Steuerschuld auf Grund der Rechnung eines Kleinunternehmers und ex nunc-Wirkung der Berichtigung
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0509-S/08-RS1 | Die Vorschrift des § 16 Abs. 1 UStG ordnet allgemein die ex nunc-Wirkung der Berichtigung an. Die Änderungen führen nicht zu einer Berichtigung der ursprünglichen Steuerfestsetzung, sondern sind erst im Zeitraum der Änderung zu berücksichtigen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Rechtsanwalt als Masseverwalter im Konkurs von Vermieter, in Ort, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum 2003 bis 2006 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Aus dem Betriebsprüfungsbericht vom betreffend die Prüfungszeiträume 2003 bis 2006 geht Folgendes hervor:
Vermieter vermietete im Prüfungs- bzw. Berufungszeitraum und davor zwei Wohnungen. Laut Aufstellung der Betriebsprüfung bewegen sich die jährlichen Mieteinnahmen zwischen EUR 13.660,64 (2004) und EUR 20.092,20 (2006).
Im Mietvertrag mit Mieter vom wurde unter Punkt 6. ein Mietzins von ATS 10.000,00 (EUR 726,72) zuzüglich 10% Umsatzsteuer von ATS 1.000,00 (EUR 72,67) und Betriebs -und Heizkostenpauschale von ATS 2.000,00 (EUR 145,34), sohin ein monatlicher Mietzins von ATS 13.000,00 (EUR 944,73) vereinbart. Gemäß Punkt 7. ist der Mietzins wertgesichert.
Mit Schreiben des Vermieters an den Mieter vom wird auszugsweise festgehalten:
"Ich erlaube mir, wie im Mietvertrag vom vereinbart, eine Erhöhung der Miete und Betriebs- und Heizkostenpauschale bekanntzugeben.
Der neue zu entrichtende Mietzins setzt sich wie folgt zusammen:
Nettomietzins EUR 824,35, 10% Umsatzsteuer EUR 82,36, Betriebs- und Heizkostenpauschale EUR 165,09, ergibt einen neuen monatlichen Mietzins von EUR 1.071,80.
Ich ersuche um Überweisung der nunmehrigen Bruttomiete von EUR 1.071,80 ab ".
Die Mietzinserhöhung im genannten Ausmaß bestätigte auch der Mieter anlässlich seiner Aussage vom vor dem Finanzamt.
Die Betriebsprüfung errechnete daher Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 12 Umsatzsteuergesetz (UStG) (Steuerschuld auf Grund der Rechnung) für 2003 und 2004 von jeweils EUR 872,04 (monatliche Umsatzsteuer von EUR 72,67), für Jänner bis September 2005 von EUR 654,03 (EUR 72,67 monatlich), auf Grund der Mietzinserhöhung für Oktober bis Dezember 2005 EUR 247,08 (EUR 82,36 monatlich) und für 2006 EUR 988,32 (EUR 82,36 monatlich), welche mit den bekämpften Bescheiden gegenüber dem Vermieter festgesetzt wurde.
In der fristgerecht eingebrachten Berufung legte der Vermieter ein Schreiben an den Mieter vom folgenden Inhaltes bei:
"Auf Grund einer Betriebsprüfung wurde ich vom Finanzamt vom Prüfer darauf hingewiesen, dass ich wegen des zu geringen Umfanges der Vermietung nicht umsatzsteuerpflichtig bin.
Ich teile Ihnen nunmehr mit, dass mit sofortiger Wirkung die Nettomiete ohne Umsatzsteuer ausgewiesen ist und ersuche Sie um Streichung des Passus USt im Punkt 6 des Mietvertrages.
Wie bereits persönlich besprochen, können Sie den offenen Betrag (der Vermieter errechnete von April 2003 bis Dezember 2006 Umsatzsteuer von insgesamt EUR 3.285,46) mit den nächsten drei Monatsmieten einbehalten".
Im Rahmen der Berufungsvorentscheidung vom wurde das Berufungsbegehren mit der Begründung abgewiesen, dass eine Änderung des Mietvertrages hinsichtlich der Ausweisung der Umsatzsteuer nur für die Zukunft möglich ist, nicht aber für die Vergangenheit.
Am brachte der Vermieter einen Antrag auf Vorlage der Berufung betreffend Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2006 an die Abgabenbehörde zweiter Instanz ein.
Laut Auszug aus der Insolvenzdatei wurde am ein Schuldenregulierungsverfahren betreffend den Vermieter eröffnet. Als Masseverwalter wurde Rechtsanwalt bestimmt. In einem Schreiben vom an das Finanzamt teilt der Masseverwalter mit, dass durch die formale Bestreitung der Forderung des Finanzamtes in der gerichtlichen Prüfungstagsatzung vom sich ohne jeden Zweifel ergebe, dass der Masseverwalter die Berufung des Gemeinschuldners im Abgabenverfahren genehmige.
Nach Auskunft des zuständigen Bezirksgerichtes ist das Schuldenregulierungsverfahren noch aufrecht.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 6 Abs.1 Z 27 UStG 1994 sind die Umsätze der Kleinunternehmer steuerfrei. Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs.2 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum € 22.000.- (in der für den Gegenstandsfall maßgeblichen Fassung) nicht übersteigen. Nach § 12 Abs. 3 ist damit auch der Vorsteuerabzug ausgeschlossen (unechte Befreiung).
Im Gegenstandsfall unterschreiten die Mieteinnahmen diesen Betrag.
Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann der Unternehmer, dessen Umsätze nach Abs.1 Z 27 befreit sind, bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt erklären, dass er auf die Anwendung dieser Bestimmung, somit auf die Befreiung, verzichtet.
Aus dem Akt geht nicht hervor, dass Vermieter auf die Steuerbefreiung des § 6 Abs.3 Z 27 UStG verzichtet hat.
Gemäß § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen folgende Angaben (soweit sie für den gegenständlichen Fall von Bedeutung sind) enthalten:
•Z.1: den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmens,
•Z. 2: den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung,
•Z. 3: die Menge und die handelsübliche Bezeichnung des gelieferten Gegenstandes oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung,
•Z. 4: den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum über den sich die sonstige Leistung erstreckt,
•Z. 5: das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung und den anzuwendenden Steuersatz,
•Z. 6: den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag.
Miet-und Pachtverhältnisse werden von der Judikatur in Verbindung mit den Zahlungsbelegen als Rechnungen anerkannt. Dabei ist jedoch erforderlich, dass in dem schriftlichen Vertrag über die vereinbarte Leistung alle im Gesetz geforderten Elemente einer Rechnung enthalten sind (vgl. Zl. 88/14/0167 und Ruppe, UStG³, § 11 Tz 49).
Periodisch wiederkehrende Kontoauszüge können auch ohne ausdrücklichen Hinweis eine Identifizierung des Zahlungszeitraumes zulassen (vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek, Band V, § 11 Rz 49).
Sowohl der Mietvertrag als auch das Schreiben vom betreffend die ab geltende Mietzinserhöhung erfüllen diese Voraussetzungen.
§ 11 Abs. 12 leg. cit. normiert:
Hat der Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag gesondert ausgewiesen hat, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, so schuldet erdiesen Betragauf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt. Im Falle der Berichtigung gilt § 16 Abs. 1 sinngemäß.
Stellt der Kleinunternehmer Rechnungen aus, in denen er Umsatzsteuer gesondert ausweist, so schuldet er diese Steuer auf Grund der Rechnung, sofern er die Rechnung nicht berichtigt (vgl. Ruppe, UStG³, § 6 Tz 467)).
Im Gegenstandsfall schuldet der Vermieter auf Grund des gesonderten Ausweises des Steuerbetrages von ATS 1.000,00 (somit EUR 72,67 monatlich) im Rahmen des Mietvertrages vom und ab auf Grund des Schreibens vom an den Mieter betreffend die Mietzinserhöhung den dort ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag von EUR 82,36 monatlich. Diese Beträge hat der Vermieter auch tatsächlich vereinnahmt.
§ 16 Abs.1 UStG lautet:
Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.
Der Zeitpunkt der Berichtigung ergibt sich aus dem letzten Satz der zitierten Bestimmung, bei Änderungen auf Grund einer Vereinbarung ist der Zeitraum maßgebend, in dem die Vereinbarung geschlossen wurde (BFH , BStBl 1996 II 206). Die Vorschrift ordnet allgemein die ex nunc-Wirkung der Berichtigung an: Die Änderungen führen nicht zu einer Berichtigung der ursprünglichen Steuerfestsetzung, sondern sind erst im Zeitraum der Änderung zu berücksichtigen (vgl. Ruppe, UStG³ § 16 Tz 66).
Dies bedeutet, dass durch das Schreiben an den Mieter vom die Umsatzsteuerschuld für die Zeiträume 2003 bis 2006 nicht rückgängig gemacht werden kann, sondern die Berichtigung durch Änderung des Mietvertrages und Streichung des ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrages erst für die Zukunft wirksam sein kann.
Auf Grund des Schuldenregulierungsverfahrens richtet sich die Berufungsentscheidung an den Masseverwalter.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 16 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Zitiert/besprochen in | UFS Newsletter 2011/03 StExp 2011/177 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAD-06794