Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 24.10.2006, RV/1151-W/05

Aufwendungen für die behindertengerechte Adaptierung eines Kraftfahrzeuges

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1151-W/05-RS1
Neben dem Freibetrag gemäß § 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 1996/303 idF BGBl. II 2001/416 (153 Euro monatlich) ist die weitere Berücksichtung tatsächlicher Aufwendungen (z.B Kosten einer behindertengerechten Adaptierung des Kraftfahrzeuges) im Zusammenhang mit dem Betrieb eines eigenen Kraftfahrzeuges des Körperbehinderten nicht möglich. Der Einbau eines elektronischen Gasringes mit Bremshebel dient unmittelbar dem Betrieb des Kraftfahrzeuges und kann nicht zusätzlich gemäß § 4 der zitierten VO als Hilfsmittel (wie z.B. der Einbau eines Ladekrans für den Rollstuhl) geltend gemacht werden.
RV/1151-W/05-RS2
Anstatt des Freibetrages gemäß § 3 der aufgrund § 35 Abs. 7 EStG 1988 ergangenen Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 1996/303 in Höhe von 153 Euro monatlich können die anteiligen Kraftfahrzeugkosten, die einem Körperbehinderten durch die nichtberufliche Mehrbenützung seines KFZ gegenüber gesunden Personen entstehen, als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Werden die tatsächlichen Kosten geltend gemacht, dann ist nur der notwendige und angemessene Mehraufwand abzugsfähig, der nicht auf die typischen Kosten der allgemeinen Lebensführung entfällt (vgl. Doralt, EStG-Kommentar zu § 35 Tz. 14 und Hofstätter/Reichel zu § 34 EStG 1988 Einzelfälle, Stichwort "Behinderte")

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des DK, 1000Wien, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 1090 Wien, Kolingasse 19, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 und Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2003 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) hat im Jahr 2003 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezogen. In der Einkommensteuererklärung wurde der pauschale Freibetrag für ein Kraftfahrzeug wegen Behinderung beantragt, sowie unter der Kennzahl 439 (diese lautet: "Anstelle der vorgenannten pauschalen Freibeträge werden tatsächliche Kosten geltend gemacht (z.B. Kosten für ein Alters- oder Pflegeheim) in Höhe von") ein Betrag in der Höhe von € 11.730,28 eingetragen. Im Einkommensteuerbescheid 2003 vom wurden als außergewöhnliche Belastung tatsächliche Kosten aus der eigenen Behinderung in Höhe von € 11.730,28 berücksichtigt, jedoch kein pauschaler Freibetrag.

Die dagegen eingebrachte Berufung wurde wie folgt begründet:

"Die Berufung richtet sich gegen die Nichtanerkennung des pauschalen Freibetrages für ein Kraftfahrzeug wegen Behinderung iHv EUR 1.836,00 neben den regelmäßigen Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung laut folgender Aufstellung:


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EUR
EUR
1. Kosten der Heilbehandlung (Physiotherapie) abzüglich Kostenersatz durch Wr. GKK somit Selbstbehalt
3.077,202.453,00
624,20
2. Kosten des Austehrollstuhls LifeStand lt. Rechnung der Fa. Rehatechnik Rammer
7.393,38
3. Kosten der behindertengerechten Adaptierung des PKW lt. Rechnung der Fa. Pruckner
3.712,70
11.730,28

In der Beilage übersenden wir Ihnen die Rechnungen und Zahlungsbestätigungen in Kopie.

Wir beantragen daher, den bekämpften Einkommensteuerbescheid 2003 insoweit zu ändern, dass die geltend gemachte außergewöhnliche Belastung in Höhe von EUR 11.730,28 als nicht regelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung (KZ 476) gewertet werden und zusätzlich der pauschale Freibetrag für ein Kraftfahrzeug wegen Behinderung iHv EUR 1.836,00 gewährt wird".

Das Finanzamt hat der Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom teilweise Folge gegeben. Abweichend vom Erstbescheid wurde nunmehr der Pauschbetrag nach der Verordung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung in Höhe von € 1.836,-- sowie nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € 8.017,58 berücksichtigt. Dies wurde wie folgt begründet:

"Mehraufwendungen eines Gehbehinderten im Zusammenhang mit der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges können nur in Höhe der Pauschbeträge abgesetzt werden. Die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen (z.B. Kosten einer behindertengerechten Adaptiertung des Kraftfahrzeuges) ist nicht möglich (siehe RZ 848 der Lohnsteuerrichtlinien, zu finden auch im Internet unter "www.bmf.gv.at"). § 3 der entsprechenden Verordnung des BMF zu § 34 und § 35 EStG 1988 lässt hier zudem kein Wahlrecht offen, anstatt der Pauschbeträge die tatsächlichen Kosten anzusetzen (zum Unterschied der Diätenpauschalien lt. § 2 der VO). Keinesfalls können neben den Pauschbeträgen zusätzlich (tatsächliche) Kosten abgesetzt werden. Mit dem Pauschbetrag sind bereits die Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen abgegolten. Die geltend gemachten Kosten für die Adaptierung des PKW`s (kein "Hilfsmittel"!) mußten daher mit der Berufungsvorentscheidung gestrichen werden. Stattdessen war das strittige Pauschale zu berücksichtigen".

Daraufhin wurde ein Vorlageantrag mit folgender Begründung eingebracht:

"1. Nach Ansicht der Behörde ist die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen (zB Kosten einer behindertengerechten Adaptierung des Kraftfahrzeuges) nach RZ 848 der LStR nicht möglich. Weiters können nach Ansicht der Behörde anstatt der Pauschbeträge die tatsächlichen Kosten nicht angesetzt werden.

Nach der zitierten RZ 484 LStR können allerdings Aufwendungen für nicht mit dem Betrieb des Kraftfahrzeuges verbundenen Hilfsmittel zusätzlich geltend gemacht werden. Nach der RZ 850 LStR gehören dazu auch Vorrichtungen an einem Kraftfahrzeug, die nicht unmittelbar dem Betrieb des Kraftfahrzeuges dienen.

Wie aus der dem Finanzamt vorliegenden Rechnung der Fa. Pruckner GmbH hervorgeht, wurde auch ein Ladekran (Teil vom Kunden) und eine Wechselkonsole für den Kofferraum eingebaut. Die Kosten dafür sind auf der Rechnung getrennt ausgewiesen und betragen inklusive MwSt EUR 476,71. Der Einbau des Ladekrans zur Beförderung des Rollstuhls dient nicht unmittelbar dem Betrieb des Kraftfahrzeuges.

Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten:

Selbst wenn man der nicht im Gesetz gedeckten Meinung der Finanzverwaltung folgt, dass Kosten der Adaptierung des Kraftfahrzeuges nach RZ 848 der LStR nicht berücksichtigt werden können, hätte der Betrag von EUR 476,71 zusätzlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden müssen, da er nicht unmittelbar mit dem Betrieb des Kraftfahrzeuges zusammenhängt.

Auch der Einbau des elektronischen Gasringes mit Bremshebel (EUR 3.235,99) fällt unter den Begriff "Hilfsmittel" (siehe Punkt 3 des Vorlageantrages) und ist daher als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

2. Die Behörde vertritt die Ansicht, dass § 3 der entsprechenden Verordnung des BMF zum § 34 und § 35 EStG 1988 kein Wahlrecht offenlässt, anstatt der Pauschbeträge die tatsächlichen Kosten anzusetzen.

Dagegen führen wir aus:

Der gesetzliche Inhalt der §§ 34 und 35 EStG geht vom Grundsatz aus, dass anstatt der Pauschbeträge auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden können. In solchen Fällen ist allerdings ein entsprechender Nachweis zu erbringen. Im gegenständlichen Fall wurden die Rechnungen in Kopie als Beilage zur Berufung vorgelegt.

Da die Verordnung im Stufenaufbau der Rechtsordnung unterhalb des formellen Gesetzes steht, darf sie das Gesetz nur präzisieren, nicht aber verändern. Die Verordnung hat ergänzende Regelungen, nicht jedoch einschränkende Regelungen zu treffen. Die Bestimmungen der übergeordneten Rechtsquelle (Gesetz) können daher nicht durch die Bestimmungen der untergeordneten Rechtsquelle (Verordnung) aufgehoben werden, da ihrer rechtlichen Kraft nach Gesetze den Verordnungen überlegen sind.

Die Ansicht der Behörde, dass die Verordnung enger als das Gesetz auszulegen ist, verstößt daher gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Nach dem Gesetzmäßigkeitsprinzip kann die Verordnung nicht ungünstiger sein als das Gesetz. Die §§ 34 und 35 EStG enthalten keine Ermächtigung zur Verschlechterung der gesetzlichen Bestimmungen.

Dem Grundsatz, dass die Verordnung die gesetzlichen Bestimmungen nicht einschränken können, trägt auch die RZ 844 der LStR Rechnung, und zwar

"Werden die Pauschbeträge nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 beansprucht, so können im Zusammenhang mit der Behinderung nur die in der gegenständlichen Verordnung des BM für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl Nr 303/1996 idgF, angeführten Aufwendungen zusätzlich geltend gemacht werden (vgl § 2 betr Krankendiätverpflegung, § 3 betr Kraftfahrzeug- bzw Taxikosten, § 4 betr Hilfsmittel und Heilbehandlung; siehe dazu Rz 850 f)."

Im vorliegenden Fall wurden keine Pauschbeträge nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 beansprucht, sondern die tatsächlichen Kosten nachgewiesen. Es sind daher auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen die tatsächlichen Kosten im Gesamtausmaß von EUR 11.730,28 als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Es kann daher keinesfalls zu einer Verschlechterung des ursprünglichen Bescheides vom kommen.

3. Hilfsmittel

Wir haben in unserer Berufung vom die Ansicht vertreten, dass der Einbau des elektronischen Gasringes mit Bremshebel (EUR 3.235,99) und der Einbau der Vorrichtungen für den Ladekran für Rollstuhl (EUR 476,71) somit der Gesamtbetrag (EUR 3.712,70) als Hilfsmittel iSd § 4 der Verordnung zu subsumieren sind.

"Hilfsmittel im Sinne des § 4 der Verordnung des BM für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl Nr 303/1996 idgF, sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigung zu beseitigen (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel). Zu den Hilfsmitteln gehören auch Vorrichtungen an einem Kraftfahrzeug, die nicht unmittelbar dem Betrieb des Kraftfahrzeuges dienen (zB Hebebühne oder Rampe für Rollstuhl)". Rz 850 LStR

Es fällt daher sowohl der Einbau des elektronischen Gasringes mit Bremshebel als auch der Einbau der Vorrichtungen für den Ladekran für den Rollstuhl unter "nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen".

Der VfGH vertritt im Erkenntnis vom , B 785/02, die Auffassung, dass der Begriff "nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel" weit auszulegen ist. Der Begriff "Hilfsmittel" wird durch den Klammerausdruck nur beispielhaft erläutert.

Im weiten Sinne fallen nach Ansicht des VfGH darunter auch Ein- und Umbauten in Gebäuden im Zusammenhang mit der behindertengerechten Einrichtung eines Badezimmers, weiters auch sanitäre Einrichtungsgegenstände, die auch oder ausschließlich für Behinderte konzipiert und bestimmt sind, unabhängig davon, ob sie mit dem Gebäude fest verbunden werden oder nicht.

Die in den LStR RZ 850 angeführte Definition für Hilfsmittel ist dem § 154 ASVG entnommen. Auch im Anwendungsbereich des ASVG ist eine weite Auslegung des Begriffes "Hilfsmittel" geboten. Das BMSG hält eine extensive Auslegung des § 154 ASVG, die auch Tiere als Hilfsmittel zur Therapie und Rehabilitation miteinschließt, für zulässig (BMSG , 10.009/263-4/92).

Zusammenfassend halten wir fest:

  • Eine gesetzeskonforme Interpretation der §§ 34 und 35 EStG führt dazu, dass die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden können. In solchen Fällen ist allerdings ein entsprechender Nachweis zu erbringen. Dieser Nachweis wurde im gegenständlichen Fall durch die Vorlage der Rechnungen in Kopie in der Gesamthöhe von EUR 11.730,28 erbracht. Auf Grund des verfassungsmäßig verankerten Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit kann eine Verordnung dieses Recht nicht einschränken.

  • Auch eine gesetzeskonforme Interpretation des § 4 der Verordnung iSd VfGH-Erkenntnisses vom , B 785/02, führt dazu, dass der Einbau des Gasringes mit Bremshebel und der Vorrichtung für den Ladekran unter den dort verwendeten Begriff "Hilfsmittel" fallen. Es handelt sich dabei um den Einbau von Gegenständen oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigung zu beseitigen.

Wir stellen daher den

Antrag

den Gesamtbetrag von EUR 11.730,28 (EUR 3.712,70 + EUR 8.017,58) als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen."

Über die Berufung wurde erwogen:

Grundsätzlich ist festzustellen, dass Ausgaben, die Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben sind, nicht als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden können (§ 34 Abs. 1 letzter Satz EStG 1988), und zwar auch dann nicht, wenn sie nur beschränkt abzugsfähig sind. Daher sind z. B. Krankheitskosten aus einer typischen Berufskrankheit (z.B. Staublunge eines Bergarbeiters, Asbestose) nicht als außergewöhnliche Belastung, sondern (ohne Selbstbehalt) als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. Doralt, EStG-Kommentar, Tz. 9 zu § 34).

Der Bw. hat nicht behauptet, dass die Behinderung unmittelbar (im Sinne von ursächlich) mit einer beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang steht (vgl. auch Doralt, EStG-Kommentar, Tz 220 zu § 16, "ABC der Werbungskosten", Stichwort Krankheitskosten). Da aber damit ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen einer beruflichen Tätigkeit und der Behinderung verneint werden muss, können die Aufwendungen für die behindertengerechte Ausstattung des Pkw, auch wenn das Fahrzeug nur nach seiner behindertengerechten Ausstattung (beruflich und privat) genutzt werden kann, schon aus diesem Grund nicht als Werbungskosten gem. § 16 EStG 1988 abgezogen werden. Sie sind allerdings - dem Finanzamt folgend - als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Laut § 35 Abs. 7 EStG kann der Bundesminister für Finanzen nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.

Gemäß § 3 der aufgrund § 35 Abs. 7 EStG 1988 ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 1996/303 idF BGBl. II 2001/416 ist für Körperbehinderte, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, zur Abgeltung der Mehraufwendungen für besondere Behindertenvorrichtungen und für den Umstand, dass ein Massenbeförderungsmittel auf Grund der Behinderung nicht benützt werden kann, ein Freibetrag von 153 Euro (2.100 S) monatlich zu berücksichtigen. Im gegenständlichen Fall hat der Bw. sowohl in der Einkommensteuererklärung 2003 (durch Ankreuzen von ja) als auch in der Berufung den pauschalen Freibetrag für ein Kraftfahrzeug wegen Behinderung beantragt und wurde dieser durch das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung auch zuerkannt.

Neben diesem Pauschbetrag ist die (zusätzliche) Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen (zB Kosten einer behindertengerechten Adaptierung des Kraftfahrzeuges) im Zusammenhang mit dem Betrieb eines eigenen Fahrzeugs des Körperbehinderten nicht möglich. Jedoch können Aufwendungen für nicht mit dem Betrieb des Kraftfahrzeuges verbundene Hilfsmittel zusätzlich geltend gemacht werden, da gemäß § 4 der zitierten Verordnung nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen sind.

Es ist hier nunmehr strittig, in welcher Höhe Aufwendungen für Hilfsmittel im Zusammenhang mit der Behinderung des Bw. - zusätzlich zu dem vom Finanzamt bereits in der Berufungsvorentscheidung zuerkannten Pauschbetrag (für die KFZ-Benützung) - anzuerkennen sind. Während das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung € 8.017,58 für Heilbehandlung und Aufstehrollstuhl anerkannt hat, begehrt der Bw. zusätzlich die Anerkennung von € 3.712,70 für die behindertengerechte Adaptierung seines KFZ. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus € 3.235,99 für ein Einbau eines elektronischen Gasringes mit Bremshebel und € 476,71 für den Einbau der Vorrichtungen für einen Ladekran für den Rollstuhl.

Entgegen der in der Berufung und im Vorlageantrag vertretenen Meinung zählt nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenats der Einbau eines elektronischen Gasringes mit Bremshebel nicht zu den Hilfsmitteln im Sinne des § 4 der zitierten Verordnung, da diese Vorrichtung unmittelbar dem Betrieb des Kraftfahrzeugs dient und diese Mehraufwendung für eine besondere Behindertenvorrichtung bereits durch den gewährten Freibetrag gemäß § 3 Abs. 1 der zitierten Verordnung abgegolten ist. Demgegenüber ist jedoch der Einbau des Ladekrans für den Rollstuhl des Bw. als Hilfsmittel im Sinne des § 4 der genannten Verordnung anzuerkennen, weil diese Vorrichtung nicht unmittelbar mit dem Betrieb des KFZ des Bw. zusammenhängt.

Aufwendungen Behinderter für berufliche Fahren und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen Kraftfahrzeug gehören zu den Betriebsausgaben oder Werbungskosten und können im Rahrem der §§ 34 und 35 keine Berücksichtigung finden (§ 34 Abs 1 letzter Satz). Ist ein Steuerpflichtiger wegen seiner Körperbehinderung zur Fortbewegung auf einen PKW angewiesen, können die anteiligen Kraftfahrzeugkosten, die ihm durch nichtberufliche Mehrbenützung seines Kfz gegenüber gesunden Personen entstehen, als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Als notwendiger und angemessener Mehraufwand sind jene Auslagen anzusehen, die nicht auf die typischen Kosten der allgemeinen Lebensführung entfallen ( ZL. 93/15/0051, § 34 EStG 1972 E388). Für nichtberufliche Fahren Gehbehinderter mit ihrem eigenen Kfz können die Pauschbeträge nach § 3 erster Absatz der VO BGBL 303/1996 abgezogen werden; tatsächliche Kfz-Kosten sind regelmäßig zu schätzen ( Zl.2696 ua/76, § 34 EStG 1972 E 12, vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar zu § 34 EStG 1988 Einzelfälle, Stichwort "Behinderte"). Werden die tatsächlichen Kosten geltend gemacht, dann ist nur der notwendige und angemessene Mehraufwand abzugsfähig, der nicht auf die typischen Kosten der allgemeinen Lebensführung entfällt; er ist gegebenenfalls zu schätzen (vgl. Doralt, EStG-Kommentar, Band III, zu § 35, Tz. 14 und die dort zitierte Judikatur).

Wie im Vorlageantrag vom steuerlichen Vertreter des Bw. richtigerweise ausgeführt wurde, ist die vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheinung (mit Bezug auf RZ 848 der Lonsteuerrichtlinien) vertretene Auffassung, dass Mehraufwendungen eines Gehbehinderten im Zusammenhang mit der Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges nur in Höhe der Pauschbeträge abgesetzt werden könnten und die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen (z.B. Kosten einer behindertengerechten Adaptiertung des Kraftfahrzeuges) nicht möglich sei, nicht im Gesetz gedeckt. Weder dem Gesetz noch der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBl 1996/303) noch der (oben zitierten) Literatur und Judikatur ist zu entnehmen, dass die Berücksichtigung des monatlichen Freibetrages von 153 Euro insofern zwingend ist, als die Berücksichtigung tatsächlicher Aufwendungen für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeuges durch einen Körperbehinderten grundsätzlich ausgeschlossen wäre.

Da aber in der Berufung beantragt wurde, dass die geltend gemachte außergewöhnliche Belastung in Höhe von EUR 11.730,28 als nicht regelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung (KZ 476) gewertet werde und zusätzlich der pauschale Freibetrag für ein Kraftfahrzeug wegen Behinderung (iHv EUR 1.836,00) gewährt werden solle, jedoch im gegenständlichen Fall keine tatsächlichen Kosten im Zusammenhang der laufenden KFZ-Benutzung des Bw. geltend gemacht wurden, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die diesbezüglichen Ausführungen im Vorlageantrag.

Somit werden im gegenständlichen Fall als außergewöhnliche Belastungen für das Jahr 2003 berücksichtigt:

1) Der Freibetrag für die KFZ-Benützung gemäß § 3 der aufgrund § 35 Abs. 7 EStG 1988 ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 1996/303 idgF, in Höhe von 153 Euro monatlich, das ergibt einen jährlichen Pauschbetrag in Höhe von 1.836 Euro.

2) Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie (in ursächlichem Zusammenhang mit der Behinderung stehende) Kosten der Heilbehandlung:


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Euro
Heilbehandlung
624,20
Aufstehrollstuhl
7.393,38
Ladekran
476,71
Summe Hilfsmittel und Heilbehandlung (KZ 476)
8.494,29

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
außergewöhnliche Belastung
besondere Behindertenvorrichtungen
Hilfsmittel
Körperbehinderte
Anmerkung
RS-2 abweichend zu RZ 848 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR); im konkreten Fall wurden jedoch der Freibetrag und nicht die tatsächlichen Kosten geltend gemacht.

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at