Staatsangehörigen von Vertragsstaaten des EWR-Abkommens anhand von Art. 40 und Anhang XII des EWR-Abkommens zu beurteilen, haben diese Vorschriften folglich dieselbe rechtliche Tragweite wie die im Wesentlichen identischen Bestimmungen des Art. 56 EG (vgl. , Ospelt und Schlössle Weissenberg, Slg. 2003, I-9743). Im Übrigen bleiben die Mitgliedstaaten in Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen befugt, unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts insbesondere zur Beseitigung der Doppelbesteuerung die Kriterien für die Aufteilung der Steuerhoheit vertraglich oder einseitig festzulegen. Diese Befugnis erlaubt es ihnen nicht, Maßnahmen anzuwenden, die gegen die vom Vertrag oder von gleichartigen Bestimmungen des EWR-Abkommens garantierten Verkehrsfreiheiten verstoßen (vgl. , Amurta, Slg. 2007, I-9569).

Im Urteil vom , Rs C-170/05, Slg 2006, I-11949, Denkavit Internationaal BV, brachte der EuGH zum Ausdruck, dass die Artikel 43 EG und 48 EG dahin auszulegen sind, dass sie Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die allein für gebietsfremde Muttergesellschaften eine Quellensteuer auf von ihren gebietsansässigen Tochtergesellschaften ausgeschütteten Dividenden vorsehen, auch wenn ein Besteuerungsabkommen zwischen diesem Mitgliedstaat und einem anderen Mitgliedstaat diese Quellensteuer zulässt und die Anrechnung der nach den Rechtsvorschriften des erstgenannten Staats auferlegten Belastung auf die Steuerschuld in diesem anderen Staat erlaubt, soweit für eine Muttergesellschaft in diesem anderen Mitgliedstaat die in dem genannten Abkommen vorgesehene Anrechnung nicht möglich ist (vgl. hiezu auch das , Kommission/Spanien; ). Der EuGH hat somit im Denkavit Internationaal BV-Urteil den Grundsatz bestätigt, dass Dividendenzahlungen ins Ausland im Quellenstaat nicht höher besteuert werden dürfen als Inlandsdividendenzahlungen.

Dieser Auslegung des Gemeinschaftsrechts hat sich auch der österreichische Verwaltungsgerichtshof angeschlossen und im Erkenntnis vom , 2008/15/0086 bestätigt, dass die Vorschreibung von Kapitalertragsteuer mit jenem Betrag an Kapitalertragsteuer, für den tatsächlich eine Anrechnung im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft nicht möglich war, zu einer dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Belastung der ausländischen Muttergesellschaft führt. Eine Ungleichbehandlung ist nur dann zulässig, wenn im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft eine abkommensrechtliche Anrechnung der Quellensteuer erfolgt.

Der EU- oder EWR-Muttergesellschaft steht daherzweifellos die Möglichkeit offen, eine im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht erhobene Quellensteuer auf Grundlage des § 240 Abs. 3 BAO zurückzufordern, sofern die Steuer im Ansässigkeitsstaat nicht angerechnet werden konnte oder kann. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 wurde in § 21 Abs. 1 Z 1a KStG 1988 eine Bestimmung geschaffen, die es Körperschaften ohne Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Inland, die in einem EU-Mitgliedstaat oder in einem EWR-Vertragsstaat, mit dem eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht, ansässig sind, ermöglicht, die einbehaltene Kapitalertragsteuer auf Ausschüttungen österreichischer Körperschaften zurückzuerhalten, wenn nachgewiesen werden kann, dass die einbehaltene Kapitalertragsteuer im Ansässigkeitsstaat nicht angerechnet werden kann. Die nicht bestehende Anrechnungsmöglichkeit ist nachzuweisen. Damit hat der österreichische Gesetzgeber auf die angeführten EuGH-Urteile reagiert. Für Ausschüttungen, die vor dem getätigt wurden, ist die Bestimmung nicht anwendbar. Für vor diesem Zeitpunkt ausgeschüttete Dividenden fehlt eine explizite Regelung im nationalen Recht, weshalb EU-Recht unmittelbar zur Anwendung kommt.

Nach Aufforderung durch den Unabhängigen Finanzsenat brachte die Bw. eine Bestätigung der norwegischen Finanzverwaltung (Tax Administration Norway) vom bei, aus der hervorgeht dass bei der Veranlagung der Jahre 2004 und 2005 die österreichische Kapitalertragsteuer nicht auf die Körperschaftsteuer angerechnet wurde. Bezüglich des Jahres 2000 brachte die Bw. vor, dass die diesbezüglichen Unterlagen bereits vernichtet worden seien, weshalb keine Möglichkeit zur Erbringung eines entsprechenden Nachweises mehr bestehe. Betreffend die Jahre 2001 bis 2003 wurden von der Bw. keine Nachweise vorgelegt. Entsprechend der dargestellten Rechtslage führt die Vorschreibung von Kapitalertragsteuer für die Jahre 2004 und 2005 (für die tatsächlich eine Anrechnung nicht möglich war) zu einer dem Gemeinschaftsrecht widersprechenden Belastung der Bw. Da insoweit die innerstaatliche Norm durch das Gemeinschaftsrecht verdrängt wird, erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Kapitalertragsteuer für das Jahr 2004 in Höhe von € 40.000,00 und 2005 in Höhe von € 50.000,00 als inhaltlich rechtswidrig

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Norwegen
Verweise



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