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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 17.07.2009, RV/0375-S/07

Einräumung eines Fruchtgenussrechtes, Zurechnung der Einkünfte

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung von denBerufungswerbern gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Nichtfeststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit einem am beim Finanzamt eingelangten Fragebogen haben AundB die Gründung einer Miteigentümergemeinschaft (Hausgemeinschaft) mit dem Tätigkeitsbereich Vermietung und Verpachtung in DB, bekannt gegeben. Im Oktober 2006 wurde sodann eine Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften 2005 beim Finanzamt eingereicht.

Am hat das Finanzamt einen Nichtfeststellungsbescheid gemäß § 92 BAO erlassen und ausgesprochen, dass die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Jahr 2005 betreffend AundB unterbleibt. Begründend wurde ausgeführt, dass bei Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen die Anerkennung von rückwirkenden Parteienvereinbarungen zu versagen sei. Da laut Aktenlage die grundbücherliche Einverleibung des Fruchtgenussrechtes für die Ehegattin erst am erfolgt sei, könne eine Aufteilung der Vermietungseinkünfte auf die Gesellschafter AundB erst ab dem anerkannt werden.

Gegen diesen Nichtfeststellungsbescheid wurde von Seiten der beiden Ehegatten Berufung eingebracht und vorgebracht, dass sie am einen Fruchtnießungsvertrag abgeschlossen hätten, wobei einvernehmlich auf eine grundbücherliche Einverleibung des Nutzungsrechtes verzichtet worden sei. Dieser Fruchtnießungsvertrag sei dem Finanzamt angezeigt worden. Über Ersuchen des Steuerberaters der Bw sei am ein abgeänderter Fruchtnießungsvertrag erfolgt, der jedoch inhaltlich identisch mit dem seinerzeitigen Vertrag sei. Das Finanzamt sei lediglich der irrigen Ansicht gewesen, dass aufgrund der Bestimmung des § VI. des Vertrages vom der Vertrag jederzeit gekündigt werden könne. Dies sei jedoch unter Berücksichtigung des § V. unrichtig, da die gegenständliche Vereinbarung für einen Zeitraum von 10 Jahren abgeschlossen worden sei. Die Bw hätten sich sodann auch noch entschlossen, den gegenständlichen Nutznießungsvertrag zu verbüchern. Eine rückwirkende Parteienvereinbarung liege sohin nicht vor, sondern sei die Parteienvereinbarung am abgeschlossen worden.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde diese Berufung abgewiesen. Herr B betreibe bzw. habe in BR einen Gemischtwarenhandel und eine Vermietung betrieben. Am habe Herr B mit seiner Ehegattin einen Fruchtnießungsvertrag über die unentgeltliche Fruchtgenusseinräumung der Hälfte des derzeit vermieteten Erdgeschoßes des Hauses DB abgeschlossen. § V. des Vertrages enthalte die Bestimmung, dass die Vereinbarung vorerst für einen Zeitraum von 10 Jahren ab abgeschlossen werde und daher am ende, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. In § VI. werde dem Nutzungsgeber B das Recht eingeräumt, die gegenständliche Nutzungsvereinbarung jederzeit mit einer Kündigungsfrist von zumindest 4 Wochen schriftlich zu kündigen. Gemäß § X. würden die Vertragsteile einvernehmlich auf eine grundbücherliche Einverleibung des Nutzungsrechtes verzichten. Mit abgeändertem Fruchtnießungsvertrag vom sei im § VI. folgender Satz angefügt worden: "Diese Kündigungsmöglichkeit besteht gem. § V. des Vertrages erst ab dem ". Weiters sei § X. vollständig geändert worden und laute nunmehr: "B , geb. XYZ erteilt seine ausdrückliche Zustimmung, dass im Lastenblatt der Liegenschaft ABR nachstehende Grundbuchshandlung bewilligt wird: Die Einverleibung des uneingeschränkten Rechts der Fruchtnießung im Sinne der § 509 folgende ABGB, hinsichtlich der Hälfte des Erdgeschosses des Hauses D, gemäß § II. des Vertrages". Mit Beschluss des Bezirksgerichtes X vom sei die Einverleibung der gegenständlichen Fruchtnießung für Frau A bewilligt und im Grundbuch eingetragen worden. Nach Schrifttum und Verwaltungspraxis seien Einkünfte aus einem Fruchtgenussrecht dem Fruchtgenussberechtigten als eigene Einkünfte ua. nur dann zuzurechnen, wenn der Fruchtgenuss für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position bestellt werde, wobei ein Zeitraum von 10 Jahren üblicherweise als ausreichend angesehen werde. Bei der Beurteilung der Fruchtgenussbestellung zwischen nahen Angehörigen seien die von der Rechtsprechung zu den Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien zu beachten. Steuerrechtlich setze die Anerkennung eines zwischen nahen Angehörigen begründeten Rechtsverhältnisses ua. voraus, dass es nach außen ausreichend zum Ausdruck komme. Rückwirkende Parteienvereinbarungen seien im Steuerrecht ganz allgemein gesehen nicht zu beachten, wobei privatrechtliche Vereinbarungen auch innerhalb eines Geschäftsjahres abgabenrechtlich keine rückwirkende Bedeutung haben könnten. Für das Jahr 2005 könne eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens nicht erfolgen, weil an den Einkünften nicht mehrere Personen beteiligt seien: Der Fruchtnießerin Frau A sei durch den Fruchtnießungsvertrag vom eine für eine gewisse Dauer (rund 10 Jahre) rechtlich gesicherte Position nicht eingeräumt worden. Das dingliche Recht der Fruchtnießung könne an Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern eingetragen seien, nur durch die Eintragung in diese erworben werden (§ 481 Abs. 1 ABGB). Diese vom Gesetz geforderte Eintragung sei jedoch unterblieben. Dem Nutzungsgeber B sei vertraglich das Recht eingeräumt worden, die gegenständliche Nutzungsvereinbarung jederzeit mit einer Kündigungsfrist von zumindest 4 Wochen schriftlich zu kündigen. Die diesbezüglichen Vertragsbestimmungen müssten so ausgelegt werden, dass das Kündigungsrecht im 10jährigen Zeitraum ab Vertragsbeginn ausgeübt werden könne. Eine andere Interpretation sei auszuschließen, da die gegenständliche Vereinbarung ohnedies am ende, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Der mit abgeändertem Fruchtnießungsvertrag vom im § VI eingefügte Satz: "Diese Kündigungsmöglichkeit besteht gem. § V. des Vertrages erst ab dem " erweise sich als Vertragsänderung (Kündigungsbeschränkung), die jedoch nicht rückwirkend zur Anwendung gelangen könne. Der ursprüngliche Fruchtnießungsvertrag sei zwischen den Parteien am , der abgeänderte Fruchtnießungsvertrag am abgeschlossen worden. Beide Verträge seien auf Grund des Grundsatzes, dass rückwirkende Parteienvereinbarungen im Steuerrecht ganz allgemein gesehen nicht zu beachten seien und privatrechtliche Vereinbarungen auch innerhalb eines Geschäftsjahres abgabenrechtlich keine rückwirkende Bedeutung haben könnten, für das Jahr 2005 abgabenrechtlich unbeachtlich. Der Fruchtnießungsvertrag vom sei nicht, der abgeänderte Fruchtnießungsvertrag vom sei erst am verbüchert worden. Damit fehle für das Jahr 2005 die von der Rechtsprechung geforderte Publizität von zwischen nahen Angehörigen begründeten Rechtsverhältnissen.

Letztlich haben die Bw die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt und ergänzend ausgeführt:

Das Finanzamt versuche über den Weg der grammatikalischen Interpretation eine Kündigungsmöglichkeit herauszuarbeiten, die es den Vertragspartnern AundB ermöglichen sollte, vor dem die gegenständliche Nutzungsvereinbarung aufzukündigen. Dies sei sowohl grammatikalisch als auch sinngemäß unrichtig. Die gegenständliche Vereinbarung sei vorerst für einen Zeitraum von zehn Jahren ab abgeschlossen worden. Den Vertragsparteien sei es freigestellt mittels schriftlicher Erklärung, die auf dem gegenständlichen Vertrag angebracht werden könne, die Vertragsdauer (nach diesem Zeitpunkt) zu verlängern. Erst nach diesem Zeitpunkt sei gemäß § VI. für den Nutzungsgeber B möglich gewesen, die gegenständliche Nutzungsvereinbarung ohne Angabe vor Gründen mit einer Kündigungsfrist von zumindest vier Wochen schriftlich aufzukündigen. In § VI. sei nochmals auf § V. verwiesen und festgehalten worden, dass diese Kündigungsmöglichkeit erst ab dem bestehe. Diese eindeutige und klare Bestimmung habe das Finanzamt völlig fehl interpretiert und aus diesen Bestimmungen abgeleitet, dass kein Zeitraum von zehn Jahren bestehe und bestehen werde. Durch die Anzeige dieses Vertrages sei dem Finanzamt mitgeteilt worden, dass ein zehnjähriges Nutzungsrecht (Fruchtgenuss) zwischen AundB vereinbart worden sei. Von einer rückwirkenden Parteienvereinbarung könne nicht die Rede sein, die Offenlegung gegenüber dem Finanzamt sei mehr als ausreichend, das Finanzamt habe auch jederzeit die Möglichkeit der Überprüfung, ob diese Vereinbarung eingehalten werde oder nicht. Sohin sei kein rückwirkender Vertrag abgeschlossen worden, der abgeänderte Fruchtnießungsvertrag vom habe den identen Inhalt, er sei lediglich um die grundbücherlichen Absicherungen ergänzt worden.

Hiezu wurde erwogen:

Einheitlich und gesondert werden gemäß § 188 Abs. 1 BAO festgestellt die Einkünfte (der Gewinn oder der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten)

a)aus Land- und Forstwirtschaft,

b)aus Gewerbebetrieb,

c)aus selbständiger Arbeit,

d)aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens,

wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind.

Voraussetzung für auf § 188 BAO gestützte Feststellungsbescheide ist die Beteiligung mehrerer an Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens. Wem Einkünfte zugerechnet werden, richtet sich nach ertragsteuerlichen Vorschriften. (Vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, TZ 1ff zu § 188).

Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 und 3 EStG 1988 sind demjenigen zuzurechnen, dem die Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Die Einkunftsquelle kann sich auf das (wirtschaftliche) Eigentum, auf ein Mietrecht (zur Weiter- oder Untervermietung), auf ein Nutzungsrecht oder auf eine bloße Tätigkeit gründen. Zurechnungssubjekt ist derjenige, der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt, der also die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. (Vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, TZ 142 zu § 2).

Im gegenständlichen Fall hat Herr B als Eigentümer des Hauses DB , seiner Ehegattin A mit den Verträgen vom bzw. unentgeltlich das uneingeschränkte Recht der Fruchtnießung im Sinne der § 509 ff ABGB hinsichtlich der Hälfte des vermieteten Erdgeschosses dieses Hauses eingeräumt. Im Fruchtnießungsvertrag vom wurde eine grundbücherliche Sicherstellung des Fruchtgenussrechtes nicht vereinbart. Im Fruchtnießungsvertrag vom sind die Bw sodann übereingekommen, dass Fruchtgenussrecht zu verbüchern. Am hat das Bezirksgericht X die Einverleibung des uneingeschränkten Rechtes der Fruchtnießung im Sinne der §§ 509 ff ABGB hinsichtlich der Hälfte des Erdgeschosses des Hauses DB , gemäß § II. des Vertrages vom für A bewilligt. In beiden Fruchtnießungsverträgen wurde gleichlautend unter § V. Beginn und Dauer geregelt: "Die Übertragung der Nutzungsrechte erfolgte am . Von diesem Tage an stehen Frau A die Hälfteeinnahmen aus der Vermietung des Hauses DO nach Abzug der Reparaturen, Werbungskosten, Bankzinsen und Abschreibungen, anteilig zu. Die gegenständliche Vereinbarung wird vorerst für einen Zeitraum von 10 Jahren ab abgeschlossen. Diese Vereinbarung endet daher am , ohne dass es einer Kündigung bedarf. Den Vertragsparteien steht es frei, mittels schriftlicher Erklärung, die auf dem gegenständlichen Vertrag angebracht werden kann, die Vertragsdauer zu verlängern." Im darauf folgenden § VI. wurde jeweils die Kündigungsmöglichkeit wie folgt geregelt: "Dem Nutzungsgeber, B, steht es frei, die gegenständliche Nutzungsvereinbarung ohne Angabe von Gründen jederzeit mit einer Kündigungsfrist von zumindest 4 Wochen schriftlich aufzukündigen." Im Fruchtnießungsvertrag vom wurde dieser Vertragspunkt um einen weiteren Satz ergänzt: " Diese Kündigungsmöglichkeit besteht gemäß § V. des Vertrages erst ab dem ." Dieser Satz fehlt im Fruchtnießungsvertrag vom .

Laut den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 85/14/0133, und vom , 2003/14/0065, ist nach österreichischer Lehre und Rechtsprechung unbestritten, dass ein Fruchtnießer (originäre) Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG beziehen kann, und zwar auch bei einem Zuwendungsfruchtgenuss. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einräumung des Fruchtgenusses als Übertragung der Einkunftsquelle darstellt. Wird jemandem eine Einkunftsquelle übertragen, dann sind ihm die Einkünfte aus dieser Quelle jedenfalls zuzurechnen, wobei es ohne Belang ist, wie und warum ihm die Einkunftsquelle übertragen wurde. Es sind somit auch Einkünfte aus einer Einkunftsquelle, die dem Steuerpflichtigen freiwillig oder in Erfüllung einer Unterhaltspflicht bzw. unentgeltlich überlassen wurde, ihm als Inhaber dieser Einkunftsquelle zuzurechnen.

In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass Fruchtgenuss das dingliche Recht auf volle Nutzung einer fremden Sache unter Schonung der Substanz ist. Das Fruchtgenussrecht an Liegenschaften entsteht durch die Verbücherung. Daher muss der übereinstimmende Parteiwille auf die Verbücherung gerichtet sein, sonst kann nur ein inhaltlich ähnliches obligatorisches Recht entstehen. Daraus ergibt sich aber noch nicht, dass einem solchen Recht keine wirtschaftliche Bedeutung zukommt. Denn auch dem bloß obligatorisch berechtigten Fruchtnießer ist die Einkunftsquelle zuzurechnen, wenn er die Möglichkeit erhält über die Einkunftsquelle nach eigenen Intentionen maßgeblich zu disponieren. (Vgl. , vom , 2003/15/0100, und vom , 92/15/0024).

Entscheidend ist daher letztlich die Frage, wer die Disposition zur Erzielung der Einkünfte zu treffen in der Lage ist. Der (nur obligatorisch berechtigte) Fruchtgenussberechtigte muss auf die Einkünfteerzielung Einfluss nehmen, indem er am Wirtschaftsleben teilnimmt (eventuell durch einen Bevollmächtigten) und die Nutzungsmöglichkeiten nach eigenen Intentionen gestaltet; dazu gehört, dass der (nur obligatorisch berechtigte) Fruchtgenussberechtigte die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Fruchtgenusses trägt (insbesondere Erhaltungsaufwand, Abgaben, Hypothekarzinsen usw; siehe §§ 512 f ABGB). Dem (nur obligatorisch berechtigten) Fruchtgenussberechtigten verbleibt daher nur der Nettoertrag (Einnahmen abzüglich Aufwendungen). Außerdem muss der Fruchtgenuss oder ein inhaltlich ähnliches obligatorisches Recht für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position bestellt bzw. eingeräumt sein. Ein Zeitraum von 10 Jahren kann üblicherweise als ausreichend angesehen werden. (Vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz, TZ 147 zu § 2, zB auch ).

Im gegenständlichen Fall ist nun konkret zu klären, ob im Streitjahr 2005 durch den Abschluss des Fruchtnießungsvertrages vom - im Hinblick auf die in § VI. formulierte Kündigungsmöglichkeit des Nutzungsgebers B - das Nutzungsrecht der Frau A für eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position eingeräumt wurde oder nicht. Das Finanzamt vertritt die Ansicht, dass § VI. des Nießbrauchvertrages vom ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Herrn B ab Vertragsbeginn vorsieht, sodass Frau A das Nutzungsrecht nicht auf Dauer entsprechend rechtlich abgesichert eingeräumt wurde. Der steuerliche Vertreter der Bw erklärt, dass unter Berücksichtigung des § V. des Fruchtnießungsvertrages vom erst nach dem Ablauf von 10 Jahren ab Vertragsbeginn die Kündigungsmöglichkeit nach § VI. für den Nutzungsgeber B offen steht.

Die §§ V. und VI. des Fruchtnießungsvertrages vom lauten:

"§ V. Beginn und Dauer: Die Übertragung der Nutzungsrechte erfolgte am . Von diesem Tage an stehen Frau A die Hälfteeinnahmen aus der Vermietung des Hauses DO nach Abzug der Reparaturen, Werbungskosten, Bankzinsen und Abschreibungen, anteilig zu. Die gegenständliche Vereinbarung wird vorerst für einen Zeitraum von 10 Jahren ab abgeschlossen. Diese Vereinbarung endet daher am , ohne dass es einer Kündigung bedarf. Den Vertragsparteien steht es frei, mittels schriftlicher Erklärung, die auf dem gegenständlichen Vertrag angebracht werden kann, die Vertragsdauer zu verlängern.

§ VI. Kündigungsmöglichkeit: Dem Nutzungsgeber, B, steht es frei, die gegenständliche Nutzungsvereinbarung ohne Angaben von Gründen jederzeit mit einer Kündigungsfrist von zumindest 4 Wochen schriftlich aufzukündigen."

Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen (zwar) nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern ist die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Jeder Vertragspartner muss sich (aber) die Auslegung seines Verhaltens und der in seinen schriftlichen Äußerungen verwendeten Wendungen im dem Sinne gefallen lassen, in welchem sie ein unbefangener Erklärungsempfänger verstehen musste. Unter "Absicht der Parteien" im Sinn des § 914 ABGB ist dabei keineswegs etwa die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter oder nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern ausschließlich der Geschäftszweck zu verstehen, den jeder der vertragsschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muss. Es gilt sohin der objektive Erklärungswert des Vertragsinhaltes bzw. die Vertrauenstheorie. (Vgl. , und vom , 92/16/0159).

Unter diesen Vorgaben steht für den Unabhängigen Finanzsenat eindeutig fest, dass § VI. Kündigungsmöglichkeit im Nutzungsvertrag vom für einen unbefangenen redlichen Erklärungsempfänger nur so zu verstehen ist, dass der Nutzungsgeber, Herr B , die gegenständliche Nutzungsvereinbarung ohne Angabe von Gründen, jederzeit , dh. vom Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung bis zu dem sich aus § V ergebenden Ende dieser Vereinbarung am , mit einer Kündigungsfrist von zumindest 4 Wochen schriftlich aufkündigen kann. Dies hat aber zur Folge, dass die Fruchtgenussberechtigte Frau A nicht über eine gewisse Dauer bei rechtlich abgesicherter Position über die vertragsgegenständliche Einkunftsquelle verfügen konnte.

Dieser objektive Erklärungswert des Vertragsinhaltes - nämlich das jederzeitige Kündigungsrecht des Herrn B ab Vertragsbeginn - steht auch im Einklang mit der Tatsache, dass eine Verbücherung des Fruchtgenussrechtes nicht vereinbart wurde. Nicht nur die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit des Herrn B , sondern auch die fehlende Verbücherung weisen im Hinblick auf die weit reichende Wirkung von Grundbuchseintragungen daraufhin , dass Frau A durch den am abgeschlossenen Fruchtnießungsvertrag in keine besonders starke rechtliche Position versetzt werden sollte.

Der Fruchtnießungsvertrag vom wurde von den Bw offensichtlich in Reaktion auf ein bei Herrn B in der Zeit von November 2006 bis Jänner 2007 durchgeführtes Vorhalteverfahren abgeschlossen. In diesem Vertrag sind die Bw übereingekommen, den Fruchtnießungsvertrag zu verbüchern, und sie haben - im Vergleich zum Fruchtnießungsvertrag vom - den § VI. "Kündigungsmöglichkeit" durch folgenden Satz ergänzt: "Diese Kündigungsmöglichkeit besteht gem. § V. des Vertrages erst ab dem ". Im Hinblick darauf, dass der Fruchtnießungsvertrag vom laut § V. "Beginn und Dauer" am endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, erscheint eine Regelung der Kündigungsmöglichkeit für einen Zeitraum nach Ende des Vertragsverhältnisses wenig sinnvoll. Auch wenn es den Vertragsparteien laut § V. frei steht, mittels schriftlicher Erklärung, die auf dem gegenständlichen Vertrag angebracht werden kann, die Vertragsdauer zu verlängern, so hätten die Vertragspartei in dieser schriftlichen Erklärung ausreichend Möglichkeit gehabt für die Zukunft eine Kündigungsmöglichkeit zu vereinbaren. Mit Einfügung dieses Satzes soll offensichtlich der Anschein erweckt werden, dass die Fruchtnießungsverträge vom und vom ident seien und der Vertrag lediglich um die grundbücherliche Absicherung ergänzt worden sei. Tatsächlich unterscheiden sich die beiden Verträge neben der ebenfalls rechtlich bedeutsamen Vereinbarung der Verbücherung in der für die Rechtsposition von Frau A weiteren wesentlichen Frage der Kündigungsmöglichkeit des Herrn B . Im Vertrag vom bestand eine jederzeitige Kündigungsmöglichkeit für Herrn B während der gesamten Laufzeit des Vertrages, die sodann mit Abschluss des Vertrages vom beseitigt wurde.

Im Hinblick darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rückwirkende Rechtsgeschäfte ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Steuerrechtes nicht anzuerkennen sind, kann dem Fruchtnießungsvertrag vom keine steuerliche Relevanz für das Streitjahr 2005 zukommen. (Vgl. ).

Da der für das Streitjahr 2005 relevante Fruchtnießungsvertrag vom Frau A keine unwiderrufliche Dispositionsbefugnis über die (anteiligen) Einkünfte aus der Vermietung des Erdgeschosses des Hauses DB eingeräumt hat bzw. Frau A aufgrund der damaligen Vereinbarung das in Rede stehende Nutzungsrecht im Streitjahr 2005 nicht aus einer abgesicherten Position wahrnehmen konnte, sind die Einkünfte aus dieser Vermietung im Streitjahr 2005 weiterhin Herrn B zuzurechnen. Eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 Abs. 1 BAO für 2005 kommt somit mangels mehrerer Beteiligter nicht in Betracht.

Die Berufung ist daher als unbegründet abzuweisen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 188 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at