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OGH vom 14.07.1994, 1Ob5/94

OGH vom 14.07.1994, 1Ob5/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Schiemer und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr.Friedrich Wilhelm K*****, vertreten durch Dr.Helmut Mühlgassner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen Entlassung aus der Strafhaft infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 5 R 240/93-33, womit aus Anlaß des Rekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 29 Cg 25/93i-29, der Sicherungsantrag teilweise zurückgewiesen und im übrigen dem Rekurs nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird, soweit aus Anlaß des Rekurses der erstgerichtliche Beschluß zum Teil aufgehoben und der Sicherungsantrag in diesem Umfang zurückgewiesen wurde, ersatzlos behoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung:

Das Geschwornengericht beim Kreisgericht K***** erkannte mit Urteil vom , GZ 10 Vr 949/82-570, die klagende und gefährdete Partei (im folgenden Kläger) wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit b WaffenG schuldig. Der Oberste Gerichtshof verwarf mit Urteil vom , GZ 9 Os 76/85-27, die vom Kläger, seiner Mutter und Ehegattin erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und verurteilte den Kläger in Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft K***** statt zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Beim Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof am war der Kläger nicht anwesend.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im folgenden EGMR) entschied mit Urteil vom (veröffentlicht in ÖJZ 1994, 210), daß eine Verletzung des Art 6 Abs 1 iVm Art 6 Abs 3 lit c MRK stattgefunden habe, was die Nichtanwesenheit des Klägers bei der Verhandlung über seine Berufung im Strafverfahren (ungeachtet des Fehlens eines entsprechenden Antrags) anlange, nicht jedoch auch eine Verletzung des Art 6 Abs 1 iVm Art 6 Abs 3 lit c MRK, soweit es um die Nichtanwesenheit des Klägers bei der Verhandlung über seine Nichtigkeitsbeschwerde gehe, und erachtete auch weitere, vom Kläger ins Treffen geführte, hier nicht relevante Konventionsverletzungen als nicht gegeben. Dem Kläger wurden Verfahrenskosten von 230.000 S zugesprochen, der Rest des Begehrens auf Zahlung einer gerechten Entschädigung jedoch abgewiesen.

Im vorliegenden Verfahren begehrte der Kläger, die beklagte Republik Österreich aus dem Titel des Schadenersatzes im Wege der Naturalrestitution schuldig zu erkennen, ihn bei sonstiger Exekution aus der mit den beiden obgenannten Urteilen verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe zu entlassen und einen weiteren Vollzug der aufgrund dieser Urteile verhängten Freiheitsstrafe zu unterlassen. Zur Sicherung dieses Anspruches stellte der Kläger den Antrag, der beklagten Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei (im folgenden nur beklagte Partei) bei Exekution den weiteren Vollzug der genannten Freiheitsstrafe zu verbieten. Gestützt war das Begehren in tatsächlicher Hinsicht auf im einzelnen genannten Verfahrensverstöße der mit der Verurteilung des Klägers befaßten Richter einschließlich jener des Obersten Gerichtshofes und in rechtlicher Hinsicht auf Amtshaftungsrecht, Art 5 Abs 4 MRK iVm Art 6 Abs 1 des B-VG vom über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 1988/684 (PersFrG), sowie § 1329 ABGB.

Der erkennende Senat hat mit seiner Entscheidung 1 Ob 12/93 (veröffentlicht in ecolex 1994, 226) die mit Unzulässigkeit des Rechtsweges begründete a-limine Zurückweisung von Klage und Sicherungsantrag durch die Vorinstanzen, soweit der Kläger seinen Anspruch darauf stützte, ihm sei nicht gestattet worden, beim Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof am persönlich anwesend zu sein und dort seine Rechte zu wahren, und vom Obersten Gerichtshof seien nach §§ 285 f StPO Beweise aufgenommen worden, aus anderen Gründen, nämlich wegen rechtskräftiger Entscheidung über dieses Begehren in einem Vorverfahren bestätigt und im übrigen, soweit Ansprüche aus anderen behaupteten Rechtsverletzungen abgeleitet werden, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über das Klage- und Sicherungsbegehren unter Abstandnahme von gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Nach der von der beklagten Partei erstatteten Klagebeantwortung und Äußerung zum Sicherungsantrag hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit Beschluß vom den Sicherungsantrag des Klägers, erkennbar in Ansehung aller seiner bis dahin zur Anspruchsbegründung geltend gemachten rechtserzeugenden Sachverhalte, abgewiesen. Seinen dagegen erhobenen Rekurs zog der Kläger unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom zurück.

Mir Schriftsatz vom stützte der Kläger sein Klagebegehren ausdrücklich weiterhin auf die unterbliebene Zustellung der Stellungnahme der Generalprokuratur und die damit verbundene Unmöglichkeit, sich vor Ausarbeitung des Entwurfes des Berichterstatters (des höchstgerichtlichen Strafsenates) dazu zu äußern, die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs 2 MRK durch Unterstellung von strafbaren Handlungen ("Aufdeckung eigener finanzieller Verfehlungen des Angeklagten"), obwohl die Geschwornen ein Motiv des Klägers für die angelastete Tat nicht hätten feststellen können, und die auf dieser (zusätzlichen) Feststellung beruhende Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe und behauptete als weitere Konventionsverletzungen im Strafverfahren die unterbliebene Einholung seiner Äußerung zur Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft W***** zu seinem Anklageeinspruch und die Teilnahme eines Vertreters der Oberstaatsanwaltschaft W***** an der Beratung und Abstimmung des Oberlandesgerichtes W***** als Anklageeinspruchsgericht. Er beantragte neuerlich, ausdrücklich nur auf die neu geltend gemachten Klagssachverhalte gestützt, eine einstweilige Verfügung des Inhalts, zur Sicherung seines Anspruchs auf Unterlassung des weiteren Vollzugs der mit den beiden obgenannten Urteilen verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe der beklagten Partei bei Exekution zu verbieten (§ 382 Z 5 EO), den Strafvollzug aufgrund der beiden Urteile in Ansehung seiner Person fortzusetzen.

Nachdem der Kläger seinen Sicherungsantrag mit Schriftsatz vom und seinen damit geltend gemachten Anspruch durch den Hinweis auf das unterdessen ergangene Urteil des EGMR vom ergänzt und neuerlich darauf gestützt hatte, der Oberste Gerichtshof habe ihn vom Gerichtstag vom ausgeschlossen und ihm die Verteidigungsmittel genommen, wies das nun nach § 9 Abs 4 AHG als zuständig bestimmte Erstgericht den Sicherungsantrag ab, wobei es sich in rechtlicher Hinsicht von folgenden Erwägungen leiten ließ: Der Kläger berufe sich in seiner Antragsergänzung (neuerlich) darauf, der EGMR habe mit Urteil vom zu Recht erkannt, daß die Nichtteilnahme des Klägers am Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof am gegen Art 6 Abs 1 und Abs 3 lit c MRK verstoße; dabei handle es sich um eine neue rechtserzeugende Tatsache, die im Vorverfahren noch nicht Klagsgrund gewesen sei, weshalb Nämlichkeit des Rechtsgrundes nicht vorliege. In merito müsse das Sicherungsbegehren daran scheitern, daß der Anspruch sowohl nach § 1 Abs 1 letzter Satz als auch nach § 2 Abs 3 AHG nicht durchsetzbar sei. § 1329 ABGB setze vorsätzliche Freiheitsberaubung voraus, der Kläger habe sich aber darauf beschränkt, die von ihm inkriminierten Verfahrensverstöße global als "jedenfalls vorsätzliches Handeln" zu qualifizieren, ohne diese Verschuldensform substantiell auch nur in irgendeiner Form zu untermauern. Zwar gewähre Art 5 Abs 5 MRK demjenigen, der entgegen Art 5 Abs 1 bis 4 MRK von Haft betroffen sei, einen vom Verschulden des Organs unabhängigen Schadenersatzanspruch, daraus ergebe sich aber keineswegs die vom Kläger angestrebte Naturalrestitutionsverpflichtung der beklagten Partei. Bei der Beurteilung, ob ein Konventionsverstoß vorliege, komme es auf das Gewicht einer allenfalls übertretenen Verfahrensvorschrift an. Zumindest die Beurteilung dieser Frage müsse auch dann, wenn eine einschlägige Entscheidung des EGMR vorliege, jedenfalls weiterhin den innerstaatlichen Organen vorbehalten bleiben. Der Rechtsstandpunkt des Klägers würde konsequent zu Ende gedacht, dann, wenn der EGMR im Fall einer Strafhaftverhängung einen, wenn auch noch so geringen Verstoß gegen innerstaatliche strafprozessuale Vorschriften feststelle, jedenfalls und auch dann zu einer sofortigen Freilassung des Verurteilten führen müssen, wenn der begangene Verfahrensverstoß überhaupt keinen Einfluß zu Lasten des Verurteilten gehabt hätte. Dies sei ein Ergebnis, das aus einsichtigen und daher nicht näher erklärungsbedürftigen Gründen ebenso wie die theoretische Konsequenz abzulehnen sei, daß dann im Anlaßfall eine vom Höchstgericht verhängte Strafhaft durch ein Zivilgericht beendet werden müßte, also innerhalb des Vollziehungszweiges der Rechtsprechung letztlich sowohl das Straf- als auch das Zivilgericht über ein und denselben Strafanspruch zu entscheiden haben würden. Der Klagsanspruch erweise sich als verfehlt bzw nicht durchsetzbar, womit auch dem Sicherungsbegehren die Grundlage entzogen sei.

Die zweite Instanz hob aus Anlaß des Rekurses des Klägers den erstgerichtlichen Beschluß, soweit der Sicherungsantrag ergänzend darauf gestützt war, daß dem Kläger nicht gestattet worden sei, beim Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof am persönlich anwesend zu sein und seine Rechte zu wahren, auf und wies den Sicherungsantrag in diesem Umfang (wegen Nichtigkeit zufolge Nichtbeachtung der Rechtskraft) zurück; im übrigen wurde der Beschluß erster Instanz bestätigt. Rechtlich vertrat das Rekursgericht die Auffassung, der neue Anspruch beruhe weder auf einem anderen Rechtsgrund noch auf neuen rechtserzeugenden Tatsachen. Der Kläger habe das Urteil des EGMR vom lediglich zur Bescheinigung der von ihm behaupteten rechtsbegründenden rechtswidrigen Handlungen ins Treffen geführt; das rechtswidrige Organhandeln an sich sei jedoch unverändert geblieben, dieses sei seinerzeit und jetzt von ihm als bindend festgestellte Konventionsverletzung aufgefaßt worden. Für die Abweisung des Antrages durch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit dessen Beschluß vom sei nicht etwa die mangelnde Bescheinigung der Behauptungen, sondern die mangelnde gerichtliche Durchsetzbarkeit im begehrten Sinn, selbst, wenn man die behaupteten rechtswidrigen Handlungen als gegeben voraussetze, maßgeblich gewesen. Bei sonst unverändertem Anspruchs- und Gefährdungssachverhalt stehe demnach dem neuerlichen Antrag des Klägers die Vorentscheidung entgegen, soweit die Rechtskraft dieser seinerzeitigen Abweisung des auf dasselbe von ihm behauptete rechtswidrige Verhalten von Richtern des Obersten Gerichtshofes beim Gerichtstag vom gestützten Antrags reiche.

Die beiden neuen von ihm behaupteten Konventionsverletzungen seien zur Begründung des Anspruches nicht geeignet, weil der Behörde ein bestimmtes hoheitliches Handeln untersagt werden solle, die Trennung von Justiz und Verwaltung dem Begehren entgegenstehe und den Zivilgerichten keine Zuständigkeit zur Entscheidung in Haftvollzugssachen eingeräumt sei. Die Korrektur der Entscheidung des Strafgerichtes durch ein Zivilgericht sei weder verfassungs- noch gerichtsorganisationskonform. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die Strafhaft des Klägers wegen der behaupteten Verstöße im Strafverfahren nicht mehr als rechtmäßige Haft iS des Art 5 Abs 1 lit a MRK iVm Art 2 Abs 1 Z 1 PersFrG angesehen werden könnte, so sei weder aus Art 5 Abs 4 MRK noch aus Art 6 Abs 1 PersFrG ein Naturalrestitutionsanspruch in der Art einer unverzüglichen Haftentlassung eines durch ein zuständiges innerstaatliches Gericht in Haft Gesetzten durch ein diese überprüfendes Zivilgericht ableitbar. Eine Naturalrestitution sei zusätzlich nach dem Gewicht der beiden hier behaupteten Verstöße abzulehnen. Auch aus § 1329 ABGB sei, selbst wenn man Vorsatz einer widerrechtlichen Freiheitsberaubung nicht fordere, eine solche Naturalrestitution durch ein Zivilgericht nicht begründbar und stehe auch diesbezüglich die ausdrückliche, eine Verpflichtung iS des § 1323 ABGB ausschließende Regelung des § 1 Abs 1 letzter Satz AHG entgegen.

Der Revisionsrekurs des Klägers ist in Ansehung der teilweisen Antragszurückweisung berechtigt, im übrigen hingegen nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Zur Frage der Rechtskraftbindung nach § 411 ZPO wurde vom erkennenden Senat in seiner Vorentscheidung 1 Ob 12/93 eingehend Stellung genommen. Daran ist festzuhalten und auf diese Ausführungen zu verweisen. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Maßgeblichkeit der gerichtlichen Entscheidung, durch die eine Wiederholung desselben Rechtsstreites ausgeschlossen wird und Gerichte und Parteien an die Entscheidung gebunden werden, nicht nur die hier unbestritten vorliegende Identität (Nämlichkeit) der Parteien, sondern auch die Identität des Anspruchs und damit sowohl des Entscheidungsantrags als auch der zu seiner Begründung vorgetragenen rechtserzeugenden Tatsachen notwendig. Die Nämlichkeit des Rechtsgrundes ist dann nicht gegeben, wenn der neue Anspruch auf einem anderen Rechtsgrund (Klagegrund) oder auf neuen rechtserzeugenden Tatsachen beruht. Rechtskräftig zurückgewiesen wurde im vorliegenden Fall ein Sicherungsbegehren des Klägers mit dem Tatsachenvorbringen, er habe beim Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof am nicht anwesend sein können, wogegen das neuerliche Sicherungsbegehren auf die durch den EGMR festgestellte Konventionswidrigkeit durch den Ausschluß des Klägers von der Verhandlung über seine Berufung beim Gerichtstag vom und darauf abstellt, daß infolge der erforderlichen Umsetzung dieses Urteils durch inländische Behörden nach Art 53 MRK die über ihn verhängte Strafhaft nicht mehr fortgesetzt werden dürfe. Insoweit erweist sich das Rechtsmittel als berechtigt. Das Gericht zweiter Instnaz wird über den Rekurs des Klägers gegen die antragsabweisende Entscheidung des Erstgerichtes in diesem Umfang neu zu entscheiden haben.

Der Oberste Gerichtshof kann auf die Frage nach der allfälligen Umsetzung eines die Konventionswidrigkeit eines rechtskräftig abgeschlossenen österreichischen Strafverfahrens feststellenden Urteils des EGMR, das nur auf völkerrechtlicher Ebene Wirkungen entfaltet und keine Bindungswirkung für österr.

Gerichtsentscheidungen äußern kann (SZ 63/223 = JBl 1992, 49; SZ 55/18 ua), in Österreich nach Art 53 MRK noch nicht eingehen. Er kann zwar infolge eines Rechtsmittels gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes eine Sachentscheidung treffen (EFSlg 39.290 ua), hier ist indes kein Aufhebungsbeschluß, sondern ein mit Nichtigkeit begründeter Zurückweisungsbeschluß der zweiten Instanz zu überprüfen.

b) In Ansehung der erstmals zur Begründung des Sicherungsbegehrens im Schriftsatz vom behaupteten Konventionsverletzungen im Strafverfahren des Kreisgerichtes K***** - die unterbliebene Anhörung des Klägers zu einer Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft im Anklageeinspruchsverfahren und die Teilnahme eines Vertreters der Anklagebehörde an der Beratung und Abstimmung des Einspruchsgerichtes - erweist sich die Abweisung des Sicherungsantrages durch die Vorinstanzen aus folgenden Erwägungen als zutreffend:

Der Kläger strebt mit seinem auf § 382 Z 5 EO gestützten Sicherungsantrag zur Sicherung "anderer Ansprüche" (als Geldforderungen) nach § 381 EO ein Verbot des weiteren Vollzuges der durch Gerichte über ihn rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe an. Wenngleich die Aufzählung der Sicherungsmittel in § 382 EO nur beispielsweise ist (GesRZ 1978, 124; MietSlg 33.754/28 ua), können dafür jedenfalls nur solche in Betracht kommen, die der Privatrechtssphäre angehören, nicht aber auch Sicherungsmittel, die mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften unvereinbar (SZ 18/38; Heller-Berger-Stix EO4 2730) oder sonst rechtswidrig sind (Konecny, Der Anwendungsbereich der einstweiligen Verfügung, 320). Verfassungsbestimmungen und einfachgesetzliche Beschränkungen, die einer einstweiligen Verfügung im Wege stehen, sind zu beachten (Konecny aaO 320). Behörden, gleichviel ob Verwaltungsbehörden oder Gerichten, kann grundsätzlich durch eine einstweilige Verfügung weder ein Tun noch ein Unterlassen aufgetragen werden (Hausmaninger, Die Beeinträchtigung Dritter durch einstweilige Verfügungen in JBl 1990, 160 ff, 161 mwN in FN 14). Auch die Rechtsprechung lehnt die Erteilung von Aufträgen an Rechtsträger zu bestimmtem hoheitlichen Tun oder Unterlassen durch Gerichte generell ab (JBl 1992, 532; SZ 61/88 = JBl 1988, 594 ua). Im vorliegenden Fall strebt der Kläger mit seinem Sicherungsantrag einen Eingriff in Hoheitsrechte des Rechtsträgers an, weil Freiheitsstrafen nur hoheitlich vollzogen werden (Schragel, AHG2 Rz 99; Vrba-Zechner, Kommentar zum Amtshaftungsrecht 104). Der Vollzug der Strafhaft beginnt nach der schriftlichen Strafvollzugsanordnung durch den Vorsitzenden (Einzelrichter) des erkennenden Gerichtes (§ 7 Abs 1 StVG) mit der Aufnahme oder Übernahme (§ 132 StVG) und endet mit der Entlassung (§ 149 StVG) oder mit dem früheren Ableben des Verurteilten (§ 72 Abs 3 StVG). Die Abgrenzung der Rechtsprechung (§ 16 StVG) und der Verwaltung ("Vollzugsbehörden", §§ 11 ff StVG) zuzuordnenden Vollzugsbereiche ergibt sich aus den Verfahrensbestimmungen des StVG. In welche Vollzugsbereiche durch eine vom Zivilgericht in einem Sicherungsverfahren angeordnete Enthaftung eines Strafgefangenen eingegriffen würde, muß hier nicht untersucht werden, weil sowohl der Eingriff in verwaltungsbehördliche wie in gerichtliche Kompetenzen unzulässig ist. Dem angerufenen Zivilgericht ist es einerseits nach der in Art 94 B-VG ausgesprochenen strikten Trennung von Justiz und Verwaltung verwehrt, einer Vollzugsbehörde als einem Organ der Hoheitsverwaltung ein Verbot des weiteren Vollzuges einer Strafhaft, die die Weisung zur Enthaftung eines Strafgefangenen enthält, auszusprechen, andererseits stehen einer Weisung des Zivilgerichtes an das erkennende Strafgericht oder das Vollzugsgericht die Anordnung des Art 87 Abs 1 B-VG, wonach die Richter in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig sind, sowie die fehlende Kompentenz zur Einwirkung auf die rechtsprechende Tätigkeit des Strafgerichtes und die zur Entscheidung in Sachfragen im Provisorialverfahren niemals vorhandene Kompetenz entgegen (Konecny aaO 321 mwN), ohne daß noch geprüft werden müßte, ob einer solchen Weisung auch Art 83 Abs 2 B-VG entgegenstünde (vgl dazu Konecny aaO 321 mwN in FN 43 und Hausmaninger aaO 161). Die Kompetenz zur Begnadigung der von den Gerichten rechtskräftig Verurteilten steht nur dem Bundespräsidenten zu (Art 65 Abs 2 lit c B-VG).

Zu Fragen des Anspruchs muß nicht mehr Stellung genommen werden. Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 402 und 78 EO iVm den §§ 52 und 50 ZPO.