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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSI vom 21.04.2011, RV/0019-I/10

Anzahl der tatsächlich vorliegenden Ausfertigungen (laut Vertragstext: "Solcherart erstellt und in dreifacher Ausfertigung unterschrieben")

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch BS über die Berufung des G.O, Adresse, vertreten durch Stb., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck, vertreten durch SB, vom betreffend die Gebühr für Gleichschriften nach der am in 6021 Innsbruck, Innrain 32, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Gebühr für die Gleichschriften wird mit 4.780,80 € festgesetzt. Die Berechnung der festgesetzten Gebühr ist dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bildet einen Bestandteil des Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Das Ehepaar G.K.O sind auf Grund des Kaufvertrages vom grundbücherliche Eigentümer der inländischen Liegenschaft Grundbuch X. Im "September 2009" (laut Vorhaltbeantwortung am ) haben die Vermieter G.K.O mit der Mieterin M.V. BV hinsichtlich dieses Objektes für die Vertragsdauer bis einen Mietvertrag abgeschlossen. Laut Vertragsinhalt wurde dieser Mietvertrag "in dreifacher Ausfertigung unterschrieben". Dieser Bestandvertrag, der dem zuständigen Finanzamt im Zuge einer Nachschau als Kontrollmitteilung zur Kenntnis gelangt ist, wurde unbestritten nicht angezeigt und davon keine Selbstberechnung vorgenommen.

Das Finanzamt Innsbruck setzte gegenüber G.O (im Folgenden: Bw) mit Bescheid vom für diesen Mietvertrag die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG mit 2.390,40 € fest. Weiters wurde mit streitgegenständlichem Gebührenbescheid gemäß § 25 GebG für drei Gleichschriften dreimal die für das Rechtsgeschäft festgesetzte Gebühr in Höhe von 2.390,40 € mit 7.171,20 € vorgeschrieben.

Dagegen berief der Bw. mit der Begründung, da keinerlei Gleichschriften erstellt worden seien, sei die Gebührenfestsetzung in Höhe von 7.171,20 € zur Gänze nicht gerechtfertigt.

Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, die der Abgabenbehörde vorliegende Urkunde beurkunde, dass der Vertrag in dreifacher Ausfertigung erstellt und unterschrieben worden sei. Da die Urkunde nicht fristgerecht angezeigt bzw. die Gebühr nicht selbstberechnet worden sei, sei gemäß § 25 Abs. 1 GebG für jede Gleichschrift die Gebühr zu erheben.

Der Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und auf Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung. Auf die Berufungsvorentscheidung replizierend führte er aus, der Begründung zur Berufung sei nichts hinzuzufügen.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde von der Vertreterin des Bw. ergänzend ausgeführt, der Vertrag sei nicht in dreifacher, sondern nur in einer Ausfertigung erstellt worden. Die Vertragsklausel der dreifachen Ausfertigung rühre daher, dass für den Vertrag eine Vorlage aus dem Internet verwendet worden wäre, die eben diesen Passus enthalten habe. Den Vertragsparteien sei diese Klausel gar nicht bewusst geworden, zumal die Eheleute G.K.O nicht gut Deutsch sprechen würden. Auf die Frage, warum dann der Vertrag überhaupt in Deutsch und nicht in ihrer Muttersprache (Holländisch) abgefasst wurde, machte die Vertreterin keine Angaben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Was das (bestrittene) Entstehen der Gebührenschuld, das (bestrittene) Vorliegen einer Urkunde und die Heranziehung des G.O als Gebührenschuldner anlangt wird ergänzend auf den Erwägungsteil der gegenüber dem Bw. ergangenen Berufungsentscheidung vom , RV/0018-I/10 verwiesen, die insoweit einen integrierenden Bestandteil dieser Berufungsentscheidung bildet.

Für dieses von den Vertragsteilen am unterfertigte Rechtsgeschäft ist zweifelsfrei vor dem (in Kraft treten der Aufhebung des § 25 GebG als Folge der Kundmachung des VfGH- Erkenntnisses vom , G 158/08) die Gebührenschuld entstanden. Die Bestimmung des § 25 GebG ist demzufolge auf den Berufungsfall noch anzuwenden und wurde durch die Aufhebung gleichsam "immunisiert" (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel und Rechtsgebühren, § 25 GebG, Rz 1).

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.

Werden über ein Rechtsgeschäft mehrere Urkunden errichtet, so unterliegt nach § 25 Abs. 1 GebG in der Fassung BGBl. I Nr. 2001/144 jede dieser Urkunden den Hundertsatzgebühren.

Das Gebührengesetz wird vom Prinzip der Schriftlichkeit (Urkundenprinzip) beherrscht. Nach § 25 Abs. 1 GebG unterliegt jede Urkunde, die über ein und dasselbe Rechtsgeschäft errichtet wurde, den Hundertsatzgebühren. Nach § 25 Abs. 1 GebG fallen auf Grund des Urkundenprinzips bei Mehrfachbeurkundung desselben Rechtsgeschäftes auch mehrfach Rechtsgebühren an. Der Gesetzgeber unterzieht mit dieser Vorschrift jede über ein Rechtsgeschäft errichtete Urkunde der Rechtsgebühr, unabhängig davon, aus welchem Grund mehrere Urkunden über dasselbe Rechtsgeschäft errichtet werden.

Gemäß § 25 Abs. 2 GebG idF. BGBl. I Nr. 2001/144 ist dann, wenn von einer Urkunde Gleichschriften (Duplikate, Triplikate usw) ausgefertigt werden, die Hundertsatzgebühr auf Grund jener Gleichschriften nur einmal zu entrichten, die dem Finanzamt bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Gebührenschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats vorgelegt werden. Das Finanzamt hat auf allen Gleichschriften zu bestätigen, dass die betreffende Schrift eine Gleichschrift ist und die Gebührenanzeige erstattet wurde.

Nach § 25 Abs. 6 GebG idF. BGBl. I Nr. 2001/144 ist in den Fällen einer Gebührenentrichtung gemäß § 3 Abs. 4a und § 33 Tarifpost 5 Abs. 5 bei Errichtung mehrerer Gleichschriften die Hundertsatzgebühr für das Rechtsgeschäft nur einmal zu entrichten, wenn auf allen Gleichschriften von dem zur Selbstberechnung Verpflichteten oder Befugten der Vermerk angebracht wird, dass die Hundertsatzgebühr für das Rechtsgeschäft selbst berechnet und an das Finanzamt entrichtet wird. Im Falle der Selbstberechnung und Entrichtung an das Finanzamt ist der im § 3 Abs. 4a oder im § 33 Tarifpost 5 Abs. 5 Z 3 oder 5 vorgesehene Vermerk anzubringen.

Außer Streit steht, dass die Gleichschriften weder dem Finanzamt rechtzeitig (das heißt bis zum 15. des zweitfolgenden Kalendermonats nach dem für die Gleichschrift maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Gebührenschuld) vorgelegt noch eine Selbstberechnung (mit Entrichtung) der Gebühr unter Anbringung des entsprechenden Vermerkes erfolgt ist. Die Bestimmungen gemäß § 25 Abs. 2 und Abs. 6 GebG können demzufolge mangels Vorliegens dieser Tatbestandsvoraussetzungen im Gegenstandsfall nicht zum Tragen kommen.

Die Berufung bekämpft die Rechtmäßigkeit des gegenständlichen Gebührenbescheides ausschließlich mit folgendem Vorbringen: "Es wurden keinerlei Gleichschriften erstellt, daher ist auch die Gebührenfestsetzung in Höhe von EUR 7.171,20 zur Gänze nicht gerechtfertigt." Demzufolge bildet den alleinigen Streitpunkt und entscheidet den Berufungsfall, ob von diesem Mietvertrag entsprechend dem eindeutigen und keinen Zweifel offen lassenden Vertragstext drei Gleichschriften (Ausfertigungen) erstellt wurden oder nicht.

Eine Gleichschrift ist eine Ausfertigung der Vertragsurkunde, die der Urschrift im Inhalt völlig gleicht und von den Vertragsteilen ebenfalls eigenhändig unterfertigt worden ist ( 2957 bis 2959/76, und ).

Der vorliegende Mietvertrag enthält abgesetzt vom übrigen Text und damit besonders deutlich hervorgehoben folgenden Vermerk: "Solcherart erstellt und in dreifacher Ausfertigung unterschrieben". Diese dreifache Ausfertigung des Mietvertrages hängt wohl damit zusammen und erklärt sich dadurch, weil insgesamt zwei natürliche Personen (Vermieter) und eine Kapitalgesellschaft (Mieterin) Vertragsparteien dieses Rechtsgeschäftes waren und jeder der drei Vertragsparteien eine Ausfertigung des Mietvertrages zukommen sollte. Eine solche Vorgehensweise ist durchaus üblich, entspricht es doch den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass zu Beweiszwecken jede Vertragspartei eine Ausfertigung der Vertragsurkunde erhält. Überdies haben unmittelbar darunter auf Seiten der Vermieter G.O und für die Mieterin M.V. BV (Mieterin) K.O als deren Geschäftsführerin ihre Unterschriften gesetzt. Liegt aber in der Unterzeichnung ganz allgemein die Anerkennung des Urkundeninhaltes, so ist schlüssig und den Denkgesetzen entsprechend an Sachverhalt zu folgern, dass von diesem Mietvertrag der ausdrücklichen vertraglichen Festlegung folgend insgesamt drei Ausfertigungen erstellt und unterschrieben wurden. Ansonsten bliebe nämlich vollkommen unverständlich, warum von diesen Unterzeichnern, denen die genaue Anzahl der von ihnen tatsächlich unterfertigten Ausfertigungen jedenfalls bewusst sein musste, keine diesbezügliche Änderung der angeführten Anzahl im Vertragstext herbeigeführt wurde. Wenn in der mündlichen Verhandlung als Erklärung für die im Vertragstext erwähnten drei Ausfertigungen die Verwendung einer aus dem Internet heruntergeladenen Vertrags- Schablone angeführt wird und das Unterbleiben der "Richtigstellung" der Anzahl mit den geringen Deutschkenntnissen des Ehepaares G.K.O begründet wird, dann stehen der Stichhaltigkeit dieser beiden Argumente folgende Überlegungen entgegen. Ganz allgemein muss jedem Vertragsersteller bei Verwendung einer Vertrags-Schablone schon von vornherein bewusst sein, dass auf Grund von bestehenden Abweichungen ein entsprechender Anpassungsbedarf besteht und daher diesbezüglich erhöhte Aufmerksamkeit geboten ist. Sieht man den Vertragsinhalt des Mietvertrages vom im Kontext mit den besonderen Gegebenheiten dieses Mietverhältnisses, dann zeigt dieser Mietvertrag einen sehr hohen Grad an erfolgter Individualisierung und damit Adaptierung an die zwischen den Vertragsparteien getroffenen speziellen Vereinbarungen. Es widerspricht aber wohl jeglicher Lebenserfahrung, dass zwar von den Vertragsparteien in zahlreichen Punkten der Änderungsbedarf gegenüber der Vertrags-Vorlage erkannt wird, aber gerade bei dem unmittelbar vor der Unterschrift platzierten und dadurch besonders herausgehobenen Vertragstext "in dreifacher Ausfertigung unterschrieben" eine etwaige notwendige Anpassung an das Tatsächliche nicht wahrgenommen wird. Dies umso mehr, als eine Zeile tiefer der Ort des Vertragsabschlusses durchaus wieder adaptiert wurde. Konnte aber für die Vertragsparteien kein Zweifel daran bestehen, in welcher Anzahl sie schlussendlich den Mietvertrag ausgefertigt und unterschrieben haben, dann hätte ihnen diese "Unrichtigkeit" des Vertragstextes und der sich daraus ergebende Änderungsbedarf, wäre er tatsächlich gegeben gewesen, jedenfalls auffallen müssen. Dieses Belassen der mit drei Ausfertigungen angegebenen Zahl der unterschriebenen Ausfertigungen kann auch nicht mit den geringen Deutschkenntnissen des Ehepaares G.K.O sachlich erklärt und begründet werden, denn diesfalls wird vollkommen unbegreiflich, wie sie in der Lage waren, aus einer Vertrags- Vorlage heraus einen derart detaillierten und den gegebenen Verhältnissen Rechnung tragenden Vertragstext in einer sprachlich ansprechenden Weise zu verfassen. Gegen die Stichhaltigkeit des Arguments mangelnder Deutschkenntnisse ist im Übrigen ins Treffen zu führen, dass der Mietvertrag in Deutsch und nicht in der Muttersprache der Vertragsunterzeichner abgefasst wurde, ein Umstand, der darauf hindeutet, dass diese selbst davon ausgingen, über derart ausreichende Deutschkenntnisse zu verfügen, um den Vertragsinhalt auch zu verstehen. Außerdem wird in der Homepage der M.V. BV (bzw. aa) unter der Rubrik "gesprochene Sprachen" Deutsch, Englisch und Holländisch angegeben. Mit dem Berufungsvorbringen werden demzufolge keine stichhaltigen Anhaltspunkte aufgezeigt die für die Begründetheit der Behauptung sprechen, der Mietvertrag sei abweichend vom klaren und unmissverständlichen Vertragstext nur in einer Ausfertigung erstellt und unterschrieben worden. Die Berufungseinlassungen erweisen sich letztendlich als reine Schutzbehauptungen, um nunmehr der erfolgten Mehrfachvergebührung des Mietvertrages zu entgehen. Zusammenfassend sieht der Berufungssenat in freier Beweiswürdigung keine konkrete Veranlassung in begründeten Zweifel zu ziehen, dass dem Vertragsinhalt entsprechend (vgl. auch § 17 Abs. 1 GebG) von diesem Mietvertrag insgesamt drei Ausfertigungen erstellt und unterschrieben wurden. Das Finanzamt hat dem Grunde nach zu Recht mit dem bekämpften Bescheid gemäß § 25 Abs. 1 GebG die Gebühr für Gleichschriften vorgeschrieben.

Obzwar von der Berufung die Rechtmäßigkeit der Höhe der Abgabenfestsetzung als solche unbestritten blieb, sieht sich der Berufungssenat gemäß § 289 Abs. 2 BAO veranlasst, anlässlich der Berufungsentscheidung die für drei Gleichschriften festgesetzte Gleichschriftgebühr von sich aus abzuändern. Ergab sich nämlich laut Vertragsinhalt an Sachverhalt, dass über das Rechtsgeschäft insgesamt drei Ausfertigungen (Urkunden) erstellt worden sind, dann unterliegt zwar nach § 25 Abs. 1 GebG jede dieser Urkunden der Hundertsatzgebühr. Allerdings hat das Finanzamt dabei augenscheinlich übersehen, dass neben der ersten Vertragsurkunde (Urschrift) lediglich noch zwei weitere Ausfertigungen (somit zwei Gleichschriften) angefertigt und eigenhändig unterzeichnet worden sind. Für die Entscheidung des Berufungsfalles folgt daraus, dass die Gebühr für Gleichschriften von zwei Gleichschriften festzusetzen ist. Berechnung der festzusetzenden Gebühr: Gemäß § 25 GebG für zwei Gleichschriften zwei mal die für den Mietvertrag mit der M.V. BV festgesetzte Gebühr in Höhe von 2.390,40 € ergibt 4.780,80 € (= 2 x 2.390,40 €).

Über die Berufung wird somit spruchgemäß durch Festsetzung der Gebühr für Gleichschriften in Höhe von 4.780,80 € abgesprochen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Ausfertigungen
Gleichschriften
Triplikate
Verweise
Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 1 zu § 25 GebG

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at