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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 10.04.2012, RV/1054-L/10

Kein Säumniszuschlag, wenn eine Tätigkeit rückwirkend als Lieberhaberei beurteilt und die abgezogene Vorsteuer rückgefordert wird.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung von ABC, Adresse, vertreten durch AB, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes CD vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde gegenüber ABC (= Berufungswerber, in der Folge kurz: Bw) ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 79,52 € festgesetzt, weil die Umsatzsteuer 2009 in Höhe von 3.975,82 € nicht fristgerecht bis entrichtet worden sei.

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Berufung wurde vorgebracht, dass für die Photovoltaikanlage mit Bescheid vom eine Unternehmereigenschaft nicht anerkannt worden sei und die angefallenen Vorsteuern nicht berücksichtigt worden seien. Die Bw hätten daher nicht wissen können, dass bereits am Umsatzsteuer in Höhe von 3.819,45 € fällig gewesen sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass nach der grundsätzlichen Regelung des § 217 Abs. 1 erster Satz BAO der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages alleine davon abhängig sei, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werde. Diese Bestimmung berücksichtige nicht die Gründe, aus denen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden sei.

Nach § 217 Abs. 8 BAO habe aber im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld auf Antrag des Abgabepflichtigen die Berechnung des Säumniszuschlages unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Mit Eingabe vom stellten die Bw einen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergänzend zur Berufung wurde ausgeführt, dass nicht vorhersehbar gewesen sei, dass die Umsatzsteuer, die das Finanzamt rücküberwiesen habe, wieder fällig werde, obwohl die Bw noch keinen Bescheid gehabt hätten. Es sei absolut nicht nachvollziehbar, dass die Umsatzsteuer in Höhe von 3.975,82 € doch wieder zurückgezahlt werden müsse. Bei einer Verständigung durch das Finanzamt hätten die Bw die Angelegenheit fristgerecht erledigt. Die mündliche Begründung des Finanzbeamten, dass derartige Bescheide automatisiert abgewickelt würden, verstünden die Bw im Sinne einer Verwaltungsvereinfachung. Dass aber bei einer Berufung wieder ein Säumniszuschlag vorgeschrieben werde, könne nicht nachvollzogen werden. Die Aufhebung des vorgeschriebenen Säumniszuschlages werde daher beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, ist ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 2 % des nicht zeitgerecht getilgten Abgabenbetrages zu entrichten (§ 217 Abs. 1 und 2 BAO).

Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen (§ 217 Abs. 8 BAO).

Der Säumniszuschlag, der kraft Gesetzes entsteht, ist die vom Verschulden der Partei unabhängige Sanktion für eine Säumnis bei der Abgabenentrichtung (Ausnahme: § 217 Abs. 7 BAO, wonach auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen sind, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft).

Der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ist alleine davon abhängig, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Diese Bestimmung berücksichtigt somit nicht die Gründe, aus denen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden ist.

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete (bzw. nicht rechtzeitig entrichtete) Abgabenschuldigkeit; dies unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig ist und ob die Festsetzung rechtskräftig oder mit Berufung angefochten ist (Ritz, BAO4, § 217 Tz 4).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Säumniszuschlagsbescheid daher auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung unrichtig ist.

Nach § 21 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen.

Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen (§ 21 Abs. 3 UStG 1994).

Durch die Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet (§ 21 Abs. 5 UStG 1994). Diese Gesetzesfassung beruht auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 111/84, worin dieser die Rechtsauffassung vertrat, dass Nachforderungen an Umsatzsteuer auf Grund der Jahreserklärung zwangsläufig die Unrichtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldung(en) für den Veranlagungszeitraum implizieren. Umsatzsteuernachforderungen seien damit zwangsläufig nicht entrichtete Vorauszahlungen oder verminderte Überschüsse.

Nach § 210 Abs. 1 BAO werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig.

Überträgt man diese rechtlichen Ausführungen auf den vorliegenden Fall, ergibt sich Folgendes:

Die Bw wurden im April 2009 unter der Branche "Energie- und Wasserversorgung" steuerlich erfasst.

Mit Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 04-06/2009 machten sie eine Umsatzsteuergutschrift von 3.739,60 € geltend, welche antragsgemäß zurückbezahlt wurde.

Die Umsatzsteuerveranlagung 2009 erfolgte unter Zugrundelegung von Umsätzen von Null, Aberkennung der geltend gemachten Vorsteuer und Ansatz einer Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung, sodass sich aus dem Umsatzsteuerbescheid 2009 vom eine Nachforderung von 3.975,82 € ergab, die der Säumniszuschlagsvorschreibung zu Grunde gelegt wurde.

Im Zusammenhang mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung erging an die Bw ein Schreiben, mit welchem die beabsichtigte Aussetzung des Berufungsverfahrens zur Kenntnis gebracht wurde, weil betreffend die Rechtsfrage des Vorliegens der Unternehmereigenschaft und der Anerkennung des Vorsteuerabzuges für eine Photovoltaikanlage im Zusammenhang mit einem privaten Wohnhaus ein Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei.

Diese Berufung ist derzeit (Stand ) noch unerledigt.

Mit dem angefochtenen Umsatzsteuerbescheid 2009 wurde den Bw die Unternehmereigenschaft aberkannt und daher die in Anspruch genommenen Vorsteuergutschriften rückgefordert.

Wird eine Tätigkeit rückwirkend als Liebhaberei beurteilt und dementsprechend die abgezogene Vorsteuer rückgefordert, begründet die durch einen Nichtunternehmer zu Unrecht abgezogene Vorsteuer für sich allein keine von § 210 BAO abweichende frühere Fälligkeit, die die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages zur Folge hätte. Die Bw traf in diesem Fall keine Verpflichtung zur Entrichtung von Umsatzsteuer, die als verspätet bezahlt angesehen werden könnte (vgl. ; , 92/13/0136).

Für den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ist Grundvoraussetzung, dass überhaupt eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Abgabe besteht. Besteht keine Unternehmereigenschaft, liegt diese Voraussetzung nicht vor.

Würde über die bis dato noch unerledigte Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 positiv entschieden und den Bw die Unternehmereigenschaft wiederum zuerkannt werden, würde dies im Ergebnis keine andere Entscheidung bewirken, weil sich - unter Zugrundelegung der eingereichten Voranmeldungen 4-6/2009 und 7-9/2009 und der Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 - allenfalls eine geringfügige Nachforderung ergeben und diese auf Grund der Bestimmung des § 217 Abs. 10 BAO, wonach Säumniszuschläge, die den Betrag von 50,00 € nicht erreichen, nicht festzusetzen sind, keine Säumniszuschlagsvorschreibung nach sich ziehen würde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise


Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
EAAAD-06530