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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 20.08.2008, RV/0096-I/08

Lebensversicherung: in welchem Umfang erfolgte die letztwillig verfügte Änderung der Bezugsberechtigung ?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des L, Adr, vertreten durch Notar, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Erbschaftssteuer gemäß § 8 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG), BGBl 1955/141, idgF, mit 4 v. H. von € 4.639,51, sohin im Betrag von € 185,58, festgesetzt.

Entscheidungsgründe

In Zusammenhang mit der Verlassenschaft nach O, verst. am , wurden der Abgabenbehörde zunächst zwei Meldungen der X-AG folgenden Inhaltes betr. O als Versicherungsnehmer übermittelt: 1. Lebensversicherung PolNr1, Zahlungsempfänger M (Tochter), Betrag € 36.245,95 2. Lebensversicherung PolNr2, Zahlungsempfänger M, Betrag € 25.309,60. Hinsichtlich einer weiteren Lebensversicherung bei der Y-AG, Betrag € 4.125, ist ebenso die Tochter M als Bezugsberechtigte bestimmt.

Laut Abhandlungsprotokoll vom hinterläßt der Erblasser insgesamt fünf Kinder, welche die mehreren letztwilligen Anordnungen (mangels Erbseinsetzung) als Kodizille anerkannt und aufgrund des Gesetzes jeweils zu 1/5 die unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben haben. Das Nachlassvermögen ist nach steuerlichen Werten negativ. Hinsichtlich der letztwilligen Anordnungen wird festgehalten, dass der Erblasser auf einem Schreiben der Versicherungs AG vom betr. die Lebensversicherung PolNr1 am handschriftlich vermerkte: "Meine Gattin ist am verstorben, daher ergeht der Anteil an meine 3 Enkel Patrick, Thomas u. Lukas." Dieselbe Verfügung hatte der Verstorbene auf einem Schreiben der Versicherungs AG betr. die Lebensversicherung PolNr2 angefügt. Auf einem weiteren Schreiben der X-AG hatte der Erblasser am handschriftlich verfügt: "Meine Tochter M wurde deshalb als Bezugsberechtigte eingesetzt, weil sie die Abwicklung aller Sterbeangelegenheiten durchführen soll. Die Aufteilung der beiden Lebensversicherungen bleibt lt. Schreiben vom ... aufrecht!". Der Gerichtskommissär hält fest, dass, obwohl über diese Versicherungssummen letztwillig verfügt wurde, für diese versicherungsvertragliche Bezugsberechtigungen bestehen, sodass diese Werte nicht in den gegenständlichen Nachlass fallen.

Das Finanzamt hat daraufhin davon ausgehend, dass die genannten beiden Versicherungserlöse zur Gänze den drei Enkeln zugekommen sind, ua. dem Enkel L mit Bescheid vom 7. Feber 2008, StrNr, ausgehend vom steuerpflichtigen Erwerb € 18.318,52 (= 1/3 von gesamt € 61.555,55 abzügl. Freibetrag € 2.200) gemäß § 8 Abs. 1 (Stkl. II) ErbStG die 6%ige Erbschaftssteuer im Betrag von € 1.099,08 vorgeschrieben.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Vorschreibung sei der Höhe nach zu Unrecht erfolgt, da zufolge der letztwilligen Anordnungen den Enkeln nur je 1/3 von dem Anteil der vorverstorbenen Gattin des Erblassers, von dem er auch ausgegangen sei, zukommen habe sollen. Dass dies der vertraglichen Bezugsberechtigung der Tochter widerspreche, könne nur mit den mangelnden rechtlichen Kenntnissen des Verstorbenen darüber, dass die Versicherungsleistungen gar nicht in den Nachlass fallen würden, erklärt werden. Mangels Testament bzw. verfügter Quote sei davon auszugehen, dass der Verstorbene von den gesetzlichen Erbquoten ausgegangen sei, demnach der vorverstorbenen Gattin eine gesetzliche Erbquote von 1/3 zugestanden wäre. Diesen Anteil von zusammen 1/3, sohin je 1/9, habe der Erblasser den Enkeln letztwillig zugewendet. Die restliche Versicherungsleistung von 2/3 sei der bezugsberechtigten Tochter M zugekommen. Ausgehend von der Bemessungsgrundlage von je € 6.839,51 (1/9) sei daher die Erbschaftssteuer mit lediglich € 185,56 vorzuschreiben.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom wurde dahin begründet, aus dem Vermerk sei zu folgern, dass anstelle der verstorbenen Gattin die drei Enkel Nutznießer der Versicherungen sein sollten. Im gewöhnlichen Geschäftsverkehr sei es üblich, dass eine Lebensversicherung zur Gänze an den überlebenden Gatten zur Sicherung des Unterhaltes ausbezahlt werde. Auch im Abhandlungsprotokoll werde festgestellt, dass über die Versicherungssummen letztwillig verfügt worden sei.

Im Vorlageantrag wurde ergänzend repliziert: Der Schlussfolgerung in der BVE, die drei Enkel hätten anstelle der verstorbenen Gattin Nutznießer sein sollen, werde gefolgt. Demgegenüber sei die Aussage, dem Ehegatten komme sozusagen ein Vorrecht betr. den Bezug der Versicherung zu, nicht nachvollziehbar und weder dem Versicherungsvertragsgesetz noch dem Erbrecht zu entnehmen. Die Versicherung falle entweder mangels Bezugsberechtigtem in den Nachlass oder falle an die bezugsberechtigte Person. Die vertragliche Bezugsberechtigung könne nicht nur durch Änderung der Polizze sondern auch durch letztwillige Verfügung wie hier abgeändert werden. In keinem dieser Fälle falle aber die Versicherung in den Nachlass, sodass die Argumentation des Finanzamtes betr. die Feststellung im Protokoll fehl gehe. Strittig sei allein die Frage, ob die letztwilligen Verfügungen die gesamte Versicherungsleistung oder aber - nach Ansicht des Berufungswerbers (Bw) - nur einen Anteil hievon betreffen, wofür der Wortlaut der letztwilligen Anordnung ("Meine Gattin ist ... verstorben, daher geht der Anteil an meine drei Enkel ...") eindeutig spreche.

In Beantwortung eines Vorhaltes des UFS hat die bezugsberechtigte Tochter M im Schreiben vom ua. Folgendes mitgeteilt:

Zufolge mehrerer diesbezüglicher Gespräche sei es der eindeutige Wunsch des verstorbenen Vaters gewesen, die Versicherungen so aufzuteilen, wie es das Gesetz vorgesehen habe, sohin 1/3 an die Mutter. Nachdem diese leider verstorben sei, habe der Vater den Vermerk verfasst, damit die drei Enkel den 1/3 Anteil der Mutter erhalten. Die restlichen 2/3 seien daher ihr (M) als Bezugsberechtigter - dies auf Wunsch des Vaters zwecks Abwicklung aller Angelegenheiten nach seinem Tod - zugefallen und auch von ihr zu versteuern. Die ausbezahlten Versicherungserlöse erlägen auf einem Konto; nach Abzug der berichtigten Steuern werde je mj. Enkel ein Sparbuch über dessen 1/9 Anteil eingerichtet und den Eltern übergeben. Es werde um diesbezügliche Berichtigung gebeten.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG unterliegt der Erbschaftssteuer der Erwerb von Todes wegen (Erwerbe bis ) und gilt als solcher gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltendgemachten Pflichtteilsanspruches.

Nach § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen auch der Erwerb von Vermögensvorteilen, der auf Grund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrages unter Lebenden von einem Dritten mit dem Tode des Erblassers unmittelbar gemacht wird.

Zu den in § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG bezeichneten Verträgen zählen nach der Rechtsprechung insbesondere auch Versicherungsverträge (Kapitalversicherungen) auf Ableben (vgl. u.v.a.). Bei Kapitalversicherungen ist dem Versicherungsnehmer nach § 166 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz 1958 (VersVG) vorbehalten, einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen. Dieser erwirbt das Recht auf die Leistung des Versicherers mit dem Eintritt des Versicherungsfalles, das ist mit dem Ableben des Versicherungsnehmers, und tritt damit die Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Z 3 ErbStG ein. Ist im Vertrag ein Begünstigter genannt, so stehen die Ansprüche nach dem Versicherungsvertragsrecht unmittelbar dem Begünstigten zu, ohne dass sie den Erbweg gehen bzw. ohne dass sie in den Nachlass fallen (vgl. ).

§ 166 Abs. 1 VersVG 1958 lautet konkret: "(1) Bei einer Kapitalversicherung ist im Zweifel anzunehmen, dass dem Versicherungsnehmer die Befugnis vorbehalten ist, ohne Zustimmung des Versicherers einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen oder an Stelle des so bezeichneten Dritten einen anderen zu setzen. Die Befugnis des Versicherungsnehmers, an die Stelle des bezugsberechtigten Dritten einen anderen zu setzen, gilt im Zweifel auch dann als vorbehalten, wenn die Bezeichnung des Dritten im Vertrag erfolgt ist."

§ 167 Abs. 1 VersVG 1958 bestimmt: "(1) Sind bei einer Kapitalversicherung mehrere Personen ohne Bestimmung ihrer Anteile als Bezugsberechtigte bezeichnet, so sind sie zu gleichen Teilen bezugsberechtigt; der von einem Bezugsberechtigten nicht erworbene Anteil wächst den übrigen Bezugsberechtigten zu."

Im Gegenstandsfalle hatte nunmehr der Versicherungsnehmer zunächst, offenbar im Versicherungsvertrag, die Tochter M als bezugsberechtigte Dritte bestimmt. Aufgrund seiner - offensichtlich als rechtlicher Laie - irrigen Rechtsansicht, dass dennoch seiner Ehegattin ein Anteil des Versicherungserlöses zustehen würde, hat er dann infolge des Todes der Gattin im Jahr 2006 in Vermerken vom auf zwei Versicherungsschreiben verfügt, dass anstelle der verstorbenen Gattin "der Anteil" an die drei Enkelkinder gehen sollte. Nachdem es zufolge obiger Bestimmung nach § 166 Abs. 1 VersVG dem Versicherungsnehmer jederzeit frei steht - und zwar auch ohne Zustimmung des Versicherers - ua. selbst eine im Versicherungsvertrag vorgenommene Bezugsberechtigung abzuändern und einen anderen Dritten oder auch mehrere Personen als Bezugsberechtigte zu bezeichnen, ist gegenständlich wohl davon auszugehen, dass der Erblasser mit den Vermerken bzw. letztwilligen Anordnungen insoweit eine Änderung der Bezugsberechtigung zugunsten der drei Enkel vorgenommen hat, wovon augenscheinlich auch das Finanzamt ausgegangen ist.

In Streit gezogen ist allerdings die Frage, in welchem Umfang betr. den Versicherungserlös die genannte Änderung vorgenommen wurde bzw. worauf konkret sich der vom Erblasser benannte "Anteil" bezieht.

Nach Ansicht des Finanzamtes sei die Verfügung "Meine Gattin ist ... verstorben, daher ergeht der Anteil an meine drei Enkel ..." dahin zu verstehen, dass - anstelle der vorverstorbenen Gattin - sohin der gesamte Versicherungserlös den Enkeln deshalb zukommen sollte, da "im gewöhnlichen Geschäftsleben" der Anfall einer Lebensversicherung an den Gatten zwecks Sicherung dessen Lebensunterhaltes üblich sei. Dieser Argumentation kommt nach dem Dafürhalten des UFS schon deshalb keine Berechtigung zu, weil sie die daneben weiter bestehen bleibende Bezugsberechtigung der Tochter, wie aus dem nachträglich am erstellten Vermerk (arg.: "Meine Tochter ... wurde deshalb als Bezugsberechtigte eingesetzt, weil sie die Abwicklung aller Sterbeangelegenheiten durchführen soll. Die Aufteilung der beiden Lebensversicherungen bleibt lt Schreiben vom .. aufrecht!") hervorkommt, zur Gänze außer Acht läßt.

Festgehalten wird, dass grundsätzlich zufolge obiger Bestimmung nach § 167 Abs. 1 VersVG dann, wenn der Versicherungsnehmer "mehrere Personen ohne Bestimmung ihrer Anteile als Bezugsberechtigte bezeichnet", diese zu gleichen Teilen bezugsberechtigt wären. Dies würde im Gegenstandsfalle bedeuten, dass ohne nähere Bezeichnung des Anteiles jedem der Bezugsberechtigten sohin je ein Viertel des Versicherungserlöses zustehen würde.

Obwohl der Erblasser zwar in seinen Vermerken aus dem Jahr 2006 den, in unmittelbarem Konnex zum Tod der Gattin stehenden und "daher" (vermeintlich) sozusagen deren "frei werdenden Anteil" als jenen bestimmt hatte, der den Enkeln zukommen sollte, bleibt dennoch nach dem Wortlaut dieser Verfügung die genaue Höhe dieses Anteiles unklar, sodass diesbezüglich eine Interpretation vorzunehmen ist.

Die Auslegung letztwilliger Erklärungen hat nach dem Willen des Erblassers zu geschehen. Zentrales Anliegen ist daher die Erforschung des wahren Willens des Erblassers. Eine letztwillige Erklärung ist daher immer so auszulegen, dass der vom Erblasser angestrebte Erfolg eintritt (vgl. ). Die Auslegung hat auch hier von der gewöhnlichen Bedeutung der Worte auszugehen, wobei die Erklärung als Einheit in ihrem Gesamtzusammenhang zu betrachten ist (siehe ). Der Wortlaut der letztwilligen Anordnung ist grundsätzlich nicht die einzige Quelle der Auslegung und sind auch außerhalb dieser Anordnung liegende Umstände aller Art, insbesondere weitere Erklärungen des Erblassers heranzuziehen (vgl. ). Die Auslegung einer letztwilligen Anordnung bedarf (nur) dann keiner weiteren Quelle, wenn der Wille des Erblassers darin unzweideutig zum Ausdruck gebracht wird (siehe ).

Laut den glaublichen Angaben der Tochter M im Schreiben vom , welches zustimmend von sämtlichen weiteren Erben unterfertigt ist, sei es zufolge mehrerer diesbezüglicher Gespräche der ausdrückliche Wunsch des Erblassers gewesen, dass zunächst die Gattin entsprechend der gesetzlichen Erbquote auch ein Drittel des Versicherungserlöses erhalten sollte. Als diese dann unvorhergesehen verstorben sei, habe der Vater die Vermerke auf den Versicherungsschreiben angefertigt in dem Sinne, dass eben der 1/3-Anteil, der zuvor für die Mutter bestimmt gewesen sei, nunmehr den drei Enkeln zufallen sollte. In Umsetzung dieses erblasserischen Willens, worin sich sämtliche Erben einig seien, würde jeder Enkel tatsächlich auch nur je 1/9 des Versicherungserlöses in Form eines Sparbuches erhalten.

Aus dem Gesamtzusammenhalt der vorliegenden Umstände kann daher nach Ansicht des UFS darauf geschlossen werden, dass sich nach dem wahren Willen des Erblassers die verfügte Bezugsrechtsänderung keinesfalls auf den gesamten Versicherungserlös, sondern vielmehr lediglich insgesamt auf den Anteil von 1/3 bzw. je Enkel auf 1/9 bezogen hat.

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher der Berufung Folge zu geben.

Die Erbschaftssteuer bemißt sich wie folgt:


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Versicherungserlös 1/9
6.839,51 €
abzüglich Freibetrag
- 2.200,00 €
steuerpflichtiger Erwerb
4.639,51 €
davon Erbschaftssteuer:
gem. § 8 Abs. 1 ErbStG (Stkl. II) 4 %
185,58 €

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Versicherung
Bezugsberechtigung
Auslegung
wahrer Wille

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at