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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 18.08.2008, RV/1907-W/05

Kreditrückzahlungen als außergewöhnliche Belastung


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Miterledigte GZ:
RV/1877-W/06
RV/1342-W/08
RV/1377-W/08

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/13/0196 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw., vertreten durch Stb., gegen die Bescheide des FA betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2006 sowie Festsetzung von Vorauszahlungen an Einkommensteuer für die Jahre 2004, 2005, 2006 und 2008, entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw. ist Pensionistin und erzielt neben ihrer ASVG-Pension Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Für die Jahre 2000 bis 2002 machte sie Darlehensrückzahlungen von S 1.170.989,00, S 982.578,00 und € 98.695,05 als außergewöhnliche Belastung geltend.

Über Vorhalt des FA teilte die Bw. am mit, dass die in den Steuererklärungen angeführten außergewöhnlichen Belastungen durch den Konkurs der Firma S. im März 1998 entstanden seien. Zum Zeitpunkt des Konkurses habe sie eine Forderung an die Firma S. in Höhe von S 68.234.112,04 gehabt, die sie auch beim Handelsgericht angemeldet habe. Die Firma sei bis Ende 2000 um einen 20%igen Ausgleich bemüht gewesen, leider seien jedoch alle Gespräche mit den möglichen Investoren ergebnislos verlaufen. Der Konkurs sei im Jänner 2001 aufgehoben worden.

Ihre Forderungen an die Firma hätten aus den seit 1990 aufgenommenen Bankdarlehen sowie aus den von ihr bezahlten Rechnungen bestanden. Diese Gelder seien für die Entwicklung neuer Produkte eingesetzt worden. Im September 1995 sei ein Investor in die Firma eingetreten, der vertragsgemäß 100 Mio. S einbringen sollte. Damit hätte die Firma genügend Geld für das Marketing der neuen Produkte gehabt und ein Großteil ihrer Forderungen hätte rückbezahlt werden können. Leider habe dieser Investor nur 10 % seiner Verpflichtungen erfüllt und sei von der Bildfläche verschwunden.

Da sie bis September 1997 eine der Geschäftsführerinnen der Firma gewesen sei und damit auch für Firmenkredite die persönliche Haftung habe übernehmen müssen, hätten die Banken im Zeitpunkt des Konkurses nicht nur die Rückzahlung der von ihr für die Firmen aufgenommenen Kredite verlangt, sondern hätten sie auch hinsichtlich der Firmenhaftungen herangezogen. Für einen Teil der Verbindlichkeiten hätte man Vergleiche schließen können, die in monatlichen Raten abzubezahlen seien. Da sie nunmehr zur Zahlung der an die Firma S. geflossenen Gelder herangezogen werde, seien für sie außergewöhnliche Belastungen entstanden.

Dem Schreiben schloss die Bw. diverse Beilagen an: Schriftsatz von G. vom (Steuerakt 2000/Seite 21; Beilage 1), Detaillierte Aufstellung der Verbindlichkeiten (Seite 22; Beilage 2), Aufstellung außergewöhnliche Belastung 2003 (Seite 23; Beilage 3), Anmeldungsverzeichnis Fa. S. (Seite 24 ff.), diverser Schriftverkehr mit den Gläubigern (Seite 39 ff.)

Beilage 1 (Schriftsatz von G., 2000-03-23)


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von
bis
am
was
1976-04-01
1992-04-30
Bw. angestellt bei X., zeitweise dort Geschäftsführer
1985
1992-05-15
Bw. Gesellschafter und Geschäftsführer von S.
1992-04-30
1992-05-01
Bw. von X. zu S.
1992-05-01
1998-05-18
Bw. bei S. angestellt
1992-04-20
Brief von S.an Bw.: per 1992-05-01 wird Bw. von X.mit allen Rechten und Pflichten übernommen
1992-05-15
Abberufung von Bw. als Geschäftsführer von S.durch G., Abtretung der S.Anteile von Bw. an G.
1992-05-01
1995-09-15
Bw. bei S.normale Angestellte
1995-09-15
1997-09-15
Bw. bei S.Geschäftsführer, zeichnungsberechtigt mit einem 2. Geschäftsführer gemeinsam. Grund: Eintritt Investor Y..
1997-09-15
Bw. legt die Geschäftsführung zurück. Grund: 1. Y. hatte seinen Geschäftsführer zurückgezogen, Bw. war für die Balance nicht mehr notwendig. 2. Bw. machte den Platz frei für einen eventuellen Investor-Geschäftsführer

War für die Bw. am 1997-09-15 der Konkurs voraussehbar? - Nein. Begründung:

- Unsere Hausbank R. finanzierte S. im Hinblick auf die Zahlungszusagen des Gesellschafter Y. und im Hinblick auf die Gespräche mit weiteren Investoren.

- Es gab schriftliche und mündliche Bestätigungen von Y. gegenüber Bank, Lieferanten und Mitarbeitern, dass sie die zugesagten Zahlungen wieder aufnehmen würden.

- G. borgte Geld von seinem Bruder um Gehälter zahlen zu können. Tut man das mit einem Konkurs vor Augen?

- Die meisten anderen Mitarbeiter glaubten ebenfalls an die Zukunft von S. und blieben bei der Stange."

Mit Bescheiden vom veranlagte das FA die Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2001 und führte begründend aus:

"Die als außergewöhnliche Belastungen nach § 34 EStG beantragten Darlehensrückzahlungen konnten nicht anerkannt werden, da diese nicht zwangsläufig erwachsen sind. Eine Zwangsläufigkeit ist nicht gegeben, wenn sich die Belastung als Folge eines vom Steuerpflichtigen übernommenen Unternehmerwagnisses darstellt (). Es bestand keine sittliche Verpflichtung zur Aufnahme eines Darlehens für die Firma S., deren alleiniger Gesellschafter Ihr Gatte war. Auch die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft, die der Gesellschafter(-Geschäftsführer) einer GmbH zu Gunsten der GmbH eingeht, um deren wirtschaftlichen Untergang abzuwenden, stellt keine a. g. Belastung dar, wenn dies im Rahmen des Unternehmerwagnisses geschieht."

Dagegen und auch gegen den Vorauszahlungsbescheid für 2004 wurde am Berufung erhoben und eingewendet, die als außergewöhnliche Belastung angesetzten Darlehensrückzahlungen seien entgegen der Ansicht des FA sehr wohl zwangsläufig erwachsen. In diesem Zusammenhang werde darauf verwiesen, dass die Betriebsprüfung in diesem Fall die Ansicht vertreten habe (siehe VwGH-Erkenntnis vom , 99/15/0083), dass die Darlehensgewährung durch das familiäre Naheverhältnis der Bw. zu ihrem Ehemann, dem alleinigen Gesellschafter der S., veranlasst und somit keiner Einkunftsquelle zuzurechnen gewesen sei, womit das Argument des "Unternehmerwagnisses" nicht greifen könne.

Grundsätzlich müsse die Zwangsläufigkeit eines Aufwandes gemäß Rz 829 LStR stets nach den Umständen des zugrunde liegenden Einzelfalles betrachtet werden. Der vorliegende Fall sei nach Ansicht der Bw. mit einer übernommenen Bürgschaft gemäß Rz 893 LStR vergleichbar. Zwar habe die Bw. im vorliegenden Fall keine Bürgschaft übernommen, sondern einerseits Kredite aufgenommen und an die Firma ihres Ehemannes weitergegeben und andererseits habe die Bw. auch bei der Kreditaufnahme durch ihren Mann mitunterschrieben, wodurch sie ebenfalls für die Rückzahlung dieser Kredite haftbar gemacht worden sei. Diese Konstellation könne unter denselben Gesichtspunkten wie eine übernommene Bürgschaft betrachtet werden.

Unter Anlehnung an Rz 893 LStR seien Kreditrückzahlungen als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, wenn die notwendigen Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien. Im vorliegenden Fall seien sämtliche Kriterien erfüllt:

1. Die Bw. sei bei der Aufnahme bzw. der Mitunterzeichnung der Kredite der Ansicht gewesen, dass dadurch die existenzbedohende Notlage ihres Mannes (drohender Konkurs) mit großer Aussicht auf Erfolg abgewiesen werden könne. Die Firma S. ihres Mannes sei zwar hoch verschuldet gewesen und habe diesen Kredit benötigt um den Fortbestand zu sichern, habe sich jedoch in erfolgversprechenden Verhandlungen mit Großinvestoren über den Verkauf von Firmenanteilen befunden. Dieser Verkauf hätte ausgereicht um die bestehende Existenzgefährdung, sowohl der Firma ihres Mannes als auch seiner abzuwenden. Die diesbezüglichen Verhandlungen seien der Behörde bekannt. Die Kreditinstitute hätten in mündlichen Gesprächen Druck auf die Bw. ausgeübt und es als moralische Notwendigkeit der Ehefrau dargestellt, den Fortbestand der Firma ihres Gatten bzw. dessen privater Existenz zu sichern. Diese Vorgehensweise der Banken sei in der Öffentlichkeit bekannt und werde von Konsumentenvereinen massiv kritisiert. Aus diesen Gründen sei die Bw. zu den Kreditaufnahmen bzw. zur Mitunterzeichnung genötigt gewesen.

2. Ohne die Kreditaufnahme bzw. Mitunterzeichnung durch die Bw., wäre nicht nur die gesamte wirtschaftliche Existenz ihres Ehemannes (Konkurs) bedroht gewesen sondern dies hätte auch die wirtschaftliche und private Existenz der Bw. bedroht. Da der Ehemann der Bw. bereits für Bankkredite gehaftet habe und auch Teile des Privatvermögens zur Haftung herangezogen worden seien, sei es ihm nicht mehr möglich gewesen seine wirtschaftliche Existenz auf andere Weise zu erhalten und nur durch die Hilfe der Bw. schien ein Konkursantrag abwendbar und ein Verkauf der Anteile möglich.

3. Die von der Bw. aufgenommenen bzw. mitunterzeichneten Kredite hätten nicht dazu gedient das Unternehmen ihres Mannes zu erweitern, oder ihm bessere Ertragsaussichten zu vermitteln, sondern es sollten die laufend notwendigen Finanzierungen sichergestellt werden um den Konkurs abzuwenden und die Verkaufsgespräche mit den Großinvestoren abzuschließen.

4. Weiters sei anzumerken, dass es der Bw. nicht möglich gewesen sei, sich der Aufnahme bzw. der Mitunterzeichnung dieser Kredite zu entziehen, da nicht das persönliche Pflichtgefühl in diesem Fall ausschlaggebend gewesen sei, sondern das objektive Pflichtgefühl. Nach den herrschenden moralischen Anschauungen sei eine Ehefrau dazu verpflichtet, ihrem Ehemann beizustehen und die Existenzerhaltung zu sichern. Im gegenständlichen Fall habe die Bw. versucht, durch diese Bankkredite nicht nur die wirtschaftliche Existenz ihres Mannes zu sichern, sondern auch ihre eigene, da auch das private Wohnhaus verpfändet gewesen sei.

Da der Vorauszahlungsbescheid 2004 ein, vom Einkommensteuerbescheid 2004, abgeleiteter Bescheid sei, werde um entsprechende Abänderung bei Stattgabe der zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheide ersucht.

Am erging folgendes Ergänzungsersuchen des FA an den steuerlichen Vertreter der Bw., das jedoch - trotz mehrmaliger Fristverlängerungsersuchen - letztlich unbeantwortet blieb:

In der Begründung zur Berufung führen Sie an, dass das Aufnehmen von Krediten als Kreditnehmer mit dem Eingehen von Bürgschaftsverpflichtungen vergleichbar wäre. Weiters gehen Sie davon aus, dass die Bw. die Bankverbindlichkeiten ihres Ehegatten bzw. dessen Firma zwangläufig zu tragen hatte. Diesbezüglich sind folgende Unterlagen vorzulegen bzw. Fragen zu beantworten:

- Zahlungsnachweis der als a. g. Belastungen beantragten Kreditrückzahlungen für 2000-2002.

- Vorlage sämtlicher ursprünglicher Kreditverträge, welche die a.g. Belastung betreffen.

- Vorlage sämtlicher abgeschlossener Vergleiche , welche die a.g. Belastung betreffen.

- Jährlicher Überblick über die betragsmäßige Entwicklung der die a.g. Belastung betreffenden Kredite vom Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Vergleich.

- Konkrete Nachweise über die existenzbedrohende Notlage des Ehegatten der Bw. bzw. dessen Firma S. zum Zeitpunkt der Aufnahme bzw. Mitunterzeichnung der Kredite sind vorzulegen.

- In weiterer Folge sind konkrete Nachweise vorzulegen, dass mit der Kreditgewährung eine Aussicht auf Erfolg bestand, den Konkurs abwenden zu können.

- Wie wurde von Banken Druck auf die Bw. ausgeübt, um Sie zu Kreditaufnahmen zu nötigen?

- Für welche Bankkredite hat Herr G. bereits gehaftet bzw. welche Teile des Privatvermögens wurden zur Haftung herangezogen, bevor die Bw. die betreffenden Kredite aufnahm?

- Welche Zahlungen hat der Ehemann der Bw. selbst hinsichtlich der von ihm bzw. der S. geschuldeten Bankverbindlichkeiten geleistet?

- Die Beweggründe, warum die Kredite direkt von der Bw. als Kreditnehmerin und nicht vom Ehegatten bzw. dessen Firma aufgenommen wurden, sind bekanntzugeben .

Mit Berufungsvorentscheidungen vom wies das FA die Berufung als unbegründet ab:

"Mit Schreiben vom erfolgte das Ersuchen um Beantwortung von Fragen bzw. Übermittlung von Unterlagen betreffend Ihrer am eingebrachten Berufung gegen o. a. Bescheide. Nunmehr haben Sie 4 Anträge auf Verlängerung der Frist zur Beantwortung - zuletzt bis - eingebracht. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb Sie Informationen nicht in einer angemessenen Frist beschaffen können, die schon für die Erstellung der Steuererklärungen hinsichtlich der Beurteilung der Aufwendungen als a.g. Belastungen notwendig waren und in weiterer Folge als Grundlage für die Erstellung der Berufung gedient haben müssen. Aus diesen Gründen wird nach der Aktenlage, wie folgt, entschieden.

In der Berufung wird angeführt, dass das Argument des "Unternehmerwagnisses" () nicht greifen kann, da die ursprüngliche Konstellation (Darlehensgewährung der Bw. an die Firma des Ehegatten) durch das familiäre Naheverhältnis veranlasst war und somit die Einkunftsquelle und die daraus resultierenden Verluste im Zuge einer Betriebsprüfung nicht anerkannt wurden. Die steuerliche Beurteilung des von der Bw. selbst getragenen Unternehmerrisikos ist aber für die Frage der Anerkennung der Darlehenszahlungen als a. g. Belastungen irrelevant. Im konkreten Fall hat die Bw. auch das vom Ehegatten eingegangene Unternehmerrisiko übernommen, wozu nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen grundsätzlich niemand verpflichtet ist, weshalb in der Übernahme der Darlehenszahlungen keine Zwangsläufigkeit erblickt werden kann. Konkrete Nachweise über die existenzbedrohende Notlage des Ehegatten bzw. dessen Firma S. zum Zeitpunkt der Aufnahme von Kredit- bzw. Bürgschaftsverpflichtungen wurden trotz Aufforderung nicht vorgelegt."

Daraufhin stellte die Bw. den Antrag auf Vorlage ihrer Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergänzend wies sie darauf hin, dass sie zur Beantwortung des Ergänzungsersuchen aufgrund der umfangreichen und teils bereits archivierten Unterlagen und Informationen und ihrer äußerst schwierigen Lage, mehrmals Fristverlängerungsanträge (zuletzt bis ) gestellt habe. Trotzdem sei am eine Berufungsvorentscheidung ergangen, in der die Berufung als unbegründet abgewiesen worden sei.

In der Berufungsvorentscheidung sei angeführt worden, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die benötigten Informationen nicht in einer angemessenen Zeit dem FA vorgelegt worden seien. Dazu werde angemerkt, dass die mehrmaligen Fristverlängerungsanträge durch die laufenden Verhandlungen mit Banken und Gläubigern aufgrund der äußerst angespannten finanziellen Situation der Bw. bedingt gewesen seien. In dieser emotional und finanziell sehr belasteten Situation sei es der Bw. nicht möglich gewesen, die umfangreichen und teilweise archivierten Unterlagen und Informationen in angemessener Zeit zur Verfügung zu stellen. Die angeforderten Informationen und Unterlagen werden nunmehr beigelegt. Die als außergewöhnliche Belastung beantragten Kreditrückzahlungen seien gemäß den beiliegenden Zahlscheinen, Kontoauszügen bzw. Bankbestätigungen nachgewiesen. Weiters werden Kopien der Verträge und Vergleiche mit den Kreditinstituten beigelegt.

Von Seiten der Finanzbehörde sei in der Berufungsvorentscheidung festgesetzt worden, dass die steuerliche Beurteilung des von der Bw. selbst zu tragenden Unternehmerrisikos, für die Frage der Anerkennung der Darlehenszahlungen als außergewöhnliche Belastung irrelevant sei. Im konkreten Fall habe die Bw. auch das vom Ehegatten eingegangene Unternehmerrisiko übernommen, wozu ein nach dem Urteil billig und gerecht denkender Mensch grundsätzlich nie verpflichtet sei.

In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass eine bereits stattgefundene Betriebsprüfung in diesem Fall die Ansicht vertreten habe (siehe VwGH-Erkenntnis vom , 99/15/0083), dass die Darlehensgewährung durch das familiäre Naheverhältnis zu ihrem Ehemann, dem alleinigen Gesellschafter der S., veranlasst gewesen und somit keiner Einkunftsquelle zuzurechnen war, womit die Zwangsläufigkeit der Belastung erklärt und der Abzug berechtigt sei.

Das FA habe weiters angeführt, die Bw. habe keinen Nachweis über die existenzbedrohende Notlage des Ehemannes erbracht. Es sei in der Berufung bereits darauf hingewiesen worden, dass sich die Firma des Ehemannes der Bw. bereits kurz vor dem Konkurs befunden habe und auch das private Wohnhaus bereits verpfändet gewesen sei. Die Einkommensverhältnisse des Ehemannes in den Jahren 2000 und 2002 aus seinem Dienstverhältnis als Geschäftsführer seien dem FA bekannt gewesen und zur Deckung der Lebenserhaltungskosten der Familie, insbesondere der beiden studierenden Kinder herangezogen worden. Die Höhe seines Einkommens hätte nicht ausgereicht, um Zinsen bzw. Kredittilgungen vorzunehmen.

Dem Vorlageantrag schloss die Bw. ein Konvolut von Beilagen an (Steuerakt E 2002, Seiten 43 bis 186).

Am hob das FA den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf und setzte die Einkommensteuer im neuen Sachbescheid mit € 36.657,07 statt € 12.201,81 fest. Gleichzeitig erging der Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 2005. In der Begründung wurde darauf hingewiesen, dass die als außergewöhnliche Belastungen beantragten Darlehenszahlungen nicht anerkannt werden konnten, da diese nicht zwangsläufig erwachsen seien. In der Zahlung der aus der steuerlich nicht anerkannten Einkunftsquelle resultierenden Darlehenszinsen bzw. in der Übernahme eines vom Ehegatten eingegangenen Unternehmerrisikos könne keine Zwangsläufigkeit erblickt werden.

Am ergingen der Einkommensteuerbescheid 2004 sowie der Vorauszahlungsbescheid 2006, am der Einkommensteuerbescheid 2005 sowie der Vorauszahlungsbescheid 2008 und am der Einkommensteuerbescheid 2006, ohne die als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Darlehenszahlungen anzuerkennen. Auch gegen diese Bescheide wurden Berufungen eingebracht - und zwar am , am , am und am - die inhaltlich dem Vorbringen vom (Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2001 sowie den Vorauszahlungsbescheid 2004) entsprechen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, ob die von der Bw. in den Streitjahren geleisteten Kreditrückzahlungen als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind. Nach dem Berufungsvorbringen handelt es sich dabei um Kredite, die die Bw. aufgenommen und an die Firma ihres Ehegatten (S.) weitergegeben hat bzw. um Kredite ihres Ehegatten, bei denen die Bw. mitunterschrieben hat. Nach Ansicht der Bw. könne diese Konstellation unter denselben Gesichtspunkten betrachtet werden, wie sie für Bürgschaften zugunsten eines nahen Angehörigen gelten.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen gem. § 34 Abs. 3 leg. cit. zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Zur Lösung der Frage, ob Zahlungen, die auf die Übernahme von Bürgschaftsverpflichtungen zurückzuführen seien, als außergewöhnlichen Belastungen anzuerkennen sind, hat der Verwaltungsgerichtshof nachstehende Grundsätze entwickelt (Erkenntnis vom , 93/14/0105):

1. Es ist erforderlich, dass der Steuerpflichtige glaubt, durch die Übernahme von Bürgschaften eine existenzbedrohende Notlage mit Aussicht auf Erfolg abwenden zu können.

2. Eine existenzbedrohende Notlage liegt nicht schon dann vor, wenn nur die Fortführung einer selbständigen Betätigung ohne die Übernahme von Bürgschaften nicht mehr möglich scheint, sondern wenn die wirtschaftliche Existenz des nahen Angehörigen überhaupt verloren zu gehen droht, dieser also seine berufliche Existenz nicht auf andere ihm zumutbare Weise hätte erhalten könne.

3. Die besicherten Kredite dürfen nicht dazu dienen, den Betrieb des Schuldners zu erweitern oder ihm sonst bessere Ertragschancen zu vermitteln.

4. Es besteht keine sittliche Verpflichtung zur Übernahme von Bürgschaften für Schulden, die ein naher Angehöriger ohne besondere Notwendigkeit eingegangen ist.

5. Eine Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen setzt voraus, dass sich der Steuerpflichtige nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen der Übernahme von Bürgschaften nicht entziehen kann. Nicht das persönliche Pflichtgefühl des Steuerpflichtigen, sondern der objektive Pflichtbegriff nach den herrschenden moralischen Anschauungen ist entscheidend. Es reicht daher nicht aus, dass das Handeln des Steuerpflichtigen menschlich verständlich ist, es muss vielmehr die Sittenordnung dieses Handeln gebieten.

Nach den Darstellungen im Verwaltungsverfahren war die Bw. ab dem Jahr 1985 bis Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Firma S.. Im Mai 1992 trat sie ihre Anteile an ihren Ehegatten G. ab und war von bis Angestellte dieser Firma. Von bis war sie neuerlich Geschäftsführerin.

Wie aus den von der Bw. vorgelegten Unterlagen hervorgeht, hat sie in den Jahren 1990 bis 1997 diverse Kredite aufgenommen bzw. bei der Kreditaufnahme durch ihren Ehegatten mitunterschrieben: - , Zentralsparkasse, S 1,2 Mio. - , Erste Bank, S 5 Mio - Dezember 1992, Wiener Städtische (Darlehen gemeinsam mit G.), S 11 Mio. - , Volksbank, S 7 Mio. - , H. Christian bzw. WIF Bank, S 8 Mio. (gemeinsam mit G.) - ; Raiffeisenbank, bis (Laufzeit verlängert), S 5 Mio. -- , Raiffeisen Zentralbank, S 2,5 Mio. - , Bank für Kärnten u Steiermark, S 1 Mio. bis Ende 97

Über das Vermögen der S. wurde am der Konkurs eröffnet. Die Bw. hat am beim Handelsgericht Wien folgende Forderungen an die S., angemeldet:


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Darlehen
ATS
40.536.895,00
Verrechnungskonto
ATS
1.133.375,00
offene Rechnungen 1994 - 1997
ATS
25.555.457,04

Der Konkurs wurde nach Verteilung gemäß § 139 KO am aufgehoben und die Firma gemäß § 40 FBG amtswegig gelöscht.

Anlässlich der Beantwortung eines Ergänzungsersuchens des FA im April 2004 hat die Bw. zunächst angegeben, dass ihre Forderungen an die Firma S. aus den seit 1990 aufgenommenen Bankdarlehen sowie aus den von ihr bezahlten Rechnungen bestanden hätten. Diese Gelder seien für die Entwicklung neuer Produkte eingesetzt worden. Im September 1995 sei ein Investor in die Firma eingetreten, der vertragsgemäß S 100 Mio. hätte einbringen sollen, dann aber nur 10 % seiner Verpflichtungen erfüllt habe. Da sie zudem bis September 1997 eine der Geschäftsführerinnen dieser Firma gewesen sei, habe sie somit auch für Firmenkredite die persönliche Haftung übernehmen müssen. Für die Bw. sei bis zum der Konkurs nicht vorhersehbar gewesen.

Erst im Verlauf des Berufungsverfahrens hat die Bw. ihre Verantwortung geändert und entgegen den Angaben im Vorhalteverfahren behauptet, die Kredite hätten nicht dazu gedient, das Unternehmen ihres Mannes zu erweitern oder diesem bessere Ertragsaussichten zu vermitteln, sondern es sollten die laufenden Finanzierungen sichergestellt werden um den Konkurs abzuwenden. Eine bei der Firma S. durchgeführte Betriebsprüfung sei zu der Ansicht gelangt, dass die Darlehensgewährung durch das familiäre Naheverhältnis der Bw. zu ihrem Ehegatten veranlasst gewesen sei, womit die Zwangsläufigkeit der Belastung erklärt sei.

Im gegenständlichen Fall ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Bw. selbst Gesellschafterin (bis Mai 1992) und auch Geschäftsführerin (bis September 1997) der S. gewesen ist und es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass Bürgschaftszahlungen bzw. Schuldübernahmen eines Gesellschafter-Geschäftsführers grundsätzlich durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Nach dieser Judikatur macht es einkommensteuerrechtlich keinen Unterschied, ob ein Gesellschafter seine Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren geht, oder ob er später Einlagen tätigt oder Schulden der Gesellschaft übernimmt bzw. als Bürge deren Schulden bezahlt. In all diesen Fällen handelt es sich um Kapitalanlagen. Daher können derartige Vermögensverluste eines Gesellschafters auch nicht einkünftemindernd berücksichtigt werden. Insoweit daher die Bw. Kredite in ihrer Funktion als Gesellschafterin bzw. Geschäftsführerin aufgenommen hat, kann eine Rückzahlung derselben zu keiner außergewöhnliche Belastung führen.

Weiters ist auch die Behauptung, die Übernahme der Kredite hätte dazu gedient die existenzbedrohende Notlage des Ehegatten abzuwehren nicht nachvollziehbar, zumal der Großteil der Kredite - rund S 30 Mio. - im Zeitraum 1990 bis 1993 aufgenommen wurde, diese, wie von der Bw. selbst dargelegt, der Entwicklung neuer Produkte gedient hätten und von einer Konkursbedrohung zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nicht ausgegangen werden kann bzw. eine derartige auch nicht nachgewiesen werden konnte. Vielmehr hat die Bw. in der Vorhaltsbeantwortung vom April 2004 darauf hingewiesen, dass der Konkurs selbst im September 1997 noch nicht vorhersehbar gewesen sei.

Dazu kommt, dass keine sittliche Verpflichtung bestand, den Ehegatten durch Übernahme der Kredite vor dem wirtschaftlichen Niedergang zu bewahren. Es reicht nämlich nicht aus, dass das Eingehen derartiger Verpflichtungen menschlich verständlich ist, es muss vielmehr die Sittenordnung dieses Handeln gebieten. Dabei ist nicht das persönliche Pflichtgefühl des Steuerpflichtigen, sondern der objektive Pflichtbegriff nach den herrschenden Anschauungen entscheidend. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang die Aussage getroffen, dass nach dem Urteil billig und gerecht denkender Menschen grundsätzlich niemand verpflichtet ist, einem Angehörigen das von diesem eingegangene Unternehmerrisiko abzunehmen (). Diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 97/15/0055 und vom , 97/15/0126 wiederholt. Im Erkenntnis vom hat der Gerichtshof darüber hinaus ausgesprochen, dass die Verschuldung aus einer betrieblichen Tätigkeit im Rahmen des mit diesem verbundenen Wagnisses entstehe, das der Unternehmer freiwillig auf sich genommen habe. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sei § 34 EStG nicht zu dem Zweck geschaffen worden, wirtschaftliche Misserfolge des Unternehmens, die verschiedenste Ursachen haben könnten, durch die Ermäßigung der Einkommensteuer anderer Steuersubjekte zu berücksichtigen und in einem solchen Fall die Steuerlast auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Im Erkenntnis vom , 97/15/0126 vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass keine sittliche Verpflichtung bestehe zur unmittelbaren Hingabe von Geldmitteln zur Abwendung einer Konkursgefahr. Eine diesbezügliche bestehende rechtliche Verpflichtung könne auch nicht aus der ehelichen Beistandspflicht abgeleitet werden.

Wie die Bw. darauf hingewiesen hat, ist eine die Jahre 1993 und 1994 betreffende Betriebsprüfung zu der - letztlich auch vom VwGH (, 99/15/0083) bestätigten - Ansicht gelangt, die Darlehenshingabe der Bw. an die Firma S. sei in deren Naheverhältnis zum (damals alleinigen) Gesellschafter G. gelegen, die geltend gemachten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen (im Wesentlichen Zinsaufwand) seien folglich nicht anzuerkennen. Entgegen der Meinung der Bw. wurde mit dieser Feststellung aber keineswegs bestätigt, dass die Belastung zwangsläufig im Sinne des § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwachsen ist. Vielmehr ergibt sich aus dem Vorbringen der Bw. in ihrer damaligen Berufungsschrift das Gegenteil. So hat sie dargelegt, dass sie durch die Hingabe dieser finanziellen Mittel nicht nur weitere Einkünfte aus der Darlehensgewährung sichere, sondern auch ihre Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erhalte. Das Interesse anderer Unternehmen an der S. hätte sie zur Darlehensgewährung veranlasst und aus den von der Bw. fakturierten Zinsen ließe sich eindeutig eine Gewinnerzielungsabsicht und damit das subjektive Ertragstreben ableiten. Zahlungen aufgrund freiwillig oder im Rahmen des Unternehmerwagnisses übernommener Verpflichtungen sind aber nicht zwangsläufig ().

Gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 hat der Steuerpflichtige auf die Einkommensteuer Vorauszahlungen zu entrichten. Die Vorauszahlung für ein Kalenderjahr wird wie folgt berechnet:

Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr abzüglich der einbehaltenen Beträge im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 2 EStG 1988;

der so ermittelte Betrag wird, wenn die Vorauszahlung erstmals für das dem Veranlagungszeitraum folgende Kalenderjahr wirkt, um 4 %, wenn sie erstmals für ein späteres Kalenderjahr wirkt, um weitere 5 % für jedes weitere Jahr erhöht.

Auf der Grundlage der angeführten gesetzlichen Bestimmung erließ das FA die mit Berufung angefochtenen Vorauszahlungsbescheide für die Jahre 2004, 2005, 2006 und 2008. In den Berufungen werden die Einkommensteuervorauszahlungsbescheide aber lediglich insoweit bekämpft, als diese gemäß § 45 Abs. 1 EStG 1988 von der Einkommensteuerschuld für das letztveranlagte Kalenderjahr der Höhe nach abgeleitet werden. Sonstige Einwände, wie etwa konkret erwartete Gewinnverminderungen für die betreffenden Jahre, die eine Änderung der im § 45 EStG 1988 normierten Höhe der Vorauszahlungen bewirken könnten, brachte die Bw. hingegen nicht vor.

Da sich jedoch die Höhe der Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2006 durch die vorliegende Berufungsentscheidung nicht ändert, besteht auch keine Veranlassung, die auf Grund der gesetzlichen Vorschriften des § 45 EStG 1988 ermittelte Höhe der Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 2004, 2005, 2006 und 2008 zu ändern.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Kreditrückzahlung
Gesellschafter
Geschäftsführer
Darlehenshingabe
existenzbedrohende Notlage
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at