OGH vom 03.04.2008, 1Ob55/08g

OGH vom 03.04.2008, 1Ob55/08g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** Limited, *****, vertreten durch Dr. Benedikt Wallner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei K***** HandelsgmbH, *****, vertreten durch Mag. Wolfgang Maier, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erfüllung eines Vertrags (Streitwert 300.500,83 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 92/07i-37, mit dem das Endurteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 10 Cg 24/04s-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.672,71 EUR (darin 445,45 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erwarb von der Beklagten im Jahr 1999 29 Teppiche zu einem Gesamtpreis von 360.000 US-$. Dabei wurde ein „Umtauschrecht zum Kaufpreis" innerhalb von 15 Jahren vereinbart, wobei nähere Abreden zum Inhalt dieses Umtauschrechts nicht getroffen wurden. Nachdem ein Mitarbeiter der Beklagten am weitere 17 Teppiche zur Ansicht gebracht hatte und die Klägerin diese erwerben wollte, einigten sich die Vertreter der Parteien darauf, dass die Klägerin die 17 neu angebotenen Teppiche behalten dürfe, wogegen die Beklagte 20 Teppiche aus der ursprünglichen Lieferung zurücknimmt. Die 26 Teppiche, die der Klägerin letztlich zukommen (bzw verbleiben) sollten, wurden pauschal mit 460.000 US-$ bewertet, wovon die bereits bezahlten 360.000 US-$ abgezogen wurden, sodass eine Aufzahlungsdifferenz von 100.000 US-$ übrig blieb, die von der Klägerin beglichen werden sollte. Da diese 26 Teppiche an der Wand aufgehängt werden sollten, wurde vereinbart, dass der Mitarbeiter der Beklagten diese gleich mitnehmen und daran Ringe annähen sollte, weshalb er diese Teppiche (wieder) mitnahm. Wegen der begrenzten Ladekapazität seines Pkws ließ er die 20 rückgetauschten Teppiche bei der Klägerin zurück. Diese Teppiche wurden von der Klägerin später in ein Lager gebracht. Der Aufenthaltsort dieser Teppiche kann nicht festgestellt werden; sie befinden sich jedenfalls nicht mehr in der Verfügungsgewalt der Klägerin. Am erschien ein Mitarbeiter der Klägerin in Begleitung eines Sachverständigen bei der Beklagten. Nachdem der Sachverständige erklärt hatte, dass die erworbenen 26 Teppiche weit weniger Wert seien „als von der Beklagten verlangt", nahm der Vertreter der Klägerin 11 dieser Teppiche, an denen vereinbarungsgemäß die Ringe montiert worden waren, mit. Nach Abweisung des (auf Rückerstattung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückstellung der 11 zurückgeholten Teppiche gerichteten) Hauptbegehrens und Modifizierung des Eventualbegehrens begehrte die Klägerin letztlich, die Beklagte schuldig zu erkennen, die (näher bezeichneten) 26 Teppiche „zum jeweils angegebenen Kaufpreis" umzutauschen gegen Orientteppiche der Gattung Kasak nach Auswahl der Beklagten im Gesamtverkehrswert von 460.000 US-$, wobei die Beklagte die Verschaffungspflicht auf dem gesamten Markt für Orientteppiche treffe. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, sie habe die Teppiche gemäß Rechnung der Beklagten vom erworben, wobei ein Umtauschrecht gewährt worden sei. Dabei handle es sich um ein Gestaltungsrecht der Klägerin. Am habe ein Termin in den Räumlichkeiten der Beklagten stattgefunden. Die von der Beklagten zum Umtausch angebotenen Teppiche seien allerdings von geringerer Qualität als die Erstware gewesen. Die Beklagte sei bislang nicht zur Erfüllung des Umtauschbegehrens bereit. Das Umtauschrecht sei nicht auf das Warensortiment der Beklagten beschränkt, weil bereits die Erstware nicht aus dem Bestand der Beklagten gestammt habe, sondern erst in den Ländern des Kaukasusgebiets angeschafft habe werden müssen.

Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, das vereinbarte Umtauschrecht stelle kein einseitiges Gestaltungsrecht dar. Vielmehr setze es eine Einigung der Parteien über den Umtausch voraus. Die Beklagte sei jedenfalls nicht zum Umtausch verpflichtet, solange die Klägerin die bei dieser verbliebenen 20 Teppiche aus der ersten Lieferung nicht zurückerstattet und den noch offenen Kaufpreis von restlichen 100.000 US-$ nicht bezahlt habe. Im Übrigen sei das Klagebegehren weiterhin unbestimmt. Es sei auch deshalb abzuweisen, weil die 20 zurückzugebenden Teppiche bei der Klägerin nicht mehr vorhanden seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ein Umtauschrecht berechtige den Käufer, die Warenforderung durch Abgehen von der ursprünglich festgelegten Ware und Inanspruchnahme einer anderen gleichwertigen Ware umzugestalten. Seine Wahlbefugnis beziehe sich im Zweifel auf das gesamte bestehende Warensortiment des Verkäufers. Mangels besonderer Vereinbarung sei nicht davon auszugehen, dass eine Verschaffungspflicht für Waren besteht, die der Verkäufer nicht in seinem Sortiment hat. Die Klägerin könne daher nicht verlangen, bestimmte Teppiche auf dem Markt für Orientteppiche zu beschaffen. Zur Aufrechterhaltung der subjektiven Äquivalenz sei die Klägerin auch nicht berechtigt, den Umtausch gegen Teppiche im Gesamtverkehrswert von 460.000 US-$ zu verlangen, sondern allenfalls im (gemeint: niedrigeren) Verkehrswert der erworbenen Teppiche. Selbst wenn die Klägerin dieses Recht ausübe, sei die Beklagte nicht verpflichtet, die umgetauschten Teppiche herauszugeben, weil ihr ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 369 HGB zustehe. Da die Beklagte eine fällige Forderung auf Rückgabe ihrer 20 Teppiche und auf Zahlung von 100.000 US-$ habe, stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht an den 15 noch bei ihr befindlichen bzw an allenfalls „umgetauschten" Teppichen zu. Eine Verurteilung Zug um Zug komme im vorliegenden Fall allerdings nicht in Betracht, da die Klägerin selbst zugestehe, dass sie die 20 Teppiche, die der Beklagten gehören, nicht mehr habe. Da sie somit nicht in der Lage sei, einen derartigen Austausch Zug um Zug vorzunehmen, sei die Klage jedenfalls abzuweisen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Die am zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung sei von der Beklagten erfüllt worden, wobei 15 Teppiche mangels Abholung durch die Klägerin bei der Beklagten nach wie vor auf Lager lägen. Die Klägerin habe allerdings weder die 20 Teppiche aus dem ersten Geschäft rückerstattet - wobei auf sich beruhen könne, ob bezüglich dieser 20 Teppiche das Umtauschrecht bereits ausgeübt wurde -, noch den Aufpreis von 100.000 US-$ bezahlt. Wer auf Übergabe - hier des Äquivalents für die Kaufsache - dringen wolle, müsse analog § 1052 ABGB seinerseits seine Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu erfüllen bereit sein. Da die Klägerin die 20 Teppiche nicht mehr in ihrer Verfügungsgewalt habe, sei ihr die Erfüllung ihrer Verbindlichkeit unmöglich, weshalb das Erstgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen habe. Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Judikatur zur analogen Anwendung des § 1052 ABGB im Rahmen eines Kaufs unter Umtauschvorbehalt fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Festzuhalten ist, dass sich der von der Beklagten bereits im Verfahren erster Instanz erhobene Einwand der „Unbestimmtheit" des Klagebegehrens insoweit als zutreffend darstellt, als dieses jedenfalls kein den Bestimmtheitserfordernissen des § 226 Abs 1 ZPO entsprechendes Leistungsbegehren darstellt, zumal es nicht auf die Leistung konkret abgrenzbarer Sachen durch die Beklagte gerichtet ist. Richtigerweise kann das Klagebegehren nur als Feststellungsbegehren qualifiziert werden, mit dem die Klägerin einerseits den Umfang ihres „Umtauschrechts" bestimmen und andererseits klären lassen will, dass sie bereits jetzt in Ausübung ihres Umtauschrechts die Lieferung weiterer Teppiche von der Beklagten verlangen kann.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde das „Umtauschrecht" beim Erwerb von 29 Teppichen im Jahr 1999 vereinbart und - im Hinblick auf 20 dieser Teppiche - am auch ausgeübt. Dafür, dass die Klägerin nach der Abrede berechtigt sein sollte, die Teppiche wiederholt auszutauschen, gibt es keine Anhaltspunkte. Dabei müsste die Klägerin wohl auch - mangels abweichender nachträglicher Vereinbarung der Streitteile - auf einen „Gesamtumtausch" beschränkt sein, wurde doch für die 26 Teppiche, die letztlich der Klägerin verbleiben sollten, ein Pauschalpreis festgesetzt. Es kann den Vertragsparteien idR nicht unterstellt werden, sie hätten die Umtauschvereinbarung so verstanden, dass zwar ursprünglich zu einem Pauschalpreis verkauft wird, bei einem späteren Umtausch einzelner Stücke allerdings geklärt werden sollte, wie der Gesamtpreis auf die einzelnen Teppiche aufzuteilen sei. Der Auffassung der Revisionswerberin, die Vereinbarung sei dahin auszulegen, dass auch lediglich einzelne Teppiche von der Klägerin ersetzt verlangt werden könnten, ist somit nicht beizutreten. Dagegen spricht auch nicht, dass anlässlich der Vereinbarung vom nicht alle im Jahr 1999 gekauften Teppiche zurückgestellt werden sollten, weil Vertragspartnern es stets freisteht, sich im Nachhinein in einer Weise zu einigen, die einer allein gegen den Willen des anderen nicht durchsetzen könnte.

Aber selbst wenn - was nicht festgestellt wurde - auch im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom ein (Einzel-)Umtauschrecht vereinbart worden sein sollte, wäre die Beklagte derzeit zu dem von der Klägerin angestrebten Umtausch nicht verpflichtet. Da die Parteien im Zusammenhang mit der Umtauschabrede keine konkreteren Vereinbarungen getroffen haben, ist die unvollständige Abrede im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu vervollständigen. Vernünftigen und redlichen Vertragsparteien kann aber nicht unterstellt werden, dem Käufer ein Umtauschrecht zugedacht zu haben, das unabhängig davon ausgeübt werden darf, ob er seine Gegenleistung bereits erbracht hat. Unter Berücksichtigung des zentralen vertragsrechtlichen Gedankens der Vertragstreue ist den Parteien vielmehr der Vertragswille zu unterstellen, dass der Käufer erst die ihn treffende fällige Leistungspflicht erfüllt haben muss, um von seinem Umtauschrecht Gebrauch machen zu können. Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb nicht erfüllt, weil unstrittig noch 100.000 US-$ aus dem Vertrag vom offen sind und die Klägerin auch zugestanden hat, dass der Kaufpreis durch Rechnungslegung fällig gestellt wurde. Damit ist die Klägerin jedenfalls mit einem (nicht unerheblichen) Teil ihrer Gegenleistung in Verzug. Auf die weiters aufgeworfene Frage, ob sie vor Ausübung ihres Umtauschrechts auch verpflichtet wäre, die 20 Teppiche aus dem Erstgeschäft zurückzustellen, muss daher nicht abschließend eingegangen werden.

Unklar bleibt letztlich auch, wie sich die Klägerin die Durchsetzung des ihrer Ansicht nach bestehenden Umtauschrechts vorstellt, gesteht sie doch einerseits der Beklagten die Spezifikation zu, will aber andererseits das Recht in Anspruch nehmen, von der Beklagten angebotene Teppiche abzulehnen. Abgesehen davon, dass ein Umtauschrecht grundsätzlich nicht so verstanden werden kann, dass der Verkäufer verpflichtet wäre, in seinem Sortiment nicht enthaltene Ware für den vom Käufer gewünschten Umtausch zu beschaffen (idS etwa auch Aicher in Rummel3, § 1080 ABGB Rz 7 mwn), kann vom Verkäufer regelmäßig auch nicht verlangt werden, wiederholt von sich aus Waren zum Umtausch vorzuschlagen und vorzulegen.

Damit erweisen sich die Urteile der Vorinstanzen im Ergebnis als zutreffend.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.