Abzugsfähigkeit einer Montblanc-Füllfeder
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RV/0778-W/09-RS1 | Die Angemessenheitsprüfung des § 20 Abs. 1 Z. 2 EStG 1988 betrifft lediglich die im Gesetz taxativ aufgezählten Wirtschaftsgüter und kann nicht auf andere Wirtschaftsgüter (insbesondere Arbeitsmittel) ausgedehnt werden, auch wenn diese als hochpreisig einzustufen sind. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des NN, in XY, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Einkommensteuer sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Herr NN (Berufungswerber, Bw.) bezog im Jahr 2007 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und begehrte im Rahmen seiner Arbeitnehmerveranlagung unter anderem die Anerkennung einer Montblanc Füllfeder in der Höhe von € 383,00 und eines Montblanc Etuis i.d.H.v. € 77,00 als Werbungskosten.
Mit Bescheid vom verwehrte ihm das zuständige Finanzamt die Anerkennung und führte begründend aus, dass Ausgaben für Luxusgüter gemäß § 20 EStG Kosten der privaten Lebensführung darstellen würden.
In der hiergegen fristgerecht erhobenen Berufung vom erläuterte der Bw. unter anderem, dass es sich bei der Anschaffung des Montblanc Füllers und Zubehörs um eine rein berufliche Veranlassung gehandelt habe und die besagten Gegenstände ausschließlich für berufliche Zwecke verwendet worden seien.
Das FA erließ am eine teilweise stattgebende Berufungsvorentscheidung, lehnte aber erneut die Berücksichtigung der Schreibmaterialien als Werbungskosten ab. In seiner Begründung führte das FA aus, dass die berufliche Verwendung eines Montblanc Füllers nicht bedeute, dass auch eine berufliche Notwendigkeit gegeben sei. Vielmehr handle es sich um eine Anschaffung, deren Ursprung in der privaten Sphäre liege und daher zu den Ausgaben der privaten Lebensführung zu zählen sei.
In der Folge stellte der Bw. am einen Antrag auf Entscheidung durch die zweite Instanz und betonte, dass die Füllfeder ausschließlich aus beruflichen Gründen angeschafft worden sei. Eine private Nutzung sei mangels Veranlassung ausgeschlossen. Vielmehr finde der besagte Füller seinen ausschließlichen Einsatz in beruflichen Tätigkeiten, wie dem Setzen von Unterschriften, Planungen und Arbeitsvorbereitungen für Mitschriften bei Konferenzen und Seminaren etc. Dies sei insbesondere in Hinblick auf die durch einfache Schreibwaren hervorgerufene Unleserlichkeit der Handschrift geboten.
Weiters sei aus der EStR RZ 4707 ff nicht ersichtlich, dass ein Schreibgerät, das typischerweise ein Arbeitsmittel darstellt, dem Aufteilungsverbot unterliege. Auch sei gem. EStR 4762 ff bei Schreibwaren keine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen.
Mit Vorhalt vom forderte der Unabhängige Finanzsenat den Bw. auf, eine Kopie der Rechnungen der Montblanc-Füllfeder und des Etuis vorzulegen.
Am übermittelte der Bw. dem Unabhängigen Finanzsenat per E-Mail besagte Rechnungsbelege, die jeweils mit dem datiert sind.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist im gegenständlichen Verfahren, ob Aufwendungen für eine Montblanc-Füllfeder und ein Montblanc Etui als Werbungskosten geltend gemacht werden können.
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Ausgaben für Arbeitsmittel (z.B. Werkzeug und Berufskleidung) sind gem. § 16 Abs. 1 Z. 7 EStG ausdrücklich als Werbungskosten angeführt.
Werbungskosten sind grundsätzlich von den Einnahmen abzuziehen.
Zunächst ist im gegenständlichen Fall festzustellen, ob die Anschaffung eines Schreibgerätes als Ausgabe für ein Arbeitsmittel i.S.d. § 16 Abs. 1 Z. 7 EStG angesehen werden kann:
Aufwendungen für Arbeitsmittel sind dann abzugsfähig, wenn sie mit der beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Es spielt weder eine Rolle, ob gleichartige Arbeitsmittel auch vom Arbeitsgeber zur Verfügung gestellt werden, noch ob der Arbeitgeber das Arbeitsmittel für erforderlich hält oder ausdrücklich anordnet (vgl. Doralt, § 16 Rz 133).
Obwohl der Werbungskostenbegriff des § 16 Abs. 1 EStG per Gesetzeswortlaut nicht mit dem Betriebsausgabenbegriff des § 4 Abs. 4 EStG übereinstimmt, erscheint insbesondere in Hinblick auf die Steuergerechtigkeit eine inhaltliche Unterscheidung bzw. eine engere Fassung des Werbungskostenbegriffes nicht gerechtfertigt. Vielmehr müssen gleichartige Aufwendungen für den selbstständig Tätigen genauso zum Abzug bzw. Nicht-Abzug gelangen, wie für seine Angestellten; maßgeblich ist allein die berufliche oder betriebliche Veranlassung (vgl. Doralt, § 16 Rz 15).
Das vom FA in seiner Berufungsvorentscheidung vom vorgebrachte Argument, die Berücksichtigung der Anschaffungskosten des Montblanc Füllers als Werbungskosten scheitere an der beruflichen Notwendigkeit, vermag nicht zu tragen.
Für den Werbungskostencharakter ist nicht entscheidend, ob Aufwendungen notwendig, zweckmäßig oder üblich sind (Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, EStG § 16 [Anm.3]).
Die Notwendigkeit des Aufwandes stellt keine Voraussetzung für die Anerkennung als Werbungskosten dar, bietet allerdings in Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legen, das verlässlichste Indiz der betrieblichen bzw. beruflichen Veranlassung (). Auf die Notwendigkeit kommt es nurbei solchen Aufwendungen oder Ausgaben an, die ihrer Art nach die Möglichkeit einer privaten Veranlassung vermuten lassen (), wobei diesfalls die Notwendigkeit dahin gehend zu prüfen ist, ob das Tätigen der Aufwendungen objektiv sinnvoll ist (). Die Abgrenzung zwischen abzugsfähigen Werbungskosten einerseits und nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung ( andererseits ist in gleicher Weise wie im betrieblichen Bereich vorzunehmen (Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, EStG § 16 [Anm.3]).
Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Anschaffung der Füllfeder und des Etuis zumindest in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Bw. gestanden sind, soll der Vollständigkeit halber geprüft werden, ob der gegenständliche Sachverhalt unter ein steuerliches Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 Z2 EStG zu subsumieren ist:
§ 20 (1) EStG 1988 lautet auszugsweise: Von den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden 1.) ......... 2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. b): Betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen oder Ausgaben, die auch die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, und zwar insoweit, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen hoch sind. Dies gilt für Aufwendungen im Zusammenhang mit Personen- und Kombinationskraftwagen, Personenluftfahrzeugen, Sport- und Luxusbooten, Jagden, geknüpften Teppichen, Tapisserien und Antiquitäten.
Z 2 lit a leg. cit. schließt Aufwendungen, die in typisierender Betrachtungsweise der Privatsphäre zuzuordnen sind, von der Abzugsfähigkeit aus, auch wenn sie im Einzelfall betrieblich/beruflich (mit)veranlasst sein mögen. Aufwendungen, die üblicherweise der Befriedigung privater Bedürfnisse dienen, dürfen daher bei gemischter (teils betrieblicher/beruflicher, teils privater) Veranlassung nicht in einen abzugsfähigen und einen nichtabzugsfähigen Anteil getrennt werden, da in derartigen Fällen eine sachgerechte Abgrenzung der betrieblichen/beruflichen Komponente von der privaten Komponente nicht möglich ist (Atzmüller/Krafft in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, EStG § 20 [Anm 8]).
Dem privaten Haushalt oder der Familiensphäre sind typischerweise Haushaltsmaschinen und -geräte sowie Geräte der Unterhaltungs- und Freizeitindustrie zuzuordnen. Das Aufteilungsverbot kommt bei Wirtschaftsgütern des üblicherweise privaten Lebensbereiches zum Tragen, wie zB Waschmaschine, Fernseher, Videorecorder, MP3-Player, Sportgeräte usw, es gilt aber gleichermaßen auch für laufende Aufwendungen, die im Rahmen der Lebensführung üblich sind (zB Aufwendungen für Tageszeitungen, Wirtschaftsmagazine, Lexika, Nachschlagewerke, allgemein bildende Literatur, Schallplatten, CD, Spiele-CD-ROM, DVD, Sportartikel und Sportbekleidung, bürgerliche Kleidung).
Nicht unter das Aufteilungsverbot fallen in ihrer typischen Nutzungsmöglichkeit neutrale Gegenstände wie etwa Kfz, Telefon, Computer, Telefax (Atzmüller/Krafft in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, EStG § 20 [Anm 10]).
Der Unabhängige Finanzsenat kann die Ausführungen des FA, dass die Anschaffung der Schreibmaterialien ihren Ursprung in der privaten Sphäre gefunden hätte und daher typischerweise Aufwendungen der privaten Lebensführung darstellen nicht teilen. Schreibgeräte stellen auch dann neutrale Gegenstände (bzw. Arbeitsmittel) dar, wenn sie höhere Anschaffungskosten als das billigste denkbare Schreibwerkzeug haben. Jedenfalls sind Schreibgeräte aber neutrale Gegenstände, die nicht unter das Aufteilungsverbot fallen.
Feststellungen zu einer neben der beruflichen Nutzung erfolgten Privatnutzung, die die Ausscheidung eines Privatanteiles nach sich ziehen würde, traf das FA nicht. Die Aussage des Bw., er habe die besagte Füllfeder ausschließlich für berufliche Zwecke angeschafft und ausschließlich für berufliche Tätigkeiten verwendet, ist nachvollziehbar und eine allenfalls erfolgte Privatnutzung scheint vernachlässigbar.
Die in Z 2 lit b leg.cit. normierte Angemessenheitsprüfung betrifft sowohl den Bereich der Betriebsausgaben als auch den Bereich der Werbungskosten. Die Angemessenheitsgrenze ist nach der Verkehrsauffassung unabhängig vom geschäftlichen oder sozialen Status des StPfl zu ziehen (). Nur die im Gesetz erschöpfend aufgezählten Wirtschaftsgüter, nämlich PKW und Kombis, Personenluftfahrzeuge, Sport- und Luxusboote, Jagden, geknüpfte Teppiche, Tapisserien und Antiquitäten unterliegen der Angemessenheitsprüfung, wenn sie auch die private Lebensführung des StPfl berühren (Rz 4763 EStR 2000; vgl. Jakom, § 20 Rz 23; Atzmüller/Krafft in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, EStG § 20 [Anm 14]; anders möglicherweise , hinsichtlich des Ausscheidens einer Luxustangente bei einem Fahrrad). Schreibgeräte sind in dieser taxativen Aufzählung jedenfalls nicht enthalten. § 20 Abs 1 Z 2 lit b. EStG 1988 ist daher im strittigen Fall nicht anwendbar.
Der Berufung war daher stattzugeben.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | UFSjournal 2009, 299 SWK 26/2009, S 799 AFS 2010, 84 ARD 5987/12/2009 RdW 2009/753, 739 Salzburger Nachrichten v. |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at