Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 16.08.2007, RV/1423-W/05

Subjektive Voraussetzung für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1423-W/05-RS1
Für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung muß neben dem objektiven Tatbild der Bereicherung des Empfängers zu Lasten der Körperschaft auch das subjektive Tatbild einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung der Körperschaft gegeben sein. Es ist weder von einer Akzeptanz der in Anspruch genommenen Vermögensvorteile, noch von einer subjektiven Absicht der Körperschaft zur Vorteilsgewährung auszugehen, wenn das vertretungsbefugte Organ bezüglich unrechtmäßig beanspruchter Vorteile umgehend Gegenmaßnahmen setzt, um die Ansprüche der Körperschaft geltend zu machen. Fehlt die subjektive Voraussetzung für die verdeckte Ausschüttung entsteht keine Kapitalertragsteuerpflicht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 23 vom betreffend Kapitalertragsteuer gemäß § 95 EStG 1988 für den Zeitraum bis  entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Bei der Berufungswerberin (Bw.) handelt es sich um ein seit im Konkurs befindliches, nunmehr nicht tätiges Unternehmen. Die Bw wurde im März 1998 durch Herrn K.H., der bis im Fimenbuch eingetragener Geschäftsführer war, als ursprünglicher Alleingesellschafter gegründet. K.H. war nach einer Kapitalaufstockung und dem Hinzutreten weiterer Gesellschafter ab mit 41,15% und ab mit 50,576% am Stammkapital beteiligt. Eine Beteiligung von 20% befand sich von bis im Besitz des seit Herbst 1998 für das Unternehmen tätigen Ho.. Mit wurde M.U. als alleiniger Geschäftsführer eingetragen.

Am wurde durch den Geschäftsführer M.U. gegen Ho. u.a. Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachtes des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges, der Untreue, der Veruntreuung, der Urkundenfälschung, Hinterziehung von öffentlichen Abgaben u.a., erhoben.

Aufgrund dieser auch dem zuständigen Finanzamt übermittelten Anzeige kam es bei der Bw. im Zeitraum September 2002 bis Dezember 2004 zur Durchführung einer Betriebsprüfung (Bp) hinsichtlich Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer für die Jahre 1998 bis 2002.

Wie dem Bp-Bericht vom (siehe insbesondere die Textziffern/Tz. 20 - 26), der auf die in der Strafanzeige angeführten Malversationen Bezug nimmt, hervorgeht, basieren die betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer getroffen Feststellungen auf folgenden Sachverhalten:

1) Anstellungsverhältnis P. (Lebensgefährtin des Ho.): P. sei von - als technische Zeichnerin bei der Bw. angestellt gewesen. Das bezogene Gehalt sei 50% über jenen Gehältern gelegen, die an die weiteren bei der Bw. beschäftigten technischen Zeichner bezahlt worden seien und sei von der Bp nicht anerkannt worden. Aufzeichnungen über ihre Tätigkeit oder über Mitarbeit bei Planerstellungen seien nicht vorgelegen. Der überhöhte Teil betrage Euro 25.435,49.

2) Unregelmäßigkeiten bei der Kassabuchführung: Im Wirtschaftsjahr 2002 sei ein Kassafehlbetrag von Euro 10.938,23 festgestellt worden, der aus Entnahmen, zu gering in die Kassa eingebrachten Inkassobeträgen sowie nicht vermerkten Scheckeinlösungen der Herren Ho. und T. resultiere.

3) Übernommener Scheck durch Ho. Im Wirtschaftsjahr 2001 habe ein Kunde eine Rechnung mittels Scheck iHv Euro 38.208,95 beglichen und sei dieser von Ho. übernommen worden. Der Betrag habe keinen Eingang in die Buchhaltung der Bw. gefunden. Er sei durch P. eingereicht und auf deren Privatkonto verbucht worden.

4) Fall "Baustelle L." - übernommener Betrag iHv ATS 200.000,00 (Euro 14.534,57): Der angeführte Betrag sei durch Ho. inkassiert, jedoch nur iHv Euro 6.540,56 als a-conto-Zahlung in die Kassa eingelegt worden. Die Differenz von Euro 7.994,00 habe keinen Eingang in die Buchhaltung der Bw. gefunden.

5) Unregelmäßigkeiten bei Materialeinkäufen: Im Wirtschaftsjahr 2001 seien durch die Bw. verschiedene Materialeinkäufe iHv Euro 35.593,16 zzgl. 7.158,63 Umsatzsteuer erfolgt und auch bezahlt worden. Diese Waren seien an die frühere Privatadresse des Ho. geliefert worden und nie in ein Warenlager der Bw. gelangt. An der Lieferadresse habe sich die Scheinfirma des Ho., die ET-GmbH, befunden.

6) Rechnungen, die an die ET-GmbH gerichtet gewesen seien, seien iHv Euro 2.055,65 zzgl. 411,13 Umsatzsteuer im Wirtschaftsjahr 2002 auf Veranlassung des Ho. durch die Bw. bezahlt worden.

7) Eingangsrechnungen der ET-GmbH an die Bw. - Wirtschaftsjahre 2000 - 2002: Die Bp qualifizierte die ET-GmbH als Scheinfirma. Es habe zu dieser Firma keine Anmeldung im Firmenbuch noch eine steuerliche Erfassung gegeben. Nach Auskunft der Gebietskrankenkasse seien niemals Dienstnehmer angemeldet gewesen. Die an die Bw. gerichteten Rechnungen stellen Scheinrechnungen dar. Kontoöffnungen bei diversen Banken hätten ergeben, dass sämtliche durch die Bw. an die ET-GmbH geleisteten Zahlungen auf dem (Privat-)Konto der P. Eingang gefunden haben.

8) Wirtschaftsgüter durch Ho. für die Bw. gekauft: Wie die Bp festgestellt habe, seien ein E-Herd sowie diverse Handy's für die Bw. gekauft worden. Diese seien körperlich nie in die Bw. gelangt und nicht im Anlageverzeichnis des Wirtschaftsjahres 2001 enthalten.

9) Eine im Wirtschaftsjahr 2001 nicht erfasste Rechnung sei bei Erstellung der Jahreserklärung iHv netto Euro 168.964,34 zu erfassen gewesen.

Die Beträge aus den Feststellungen in den Punkten 1 - 8 wurden seitens der Bp inklusive Vorsteuer als verdeckte Ausschüttungen beurteilt und der Kapitalertragsteuer unterzogen (siehe Tz. 21 des Bp-Berichtes). Die nicht abzugsfähigen Vorsteuerbeträge aus den Punkten 5 - 7 sowie die nicht erfasste Rechnung aus Punkt 9 wurden bei Ermittlung der Umsatzsteuer für das jeweilige Wirtschaftsjahr berücksichtigt und vorgeschrieben. Aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Buchhaltung wurde der Gewinn für die geprüften Wirtschaftsjahre 2000 - 2002 mit Null geschätzt. Prüferbilanzen wurden nicht erstellt.

Die zuständige Abgabenbehörde folgte den Feststellungen der Bp und erließ die entsprechenden Bescheide zur Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer.

Der Haftungsbescheid zur Kapitalertragsteuer (KESt) für den Zeitraum 3/1999 - 2/2002 erging mit Datum . Die festgesetzte Abgabe beträgt Euro 84.063,00. Die Zustellung des Bescheides erfolgte am .

Mit Schreiben vom wurde innerhalb offener Frist rechtzeitig gegen den angeführten Haftungsbescheid zur Kapitalertragssteuer Berufung erhoben. Es wurde beantragt, die KESt mit Null festzusetzen und die Haftung nicht geltend zu machen. Im Falle einer Berufungsentscheidung durch den UFS wurde gem. § 284 Abs. 1 Z 1 BAO eine mündliche Verhandlung beantragt.

In der Berufungsbegründung wird dazu ausgeführt. Es sei für die Inanspruchnahme der Bw. zur Haftung gem. § 95 Abs. 2 EStG das Bestehen einer Verpflichtung zum KESt-Abzug erforderlich. Der Masseverwalter wende sich gegen die Auffassung des Finanzamtes, dass eine derartige Verpflichtung bestanden hätte. Das Finanzamt sei davon ausgegangen, dass die Bw. und in weiterer Folge der Masseverwalter gem. § 95 Abs. 3 Z 1 EStG als Schuldner von inländischen Kapitalerträgen iSd § 93 Abs. 2 iVm § 93 Abs. 2 Z 1 lit a EStG die KESt hätte abführen müssen. Weiters gehe das Finanzamt davon aus, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorgelegen sei. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen.

Die Bw. verwies auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Literatur (Wiesner/Schneider/Spanbauer/Kohler, KStG 1988 § 8 Rz 17) sowie in der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Als Voraussetzung für das Vorliegen einer vGA müsse eine auf Vorteilsgewährung gerichtete subjektive Willensentscheidung der Kapitalgesellschaft gegeben sein (zB 410, 618/77, , 0189, , 0065, , 0073). Diese könne sich auch schlüssig aus den Umständen des Falles ergeben, was etwa auch dann zu unterstellen sei, wenn die Gesellschaft nach Kenntnis des vom Gesellschafter in Anspruch genommenen Vorteils nichts unternimmt, um ihn rückgängig zu machen (). Es bedürfe somit zur Verwirklichung einer verdeckten Ausschüttung rechtlich eines der Gesellschaft zuzurechnenden Verhaltens des geschäftsführenden Organs, welches, bestehe es auch in einem bloßen Dulden oder Unterlassen, den Schluss erlaube, dass die durch die Organe vertretene Gesellschaft die Entnahme von Gesellschaftsvermögen durch den Gesellschafter akzeptiert habe (, 0073). Werde eine Vorteilszuwendung nicht durch den Geschäftsführer, sondern einen nichtgeschäftsführungsbefugten Gesellschafter ausgeführt, so liege eine verdeckte Gewinnausschüttung nur dann vor, "wenn die Gesellschaft (vertreten durch das in Betracht kommende Organ) sich mit den Entnahmen einverstanden erklärt hat oder die Entnahmen nicht zurückfordert" (so ausdrücklich unter Hinweis auf das Erkenntnis , 85/14/0080). Der VwGH weise also ausdrücklich auf das Erfordernis einer bewussten Vorteilszuwendung hin, wobei die durch ihre Organe vertretene Gesellschaft von der Vorteilszuwendung und damit der vGA wisse und diese auch wolle. Der Umstand, dass ein Gesellschafter (Anteilsinhaber) eine vGA wolle, sei bedeutungslos, solange die vertretungsbefugten Organe die vGA nicht wollen (Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, KStG 1988, § 8 Rz 47).

Im Fall der Bw. seien dem nichtgeschäftsführenden Gesellschafter Ho. Vorteile zugewendet worden. Der bis eingetragene Geschäftsführer K.H. habe von diesen Vorteilszuwendungen weder gewusst noch habe er diese gebilligt.

Diesen Sachverhalt bestätige auch der Bp-Bericht, der sich dabei auf die Sachverhaltsdarstellungen in einer Strafanzeige stütze, die die Bw. im April 2002 bei der Staatsanwaltschaft Wien erstattet habe. Gemäß dem Bp-Bericht seien die Gewinnerhöhungen durchgehend auf Handlungen des Ho., die von ihm zT im Zusammenwirken mit seiner Lebensgefährtin P. und seinem Sohn T. durchgeführt worden seien, zurückzuführen und seien diese jedenfalls ohne Wissen des damaligen Geschäftsführers K.H. geschehen. Bei den Handlungen habe es sich zum Teil sogar um strafrechtlich relevante Vorgänge gehandelt. Nach Bekanntwerden dieser Vorgänge sei im Zuge der Konkurseröffnung seitens der Bw. sofort reagiert und die erwähnte Anzeige erstattet worden.

Im gegenständlichen Fall lägen daher mangels eines subjektiven Elements die Voraussetzungen für eine vGA nicht vor.

Nach der Judikatur des VwGH könne eine vGA auch darin liegen, dass keine Ansprüche gegen den Gesellschafter geltend gemacht werden und somit auf die Rückforderung der Entnahmen verzichtet werde. Davon könne aber nicht die Rede sein. Es sei Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet worden und habe sich die Bw. dem zu eröffnenden Strafverfahren gegen Ho., T. und P. angeschlossen. Die Bw. wolle damit die ihr zustehenden Schadenersatzbeträge im Strafverfahren geltend machen, ohne sich einem Kostenrisiko (im Zivilprozess) auszusetzen.

Unterstelle das Finanzamt dennoch weiterhin das Vorliegen einer vGA, werde als Eventualbegehren vorgebracht, trotz einer allfälligen Verpflichtung zum KESt-Abzug die Bw. nicht zur Haftung heranzuziehen. Es liege im Ermessen der Abgabenbehörde, ob sie die Haftung gem. § 95 Abs. 2 EStG in Anspruch nehme und einen Haftungsbescheid gem. § 224 BAO erläßt. Das Finanzamt habe im gegenständlichen Fall das Ermessen in unzutreffender Weise ausgeübt. Die Bw. habe nichts von den Handlungen des Ho. und seiner Lebensgefährtin gewußt und habe daher auch ihren Pflichten gem. § 95 Abs. 2 EStG nicht nachkommen können. Eine Interessensabwägung zwischen den Interessen des Steuerpflichtigen und dem öffentlichen Interesse an der Abgabeneinhebung sei unterblieben.

Der Aktenlage ist zu entnehmen, dass infolge der Strafanzeige vom gegen Ho. u.a. ein Strafverfahren vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien anhängig geworden ist. Die Strafanzeige enthält die Chronologie der Geschehnisse ab Gründung der Bw. sowie Detailangaben zu verschiedenen Malversationen unter Angabe von Beträgen.

Im Zuge des weiteren Berufungsverfahrens vor dem UFS erging mit Datum ein detaillierter Vorhalt an die Bw. um die Tätigkeit des Ho. im Unternehmen der Bw. und dessen Verhältnis zum Gesellschafter-Geschäftsführer K.H. zu klären.

Die Beantwortung des Vorhaltes erfolgte mit Schreiben vom . Dabei ging die Bw. ausführlich auf die zu den Dienstverhältnissen des Ho. und der P. sowie zu den Kontrollmechanismen in der Bw. und der Aufdeckung der Malversationen gestellten Fragen ein. Zum Nachweis der Angaben lagen diverse Unterlagen bei: Gegenüberstellung der Erfolgsrechnungen für die Monate 5/2000 und 5/2001, operative Planungsrechnung für das Geschäftsjahr 2001/2002, Kostenrechnung für das Geschäftsjahr 2001/2002, eine Quartalsanalyse (Plan-Ist-Vergleich) August 2001 für den Zeitraum März bis August 2001, eine Erfolgsanalyse März bis Dezember 2001, Aufstellungen über "Halbfertige Arbeiten" zum 31.5. und , Auftragsstand zum , Nachkalkulation eines Auftrages der MA 51 sowie ein Aktenvermerk des externen Managementberaters zum Betriebsergebnis und Umsatz 2001 aus dem Jänner 2002.

Des Weiteren wurde im Antwortschreiben unter dem Punkt "Allgemeines" zur Gründung der Gesellschaft und zur Anlaufphase, zum Aufbau der Gesellschaft und der geplanten Übertragung der Anteile, zur Übernahme von Ho. in ein Dienstverhältnis und dem Beginn der Probleme, zur Aufdeckung der von Ho. verursachten Unregelmäßigkeiten und der Insolvenz der Gesellschaft sowie zur Konkurseröffnung, den folgenden Anzeigen, Verfahren und Ergebnissen ausführlich und unter entsprechendem Verweis auf die beigelegten Unterlagen Stellung genommen.

Zusammengefasst gibt die Bw. an: Nach Gründung der Bw. im März 1998 und einem Anlaufverlust im ersten Geschäftsjahr (Bilanzstichtag letzter Tag im Februar) habe sich der Gesellschafter-Geschäftsführer K.H. entschlossen einen Geschäftsführer, der später auch die Anteile an der Gesellschaft übernehmen sollte, zu suchen, da er selbst zum damaligen Zeitpunkt schon Miteigentümer und Geschäftsführer/Vorstand der C. Holding AG war, die eine Gruppe von Unternehmen im Bereich Telekommunikation und Logistik leitete.

Die Wahl fiel auf Ho., den Vater eines Angestellten der Bw. und selbst Unternehmer in der Elektrobranche. Man sei übereingekommen, dass Ho. die Bw. führen und in weiterer Folge die Anteile an der Gesellschaft übernehmen solle. Als Zeitrahmen seien 2 - 3 Jahre festgelegt worden. Da Ho. selbst Unternehmer war, sei beschlossen worden, dass er vorerst auf vertraglicher Basis für die Bw. tätig werden solle. Tatsächlich konnten kurzfristig Aufträge in Höhe mehrerer Mio ATS von potenten und seriösen Auftraggebern akquiriert werden. Die Bw. habe sich im Geschäftsjahr 2000/2001 sehr gut entwickelt. Aufgrund der Akquisitionen, der Ergebnisentwicklung und des äußerst kompetenten Auftretens des Ho. habe es für K.H. keinen Zweifel gegeben, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Infolgedessen seien im Dezember 2000 20% der Anteile an der Gesellschaft an Ho. übertragen worden. Mit Jänner 2001 sei Ho. Dienstnehmer der Bw. und deren gewerberechtlicher Geschäftsführer geworden. Im Sommer 2001 habe es erste Probleme wegen Verzögerungen bei der Fakturierung und zu hoher Bewertung der noch nicht abrechenbaren Leistungen gegeben, die Ho. vermeintlich plausibel erläuterte. Als Reaktion darauf habe K.H. einem Managementberater den Auftrag zur Implementierung einer verbesserten Kostenrechnung und eines verbesserten Managementsystems erteilt. In diesem Zusammenhang seien die Planumsätze anhand von unterschriebenen Aufträgen, der Kalkulation und der Erfolgsplanung überprüft worden. Im September 2001 sei das neue System eingeführt worden und monatliche Reportingsitzungen mit gesellschaftsexterner sachkundiger Unterstützung hätten stattgefunden. Nach dem ersten Verdacht auf Unregelmäßigkeiten im Dezember 2001 erfolgten auf Veranlassung des K.H. verschiedene Nachforschungen und kam es zur Aufdeckung der Unregelmäßigkeiten. Sämtlicher Außenstände wurden mit den Kunden abgestimmt und anwaltliche Hilfe wurde beigezogen. Im Jänner 2002 erfolgte der Versuch der Einleitung von Notmaßnahmen und der Erreichung entsprechender Vereinbarungen mit den Kunden. Die Abholung sämtlicher Belege aus den Geschäftsräumlichkeiten sowie die Einleitung einer internen Prüfung erfolgten am . Die fristlose Entlassung des Ho. sei am erfolgt. Die Notmaßnahmen hätten nicht mehr umgesetzt werden können, sodass am der Konkursantrag sowie die Konkurseröffnung erfolgt seien. Die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft gegen Ho. und der Anschluss der Bw. als Privatbeteiligte am Strafverfahren seien am erfolgt.

Laut Verhandlungsprotokoll vom habe sich Ho. zum Vorwurf der Abgabenhinterziehung schuldig bekannt. Im Juni 2007 sei Ho., lt. mündlicher Auskunft der zuständigen Abteilung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, welche ihm für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sein soll, verurteilt worden. Die schriftliche Urteilsausfertigung wie auch das Verhandlungsprotokoll lägen noch nicht vor.

Die Bw. wies nochmals darauf hin, dass K.H. in Anbetracht der Umstände und der gesetzten Kontroll- und Gegenmaßnahmen seine Sorgfalts- und Kontrollpflichten nicht verletzt habe. Der gegen ihn im Konkursverfahren erhobene Vorwurf der Sorgfaltspflichtverletzung iSv fahrlässiger Krida und weiteren strafbaren Handlungen sei von einem Sachverständigen verneint worden und die Staatsanwaltschaft Wien habe sich dieser Auffassung angeschlossen. Die erhobene Strafanzeige gegen K.H. wurde durch die Staatsanwaltschaft am zurückgelegt und das Verfahren eingestellt.

Durch den Beitritt der Bw. zum Strafverfahren gegen Ho. als Privatbeteiligte werde deutlich, dass die Willensentscheidung für eine Vorteilsgewährung nicht vorliege. Alle möglichen und wirtschaftlich sinnvollen Mittel würden ausgeschöpft, um eine Wiedergutmachung des erlittenen Schadens zu erreichen.

Am wurden durch den UFS der Amtspartei der Vorhalt und dessen Beantwortung durch die Bw. samt rechtlicher Beurteilung der Referentin zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt. Das Finanzamt teilte am dazu mit von einer weiteren Stellungnahme abzusehen; gegen eine eventuell stattgebende Entscheidung lägen keine Bedenken vor.

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde durch die Bw. zurückgezogen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zum Verfahren: Wird der Antrag der Bw. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgenommen, ist die Entscheidung über die Berufung durch den Referenten zu treffen.

Zur Sache:

Vorteilszuwendungen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften unterliegen nach § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 der Kapitalertragsteuer (KESt). Gem. § 95 Abs. 2 EStG 1988 ist Schuldner der KESt der Empfänger der Kapitalerträge. Die KESt ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der KESt. Gem. § 95 Abs. 3 Z 1 ist bei inländischen Kapitalerträgen der Schuldner der Kapitalerträge zum Abzug der KESt verpflichtet.

Die Bw. wurde infolge der durch die Bp getroffenen Feststellung einer verdeckten Ausschüttung an den Gesellschafter Ho. für die daraus resultierende KESt mit dem angefochtenen Bescheid zur Haftung herangezogen.

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind unter einer verdeckten Ausschüttung alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft mindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben, zu verstehen. Generell müssen jedoch die folgenden Voraussetzungen gegeben sein um von einer vA sprechen zu können: - Zuwendung eines geldwerten Vorteils, - eine Eigentums- oder Nahebeziehung des Vorteilsempfängers zur Körperschaft, - das objektive Tatbild der Bereicherung des Empfängers zu Lasten der Körperschaft und - das subjektive Tatbild einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung der Körperschaft.

Im Fall der Bw. hat sich Ho., der seit 1999 für die Bw. tätig und seit Dezember 2000 zu 20% an der Bw. beteiligt war, durch verschiedenste Malversationen Vermögensvorteile zu Lasten der Bw. verschafft. Er bewirkte dies u.a. durch - Unregelmäßigkeiten in der Kassaführung, d.h. durch die zu niedrige Einlage inkassierter Beträge in die Kasse und eigene Barentnahmen sowie Entnahmen seines Sohnes T.; - als überhöht zu beurteilende Gehaltszahlungen an die damalige Lebensgefährtin P.; - Gutschrift von Firmenschecks auf das Privatkonto der P.; - Einkauf von Materialien auf Rechnung der Bw. jedoch Verwendung der Materialen für eigene Geschäfte; - Zahlungen der Bw. für Rechnungen der Firma ET-GmbH wobei diese Zahlungen Eingang auf dem Konto der P. fanden und sich die ET-GmbH als nicht existente Scheinfirma herausstellte.

Ho. führte ab seiner Übernahme in ein Dienstverhältnis und seinem Einsatz als gewerberechtlicher Geschäftsführer die Gesellschaft weitgehend allein. Durch die zu Beginn positive Geschäftsentwicklung und das kompetente Auftreten des Ho. lagen keine Anhaltspunkte für den Gesellschafter-Geschäftsführer K.H. vor, an ihm und der Ordnungsmäßigkeit seines Handelns zu zweifeln. Trotz der regelmäßigen monatlichen Berichterstattungen an den Geschäftsführer K.H. und trotz dessen erfolgten Kontrollen waren die oben angeführten Handlungen und Vorgänge vorerst nicht festzustellen und wurden so dem Gesellschafter-Geschäftsführer K.H. nicht bekannt. Die ab Herbst 2001 auftretenden Probleme hinsichtlich Verzögerungen der Leistungen der Bw. gegenüber Kunden und die daraus folgenden Verzögerungen der Fakturierung der Ausgangsrechnungen wurden durch Ho. gegenüber K.H. noch plausibel erläutert. Auf Veranlassung des Gesellschafter-Geschäftsführers wurden aber als Folge ein Managementberater beigezogen und eine verbesserte Kostenrechnung eingesetzt. Die Geschäftslage besserte sich bis Dezember 2001 nicht und es wurde durch eine Mitarbeiterin der Verdacht geäußert, dass durch Ho. Eingangsrechnungen zurückgehalten und nicht an die Buchhaltung weitergegeben worden sind. Wie die Bw. in der Vorhaltsbeantwortung an den UFS dazu vorbringt, ergaben die darauf folgenden Nachforschungen, dass Ho. rekommandierte Schriftstücke der Bw. unberechtigt übernommen, nicht in den Korrespondenzlauf der Bw. gegeben sondern versperrt verwahrt hatte. Gleichzeitig wurde entdeckt, dass die eigene Gesellschaft des Ho., die ET-GmbH, nicht im Firmenbuch eingetragen war. Die sodann durch K.H., den ab Jänner 2002 neu eingesetzten Geschäftsführer M.U. und den Managementberater durchgeführte Überprüfung sämtlicher Geschäftsunterlagen bestätigte die Verdachtsmomente und hatte die der Behörde vorliegende Anzeige bei der Staatsanwaltschaft aus dem März 2002 gegen Ho., T. und P. zur Folge.

Aufgrund des angeführten Sachverhaltes sind unrechtmäßig beanspruchte geldwerte Vorteile des Anteilsinhabers Ho. festzustellen. Auch erfolgte die Bereicherung durch die Vermögensminderung zu Lasten der Körperschaft, d.h. der Bw., wodurch die Voraussetzung des objektiven Tatbildes für die Annahme einer vA gegeben ist.

Die weiters für das Vorliegen einer vA erforderliche subjektive Voraussetzung ist in einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung der Körperschaft durch ihre Organe zu sehen. Wie der VwGH in seiner Judikatur ausführt, bedarf es zur Verwirklichung einer vA rechtlich eines der Gesellschaft zuzurechnenden Verhaltens des geschäftsführenden Organs, welches, bestehe es auch in einem bloßen Dulden oder Unterlassen, den Schluss erlaubt, dass die durch ihre Organe vertretene Gesellschaft die Entnahme von Gesellschaftsvermögen durch den Gesellschafter akzeptiert habe. Weiters wird dargelegt, dass die Absicht zur Vorteilsgewährung auch dann vorliegt, wenn die Gesellschaft von einem durch den Gesellschafter zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorteil Kenntnis erlangt und nichts unternimmt, um diesen rückgängig zu machen (siehe ; , 95/15/0056; , 96/15/0159, 0160; , 99/15/0072, 0073; , 2000/15/0059).

Im Hinblick auf diesen subjektiven Aspekt ist festzuhalten, dass im berufungsgegenständlichen Zeitraum K.H. handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit das vertretungsbefugte Organ der Bw. war. Wie die Bw. sowohl in der Berufungsschrift als auch in der späteren Vorhaltsbeantwortung an den UFS glaubwürdig ausführt und durch Unterlagen belegt, wußte dieser von den Handlungen des Ho. bis Ende 2001 nichts. Für den Geschäftsführer K.H. lagen aufgrund der anfänglichen Erfolge des Ho. keine Gründe vor an dessen Kompetenz zu zweifeln. Die stets durchgeführten routinemäßigen Kontrollen durch den Geschäftsführer in Zusammenwirken mit dem steuerlichen Vertreter führten vorerst nicht zur Aufdeckung der Malversationen. Aufgrund des schlechten Geschäftsganges im Zeitraum 2001 veranlasste K.H. jedoch die Einführung neuer Kontrollsysteme und zog er einen Managementberater bei um den Erfolg der Bw. zu verbessern. Aufgrund der gesetzten Kontrollmaßnahmen ist davon auszugehen, dass bei Kenntnis der Handlungen des Gesellschafters Ho. diese durch den Geschäftsführer und somit durch die Bw. nicht geduldet worden wären. Durch die angeführten Maßnahmen sind die den Geschäftsführer K.H. treffenden Sorgfaltspflichten als erfüllt zu beurteilen. Darauf lässt auch die erfolgte Zurücklegung der im späteren Konkursverfahren gegen K.H. erhobenen Anzeige der Staatsanwaltschaft schließen.

Nach der Aufdeckung der die Bw. schädigenden Handlungen des Gesellschafters Ho. wurden sofort weitere Überprüfungshandlungen gesetzt und Maßnahmen ergriffen um den Schaden für die Bw. zu mindern. Der Konkurs der Bw. konnte aber auch dadurch nicht mehr verhindert werden. Mit der Anzeige an die Staatsanwaltschaft und dem Anschluss der Bw. als Privatbeteiligte am eröffneten Strafverfahren gegen Ho. u.a. hat die Bw. ihre Ansprüche Anfang 2002 geltend gemacht. Das gegen Ho. angestrengte Strafverfahren ist mittlerweile abgeschlossen und eine Verurteilung erfolgt.

Durch die sofortigen Gegenmaßnahmen ihres vertretungsbefugten Organes K.H., hat die Bw. gezeigt, dass sie auf ihre Rückforderungsansprüche nicht verzichten wollte. Damit ist aber auch davon auszugehen, dass die Bw. keine Absichten hatte dem Gesellschafter Ho. bzw. ihm nahestehenden Personen, wie seinem Sohn T. und seiner Lebensgefährtin P., derartige Zuwendungen und Vermögensvorteile zu gewähren oder die durch den Gesellschafter in Anspruch genommenen Vermögensvorteile zu akzeptieren.

Grundsätzlich hat die Bp zu Recht eine Vermögensminderung bei der Bw. festgestellt die durch die Handlungen des Gesellschafters Ho. eingetreten war.

Da jedoch das Wissen und Wollen der Bw., d.h. die subjektive Vorteilsgewährungsabsicht aufgrund einer dementsprechenden Willensentscheidung, nicht gegeben waren, sind die nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH erforderlichen Voraussetzungen für das Vorliegen und die Verwirklichung einer verdeckten Ausschüttung im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Im berufungsgegenständlichen Zeitraum sind keine Vorteilszuwendungen durch die Bw. erfolgt, die als außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung liegend zu beurteilen sind. Es wird somit keine Kapitalertragsteuerpflicht begründet. Für die Bw. bestand daher weder eine Verpflichtung zum Abzug der KESt, noch war die Bw. zur Haftung heranzuziehen.

Die Entscheidung war spruchgemäß zu treffen.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Subjektive Voraussetzung
verdeckte Ausschüttung
Kapitalertragsteuer
Willensentscheidung
Vorteilsgewährung
Verweise
Zitiert/besprochen in
taxlex-SRa 2008/4

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