Unternehmereigenschaft in endgültigen Bescheiden der Vorjahre zu Unrecht bejaht - Vorsteuerberichtigung bei "Übergang" zur Liebhaberei zulässig?
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0173-K/04-RS1 | Bejahte das Finanzamt in den endgültigen Umsatzsteuerbescheiden 1992 bis 1995 sowie den vorläufigen Umsatzsteuerbescheiden ab 1996 die Unternehmereigenschaft bezüglich der Vermietung einer Ferienwohnung und gelangte es in weiterer Folge zur Ansicht, dass die Tätigkeit von Beginn an als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei anzusehen sei, so ist es dem Finanzamt nicht verwehrt, für die noch offenen Veranlagungszeiträume (1996 bis 2002) die umsatzsteuerliche Liebhaberei festzustellen.
Die Verhältnisse der Bewirtschaftung haben sich während der gesamten Dauer der Vermietung nicht geändert. Es liegen auch sonst keine Umstände vor, die eine "Änderung der Verhältnisse" bedeutet hätten. Mangels "Änderung der Verhältnisse" ist nun auch kein "Übergang" von der unternehmerischen zur nichtunternehmerischen Tätigkeit und ein damit verbundener unecht befreiter Grundstückseigenverbrauch gegeben und daher eine Berichtigung der Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994 im Jahr 1996 nicht zulässig. Dass das Finanzamt in den Vorjahren fälschlicherweise die Unternehmereigenschaft bejaht hat, führt noch nicht zu einer Vorsteuerberichtigung. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige
Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Erwin Luggauer und die weiteren
Mitglieder Mag. Ingrid Freistück-Prodinger, Dr. Erich Moser und Joachim
Rinösl im Beisein der Schriftführerin Monika Fritz über die
Berufung der Dkfm. M.Qu.u.B., 6... A. - D, vertreten durch LBG
Wirtschaftstreuhand GmbH, 9020 Klagenfurt, Villacher Ring 11, vom
gegen die Bescheide des Finanzamtes St. Veit Wolfsberg
vom betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum 1996
bis 2002 nach der am in 9020 Klagenfurt, Dr.
Herrmanngasse 3, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung
entschieden:
Der Berufung
gegen den Umsatzsteuerbescheid 1996 wird teilweise Folge gegeben.
Die Berufung
gegen die Umsatzsteuerbescheide 1997 bis 2002 wird als unbegründet
abgewiesen.
Gleichzeitig
wird ausgesprochen, dass eine Veranlagung zur Umsatzsteuer 1996 bis 2002 zu
unterbleiben hat.
Entscheidungsgründe
Die Bw., M.Qu.u.B. , erwarben mit Kaufvertrag vom eine Eigentumswohnung in W 37, P.
In den
Umsatzsteuererklärungen sowie den
Erklärungen der Einkünfte von Personengesellschaften (Gemeinschaften)
1992 bis 2002, in der Prognoserechnung I
vom 24. Feber 1994 für die Jahre ab 1994 sowie in der
Prognoserechnung II vom
für die Jahre 1999 bis 2008 waren folgende Zahlen
ausgewiesen:
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Jahr/in
S | Vorsteuern lt. Erkl. | Entgelte
lt. Erklärung | Entgelte lt.
Pronose I | Entgelte lt.
Prongose II | Einkünfte
lt. Erklärung | Einkünfte lt.
Prognose I | Einkünfte lt.
Prognose II |
1992 | 119.318,80 | 7.330,91 | 7.330,91 | 7.330,91 | -
11.765,00 | -
11.765,00 | -
11.765,00 |
1993 | 2.982,03 | 38.818,18 | 38.818,18 | 38.818,18 | 5.300,00 | 5.300,00 | 5.300,00 |
1994 | 47.736,19 | 28.635,45 | 30000 | 28.635,45 | -
67.834,00 | -8553 | -
67.834,00 |
1995 | 2.084,24 | 32.992,42 | 32000 | 32.992,42 | 37.174,00 | -7048 | 37.174,00 |
1996 | 1.543,84 | 9.336,36 | 35000 | 9.336,36 | -
31.492,00 | -4274 | -
31.492,00 |
1997 | 1.251,79 | 14.049,69 | 40000 | 14.049,69 | -
25.825,00 | 495 | -
25.825,00 |
1998 | 3.419,72 | 13.818,18 | 42000 | 13.818,18 | -
27.552,00 | 2260 | -
27.552,00 |
1999 | 1.518,09 | 7.272,73 | 45000 | 20000 | -
36.348,00 | 5019 | -10212 |
2000 | - | 45000 | 30000 | - | 7773 | -662 | |
2001 | 1.829,59 | 18.080,91 | 50000 | 35000 | -
18.078,00 | 9522 | 4157 |
2002 | 1.332,96 | 25.182,59 | 52000 | 36050 | -
9.639,64 | 11266 | 10535 |
2003 | 55000 | 37132 | 14004 | 11424 | |||
2004 | 38245 | 12340 | |||||
2005 | 39393 | 13284 | |||||
2006 | 40575 | 14256 | |||||
2007 | 41792 | 15257 | |||||
2008 | 43046 | 16287 | |||||
Summe | 183.017,25 | 195.517,42 | 472.149,09 | 506.214,19 | -186.059,64 | 23.999,00 | -
35.328,00 |
Das Finanzamt veranlagte die Jahre
1992 bis 1995 in
endgültigen Umsatz- und
Feststellungsbescheiden erklärungsgemäß. Am ersuchte das Finanzamt den Bw., die Prognoserechnung II vorzulegen, weil
die Bw. auf einen Zeitraum von 20 Jahren optiert hatten.
Für die Jahre 1996
bis 1999 erließ das Finanzamt
vorläufige Umsatzsteuer- und
Feststellungsbescheide, in denen es die Ergebnisse aus der Vermietung und
Verpachtung erfasste. Die Vorläufigkeit hatte ihre Ursache darin, dass
Prognosezahlen aus der ersten Prognoserechnung nicht eingehalten waren bzw.
Zweifel bestanden, dass Umsatzsteigerungen laut der Prognoserechnung II
erzielt würden.
Zur Erinnerung vom , die Steuererklärungen für 1998 und 1999 sowie
eine neuerliche Prognoserechnung abzugeben, da die Zahlen nicht eingehalten
seien, teilten die Bw. mit, dass eine Vermietung fast nicht möglich sei,
weil der Zustand des Appartements derart schlecht sei. Derzeit werde ein Prozess
gegen die Firma Neotrend geführt, der Prozessumfang betrage ATS 30
Mio. Schadenersatz.
Im
Schreiben vom
führte der steuerliche Vertreter aus, dass auf Grund der
Baumängel bei der gesamten Appartementanlage die Wohnungen so gut wie
unvermietbar seien. Die Behebung dieser Mängel sei von der
Eigentümergemeinschaft bereits im Klagsweg eingefordert worden, bis dato
aber noch nicht erledigt. Zur Zeit sei eine erfolgreiche Bewirtschaftung nicht
möglich und sollte dies den Beobachtungszeitraum verlängern.
Im Vorhalt vom teilte das Finanzamt den Bw. mit, dass die Vermietung ab dem Jahr
1996 als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei angesehen würde. Seit Beginn
der Vermietung hätten die Bw. einen Werbungskostenüberschuss von
insgesamt € 18.224,02 erzielt. Bei Übergang von einer
unternehmerischen zu einer nicht unternehmerischen Tätigkeit im Sinn des
§ 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 komme seit dem UStG 1994 die
Eigenverbrauchsbesteuerung gemäß
§ 1 Abs. 1 Z 2
lit. a UStG 1994 zum Tragen. Bei einem derartigen Übergang liege kein
Anwendungsfall des § 12 Abs. 10 oder § 11 UStG vor.
Erfolge jedoch keine Option zur Eigenverbrauchsbesteuerung, sei eine
Vorsteuerberichtigung gemäß
§ 12 Abs. 10 UStG
bezüglich des Anlagevermögens durchzuführen.
In der
Vorhaltsbeantwortung vom
führten die Bw. aus, dass der VwGH bei der umsatzsteuerlichen
Liebhabereiprüfung wiederholt auf die Sofortbeurteilung hingewiesen habe.
Die Liebhabereirichtlinien (LRL) würden die Sofortbeurteilung hingegen
überhaupt nicht anführen, sondern bei nachträglicher Beurteilung
einer Betätigung als Liebhaberei eine großzügige Handhabung der
Bestimmungen über die Rechnungsberichtigung zulassen.
Laut VwGH in zahlreichen, fast ausschließlich
erwerbswirtschaftliche Betätigungen gemäß
§ 1 Abs. 1 LVO betreffenden Erkenntnissen stehe für den
Bereich des Umsatzsteuerrechts idR kein längerer Beobachtungszeitraum zur
Verfügung. Die Entscheidung, ob eine Betätigung umsatzsteuerrechtlich
als Liebhaberei zu beurteilen sei, sei insbesondere in jenen Fällen sofort
zu treffen, in denen am Leistungsaustausch Unternehmer beteiligt seien (vgl.
, betreffend die Vermietung einer
Eigentumswohnung). Eine Tätigkeit, die bei Sofortbeurteilung Zweifel offen
lasse, ob die Ertragsfähigkeit gegeben sei, sei umsatzsteuerlich keine
Liebhaberei (vgl. ).
Die LRL würden unter Pkt. 6 auf das objektiv
erkennbare Ertragsstreben abstellen. Entgegen der weit verbreiteten Fehlmeinung,
wonach ein tatsächlich anhand der Steuererklärungen belegbarer
Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss ausschlaggebend sei, würden die LRL
in aller Deutlichkeit als Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen von
Einkünften die objektive Eignung einer Tätigkeit zur Erwirtschaftung
eines Gesamtgewinnes oder Gesamtüberschusses anführen. Der Begriff der
Liebhaberei grenze im Umsatzsteuerrecht nicht - wie im Ertragsteuerrecht
- Einkunftsquellen von anderen Betätigungen ab, sondern die
unternehmerische Tätigkeit von der Konsumsphäre, dem Endverbrauch.
Wenngleich einer Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder
Einnahmenüberschüsse erziele, der Charakter einer gewerblichen oder
beruflichen Tätigkeit nicht abgesprochen werden könne, sei durch das
Fehlen oder Ausbleiben solcher Ergebnisse nach Sinn und Zweck der Umsatzsteuer
nicht als solches, sondern nur als Anhaltspunkt für das Vorherrschen
persönlicher Interessen und Neigungen unter dem bloßen Schein einer
unternehmerischen Betätigung von Bedeutung. Wo hingegen nicht das
Überwiegen der Konsumsphäre in Rede stehe, sei der Grund für das
Fehlen des Gewinnstrebens gleichgültig. Es sei daher sachlich notwendig,
den Begriff der Liebhaberei im Umsatzsteuerrecht anders zu fassen als im
Ertragsteuerrecht, und es sei unsachlich, für die Abgrenzung zwischen
unternehmerischer Tätigkeit und Konsumverhalten auf die Erfordernisse der
Einkommensteuerberechnung abzustellen. Die im § 6 der LVO enthaltene
Klarstellung, dass Liebhaberei im Umsatzsteuerrecht nur bei Betätigung iSd
§ 1 Abs. 2 UStG gegeben sei, sei in verfassungskonformer
Auslegung des § 2Abs. 5 Z 2 UStG 1994 schon immer
zu entnehmen gewesen.
In den endgültig
erlassenen Umsatzsteuer - und Feststellungsbescheiden 1996 bis 2002
vertrat das Finanzamt die Ansicht, dass die Tätigkeit eine
steuerlich unbeachtliche Liebhaberei sei. Eine einheitliche und gesonderte
Feststellung von Einkünften habe nicht zu erfolgen. Für die Jahre 1996
bis 2002 würden Entgelte nicht erfasst und Vorsteuern nicht gewährt,
von einer Vorschreibung der Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung für die
angefallenen Mieteinkünfte würde abgesehen. Im Umsatzsteuerbescheid
1996 berichtigte das Finanzamt noch die Vorsteuern gemäß
§ 12 Abs. 10 UStG 1994 iHv insgesamt S 91.183,00, und zwar
S 58.623,10 (8/10) für die Vorsteuer aus den
Gebäudeanschaffungskosten, S 29.440,00 (8/10) für die Vorsteuer
aus dem Innenausbau des Dachgeschoßes im Jahre 1994, sowie S 3.120,00
(3/5) für die Vorsteuer aus der Errichtung des Stiegenaufgangs im Jahre
1994.
In der gegen die
Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 2002
eingebrachten Berufung
führten die Bw. aus, dass die Behörde im Jahr des
Wohnungskaufes (1992) offensichtlich die Sofortbeurteilung vorgenommen habe,
denn es habe die Umsatzsteuervoranmeldung für 12/1992 mit einem
Vorsteuerguthaben kassenmäßig verbucht. Bis 1995 habe das Finanzamt
endgültige und ab 1996 vorläufige Bescheide erlassen. Der VwGH leite
die Sofortbeurteilung aus den Besonderheiten der Vorschriften über die
umsatzsteuerliche Rechnung ab (vgl. Zorn, Liebhaberei in Rechtsprechung und
Verwaltungspraxis, ÖStZ 1989). Auch nach dem Erkenntnis vom ,
90/15/0073, sei der Übergang von einer Einkunftsquelle zur Liebhaberei und
umgekehrt kein Anwendungsfall einer Vorsteuerberichtigung gemäß
§ 12 Abs. 10 UStG und § 11 UStG 1994; ebenso wenig würde
hiedurch der Eigenverbrauch erfüllt. Zumal es zu keiner Änderung der
Verhältnisse gekommen sei, sei die von der Behörde durchgeführte
Vorsteuerberichtigung gemäß
§ 12 Abs. 10 UStG 1994
auszuschließen. Sei jemand kein Unternehmer iSd Umsatzsteuerrechts, so
komme auch ein Eigenverbrauch nicht mehr in Frage, weil der steuerbare Vorgang
des Eigenverbrauchs nach dem ausdrücklichen Hinweis des Gesetzes nur von
einem Unternehmer bewirkt werden könne.
In der mündlichen
Berufungsverhandlung vom
führte der
steuerliche Vertreter Dr. Andreas Kogler neuerlich die Sofortbeurteilung
ins Treffen. Selbst wenn man die Tätigkeit als Liebhaberei qualifizieren
wollte, sei es zu keiner "Änderung der Verhältnisse" gekommen, denn
die Wirtschaftsführung sei durchgehend die gleiche gewesen, lediglich auf
Grund der äußeren Faktoren habe sich die Ertragslage der Vermietung
verschlechtert. Mangels einer "Änderung der Verhältnisse" könne
keine Vorsteuerberichtigung gemäß
§12 Abs. 10 UStG 1994 vorgenommen werden.
Der Amtsbeauftragte Dr. Manfred Thalmann brachte noch vor,
dass das Finanzamt auf Grund allfälliger tatsächlich erwirtschafteter
Einnahmenüberschüsse und der prognostizierten Zahlen noch nicht von
Beginn an zwingend von der Liebhaberei ausgehen musste. Faktisch seien die Bw.
- auch gegenüber dem Finanzamt - bis einschließlich 1995
als "Unternehmer" aufgetreten. Wenn nun das Finanzamt ab 1996 die Vermietung als
Liebhaberei qualifizierte, so sei im Übergang vom Unternehmensbereich in
die Liebhaberei die "Änderung der Verhältnisse" gelegen.
Über
die Berufung wurde erwogen:
1.
LIEBHABEREI:
Unternehmer ist gemäß
§ 2 Abs. 1 UStG 1994, wer eine
gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig
ausübt.
Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt
gemäß
§ 2 Abs. 5 Z 2 UStG
1994 eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder
Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt
(Liebhaberei).
Liebhaberei ist gemäß
§ 2 Abs. 1 Z 3
der Liebhabereiverordnung (LVO),
BGBl. 33/1993 idF BGBl. II 1997/358, bei einer Betätigung
anzunehmen, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen,
Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten
Nutzungsrechten entstehen.
Bei Betätigungen gemäß
§ 1 Abs. 2 LVO liegt gemäß
§ 2 Abs. 4 LVO
Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der
Tätigkeit in einem "absehbaren" Zeitraum einen Gesamtgewinn oder
Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3)
erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn der
Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der
Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei
Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt
als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der
entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen
Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).
Unter Gesamtüberschuss ist gemäß
§ 3 Abs. 2 LVO der
Gesamtbetrag der Überschüsse der Einnahmen über die
Werbungskosten abzüglich des Gesamtbetrages der Verluste zu verstehen.
Liebhaberei im
umsatzsteuerlichen Sinn kann gemäß
§ 6 LVO nur bei
Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2, nicht hingegen
bei anderen Betätigungen vorliegen.
Vorerst bedarf
es der Klärung der Frage, ob das Finanzamt die Vermietung ab 1996 zu Recht
als umsatzsteuerliche Liebhaberei behandelte.
Das Finanzamt
hat in den Umsatzsteuerbescheiden 1992 bis 1995 die Vermietung der Bw. "sofort"
als eine unternehmerische Tätigkeit angesehen. Wenn es nunmehr die
Vermietung von Beginn an als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei qualifizierte,
so konnte das Finanzamt aus verfahrensrechtlichen Gründen diese Ansicht in
den Umsatzsteuerbescheiden 1992 bis 1995 nicht mehr umsetzen.
Anders sieht es
für die Jahre 1996 bis 2002 aus. Veranlagungszeitraum ist
grundsätzlich das Kalenderjahr (vgl. Ruppe, UStG 1994, Kommentar,
2. Aufl., Tz. 7 zu § 20 UStG 1994). Nach Ansicht des
Senates war es daher dem Finanzamt nicht verwehrt, in den Bescheiden der noch
offenen Veranlagungszeiträume der geänderten Ansicht Rechnung zu
tragen und die Unternehmereigenschaft der Bw. zu verneinen. Eine Bestimmung, die
in den Folgejahren eine Korrektur der in den Vorjahren allenfalls unrichtig
getroffenen Entscheidung hinsichtlich der Unternehmereigenschaft verbieten
würde, ist dem UStG 1994 oder sonstigen Verfahrensvorschriften nicht
zu entnehmen. Wollte man der Auffassung der Bw. folgen, dürfte selbst bei
einer offensichtlich unrichtigen Entscheidung des Finanzamtes in den Vorjahren
in noch offenen Veranlagungszeiträumen keine "Richtigstellung" erfolgen.
Der von den Bw. als maßgeblich erachteten Sofortbeurteilung kann nicht der
Sinn unterstellt werden, dass selbst rechtlich unrichtige Feststellungen in noch
offenen Veranlagungsverfahren beibehalten werden müssten.
Wenn die Bw.
unter Hinweis auf das Erkenntnis des ,
meinen, bei Zweifeln hinsichtlich der Liebhaberei bzw. Unternehmereigenschaft
dürfe umsatzsteuerlich keine Liebhaberei festgestellt werden, so mag dies
auf den dort strittigen Sachverhalt einer typisch erwerbswirtschaftlichen
Betätigung iSd § 1 Abs. 1 LVO zutreffen, der aber von
dem hier zu beurteilenden Fall einer Betätigung nach
§ 1 Abs. 2 LVO bedeutend abweicht. Auf die
differenzierte Behandlung der beiden Tatbestände haben die Bw. mit ihren
Vorbringen zum Erkenntnis des ,
selbst hingewiesen.
Das bei Zorn in
ÖStZ 1989, S 261, ins Treffen geführte Erkenntnis des , hat wiederum einen Betrieb, also eine
nach der LVO unter § 1 Abs. 1 zu subsumierende
Tätigkeit, betroffen. Zwar hat der VwGH darin ausgesprochen, dass
"für den Bereich des Umsatzsteuerrechtes
in der Regel kein längerer Beobachtungszeitraum zur Verfügung steht,
weil insbesondere in jenen Fällen, wo am Leistungsaustausch Unternehmer
beteiligt sind, die Entscheidung, ob Liebhaberei vorliegt oder nicht, sofort
getroffen werden muss", doch hat er in diesem Fall die gemäß
§ 200 Abs. 1 BAO vorläufige Veranlagung nicht als
rechtswidrig angesehen.
Der VwGH leitet
die Sofortbeurteilung aus den Besonderheiten der Vorschriften über die
umsatzsteuerliche Rechnung ab. Die Sofortbeurteilung ist jedoch kein
dogmatisches Erfordernis der umsatzsteuerlichen Liebhabereibeurteilung, zeigt
sich dies doch in den Fällen, in denen der VwGH die Vorläufigkeit von
Umsatzsteuerbescheiden - ausdrücklich oder stillschweigend -
nicht als rechtswidrig anerkannte. Bei den Betätigungen gemäß
§ 1 Abs. 2 LVO ist davon auszugehen, dass idR schon auf
Grund ihres Umfanges (und auch der Anzahl der ausgestellten Rechnungen) keine
vergleichbaren Schwierigkeiten wie bei der nachträglichen Berichtigung von
Rechnungen aus Betätigungen nach § 1 Abs. 1 LVO
auftreten. Gerade bei Betätigungen, die eine besondere Nähe zur
Privat- oder Konsumsphäre aufweisen, ist es gerechtfertigt, nicht dem
Abgabengläubiger bzw. der Allgemeinheit die durch die Sofortbeurteilung
entstehende erhöhte Gefahr eines Abgabenausfalles, sondern dem sich
Betätigenden die Berichtigung der von ihm ausgestellten Rechnungen
zuzumuten, wenn nach mehrjähriger Beobachtung gewiss ist, dass die
Betätigung eine Liebhaberei ist (vgl. Rauscher/Grübler, Steuerliche
Liebhaberei in Rechtsprechung und Verwaltungspraxis, S 282 ff. und die
dort zitierte Literatur und Judikatur).
Im
gegenständlichen Fall handelt es sich bei der (Ferien)wohnung um ein dem
Bereich der Konsumsphäre zuzurechnendes Wirtschaftsgut. Ihre Vermietung ist
jedenfalls eine Betätigung iSd § 1 Abs. 2 LVO, für
die eine umsatzsteuerliche Liebhaberei dem Grunde nach nicht ausgeschlossen ist.
In dem von
Dr. Kogler nochmals in der mündlichen Verhandlung zitierten Erkenntnis
vom , 98/13/0025, iZm der Bewirtschaftung einer
Eigentumswohnung, hat der VwGH die Sofortbeurteilung zwar angesprochen, doch
wurde in diesem Fall die Tätigkeit von Beginn an unmissverständlich
zur Liebhaberei erklärt. Der VwGH hat darin, ebenso wie im Erkenntnis vom
, 96/13/0191, auch ausgesprochen, dass - wenn Gewinne
oder Einnahmenüberschüsse überhaupt nicht erwirtschaftet werden
können - dies nicht bedeutet, dass in derartigen Fällen hinsichtlich
§ 2 Abs. 2 Z 5 UStG ein anderes Kriterium für
die objektive Ertragsfähigkeit herangezogen werden kann, als die Prognose
auf die Erzielung eines Gesamterfolges innerhalb eines überschaubaren
Zeitraumes. Es war daher keineswegs abwegig, dass sich das Finanzamt auch
für die Umsatzsteuer an der Erzielung eines Gesamterfolges innerhalb eines
überschaubaren Zeitraumes orientierte.
Mit der
Erlassung der vorläufigen Bescheide mussten sich die Bw. der "Gefahr" der
Qualifikation der Vermietung als Liebhaberei und der damit verbundenen
Konsequenzen bewusst (gewesen) sein. Daher wäre es wohl "an der rechten
Zeit" gewesen, die Einwendungen betreffend die Sofortbeurteilung unmittelbar
nach Erlassung der vorläufigen Bescheide zu erheben. Wenn das Finanzamt
auch zu der nunmehrigen Ansicht nicht bereits im ersten Jahr gelangte, sondern
diese Entscheidung bei "besserer Einsicht" traf, so steht dies der getroffenen
Entscheidung nicht entgegen. Gerade bei der vorliegenden Konstellation -
Einnahmenüberschüsse im zweiten und vierten Jahr - wäre bei
Einstufung der Vermietung als Liebhaberei durch das Finanzamt von Beginn an ein
Vorwurf der Bw. nahe liegend gewesen. Es sollte aber dann dem Finanzamt nicht
verwehrt sein, bei entsprechender "Klarheit" bzw. einem
Sich-Herauskristallisieren der "wahren" Ergebnisse die maßgeblichen
Änderungen durchführen zu können. Bei Wirtschaftsgütern der
"Konsumsphäre" wäre eine sofortige, endgültige Entscheidung
über die Unternehmereigenschaft im ersten Jahr mit unveränderbarer
"Bindungswirkung" für die Folgejahre fern der Praxis, weil es gerade in
diesem Fall der Steuerpflichtige in der Hand hätte, durch
"(be)schön(igend)e" Prognosezahlen das Finanzamt zu einer
"unumstößlichen" Bejahung der Unternehmereigenschaft zu veranlassen.
Die Bw. wiesen
innerhalb von 11 Jahren einen Werbungskostenüberschuss iHv
rd. 186.000,00 und selbst unter Einbeziehung der zuletzt maßgeblichen
Prognose II nach Ablauf von 17 Jahren einen
Werbungskostenüberschuss iHv rd. S 35.000,00 aus, wobei man wegen
der genannten Verschlechterung der Ertragslage von der Nichtrealisierbarkeit der
prognostizierten Zahlen ausgehen durfte. In zwei Jahren der 11-jährigen
Vermietung haben die Bw. Einnahmenüberschüsse ausgewiesen; jener aus
1993 war mit S 5.300,00 relativ gering, der des Jahres 1995 iHv
rd. S 37.000,00 durch eine Vorsteuergutschrift iHv
rd. S 44.000,00 bedingt. Bei diesen Zahlen und unter
Berücksichtigung der auf Grund äußerer Einflüsse immer
schlechteren Ertragslage konnte der Senat nicht zur Überzeugung gelangen,
dass die Vermietung "auf Dauer gesehen Gewinne oder
Einnahmenüberschüsse erwarten" ließ. Die Qualifikation als
umsatzsteuerliche Liebhaberei erfolgte daher zu Recht.
2.
VORSTEUERBERICHTIGUNG GEMÄSS
§ 12 Abs. 10 UStG 1994:
Der
Umsatzsteuer unterliegt gemäß
§
1 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 der Eigenverbrauch im Inland.
Eigenverbrauch liegt vor
a)
wenn ein Unternehmen Gegenstände (einschließlich des Betriebes,
Teilbetriebes, oder des Unternehmens selbst), die seinem Unternehmen dienen oder
bisher gedient haben, für Zwecke verwendet oder verwenden lässt, die
außerhalb des Unternehmens liegen; ...
Gemäß
§ 6 Abs. 1 Z 9 lt. a
UStG 1994 sind von den unter
§ 1 Abs. 1 Z 1 und 2 fallenden Umsätzen die
Umsätze von Grundstücken im Sinne des § 2 des
Grunderwerbsteuergesetzes 1987 steuerfrei.
Ändern
sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als
Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen
Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im
Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug
maßgebend waren (Abs. 3), so ist gemäß
§ 12 Abs. 10 UStG 1994
für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine
Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen. Dies gilt
sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche
Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder
bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der
Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das
dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zu Grunde liegenden
Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung
genommen worden sind. Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des
Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen
Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des
Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren. Bei der
Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat,
ist für jedes Jahr der Änderung von 1/5, bei Grundstücken
(einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten
von Großreparaturen) von 1/10 der gesamten auf den Gegenstand, die
Aufwendungen oder Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der
Veräußerung oder der Entnahme ist die Berichtigung für den
restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des
Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Veräußerung
erfolgte.
§ 12 Abs. 10
UStG 1994 sieht eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vor, wenn
sich die Verhältnisse ändern, die für den Vorsteuerabzug
maßgebend waren. Die Änderung der Verhältnisse muss im
Unternehmensbereich eingetreten sein. Eine solche Änderung kann daher nur
vorliegen, wenn der Unternehmer ursprünglich Umsätze ausführte,
die ihn zum Vorsteuerabzug berechtigten, in weiterer Folge aber Umsätze
ausführt, die ihn vom Vorsteuerabzug ausschließen. Eine Änderung
der Verhältnisse liegt erst mit der tatsächlich geänderten
Verwendung vor.
Das Finanzamt vertritt die Ansicht, dass die Bw. bis 1995
nach außen hin auch gegenüber dem Finanzamt faktisch als Unternehmer
aufgetreten seien. Ab 1996 seien sie - weil Liebhaberei festgestellt wurde
- keine Unternehmer mehr gewesen und sei folglich ein Übergang von
der unternehmerischen Tätigkeit zur nichtunternehmerischen Tätigkeit
iSd § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 gegeben.
Zufolge des unecht steuerfreien Eigenverbrauches des
§ 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 sei
eine Vorsteuerberichtigung gemäß
§ 12 Abs. 10 UStG 1994 vorzunehmen.
Die Verhältnisse haben sich jedoch
unbestrittenermaßen nicht geändert. Die Wirtschaftsführung war
in den Jahren 1992 bis 2002 die gleiche, dies stellt selbst das Finanzamt nicht
in Abrede. Wenn die Unternehmereigenschaft der Bw. nach Auffassung des
Finanzamtes in den Umsatzsteuerbescheiden 1992 bis 1995 zu Unrecht bejaht wurde
und eigentlich von Beginn an zu verneinen gewesen wäre, so kann diese
"unrichtige" Unternehmereigenschaft den Bw. nicht zum Nachteil gereichen. Bei
der gegebenen Sachlage ist daher nach Auffassung des Senates im Jahr 1996 von
keiner "Änderung der Verhältnisse" und folglich von keinem im
Unternehmensbereich gelegenen "Übergang" von der unternehmerischen zur
nichtunternehmerischen Tätigkeit und einem damit verbundenen unecht
befreiten Grundstückseigenverbrauch auszugehen. Für eine Berichtigung
nach § 12 Abs. 10 UStG 1994 bleibt somit kein Raum
(vgl. auch Rauscher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei in Rechtsprechung und
Verwaltungspraxis, S. 287).
Der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1996 ist daher
teilweise Folge zu geben und die Vorsteuerberichtigung nicht in Ansatz zu
bringen. Im Übrigen wird die Berufung gegen die Umsatzsteuerbescheide 1996
bis 2002 als unbegründet abgewiesen und gleichzeitig ausgesprochen, dass
eine Veranlagung zur Umsatzsteuer 1996 bis 2002 zu unterbleiben hat.
Klagenfurt,
am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 1 Abs. 1 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 6 Abs. 1 Z 9 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 10 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 2 Abs. 1 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 2 Abs. 4 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 3 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 6 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 |
Schlagworte | Unternehmereigenschaft Liebhaberei Vermietung Ferienwohnung Änderung der Verhältnisse unecht befreiter Grundstückseigenverbrauch Vorsteuerberichtigung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at