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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSG vom 06.03.2013, RV/0171-G/12

Keine aliquote Kürzung des Nettoproduktionswertes bei Befreiung nach dem Elektrizitätsabgabegesetz

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0168 eingebracht. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/2101467/2016 erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0171-G/12-RS1
Wenn hinsichtlich eines Teiles der verwendeten, mit Energieabgaben belasteten Energieträger die Befreiung nach dem Elektrizitätsabgabegesetz wegen Verwendung der elektrischen Energie für nichtenergetische Zwecke ohne Selbsbehalt zur Anwendung kommt, ist der Nettoproduktionswert für die Ermittlung der Vergütung der übrigen Energieabgaben nicht aliquot zu kürzen. Eine solche Kürzung ist weder gesetzeskonform noch sachlich. Der Nettoproduktionswert drückt die Produktivität eines Unternehmens an Hand der Umsätze und Vorleistungen aus. Der Verbrauch der elektrischen Energie wird in kWh gemessen. Diese beiden Größen können nicht miteinander verglichen und aufeinander umgelegt werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende HR Dr. Ursula Leopold und die weiteren Mitglieder HR Dr. Jutta Mayer-Rieckh, Dr. Bernhard Koller und Mag. Petra Kühberger über die Berufung Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom betreffend Energieabgabenvergütung 2006/2007 nach der am in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Energieabgabenvergütung für das Wirtschaftsjahr 2006/07 wird festgesetzt mit:


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Der Vergütungsbetrag wird abzüglich des Selbstbehaltes von 400 Euro festgesetzt mit:

+603.851,18 Euro
Abzüglich Vorausvergütung
-71.151,21 Euro
Buchung durch das Finanzamt
-660.400,33 Euro
Nachforderung laut Berufungsentscheidung
+127.730,33 Euro


Die Fälligkeit der Nachforderung ist der Buchungsmitteilungsmitteilung des Finanzamtes zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (=Bw.) beantragte mit Eingabe vom , eingelangt am , auf dem amtlichen Vordruck ENAV 1, gemäß § 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz (EnAbgVergG) für das Wirtschaftsjahr 2006/07 die Vergütung von Energieabgaben in Höhe von 731.551,33 Euro einschließlich der Vorausvergütung in Höhe von 71.151 Euro.

Gleichzeitig stellte sie auf dem amtlichen Vordruck ELA 3 den Antrag auf Vergütung der Elektrizitätsabgabe in Höhe von 267.256 Euro gemäß der Befreiungsbestimmung des § 2 Abs. 3 Elektrizitätsabgabegesetz (=ElAbgG) für die entrichtete Elektrizitätsabgabe, die auf den Verbrauch elektrischer Energie für nichtenergetische Zwecke entfiel.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt eine Gutschrift der Elektrizitätsabgabe in der beantragten Höhe von 267.256 Euro fest.

Hinsichtlich der beantragten Energieabgabenvergütung kam das Finanzamt nach Durchführung einer Nachschau im Sinne des § 144 BAO zur Ansicht, dass lediglich ein Anspruch auf Vergütung von Energieabgaben nach § 1 Energieabgabenvergütungsgesetz in Höhe von 603.851,18 Euro zustehe.

Im angefochtenen Bescheid unterließ es das Finanzamt jedoch, die bereits erhaltene Vorausvergütung in Höhe von 71.151,21 Euro vom Festsetzungsbetrag in Höhe von 603.851,18 Euro in Abzug zu bringen. Die Vorausvergütung wurde somit doppelt berücksichtigt.

Die Differenz zur beantragten Vergütung in Höhe von 731.551,33 Euro gegenüber der festgesetzten Vergütung in Höhe von 603.851,18 Euro beträgt 127.700,15 Euro. Diese resultiert daraus, dass die Bw. den Nettoproduktionswert im Ausmaß der Verwendung elektrischer Energie für nichtenergetische Zwecke um 19% gekürzt hat.

Die Bw. begründete die Kürzung des Nettoproduktionswertes damit, dass die für nichtenergetische Zwecke verwendete Energie gemäß § 2 Abs. 3 Elektrizitätsabgabegesetz zu 100% von der Energieabgabe (Elektrizitätsabgabe) befreit sei.
Aus diesem Grunde müsse für die Energieabgabenvergütung nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz der Nettoproduktionswert anteilig gekürzt werden, da ansonsten die gesetzlich vorgesehene 100%ige Vergütung nach dem Elektrizitätsabgabegesetz zu Unrecht um einen anteiligen Selbstbehalt gekürzt würde.
Nach dem Befreiungstatbestand des § 2. Abs. 3 Elektrizitätsabgabengesetz dürfe aber kein Selbstbehalt vom Vergütungsbetrag abgezogen werden.

Der Gesamtverbrauch der Bw. an elektrischer Energie im Wirtschaftsjahr 2006/07 (=Streitjahr) betrug 93.774.026 kWh. Davon wurden 75.956.961 kWh, das sind 81% energetisch eingesetzt. 19% des Verbrauches der Bw. an elektrischer Energie in kWh entfielen auf die Verwendung für nichtenergetische Zwecke.

Die Bw. folgerte daraus, dass der Nettoproduktionswert für die Bemessung der Vergütung der Energieabgaben nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz nur mit 81% anzusetzen sei.

Würde man laut Bw. den Nettoproduktionswert nicht kürzen, wäre der gesamte Vergütungsbetrag, bestehend aus der Energieabgabenvergütung nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz und der Vergütung auf Grund der Befreiung nach dem Elektrizitätsabgabegesetz in Summe immer gleich hoch, obwohl für die Vergütung der Elektrizitätsabgabe nach § 2 Abs. 3 Elektrizitätsabgabegesetz kein Selbstbehalt zum Abzug kommt.
Der gesetzliche Vorteil der ungekürzten Vergütung der Elektrizitätsabgabe nach dem Elektrizitätsabgabegesetz könnte auf diese Weise nie schlagend werden.

Die unterschiedliche Berechnung des Vergütungsbetrages laut Betriebsprüfung und laut Bw. stellt sich wie folgt dar:


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Geleistete Energieabgaben gesamt
Energetische Zwecke 81%
Nichtenergetische Zwecke 19%
1.544.198,67
1.276.942,70
267.256,00

100% laut Betriebsprüfung

81% laut Bw.
Umsatzerlöse
414.247.304,84
335.540.316,92
Vorleistungen
-279.827.139,51
226.659.983,01

134.420.165,33
108.880.333,91
Nettoproduktionswert 0,5%
672.100,83
544.401,67
Geleistete Energieabgaben:
-nichtenergetische Verwendung
-minus Weiterverrechnung
-Nettoproduktionswert
-Selbstbehalt
1.544.198,67
-267.256,00
-590,00
-672.100,83
-400,00
1.544.198,67
-267.256,00
-590,00
544.401,67
-400,00
Energieabgabenvergütung
603.851,87
731.551,03
Vergütungsdifferenz/strittiger Betrag
127.699,16




Summe der Vergütungen nach EnAbgVergG
+§ 2 Abs. 3 ElAbgG für nichtenergetische Verwendung

603.851,87
+267.256,00
871.107.87

731.551,03
267.256,00
998.807,03

Kontrollrechnung der Bw., aus der hervorgeht, dass die gesamte Vergütung der Energieabgaben ohne entsprechende Kürzung des Nettoproduktionswertes letztendlich zum gleichen Vergütungsbetrag führt, wie wenn die Vergütung sämtlicher Energieabgaben nur dem Regime des Energieabgabenvergütungsgesetzes unterläge. Die Bestimmung des
§ 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz wäre demnach nach Ansicht der Bw. überflüssig.

Kontrollrechnung (keine Verwendung für nichtenergetische Zwecke):


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Geleistete Energieabgaben gesamt
Nichtenergetische Zwecke
1.544.198,67
267.256,00


Umsatzerlöse
414.247.304,84
Vorleistungen
-279.827.139,51

134.420.165,33


Nettoproduktionswert 0,5%, ungekürzt
672.100,83
Geleistete Energieabgaben:
-minus Weiterverrechnung
-Nettoproduktionswert
-Selbstbehalt
1.544.198,67
-590,00
-672.100,83
-400,00
Energieabgabenvergütung
871.107,84


Summe der Vergütungen
871.107,84

Die Bw. begehrte daher die Energieabgabenvergütung nach § 1 Energieabgabenvergütungsgesetz für das Wirtschaftsjahr 2006/07 antragsgemäß mit 731.551 Euro festzusetzen.

In ihrer Berufung führte die Bw. dazu weiter aus:

Die von der Bw. verbrauchte Energie werde zu 81 % für energetische Zwecke verwendet.

Soweit elektrische Energie für nichtenergetische Zwecke verwendet wird, ist sie gemäß
§ 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz zur Gänze ohne Abzug von Selbstbehalten von der Elektrizitätsabgabe zu befreien. Nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz sind für das Vergütungsverfahren die Regelungen des Energieabgabenvergütungsgesetzes anzuwenden.

Daraus folge, dass für die Vergütung der Elektrizitätsabgabe nach der Befreiungsbestimmung § 2 Abs. 3 Elektrizitätsabgabegesetz wegen Verwendung der eingesetzten Energie für nichtenergetische Zwecke als auch die Vergütung von Energieabgaben nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz (Verwendung der eingesetzten Energie für energetische) nach den Grundsätzen des Energieabgabenvergütungsgesetzes zu vergüten sind.
Die für nichtenergetische Zwecke eingesetzte Energie ist nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz völlig steuerfrei zu stellen.
Folglich sei die Bestimmung des § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz im Verhältnis zu § 1 Energieabgabenvergütungsgesetz als lex specialis zu werten. Es seien daher bei der Berechnung der Vergütung nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz die speziellen Steuerbefreiungen des Elektrizitätsabgabegesetzes zu beachten.

Wird nämlich für die Berechnung der Energieabgabenvergütung der Nettoproduktionswert ungekürzt angesetzt, ergibt sich als Summe der Vergütungen nach dem Elektrizitätsabgabegesetz und dem Energieabgabenvergütungsgesetz der gleiche Betrag wie wenn das Energieabgabenvergütungsgesetz auf die Vergütung sämtlicher Energieabgaben anzuwenden sei.
Die Steuerbegünstigung nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz ginge danach ins Leere.

Dies hätte zur Folge, dass auch die nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz zu vergütende Elektrizitätsabgabe um den Selbstbehalt von 0,5% des Nettoproduktionswertes gekürzt würde. Diese Vorgangsweise widerspreche jedoch der Bestimmung des § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz.

Das Finanzamt vertritt nachstehenden Standpunkt:

Der Nettoproduktionswert sei nach § 1 Abs.1 Energieabgabenvergütungsgesetz zu ermitteln.

Aus dem Gesetz gehe nicht hervor, dass die Einschränkung der Vergütung nach § 3 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz auch zu einer Kürzung des nach
§ 1 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz zu ermittelnden Nettoproduktionswertes führe.

Die unterschiedlichen Regelungen der Energieabgabengesetze seien unabhängig voneinander zu berücksichtigen und würden nur insoweit miteinander in Beziehung treten als Energieabgaben, die bereits vollständig vergütet wurden, nicht noch einmal Gegenstand der Energieabgabenvergütung sein können.

Eine aliquote Kürzung der für den Nettoproduktionswert relevanten Umsätze bzw. Vorleistungen um 19%, wie dies von der Bw. begehrt wird, ließe sich aus dem Gesetz nicht ableiten.

Die auf Grund der Befreiung nach § 2 Abs. 3 Elektrizitätsabgabegesetz vollständig zu vergütende Elektrizitätsabgabe dürfe nicht in die Kontrollrechnung miteinbezogen werden, da diese nicht mehr Gegenstand des Vergütungsbetrages nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz sei.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt:

Aus § 3 Energieabgabenvergütungsgesetz gehe hervor, dass eine doppelte Begünstigung nicht zu gewähren sei. Allerdings sei im Rahmen der Energieabgabenvergütung konsequenterweise eine Bereinigung des Sockelbetrages vorzunehmen, um eine doppelte Erfassung zu vermeiden. Die der Berufung beigelegte Vergleichsrechnung (Kontrollrechnung) zeige, dass im Falle der Nichtanpassung des Sockelbetrages die Höhe des Vergütungsbetrages gleich hoch sei, wie wenn die Befreiung nach dem Elektrizitätsabgabengesetz nicht zur Anwendung käme. Die Befreiung nach dem Elektrizitätsabgabengesetz hätte daher keinen Anwendungsbereich.

Die Energieabgabengesetze und die entsprechenden Befreiungen seien unter Einbeziehung der historischen Entwicklung und des Unionsrechts zu beurteilen. Die EU-Energiesteuerrichtlinien ließen hinsichtlich der Befreiungen den einzelnen Mitgliedsländern einen großen Spielraum.

Die maßgebliche Idee der Energieabgabenvergütung liege darin, die Unternehmen von Energieabgaben zu entlasten. Die EU-Energiesteuerrichtlinien sehen nur Mindeststeuersätze vor, jedoch keine Verknüpfungen zwischen der Entlastung der unterschiedlichen Energieabgaben in dem Sinne, dass im Falle der Vergütung der Abgabenbelastung eines Energieträgers gleichzeitig für die gesamte Energieabgabenvergütung eine entsprechende Minderung eintreten soll. Es lägen jeweils unterschiedliche Verfahren vor.

Seitens der Verwaltung wurde es zugelassen, dass auf Grund des Wegfalles der Energieabgabenvergütung für nicht produzierende Dienstleistungsbetriebe ab Februar 2011 eine Aliquotierung des Nettoproduktionswertes und somit des Sockelbetrages vorgenommen werden könne. Daraus könne auch abgeleitet werden, dass auch für den Fall der Verwendung elektrischer Energie für energetische und nicht energetische Zwecke eine entsprechende Aliquotierung zulässig sei.

Auch unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes sei die Aliquotierung geboten. Im Falle eines Betriebes, der ausschließlich elektrische Energie für nicht energetische Zwecke verwendet, würde die Elektrizitätsabgabe zu 100% vergütet werden. Nach der Berechnungsmethode des Finanzamtes würde aber ein Unternehmen, das wie die Bw. die Energie für energetische und für nicht energetische Zwecke verwendet, benachteiligt werden. Dies deswegen, weil diese die Kürzung um den Selbstbehalt in Kauf nehmen müssten.

Wenn beispielsweise ein Betrieb zu 100% elektrische Energie für energetische und ein anderer Betrieb elektrische Energie zu 100% für nicht energetische Zwecke verwendet, müsse die Summe der Vergütungen für diese beiden Betriebe zusammen gleich hoch sein, wie wenn diese beiden Betriebe als einheitlicher Betrieb geführt würden.

Die Berechnungsmethode des Nettoproduktionswertes laut § 1 Energieabgabenvergütungsgesetzes sei unabhängig vom reinen Gesetzeswortlaut systematisch auszulegen und erfahre durch § 3 Z 2 Energieabgabenvergütungsgesetz dahingehend einer Korrektur, dass daraus zur Vermeidung einer Doppelerfassung eine Aliquotierung abzuleiten sei.

Die Befreiung nach dem Elektrizitätsabgabengesetz sei als lex specialis zur Energieabgabenvergütung zu sehen.

Laut Rz 260 der Energieabgabenrichtlinien sei die Energieabgabenvergütung zu gewähren, soweit kein Anspruch auf eine Befreiungsbestimmung bestehe. Hinsichtlich der Befreiung von der Elektrizitätsabgabe werde auf das Verfahren nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz verwiesen, mit der Ausnahme, dass kein Selbstbehalt abzuziehen sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob der Nettoproduktionswert anteilig zu kürzen ist, wenn ein bestimmter Anteil der eingesetzten elektrischen Energie für nichtenergetische Zwecke verwendet wird, weil dafür eine gesonderte Vergütung nach dem Befreiungstatbestand des § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz ohne Selbstbehalte vorgesehen ist.

Die für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfrage maßgeblichen gesetzlichen Regelungen lauten:

Energieabgabenvergütungsgesetz

§ 1 Abs. 1
Die entrichteten Energieabgaben auf die in Abs. 3 genannten Energieträger sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,5% des Unterschiedsbetrages zwischen

1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und

2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden,
übersteigen (Nettoproduktionswert).

§ 2 Z 2 (letzter Satz)
Der Vergütungsbetrag wird abzüglich eines allgemeinen Selbstbehaltes von 400 Euro gutgeschrieben.

§ 3
Kein Anspruch auf Vergütung besteht:
1.......
2. insoweit Anspruch auf Vergütung der Erdgasabgabe gemäß § 3 Abs. 2 des Erdgasabgabegesetzes, auf Vergütung der Kohleabgabe gemäß § 3 Abs. 2 des Kohleabgabegesetzes oder auf Vergütung der Mineralölsteuer nach dem Mineralölsteuergesetz 1995 besteht oder der Energieträger als Treibstoff verwendet wird

Elektrizitätsabgabegesetz

§ 2
Von der Abgabe sind befreit:
1.....
2....
"3. elektrische Energie, soweit sie für nichtenergetische Zwecke verwendet wird. Die Befreiung erfolgt im Wege einer Vergütung an denjenigen, der die elektrische Energie verwendet. Für das Vergütungsverfahren sind die Regelungen des Energieabgabenvergütungsgesetzes anzuwenden, wobei die Vergütung auch monatlich erfolgen kann."

Dem Gesetz kann nur entnommen werden, dass in dem Ausmaß, in dem elektrische Energie für nichtenergetische Zwecke verwendet wird, die auf diesen Energieverbrauch entfallende Elektrizitätsabgabe von der Elektrizitätsabgabe befreit ist. Die Befreiung wird in Form einer Vergütung gutgeschrieben. Zur Geltendmachung dieses Vergütungsanspruches sind die entsprechenden Verfahrensbestimmungen nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz anzuwenden.

Es ist der Bw. beizupflichten, dass die Befreiungsbestimmung des § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz Vorrang gegenüber dem allgemeinen Vergütungstatbestand des § 1 Energieabgabenvergütungsgesetz hat.

Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass im Falle der Gutschrift der Elektrizitätsabgabe nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz für die Vergütung der restlichen Energieabgaben nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz eine anteilige Kürzung des Nettoproduktionswertes vorzunehmen ist.

§ 1 Energieabgabenvergütungsgesetz regelt die Ermittlung des Nettoproduktionswertes. Eine Kürzung des Nettoproduktionswertes im Falle einer Vergütung nach dem Elektrizitätsabgabegesetz lässt sich auf Grund des eindeutigen Wortsinnes des Gesetzestextes auch bei großzügiger Auslegung nicht ableiten.

Die Bw. hatte im Streitjahr einen Gesamtverbrauch an elektrischer Energie in Höhe von 93.774.026 kWh. Davon wurden 75.956.961 kWh energetisch eingesetzt.

Die gesamte von der Bw. bezogene elektrische Energie war mit Elektrizitätsabgabe in Höhe von 1.406.610 Euro belastet. Davon sind 19%, das sind 267.256 Euro, nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz befreit und wurden im Vergütungswege gutgeschrieben.

Die Vergütung nach dem Elektrizitätsabgabegesetz erfolgte nach dem prozentuellen Anteil am Verbrauch der elektrischen Energie für nichtenergetische Zwecke.

Für die übrigen, nicht unter einen Befreiungstatbestand fallenden, zu vergütenden Energieabgaben, wurde ein Selbstbehalt (Sockelbetrag) normiert, dessen Maßstab der Nettoproduktionswert ist. Diesen Wert hat der Gesetzgeber als Berechnungsgrundlage für den Selbstbehalt ohne Abstriche oder Zuschläge fixiert.
Vereinfacht orientiert sich der Nettoproduktionswert an den Eingangs- und Ausgangsumsätzen und berücksichtigt letztendlich die Produktivität des Unternehmens.
Der Energieverbrauch ist jedoch eine völlig andere Größe und wird in kWh ausgedrückt. Der prozentuelle Anteil des Verbrauchs an elektrischer Energie für nichtenergetische Zwecke kann nicht auf den Nettoproduktionswert umgelegt werden, weil sonst Gleiches mit Ungleichem verglichen würde. Vereinfacht ausgedrückt würde dies eine Gleichstellung von kWh und der Produktivität des Unternehmens gemessen in Euro bedeuten.
Das Ergebnis wäre völlig unsachlich und willkürlich.
Der Energieverbrauch und der Nettoproduktionswert können, müssen aber nicht miteinander korrelieren. Es handelt sich um völlig unterschiedliche Größen, deren Gleichstellung weder logisch noch schlüssig ist.

Der Gesetzgeber hat im Energieabgabenvergütungsgesetz keine Anpassung des Nettoproduktionswertes normiert und demnach nicht gewollt. Selbst wenn darin eine Gesetzeslücke erblickt werden sollte - wovon der erkennende Senat allerdings nicht ausgeht - kann diese nicht durch eine völlig willkürlich gewählte Aliquotierung geschlossen werden.

Die Bw. bringt vor, dass der Vorteil der Selbstbehalt losen Vergütung nach § 2 Z 3 nie schlagend werden könne, wenn nicht eine aliquote Kürzung des Nettoproduktionswertes vorgenommen werde.

Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Gesetz nur entnommen werden kann, dass die Vergütung der Elektrizitätsabgabe nach der Befreiungsbestimmung des § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz jedenfalls zu 100% zusteht.

Den Regelungen über die Energieabgabenvergütung ist aber eine darüber hinausgehende, erweiterte Vergütungsabsicht nicht zu entnehmen. Es ist nur garantiert, dass die befreite Elektrizitätsabgabe zu 100% refundiert wird.

Das Argument der Bw., dass ohne Aliquotierung des Nettoproduktionswertes der Vorteil der 100%igen Befreiung nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz nie zum Tragen kommen könnte, geht schon deshalb ins Leere.

Abgesehen davon ist diese Behauptung widerlegbar.

Wäre bspw. im Berufungsfall der Nettoproduktionswert doppelt so hoch (2 x 672.100,83 = 1.344.201,60), würde sich nach dem Schema der Kontrollrechnung laut Bw. nur eine Vergütung von insgesamt 199.997,07 Euro (1.544.198,67 - 1.344.201,60) ergeben.
In diesem Fall stünde der Bw. jedenfalls der gesamte Vergütungsbetrag nach § 2 Z 3 Elektrizitätsabgabegesetz in Höhe von 267.256Euro zu.

Die Bw. bringt vor, dass die Auslegung des Finanzamtes den Gleichheitssatz verletze, da die Summe der Vergütungen zweier getrennter Betriebe (einer der beiden verwendet elektrische Energie zu 100% für energetische, der andere zu 100% für nichtenergetische Zwecke) höher sei, als die Summe der Vergütungen an einen einzigen Betrieb, bei dem beide Bereiche zusammengeführt werden.

Auch hier gilt, dass der Gleichheitssatz nur verletzt werden kann, wenn Gleiches mit Gleichem verglichen zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Die Bw. verwendet elektrische Energie eben zum Teil für energetische und zum Teil für nichtenergetische Zwecke. Sie ist dadurch weder mit einem Betrieb, der
a) elektrische Energie zu 100% für energetische Zwecke noch mit einem Betrieb, der
b) elektrische Energie zu 100% für nichtenergetische Zwecke verwendet, vergleichbar.
Sie ist daher weder schlechter als der Betrieb a), noch als der Betrieb b) gestellt.

Auch der Hinweis der Bw. auf Rz 260 EnAbgR führt zu keinem anderen Ergebnis.
Diese Rz lautet:
Soweit ein Anspruch auf Vergütung der Elektrizitätsabgabe nach § 2 Z 3 ElAbgG, der Erdgasabgabe nach § 3 Abs. 2 ErdgasAbgG, der Kohleabgabe nach § 3 Abs. 2 KohleAbgG und der Mineralölsteuer nach dem Mineralölsteuergesetz 1995 besteht oder der Energieträger als Treibstoff verwendet wird, kann eine Vergütung nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz nicht beantragt werden.

Aus dieser Randziffer der Richtlinien kann nur entnommen werden, dass die bezahlten Energieabgaben keiner doppelten Vergütung zugänglich sind.
Ansonsten ist jede Befreiung für sich zu betrachten. Die von der Bw. begehrte Aliquotierung des Nettoproduktionswertes lässt sich daraus nicht ableiten.

Die Energieabgabenvergütung steht seit Februar 2011 Betrieben, deren Schwerpunkt nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter liegt, nicht mehr zu.
Laut Bw. lasse die Verwaltungspraxis auf Grund des Wegfalles der Befreiung für die Berechnung der anteilig zustehenden Vergütung eine Aliquotierung des Nettoproduktionswertes zu. Demnach müsse auch im Berufungsfall eine Aliquotierung des Nettoproduktionswertes in der von der Bw. begehrten Weise zulässig sein.

Auch hier verweist die Bw. auf einen unzulässigen Vergleich. Der Umstand, dass auf Grund des unterjährigen Wegfalls der Befreiung eine monatsweise Aufteilung des Selbstbehaltes aus Vereinfachungsgründen zulässig ist, steht in keinem Zusammenhang mit der von der Bw. begehrten Aliquotierung und kann diese nicht untermauern.

Auch aus dem Hinweis auf die EU-Energiesteuerrichtlinien kann die Bw. nichts für ihren Standpunkt gewinnen.
Laut den Erwägungen der Richtlinie des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, Richtlinie 2003/96/EG, in deren zeitlichen Geltungsbereich der Berufungsfall fällt, ist das Ziel dieser Richtlinie die Festlegung einheitlicher Mindeststeuersätze für Energieabgaben.
Die Absätze 3) bis 5) und 11) der Erwägungen lauten:

(3) Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erreichung der Ziele der anderen Gemeinschaftspolitiken erfordern die Festsetzung von gemeinschaftlichen Mindeststeuerbeträgen für die meisten Energieerzeugnisse einschließlich elektrischen Stroms, Erdgas und Kohle.

(4) Erhebliche Abweichungen zwischen den von den einzelnen Mitgliedstaaten vorgeschriebenen nationalen Energiesteuerbeträgen könnten sich als abträglich für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erweisen.

(5) Durch die Festsetzung angemessener gemeinschaftlicher Mindeststeuerbeträge lassen sich die derzeit bestehenden Unterschiede bei den nationalen Steuersätzen möglicherweise verringern.

(11) Es ist Sache des einzelnen Mitgliedstaats zu entscheiden, durch welche steuerlichen Maßnahmen er diesen gemeinschaftlichen Rahmen zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und von elektrischem Strom umsetzen will.

Die Bw. hat in der mündlichen Berufungsverhandlung zum Ausdruck gebracht, dass die EU-Energiesteuerrichtlinien keine Verknüpfungen der Entlastungen der unterschiedlichen Energieabgaben zuließen. Es sei nicht zulässig, dass im Falle der Vergütung der Abgabenbelastung eines Energieträgers gleichzeitig für die gesamte Energieabgabenvergütung eine entsprechende Minderung eintreten soll. Es lägen jeweils unterschiedliche Verfahren vor.

Diese Ausführungen der Bw. sind völlig unverständlich, da danach im Richtlinienrecht Mehrfachvergütungen vorgesehen wären.
Diese Behauptung ist durch die Richtlinien nicht gedeckt. Mehrfachvergütungen würden wohl über das Ziel schießen. Eine derartige Regelung stünde auch im direkten Gegensatz zum Ziel der Richtlinie, nämlich eine Mindestbesteuerung zu sichern.

Die Richtlinie räumt Befreiungsmöglichkeiten ein, sofern die in der Richtlinie vorgeschriebenen Mindeststeuerbeträge im Durchschnitt für alle Betriebe eingehalten werden.
Hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung sind die Mitgliedstaaten weitgehend autonom. Die unterschiedlichen Befreiungstatbestände können zum Teil Selbstbehalte vorsehen, können aber in bestimmten Fällen auch zur Gänze steuerfrei stellen.

Es ist unbestritten, dass der Bw. im Streitjahr Vergütungen nach zwei verschiedenen Abgabengesetzen zustehen und folglich auch zwei Verfahren durchzuführen waren. Das Finanzamt hat diese beiden Verfahren nur insoweit miteinander verknüpft, als die nach dem Energieabgabenvergütungsgesetz vergütungsfähigen Beträge um die nach dem Elektrizitätsabgabegesetz als lex specialis zu vergütenden Beträge gekürzt wurden.
Darüber hinaus hat es jeden Befreiungstatbestand gesondert beurteilt. Vielmehr stellt das Berufungsbegehren inhaltlich eine Verknüpfung dar, die wie die Bw. selbst ausführt, im Gesetz nicht vorgesehen ist. Das Finanzamt hingegen stützt sich darauf, dass jeder Befreiungstatbestand gesondert zu beurteilen ist.

Es ist der Bw. damit nicht gelungen, einen Verstoß gegen die EU-Energiesteuerrichtlinien nachzuweisen.

Die Berufung war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen und der angefochtene Bescheid spruchgemäß abzuändern.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at