Kein Spekulationsgewinn, wenn das veräußerte Grundstück im Wege einer gemischten Schenkung erworben wurde
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, vertreten durch Mag. Irene König, vom betreffend Einkommensteuer 2010 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der Bescheid betreffend Einkommensteuer 2010 wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Laut Aktenlage erließ das Finanzamt am einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010.
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Das Finanzamt erfuhr am durch eine Kontrollmitteilung, dass die Berufungswerberin (Bw) A B, geb. C, vormals D am ein Grundstück um € 70.000 veräußert habe, das am um einen Kaufpreis von € 30.000 entgeltlich erworben worden sei.
Dem aktenkundigen Kaufvertrag vom ist zu entnehmen, dass von A D ein näher bezeichnetes, in ihrem Eigentum befindliches Grundstück um einen Kaufpreis von € 70.000 an diesem Tag veräußert worden ist.
Aus dem Abgabeninformationssystem ermittelte das Finanzamt, dass dieses Grundstück im Jahr 2009 um einen Preis von € 30.000 erworben worden sei.
Das Finanzamt ersuchte hierauf die Bw um Vorlage des Kaufvertrages aus dem Jahr 2009 und Abgabe einer Einkommensteuererklärung.
Mit Schreiben vom legte die Bw den Kaufvertrag vom vor, wonach E C an seine Tochter A D die streitgegenständliche Liegenschaft um einen Kaufpreis von € 30.000 verkaufe und diesen Kaufpreis vollständig erhalten habe, und gab bekannt:
"Beim gegenständlichen Grundstück handelt es sich um eines der drei angrenzenden Grundstücke, die mein leiblicher Vater EC im Laufe der Jahre gekauft hat. Auf dem 1. der gekauften Grundstücke hat er vor ca. 30 Jahren ein Haus gebaut und dort mit seiner 2. Frau FC (meiner Stiefmutter) gewohnt. Das zweite Grundstück, welches direkt angrenzt, wurde immer als erweiterter Garten mit dem Haus mit genutzt. Dieses hat mein Vater kurz vor seinem Tod (2009) noch seiner Frau F zur Gänze geschenkt. Das dritte und hinter den beiden anderen Grundstücken angrenzende Grundstück wollte er seinen beiden leiblichen Kindern EC jun. und mir, AB (geb. C ) schenken. Wir haben uns damals im Juni 2009 also zum Zeitpunkt als mein Vater schon krank war, bei einem Notar erkundigt, wie wir am besten den Wunsch des Vaters entsprechend agieren können und haben anschließend folgende Lösung gemeinsam erarbeitet: Wir (Vater, Bruder und ich) haben uns geeinigt - mein Vater hat also mir das Grundstück, welches er zu diesem Zeitpunkt ca. einen Wert von € 70.000,-- hatte, zu einem günstigen Preis quasi verkauft. Ich habe ihm auch die lebenslängliche Nutzung des Grundstückes versprochen, welches er mit Gemüseanbau (kleines Glashaus) ,20 Freilandhühnern und Obstbäumen bewirtschaftete. Diese € 30.000,-- Verkaufspreis (weniger als die Hälfte, da ich Nebenkosten hatte und lebenslange Nutzung einräumte) waren das Geld, das ich meinem Bruder für die Hälfte des Grundstückes zu zahlen hatte. Daher habe ich zum damaligen Zeitpunkt der Übernahme des Grundstückes, also im Juli 2009, einen Schuldschein von € 30.000,-- zugunsten meines Bruders unterschrieben und darin versprochen, ihm innerhalb der nächsten 5 Jahre diesen Betrag in Jahresraten zu überweisen. Leider verstarb mein Vater doch sehr überraschend an einem Herzleiden im August 2009 also 1 Monat nach der Schenkung des Grundstückes an uns. Ich habe dann auf dringenden Wunsch meiner Stiefschwester GH (Tochter von FC aus 1.Ehe) das Grundstück verkauft, weil sie unbedingt gleich hinter dem Haus der Mutter bauen wollte. Ich habe also mit dem Verkauf des Grundstückes nicht spekuliert. Es hatte ja 1 Jahr zuvor schon denselben Wert. Außerdem habe ich die € 30.000,- meinem Bruder gleich nach Verkauf des Grundstückes überwiesen."
Das Finanzamt nahm mit Bescheid vom das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2010 gemäß § 303 Abs. 4 BAO von Amts wegen wieder auf.
Es seien Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden seien und die Kenntnis dieser Umstände hätte allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einem im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die Wiederaufnahme sei unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen verfügt worden, wobei das Interesse der Behörde an der Rechtsrichtigkeit der Entscheidung das Interesse auf Rechtsbeständigkeit überwogen habe und die Auswirkungen nicht geringfügig seien.
Am selben Tag wurde auch ein neuer Einkommensteuerbescheid für 2010 erlassen, der anstelle der bisherigen Gutschrift von € 110,00 (Negativsteuer gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988) eine Einkommensteuerfestsetzung von € 15.164,48 nach sich zog.
Das Finanzamt begründete den neuen Einkommensteuerbescheid damit, dass Spekulationsgeschäfte Veräußerungsgeschäfte seien, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung bei Grundstücken nicht mehr als 10 Jahre betrage. Im gegenständlichen Fall sei der Grundstücksverkauf innerhalb eines Jahres erfolgt. Da die Bw der Aufforderung des Finanzamtes, eine ausgefüllte Einkommensteuererklärung einzureichen, nicht nachgekommen sei, ermittle sich der Spekulationsgewinn wie folgt:
Veräußerungserlös: € 70.000,--
-Anschaffungspreis: € 30.000,--
Spekulationsgewinn: € 40.000,--.
Unter dem Betreff "Berufung zur Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2010" erhob die Bw mit Schreiben vom Berufung:
"Beim gegenständlichen Grundstück handelt es sich um eines der drei angrenzenden Grundstücke, die mein leiblicher Vater EC im Laufe der Jahre gekauft hat. Auf dem ersten der gekauften Grundstücke hat er vor ca. 30 Jahren ein Haus gebaut und dort mit seiner zweiten Frau FC (meiner Stiefmutter) gewohnt. Das zweite Grundstück, welches direkt angrenzt, wurde immer als erweiterter Garten mit dem Haus mit genutzt. Dieses hat mein Vater kurz vor seinem Tod (August 2009) noch seiner Frau F zur Gänze geschenkt, Das dritte und hinter den beiden anderen Grundstücken angrenzende Grundstück wollte er seinen beiden leiblichen Kindern EC jun. und mir AB (geb. C ) schenken. Wir haben uns damals im Juni 2009 also zum Zeitpunkt als mein Vater schon krank war, bei einem Notar erkundigt, wie wir am besten dem Wunsch des Vaters entsprechend agieren können und haben anschließend folgende Lösung gemeinsam erarbeitet: Wir (Vater, Bruder und ich) haben uns geeinigt-mein Vater hat also mir das Grundstück, welches zu diesem Zeitpunkt ca. einen Wert von € 70.000,-- hatte, zu einem günstigen Preis quasi verkauft. Ich habe ihm auch die lebenslange Nutzung des Grundstückes versprochen, welches er mit Gemüseanbau (kleines Glashaus) ,20 Freilandhühnern und Obstbäumen bewirtschaftete. Diese € 30.000,-- Verkaufspreis (weniger als die Hälfte, da ich Nebenkosten hatte und lebenslange Nutzung einräumte) waren das Geld, das ich meinem Bruder für die Hälfte des Grundstückes zu zahlen hatte. Daher habe ich zum damaligen Zeitpunkt der Übernahme des Grundstückes, also im Juli 2009 einen Schuldschein von € 30.000,-- zugunsten meines Bruders unterschrieben und darin versprochen, ihm innerhalb der nächsten 5 Jahre diesen Betrag in Jahresraten ab 2010 zu überweisen. Leider verstarb mein Vater doch sehr überraschend an einem Herzleiden im August 2009 also einen Monat nach der Schenkung des Grundstückes an uns. Ich habe dann fast ein Jahr später auf dringenden Wunsch meiner Stiefschwester GH (Tochter von FC aus erster Ehe) das Grundstück verkauft, weil sie unbedingt gleich hinter dem Haus der Mutter bauen wollte. Ich habe daher mit dem Verkauf des Grundstückes nicht spekuliert. Dies lässt sich auch am Kaufvertrag meines Vaters beweisen, da dieser das gegenständliche Grundstück im Jahre 1999 - also mehr als 10 Jahre zuvor schon um ÖS 832.468,-gekauft hat (siehe Beilage). Es hatte 10 Jahre zuvor schon fast denselben Wert. Außerdem habe ich meinem Bruder gleich nach Verkauf des Grundstückes den vereinbarten Betrag überwiesen, was sich auch beweisen lässt. Ich ersuche daher von einer Einhebung von Spekulationssteuer abzusehen, weil ich ja gemeinsam mit meinem Bruder das Grundstück von meinem Vater geschenkt bekam."
Es war die Kopie des Kaufvertrages aus dem Jahr 1999 zwischen einer Immobiliengesellschaft und E C, wonach E C eine Liegenschaft, die auch das streitgegenständliche Grundstück mitumfasste, um einen Gesamtkaufpreis von ATS 832.468,-- käuflich erworben hat, beigelegt.
Mit als "Einkommensteuerbescheid 2010" überschriebener Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die "Berufung vom gegen den Bescheid vom " als unbegründet ab:
"Die Beurteilung, was unter Einkünften aus Spekulationsgeschäften zu verstehen ist, trifft der § 30 EStG 1988 . Ihre Absicht fällt nicht ins Gewicht.
Sie haben aus triftigen Gründen beschlossen, ein Rechtsgeschäft mit Ihrem Vater einzugehen und die Erbschaft durch den Verkauf der Liegenschaft vorwegzunehmen. Auch der Verkauf Ihrerseits erfolgte nicht in Spekulationsabsicht, das hat aber auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 30 EStG 1988 keinen Einfluss. Das Gesetz stellt nur Erwerb und Verkauf innerhalb von zehn Jahren unter die steuerpflichtigen Vorgänge, persönliche Beweggründe sind unmaßgeblich.
Da die Besteuerung nur die Konsequenz eines rechtswirksamen Vertragsabschlusses ist, war Ihr Rechtsmittel abzuweisen."
Hiergegen richtet sich der Vorlageantrag vom :
"In der Begründung zur Berufungsvorentscheidung vom gegen den Bescheid vom räumen sie mir ein, dass der Verkauf des gegenständlichen Grundstückes meinerseits nicht in Spekulationsabsicht erfolgte und durch das Rechtsgeschäft mit meinem Vater die Erbschaft vorweggenommen wurde. Weil aber dieses Grundstück unentgeltlich von meinem Vater erworben wurde (Hälfte mir geschenkt, Hälfte dem Bruder E geschenkt - Erinnerung: Kaufpreis € 30.000,-- habe ich erst nach dem Weiterverkauf meinem Bruder weitergegeben!) ist bei der Berechnung der Spekulationsfrist auf den letzten entgeltlichen Anschaffungsvorgang des Rechtsvorgängers (meines Vaters) abzustellen.
Da mein Vater das gegenständliche Grundstück vor mehr als 10 Jahren (siehe Kaufvertragsbeilage meines Vaters im Anhang) erworben hat, ist die Spekulationsfrist längst abgelaufen und daher keine Spekulationssteuer fällig. Ich bitte daher um positive Erledigung meines Antrages."
Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Über Vorhalt vom gab die Bw mit Schreiben vom bekannt:
"1) Überweisungsschein über die Entrichtung der € 30.000,-- an meinen Bruder EC: Nach genauer Recherche kann ich folgendes eruieren:
Nach Übernahme des Grundstückes hatte ich mit meinem Bruder EC die Vereinbarung getroffen, ihn innerhalb von 5 Jahren (beginnend mit Jänner 2010) je nach meinen finanziellen Möglichkeiten in Teilzahlungen den Betrag von € 30.000,-- zu geben. Die erste Zahlung habe ich am in der Höhe von € 8.000,-- (siehe Kontoauszug BAWAG in der Beilage) an meinen Bruder E überwiesen. Nach Verkauf des Grundstückes habe ich die Restschuld von € 22.000,-- beglichen. Auf Wunsch meines Bruders geschah dies durch eine Barzahlung. Bei Begleichung der Restschuld wurde der Schuldschein von Juli 2009 vernichtet.
2) Schuldschein: Dieser wurde wie beschrieben bei Begleichung der Restschuld in meiner Anwesenheit vernichtet.
3) Die unterfertigte Bestätigung, dass sich der Sachverhalt betreffend des Grundstückkaufes (in Ihrem Schreiben irrtümlicherweise als Hauskauf bezeichnet) wie im Verfahren dargestellt, zugetragen hat, befindet sich im Anhang."
Beigefügt waren zwei Bestätigungen des Bruders der Bw, E C , wonach dieser einerseits den Sachverhalt, wie er im Schreiben der Bw an das Finanzamt vom dargestellt wurde, bestätigt, andererseits dass der Bruder "als Abgeltung des Erbteiles vom Grundstück meines Vaters" von seiner Schwester insgesamt € 30.000,-- erhalten habe.
Schließlich wurde die Kopie eines Kontoauszuges vom vorgelegt, wonach als "1. Rate" E C ein Betrag von € 8.000,00 überwiesen wurde.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 303 Abs. 1 BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und
a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder
c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Nach § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
§ 30 EStG 1988 i.d.F. BGBl. I Nr. 85/2008, lautete:
"§ 30. (1) Spekulationsgeschäfte sind:
1. Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung beträgt:
a) Bei Grundstücken und anderen Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen, nicht mehr als zehn Jahre. Für Grundstücke, bei denen innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Anschaffung Herstellungsaufwendungen in Teilbeträgen gemäß § 28 Abs. 3 abgesetzt wurden, verlängert sich die Frist auf 15 Jahre.
b) Bei anderen Wirtschaftsgütern, insbesondere bei Wertpapieren im Sinne des § 1 Abs. 1 des Depotgesetzes , bei sonstigen Beteiligungen und Forderungen, nicht mehr als ein Jahr.
2. Termingeschäfte einschließlich Differenzgeschäfte, weiters innerhalb von einem Jahr abgewickelte Optionsgeschäfte einschließlich geschriebene Optionen und Swaphandelsgeschäfte.
3. Veräußerungsgeschäfte über zu einem Betriebsvermögen gehörende Wirtschaftsgüter innerhalb der Frist der Z 1 lit. a oder lit. b, soweit der Unterschiedsbetrag gemäß Abs. 4 nicht als betriebliche Einkünfte zu erfassen ist.
Wurde das Wirtschaftsgut oder die rechtliche Stellung aus einem Geschäft im Sinne der Z 2 unentgeltlich erworben, so ist auf den Anschaffungszeitpunkt oder den Eröffnungszeitpunkt des Geschäftes beim Rechtsvorgänger abzustellen.
(2) Von der Besteuerung ausgenommen sind die Einkünfte aus der Veräußerung von:
1. Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b), wenn sie dem Veräußerer seit der Anschaffung (im Falle des unentgeltlichen Erwerbes unter Lebenden seit dem unentgeltlichen Erwerb) und mindestens seit zwei Jahren durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben. Im Falle eines Erwerbes von Todes wegen sind für die Fristenberechnung die Besitzzeiten zusammenzurechnen. Im Falle eines unentgeltlichen Erwerbes unter Lebenden gilt dies nur dann, wenn der Erwerber und der Rechtsvorgänger gemeinsam seit der Anschaffung ununterbrochen die Voraussetzung des Hauptwohnsitzes erfüllen.
2. Selbst hergestellten Gebäuden; Grund und Boden ist jedoch abgesehen vom Fall der Z 1 nicht von der Besteuerung ausgenommen.
(3) Spekulationsgeschäfte liegen nicht vor:
1. Soweit die Einkünfte aus den Veräußerungsgeschäften zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 6 gehören.
2. Wenn Wirtschaftsgüter infolge eines behördlichen Eingriffs oder zur Vermeidung eines solchen nachweisbar unmittelbar drohenden Eingriffs veräußert werden.
(4) Als Einkünfte sind der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen. Im Falle der Veräußerung eines angeschafften Gebäudes sind die Anschaffungskosten um Instandsetzungsaufwendungen und Herstellungsaufwendungen insoweit zu erhöhen, als sie nicht bei der Ermittlung außerbetrieblicher Einkünfte zu berücksichtigen sind. Sie sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit sie bei der Ermittlung außerbetrieblicher Einkünfte abgezogen worden sind, sowie um die im § 28 Abs. 6 genannten steuerfreien Beträge zu vermindern. Wird unbebauter Grund und Boden veräußert, so vermindern sich die Einkünfte nach Ablauf von fünf Jahren seit seiner Anschaffung um jährlich 10%. Die Einkünfte aus Spekulationsgeschäften bleiben steuerfrei, wenn die gesamten aus Spekulationsgeschäften erzielten Einkünfte im Kalenderjahr höchstens 440 Euro betragen. Führen die Spekulationsgeschäfte in einem Kalenderjahr insgesamt zu einem Verlust, so ist dieser nicht ausgleichsfähig (§ 2 Abs. 2).
(5) Bei Tauschvorgängen im Sinne des § 6 Z 14 ist der gemeine Wert anzusetzen.
(6) Die Anschaffungskosten von Freianteilen sind nach § 6 Z 15 zu ermitteln. Als Anschaffungszeitpunkt von Freianteilen gilt der Zeitpunkt der Anschaffung der Altanteile.
(7) Die Einkommensteuer, die auf die Veräußerung der Wirtschaftsgüter entfällt, wird im Ausmaß der sonst entstehenden Doppelbelastung der Spekulationseinkünfte auf Antrag ermäßigt oder erlassen, wenn der Steuerpflichtige infolge des Erwerbes der Wirtschaftsgüter Erbschafts- oder Schenkungssteuer, Grunderwerbsteuer oder Stiftungseingangssteuer entrichtet hat."
Bei einer Berufung gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen durch das gemäß § 305 Abs. 1 BAO zuständige Finanzamt ist Sache, über welche die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 289 Abs. 2 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme des Verfahrens aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen. Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden, bestimmt bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die gemäß § 305 Abs. 1 leg. cit. zuständige Behörde (vgl. ).
Das Hervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln i.S.d. § 303 Abs. 4 BAO ist aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen. Was "Sache" ist, orientiert sich somit am herangezogenen Wiederaufnahmegrund des Finanzamtes.
Grundsätzlich ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens ohne Angabe von Wiederaufnahmegründen unzulässig (vgl. ).
Hat das Finanzamt die Wiederaufnahme des Verfahrens auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, darf die Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht erstmals neue Wiederaufnahmegründe einführen, sondern muss die vor ihr angefochtenen Wiederaufnahmebescheide ersatzlos beheben ( RV/0053-G/06).
Ist der erstinstanzlich herangezogene sachliche Grund zur amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens zwar in der Begründung des Verfahrensbescheides nicht genannt, jedoch in Zusammenschau der Begründung des gleichzeitig erlassenen neuen Sachbescheides (Wiederaufnahmebescheid gemäß § 303 Abs. 4 BAO und neuer Sachbescheid gemäß § 307 BAO) sowohl durch den Berufungswerber als auch die Berufungsbehörde klar und eindeutig erkennbar, ist der Wiederaufnahmebescheid hinreichend begründet (vgl. RV/0562-K/07; ).
Vom Finanzamt vorgelegt wurde eine Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom , auch die Berufungsvorentscheidung betraf nur den Einkommensteuerbescheid.
Wenn auch die Berufung vom als "Berufung zur Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2010" bezeichnet ist, ergibt sich aus dem Berufungsantrag "... ersuche daher, von einer Einhebung von Spekulationssteuer abzusehen, weil ich ja gemeinsam mit meinem Bruder das Grundstück von meinem Vater geschenkt bekam", dass angefochtener Bescheid der Einkommensteuerbescheid 2010 ist.
Da eine Berufung gegen einen Wiederaufnahmebescheid der Berufungsbehörde nicht vorgelegt und auch Vorlageerinnerung (§ 276 Abs. 6 BAO) nicht erhoben wurde, ist Gegenstand des Verfahrens vor dem UFS die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom .
Es erübrigt sich daher in diesem Verfahren eine Prüfung, ob der Wiederaufnahmebescheid vom ausreichend begründet war, zumal offenbar sowohl dem Finanzamt als auch der Bw klar ist, dass die Wiederaufnahme infolge erstmaliger Kenntnis des Finanzamtes von dem Grundstücksverkauf verfügt wurde.
Eine nähere Klärung des Anfechtungsgegenstandes ist im gegenständlichen Fall entbehrlich, da der Berufung gegen den Sachbescheid - siehe im Folgenden - ohnehin stattzugeben ist.
Der UFS geht von folgendem Sachverhalt aus:
Der Vater der Bw, E C , kaufte drei angrenzende Grundstücke. Auf einem dieser Grundstücke wurde ein Haus errichtet, das vom Vater mit seiner zweiten Frau bewohnt wurde. Das zweite Grundstück, welches direkt angrenzt, wurde immer als erweiterter Garten mit dem Haus mit genutzt. Dieses wurde vom Vater der Bw. kurz vor seinem Tod (August 2009) noch seiner Frau F zur Gänze geschenkt. Das dritte und hinter den beiden anderen Grundstücken angrenzende Grundstück wurde im Jahr 1999 vom Vater entgeltlich erworben. Dieses wollte er seinen beiden leiblichen Kindern E C jun. und der Bw A B (geb. C ) schenken.
Die Familie erkundigte sich im Juni 2009 bei einem Notar, wie am besten den Wunsch des Vaters nachgekommen werden könne und hat anschließend folgende Lösung gemeinsam erarbeitet:
Der Vater, der Bruder und die Bw vereinbarten, dass der Vater der Bw formell das Grundstück welches zu diesem Zeitpunkt ca. einen Wert von € 70.000,00 hatte, um € 30.000,00, also zu einem Preis, der etwa dem halben Wert des Grundstückes abzüglich Nebenkosten und der Einräumung eines Nutzungsrechtes an den Vater entsprach, verkauft. Die Vertragserrichtungs- und Eintragungskosten hatte die Bw zu tragen (Punkt V. des Vertrages).
Die Bw hat dem Vater die lebenslängliche Nutzung des Grundstückes versprochen, welches er mit Gemüseanbau (kleines Glashaus), 20 Freilandhühnern und Obstbäumen bewirtschaftete.
Die € 30.000,00 Verkaufspreis hatte die Bw ihrem Bruder als Abgeltung für den Hälfteanteil an dem Grundstück zu zahlen.
Die Bw hat im Juli 2009 einen Schuldschein von € 30.000,00 zugunsten meines Bruders unterschrieben und darin versprochen, ihm innerhalb der nächsten 5 Jahre diesen Betrag in Jahresraten zu überweisen. Eine erste Überweisung von € 8.000,00 erfolgte am .
Rund einem Monat nach der Übertragung des Grundstücks verstarb der Vater überraschend an einem Herzleiden im August 2009.
Die Bw hat auf dringenden Wunsch ihrer Stiefschwester G H (Tochter von F C aus 1.Ehe) das Grundstück um € 70.000,00 mit Vertrag vom verkauft, weil sie unbedingt gleich hinter dem Haus der Mutter bauen wollte. Die Kosten für die Errichtung und Verbücherung des Kaufvertrages trug die Stiefschwester (Punkt VII. des Vertrages).
Der zugunsten des Bruders noch aushaftende Restbetrag wurde von der Bw auf einmal aus dem Veräußerungserlös im Jahr 2010 beglichen.
Der UFS folgt diesbezüglich dem glaubwürdigen Vorbringen der Bw, das von ihrem Bruder auch bestätigt wurde.
Das Finanzamt hat diesem Vorbringen nicht widersprochen, es allerdings für rechtlich unbedeutend gehalten.
Dem ist nicht so.
In wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) wollte der mittlerweile verstorbene Vater der Bw, die streitgegenständliche Liegenschaft seinen beiden Kindern E C jun. und der Bw schenken.
Den auf den Bruder entfallenden Hälfteanteil hat die Bw diesem mit einem Betrag von € 30.000,00 abgegolten und auf diese Weise das Alleineigentum an dem Grundstück erworben.
Anschaffung im Sinn des § 30 EStG 1988 a.F. ist nur bei einem entgeltlichen Vorgang, der auf die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums gerichtet ist, gegeben. Unentgeltliche Vorgänge wie eine Schenkung fallen nicht unter den Begriff der Anschaffung (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen, EStG 2012, § 30 Rz. 14).
Der Wille der Vertragsparteien war eindeutig darauf gerichtet, dass der Vater der Bw einen Hälfteanteil an diesem Grundstück schenken und die Bw den zweiten Hälfteanteil von ihrem Bruder nach der Schenkung durch den Vater erwerben wollte.
Eine gemischte Schenkung (mit teilweiser Gegenleistung) liegt vor, wenn der Schenkungscharakter überwiegt. Das ist anhand der Relation von Verkehrswert des Schenkungsobjektes zur reinen Gegenleistung des Empfängers zu beurteilen(vgl. Quantschnigg/Schuch, EStG-HB, § 30 Tz. 7).
Eine gemischte Schenkung liegt bei einem offenbaren Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nahe, wenn aus den Verhältnissen der Personen zu vermuten ist, dass sie - aus privaten Motiven - einen zum Teil entgeltlichen, zum Teil unentgeltlichen Vertrag schließen wollten. Ein offenbares Missverhältnis ist gegeben, wenn sich für einen Teil eine Vermögenseinbuße und für den anderen Teil eine Bereicherung ergibt. Bei der Feststellung eines Missverhältnisses sind Leistung und Gegenleistung nach ihrem gemeinen Wert zum Zeitpunkt der Vereinbarung zu vergleichen (vgl. ).
Bei Zuwendungen zwischen nahen Angehörigen ist von der Vermutung des "Bereichernwollens" auszugehen, sodass eine Beweislastumkehr eintritt und die Behörde sonstige Umstände aufzeigen müsste, die eine Bereicherungsabsicht als unwahrscheinlich erscheinen lassen (; ebenso im Ergebnis ).
Der Umstand, dass ein abgeschlossener Vertrag als Kaufvertrag bezeichnet wird, ist für sich alleine nicht ausreichend, ein entgeltliches Rechtsgeschäft schlüssig zu begründen (), ebenso dass der Erwerbsvorgang tatsächlich als Kauf bezeichnet und als Kauf dem Finanzamt angezeigt wurde ().
Im gegenständlichen Fall lag im Jahr 2009 eine von den Vertragsparteien gewollte Schenkung vor.
Es ist daher hinsichtlich der Veräußerung im Jahr 2010 - hier hat der Kaufpreis im Gegensatz zum Vertrag aus 2009 dem gemeinen Wert des Grundstücks entsprochen - kein Spekulationsgeschäft im Sinne des § 30 EStG 1988 anzunehmen.
Der Berufung ist daher Folge zu geben.
Die Bemessungsgrundlagen und die festgesetzte Abgabe entsprechen den Angaben im Einkommensteuerbescheid 2010 vom :
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: € 9.173,58
Gesamtbetrag der Einkünfte € 9.1673,58
Sonderausgaben: € 166,08
Einkommen: €9.007,50
Einkommensteuer: € 0,00
Erstattung gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988: -€ 110,00
Festgesetzte Einkommensteuer: -€ 110,00.
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 30 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 21 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at