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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 13.03.2012, RV/2234-W/11

"Kleines" Pendlerpauschale bei einer Gesamtwegzeit von 3 Stunden 5 Minuten

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2234-W/11-RS1
Die Interpretation eines unbestimmten Gesetzesbegriffes kann sich nicht auf die Lösung einer Rechenaufgabe beschränken, sondern muss versuchen, den Intentionen des Gesetzgebers möglichst gerecht zu werden. Wollte der Gesetzgeber die Zuerkennung des „großen“ Pendlerpauschales von einer mathematischen Gleichung abhängig machen, hätte er dies ausdrücklich normiert.
RV/2234-W/11-RS2
Innerhalb einer Bandbreite von drei bis vier Stunden für den gesamten Tagesarbeitsweg einschließlich Wartezeiten (hin und zurück) ist die Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln individuell an Hand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Kriterien hierfür können das Verhältnis der eigentlichen Wegzeit zu Wartezeiten bis Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende, die zeitliche Lagerung der Arbeitszeit, die Relation der Fahrzeiten im Individualverkehr gegenüber dem öffentlichen Verkehr, die Häufigkeit von Umsteigevorgängen, die Dauer der Wartezeiten beim Umsteigen, unterschiedlich lange Wegzeiten bei Hin- und Rückweg oder die Lage der Arbeitsstätte sein.
RV/2234-W/11-RS3
Hier: Bei einer Tagesgesamtwegzeit von 3 Stunden 5 Minuten muss eine Unzumutbarkeit nicht jedenfalls gegeben sein.
RV/2234-W/11-RS4
Hier: Bei einer Tagesgesamtwegzeit von 3 Stunden 5 Minuten muss eine Unzumutbarkeit nicht jedenfalls gegeben sein.
RV/2234-W/11-RS5
Hier: Zweiter Satz. Bei einer Tagesgesamtwegzeit von 3 Stunden 5 Minuten muss eine Unzumutbarkeit nicht jedenfalls gegeben sein.
Folgerechtssätze
RV/2234-W/11-RS3
wie RV/1060-W/10-RS3
Die Benützung von Massenverkehrsmitteln ist beim Pendlerpauschale jedenfalls dann unzumutbar, wenn die Fahrt mit diesen einerseits 90 Minuten überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln (allenfalls mit dem PKW in Form von „Park and Ride“ kombiniert) mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW (vgl. ; ; Doralt, EStG, 9. Auflage, § 16 Tz. 105).
RV/2234-W/11-RS4
wie RV/1060-W/10-RS6
Überschreitet die Zeit für den Arbeitsweg unter überwiegender Nutzung des öffentlichen Verkehrs für Hin- und Rückweg zusammen drei Stunden, ist die Benutzung von Massenverkehrsmitteln im Allgemeinen unzumutbar und steht das „große“ Pendlerpauschale zu (i.d.S. auch Doralt, EStG, 13. Auflage, § 16 Tz. 107; RV/0031-G/08 - dazu Demal, UFSjournal 2009, 12, und SWK 2009, K 8 - und RV/0311-G/08). Hierbei ist eine Gesamtbetrachtung der Tageswegzeit gegenüber einer isolierten Betrachtung jeweils des Hin- und des Rückweges sachgerechter, da auf diese Weise ein allfälliger längerer Weg in eine Richtung durch einen allfällig kürzeren Weg in die andere Richtung ausgeglichen werden kann. § 9 Abs. 2 AlVG hält einen Arbeitsweg von ¼ der Normalarbeitszeit (8 Stunden) bei Vollzeitbeschäftigung zumutbar, also einen Arbeitsweg von i.d.R. einer Stunde je Richtung. Ein Pendler muss in Niederösterreich durchschnittlich ½ Stunde für seinen Arbeitsweg aufwenden. Die vom UFS in seinen vorgenannten Entscheidungen herangezogene Zumutbarkeitsgrenze von 1 ½ Stunden entspricht der dreifachen durchschnittlichen Pendelzeit in Niederösterreich und soll eine derartige Wegzeit etwa nach den Materialien zum Arbeitsmarktreformgesetz 2004 nur bei „Vorliegen besonderer Umstände zumutbar“ sein. Eine darüber hinausgehende Wegzeit – also mehr als drei Stunden für den Hin- und Rückweg - ist daher grundsätzlich nicht zumutbar, auch wenn auf Grund des fehlenden adäquaten Arbeitsplatzangebots in der näheren Wohnumgebung oder im gesamten Bundesland Menschen gezwungen sind, eine noch längere Wegzeit in Kauf nehmen zu müssen.
RV/2234-W/11-RS5
wie RV/0031-G/08-RS1
Grundsätzliche Eckpunkte bei der Beurteilung der Zumutbarkeit einer täglichen Rückkehr von der Arbeitsstätte zum Wohnort sind ein Einzugsbereich von 80 Kilometern und eine Gesamtwegzeit von bis zu 90 Minuten je Fahrtrichtung. Die Umstände des Einzelfalles können aber auch eine andere Einschätzung bedingen. Die tägliche Rückkehr mit dem Privatfahrzeug zum 111 Kilometer entfernten Wohnort , wobei die Strecke vorwiegend auf Schnellstraßen und bei Normalverhältnissen binnen 75 Minuten zurückgelegt wird, ist einem 60jährigen, knapp vor der Pensionierung stehenden Dienstnehmer wegen der damit verbundenen, psychischen Belastungen nicht zumutbar.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Mag. (FH) Bw, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs, vertreten durch Amtsdirektor Walter Halbmayr, vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2008 und 2009 im Beisein der Schriftführerin Diana Engelmaier nach der am am Rathaus in F durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw) Mag. (FH) A B wohnt in C. Sie erzielte in den Jahren 2008 und 2009 (negative) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von zwei Arbeitgebern, dem D und E.

Der Arbeitgeber D berücksichtigte bei der Lohnverrechnung ein Pendlerpauschale von 557,46 € (4.8.-) und von 1.356,00 € (1.1.-).

Im Einkommensteuerbescheid 2008 vom berücksichtigte das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs zunächst erklärungsgemäß ein Pendlerpauschale von 1.267,50 €. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Dem Einkommensteuerbescheid 2009 vom lag ein vom Arbeitgeber D berücksichtigtes Pendlerpauschale von 1.356,00 € zugrunde. Auch dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

In weiterer Folge (Vorhalt vom ) erhob das Finanzamt, dass die Arbeitsstätte beim Arbeitgeber D im vom Wohnort 25,4 km entfernten F gelegen sei.

Die Bw. unternehme dorthin 3 bis 5 Fahrten in der Woche. Ihre Dienstzeiten seien von 7:00 Uhr bis 15:00 Uhr bzw. von 7:00 Uhr bis 11:00 Uhr. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln könne in der Früh "der Zeitrahmen nicht eingehalten werden".

Das Finanzamt ermittelte, dass die Bw. von C 9 km (mit dem Auto) nach G fahren könne. Von dort gehe nach F um 5:22 Uhr ein Zug, der um 5:36 Uhr ankomme. Die Rückfahrt sei etwa um 11:22 Uhr (Ankunft in G 11:37 Uhr) oder um 15:22 Uhr (Ankunft in G 15:37 Uhr) möglich. Daher könne auf der überwiegenden Strecke ein öffentliches Verkehrsmittel verwendet werden. Ein Vorhalt dieser Ermittlungsergebnisse vor Bescheiderlassung (§ 183 Abs. 4 BAO) ist nicht ersichtlich.

Mit Bescheid vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2009 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben.

Im gleichzeitig erlassenen Einkommensteuerbescheid 2009 vom wurde anstelle eines Pendlerpauschales von 1.356,00 € ein solches von 630,00 € berücksichtigt.

Dies begründete das Finanzamt damit, dass das große Pendlerpauschale dann zustehe, wenn die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht möglich oder (bei einer Wegstrecke von 20 bis 40 km bei einer Wegzeit von über 2 Stunden) nicht zumutbar oder ein solches auf der überwiegenden Wegstrecke nicht vorhanden sei.

Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels sei auch dann zumutbar, wenn ein Teil der gesamten Wegstrecke (Wohnung - Bahnhof, Bahnhof - Arbeitsort) nicht mit dem öffentlichen Verkehrsmittel zurückgelegt werden könne. "Nur wenn der Anfahrtsweg mehr als die Hälfte der Gesamtwegstrecke betragen würde, ist die Benützung des Verkehrsmittels unzumutbar.

Laut Ihrer Vorhaltsbeantwortung ist Ihr Dienstort F, demnach ist auf der überwiegenden Strecke die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zulässig (Öffis vom Bahnhof G nach F). Das Pendlerpauschale für 5 Monate beträgt daher richtig 630,00 €."

Ebenfalls mit Bescheid vom wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2008 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen und am selben Tag ein neuer Einkommensteuerbescheid für 2008 erlassen, der anstelle eines Pendlerpauschales von 557,46 € laut Lohnzettel ein solches von 262,50 € berücksichtigt.

Die Begründung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom entspricht der des Einkommensteuerbescheides 2009 vom selben Tag.

Gegen die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 vom erhob die Bw mit Schreiben vom Berufung. Es liege "zum Großteil eine Wegzeit von mehr als 2 Stunden vor, und eine Strecke ist knapp bei 2 Stunden", was folgende Tabelle zeige:


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Dienstzeit
Abfahrt
Ankunft
Ort
Zeitrahmen
7:00
5:04
5:39
Bahnhof G


5:39
5:56
Bahnhof F


6:05
6:15
Busparkplatz F


6:17
7:00
[Arbeitgeber]
1 h 56 min
15:00
15:00
15:00
Busparkplatz F


15:35
15:45
Bahnhof F


16:22
16:37
Bahnhof G


16:37
17:02
C
2 h 2 min
11:00
11:35
11:45
Bahnhof F


12:49
13:01
Bahnhof G


13:01
13:31
C
2 h 31 min

Das Finanzamt ermittelte hierauf, dass von der Bw die Strecke zwischen der Wohnung in C und dem Bahnhof G (7,1 km) einschließlich Umsteigen mit dem Auto in etwa 20 Minuten zurückgelegt werden könne.

Zwischen G und F verkehrten Züge wie folgt:

Ab 5:39, an 5:51; ab 6:00, an 6:16; ab 6:14, an 6:26, ab 6:23, an 6:38.

Zurück gäbe es folgende Verbindungen:

Ab 15:24, an 15:40; ab 15:49, an 16:01; ab 16:49, an 17:01 bzw. ab 11:24, an 11:40; ab 11:49, an 12:01, ab 12:49, an 13:01.

Mit Vorhalt vom gab das Finanzamt der Bw die Verbindungen ab 5:39, ab 11:25 und ab 15:25 bekannt:

a) Hinweg Gesamtzeit 44 Minuten

05:39 Uhr ab G Bahnhof mit dem Zug

05:52 Uhr an F Bahnhof

06:05 Uhr ab F Bahnhof mit dem Bus

06:13 Uhr an F Busbahnhof

06:13 Uhr ab F Busbahnhof zu Fuß

06:23 Uhr Ankunft an der Arbeitsstätte

b) Rückweg I Gesamtzeit 37 Minuten

11:25 Uhr an Arbeitsstätte zu Fuß

11:35 Uhr an F Busbahnhof

11:35 Uhr ab F Busbahnhof mit dem Bus

11:45 Uhr an F Bahnhof

11:49 Uhr ab F Bahnhof mit dem Zug

12:02 Uhr an G Bahnhof.

c) Rückweg II Gesamtzeit 37 Minuten

15:25 Uhr an Arbeitsstätte zu Fuß

15:35 Uhr an F Busbahnhof

15:35 Uhr ab F Busbahnhof mit dem Bus

15:45 Uhr an F Bahnhof

15:49 Uhr ab F Bahnhof mit dem Zug

16:02 Uhr an G Bahnhof.

In Beantwortung des Vorhalts gab die Bw am bekannt, es könne zwar theoretisch eine Wegzeit von 2 Stunden eingehalten werden, allerdings verbleibe für den Umstieg von der Bahn auf den Bus (und umgekehrt) nur eine Zeit von 4 Minuten.

"Ich arbeite in meinem Beruf mit Menschen mit Persönlichkeitsstörungen, Gewalt- und Aggressionspotential, Fremd- und Selbstgefährdung und bin daher einer starken psychischen Anspannung ausgesetzt. Der Stresspegel liegt hoch.

Vermeidung von Stress außerhalb der Arbeitszeit liegt daher an der obersten Prämisse. Daher erachte ich eine Umstiegphase von vier Minuten prophylaktisch für mich und generell für unzumutbar.

Ich ersuche daher um Akzeptanz der von mir aufgestellten Fahrpläne aus dem Schreiben vom und um die Abrechnung mit der großen Pendlerpauschale."

Mit Berufungsvorentscheidungen vom wies das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs die Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 als unbegründet ab.

Die Abgabenbehörde erster Instanz erläuterte, dass die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel auch dann zumutbar sei, wenn diese auf dem kleineren Teil der Wegstrecke nicht verwendet werden könnten. Bei Verwendung eines KFZ für die Fahrt von der Wohnung zum Bahnhof in G und Weiterfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln werde "die Fahrzeit von 2 Stunden nicht überschritten. Nur wenn der Anfahrtsweg (bis Bahnhof G) mehr als die Hälfte der Gesamtfahrstrecke betragen würde, wäre die Benutzung des Verkehrsmittels unzumutbar."

In ihrem Vorlageantrag vom verweist die Bw darauf, dass die Fahrzeit von 2 Stunden überschritten werde. "Die vorgeschlagene Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel kann auf Grund der zu kurzen Umstiegszeit auf dem Bahnhof in F nach dem vom Finanzamt vorgeschriebenen Zeitplan nicht durchgeführt werden. Die Dauer der An- und Rückfahrt zur Arbeitsstätte beträgt in der Praxis mehr als 2 Stunden."

Mit Bericht vom legte das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

In der am am Rathaus in F abgehaltenen Berufungsverhandlung erörterte der Referent nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges mit den Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens an Hand einer fotografischen Darstellung des Bahnhofs F und seiner näheren Umgebung die Lage von Bahnhof und Bushaltestelle.

Dass sich die Bushaltestelle gegenüber dem Bahnhofsgebäude befindet, wurde von den Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens außer Streit gestellt.

Die Bw erklärte, den Weg mit öffentlichen Verkehrsmitteln getestet zu haben. Befinde sich etwa vor einem eine ältere Person im Autobus, könne es bis zu 30 Sekunden dauern, allein um den Bus zu verlassen. Um am Bahnhof die Züge Richtung G zu erreichen, müsse man zum Bahnsteig 3 gehen und habe dabei jeweils hohe Stiegen bei der Unterführung bewältigen.

Die Bw gab zunächst an, bei normaler Gehzeit die Strecke nicht in vier Minuten bewältigen zu können. Die Bw. räumte dann allerdings ein, dass grundsätzlich die Wegstrecke zwischen Bus und Zug in weniger als vier Minuten zurückgelegt werden könne.

Sie hielt aber sowohl im eigenen Namen als auch im Namen der vielen Pendler den damit verbundenen Stress für unzumutbar. Sie sehe es auch beruflich, welcher Schaden durch zuviel Stress angerichtet werden könne.

Der Vertreter des Finanzamtes entgegnete, dass beim Pendlerpauschale auf typische Verhältnisse abgestellt werde und persönliche Vorlieben nicht zu berücksichtigen seien.

Die Bw erachtete ferner die vom Finanzamt veranschlagte Zeit für den Weg zwischen Wohnung und dem Bahnhof G für zu knapp bemessen.

Der Vertreter des Finanzamtes gab zur Fahrzeit von der Wohnung zum Park and Ride in G an, dass die reine Fahrzeit knapp 10 Minuten betrage und die restlichen 10 Minuten für Parkplatzsuche und den Weg zum Zug kalkuliert wurden.

Die Bw räumte ein, dass es in der Früh gegen halb sechs noch auf dem Weg von der Wohnung zum Bahnhof keinen Stau gäbe, allerdings sei eine lange Strecke durch das Ortsgebiet zurückzulegen.

Für die Bw sei ausschlaggebend der Stresspegel, ob sie die öffentlichen Verkehrsmittel jeweils rechtzeitig erreiche. Sie ersuche daher, ihrer Berufung Folge zu geben.

Im Hinblick auf die Ergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung war ein Augenschein gemeinsam mit den Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens entbehrlich.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Unabhängige Finanzsenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Bw pendelt überwiegend im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zwischen ihrer Wohnung in C und ihrer etwas über 25 km davon entfernten Arbeitsstätte in F. Dienstbeginn ist jeweils um 7:00 Uhr, Dienstende entweder um 11:00 Uhr oder um 15:00 Uhr.

Die Bw verwendet für den gesamten Arbeitsweg ein Kraftfahrzeug. Mit dem Auto beträgt die schnellste Fahrstrecke laut Routenplaner www.anachb.at rund 33 km, die Fahrdauer mit dem Auto beträgt diesem Routenplaner zufolge rund 22 Minuten für den gesamten (teilweise über die Autobahn führenden) Arbeitsweg. Gleiches gilt für den Routenplaner www.viamichelin.at (34 km, 22 Minuten). Maps.google.at schlägt 3 Routen vor und berechnet für die 33 km lange Route mit der längsten Autobahnbenutzung 26 Minuten, für zwei weitere, etwas kürzere Routen knapp 30 Minuten.

Fährt man mit einem Kraftfahrzeug von der Wohnung zum etwas über 7 km entfernten Bahnhof in G, benötigt man hierfür einschließlich Parkplatzsuche im Park & Ride und Wartezeit auf den Zug in der Regel höchstens bis zu 20 Minuten.

Ab und nach G bestehen folgende Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln:

a) Hinweg Gesamtzeit 44 Minuten

05:39 Uhr ab G Bahnhof mit dem Zug

05:52 Uhr an F Bahnhof

06:05 Uhr ab F Bahnhof mit dem Bus

06:13 Uhr an F Busbahnhof

06:13 Uhr ab F Busbahnhof zu Fuß

06:23 Uhr Ankunft an der Arbeitsstätte

b) Rückweg I Gesamtzeit 37 Minuten

11:25 Uhr ab Arbeitsstätte zu Fuß

11:35 Uhr an F Busbahnhof

11:35 Uhr ab F Busbahnhof mit dem Bus

11:45 Uhr an F Bahnhof

11:49 Uhr ab F Bahnhof mit dem Zug

12:02 Uhr an G Bahnhof.

c) Rückweg II Gesamtzeit 37 Minuten

15:25 Uhr ab Arbeitsstätte zu Fuß

15:35 Uhr an F Busbahnhof

15:35 Uhr ab F Busbahnhof mit dem Bus

15:45 Uhr an F Bahnhof

15:49 Uhr ab F Bahnhof mit dem Zug

16:02 Uhr an G Bahnhof.

Unter Einschluss der Autofahrzeit von der Wohnung nach G Bahnhof sowie der Umstiegszeit vom Auto zum Zug (höchstens 20 Minuten) ergäbe sich auf der Hinfahrt somit eine Gesamtwegzeit von rund 1 h 4 Minuten und eine Zeit vom Verlassen der Wohnung bis Arbeitsbeginn (7:00 Uhr) von rund 1 h 43 Minuten (20 Minuten Auto/Umsteigen plus 44 Minuten Zug/Umsteigen/Bus/Fußweg plus 37 Minuten Wartezeit bis Dienstbeginn).

Auf der Rückfahrt beträgt die Gesamtwegzeit von rund 57 Minuten; die Zeit vom Verlassen der Arbeitsstätte (11:00 Uhr bzw. 15:00 Uhr) zur Ankunft in der Wohnung von rund 1 h 22 Minuten (25 Minuten Wartezeit nach Dienstende, 37 Minuten Bus/Umsteigen/Zug, 20 Minuten Umsteigen/Auto).

Insgesamt ergibt sich somit unter Einbeziehung der Wartezeiten (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 16 Anm. 81) eine Gesamtdauer des Arbeitsweges (hin und zurück) im Regelfall von rund 3 Stunden 5 Minuten.

Für den Wechsel vom Bus zur Bahn in F stehen im Normalfall jeweils 4 Minuten zur Verfügung. Für das Umsteigen wird im Normalfall jedenfalls weniger als 4 Minuten benötigt.

Die vorstehenden Feststellungen gründen sich auf die Ermittlungen des Finanzamtes und des Unabhängigen Finanzsenates sowie die Ausführungen in der mündlichen Berufungsverhandlung.

Der Ermittlung der Fahrzeiten von Bahn und Bus durch das Finanzamt hat die Bw nicht widersprochen.

Zu den strittigen Punkten:

Laut Routenplaner www.anachb.at beträgt die Fahrzeit mit dem PKW für die rund 7 km lange Strecke zwischen der Wohnadresse der Bw und dem Park & Ride in G einschließlich Fußweg und Parkplatzsuche 8 Minuten. Bei der Fahrzeit am zeitigen Morgen kann es in der Regel im Raum G zu keinen nennenswerten Fahrbeeinträchtigungen kommen. Unter Berücksichtigung aller Eventualitäten, des Gehweges von der Park & Ride-Anlage bis zum Bahnsteig sowie einer Zeitreserve bis zum Eintreffen des Zuges kann die vom Finanzamt hierfür veranschlagte Gesamtzeit von bis zu 20 Minuten keineswegs als zu knapp bezeichnet werden. Selbst bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von nur 45 km/h läge die Fahrzeit bei rund 10 Minuten, weitere 10 Minuten für Parkplatzsuche, den Weg zum Bahnsteig (der Bahnhof befindet sich in unmittelbarer Nähe des Park & Ride-Platzes) und das Warten auf den Zug erscheinen ausreichend bemessen.

Was die Umsteigezeit am Bahnhof in F anlangt, hat die Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung eingeräumt, dass im Normalfall der planmäßig vier Minuten nach der planmäßigen Ankunft des Autobusses abfahrende Zug nach G von der Bw erreicht werden könne.

Wie auch im Wege eines Augenscheins festgestellt, befindet sich die Bushaltestelle direkt vor dem Bahnhofsgebäude. Der vom Zug Richtung G verwendete Bahnsteig 3 ist entfernter vom Bahnhofsgebäude gelegen als die Bahnsteige 1 und 2 und über eine Unterführung erreichbar, allerdings kann nach Dafürhalten des Referenten - im Einklang mit der Fahrplanauskunft der ÖBB (die eine Umstiegszeit von lediglich 1 Minute angibt) - der Umsteigevorgang im Normalfall in weniger als vier Minuten bewältigt werden. Die Treppen der Unterführung entsprechen den üblicherweise bei den ÖBB für Unterführungen verwendeten Treppen und unterschieden sich hinsichtlich der Ausführung und der Höhe der Stiegen nicht von den Treppen an anderen Bahnhöfen, außerdem sind Aufzüge vorhanden. F ist eine Stadt mit weniger als 6.000 Einwohnern, hier ist ein mit städtischen Ballungszentren vergleichbarer Menschenandrang beim Umsteigen im Normalfall nicht zu erwarten. Typischerweise sind Fahrpläne darauf ausgerichtet, den Fahrgästen regelmäßig ein Umsteigen zu ermöglichen.

Selbst eine fallweise Verspätung des Autobusses, eine längere Ausstiegsdauer und die Bewältigung der Wegstrecke zum etwas entfernter gelegenen Bahnsteig 3 werden typischerweise - auf Ausnahmefälle ist die hier anzustellende Pauschalbetrachtung nicht angelegt - nicht dazu führen, dass der Zug nach G nicht mehr erreicht werden kann.

Dies hat die Bw auch ein geräumt.

Rechtlich folgt hieraus:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt (lit. a leg. cit.), dass diese Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich - soweit nicht die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar ist - durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten sind.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 zusätzlich bestimmte Pauschbeträge (so genanntes "kleines" Pendlerpauschale) berücksichtigt.

Folgende Pauschbeträge waren im Berufungszeitraum heranzuziehen:

Von bis (BGBl. I Nr. 24/2007):


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20 bis 40 km
546 €
jährlich
40 bis 60 km
1.080 €
jährlich
über 60 km
1.614 €
jährlich

Von bis (BGBl. I Nr. 85/2008):


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20 bis 40 km
630 €
jährlich
40 bis 60 km
1.242 €
jährlich
über 60 km
1.857 €
jährlich

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 anstelle der vorstehend angeführten Pauschbeträge folgende Pauschbeträge ("großes" Pendlerpauschale) berücksichtigt:

Von bis (BGBl. I Nr. 24/2007):


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2 bis 20 km
297 €
jährlich
20 km bis 40 km
1.179 €
jährlich
40 km bis 60 km
2.052 €
jährlich
über 60 km
2.931 €
jährlich

Von bis (BGBl. I Nr. 85/2008):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2 bis 20 km
342 €
jährlich
20 km bis 40 km
1.356 €
jährlich
40 km bis 60 km
2.361 €
jährlich
über 60 km
3.372 €
jährlich

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und dem Pendlerpauschale sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck (Formular L 34) eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen für das Pendlerpauschale abzugeben. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76 EStG 1988) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung dieser Pauschbeträge muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden. Die Pauschbeträge sind auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder auf Urlaub (Karenzurlaub) befindet. Wird der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr (§ 26 Z 5) befördert, dann steht ihm das Pendlerpauschale nicht zu, wobei allfällige Kosten für die Beförderung im Werkverkehr bis zur Höhe des Pendlerpauschales zu berücksichtigen sind.

Das Gesetz verlangt, dass "im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar ist".

Hieraus ergibt sich eine Reihe von Auslegungsfragen.

Als für die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benutzung eines Massenbeförderungsmittels maßgebender Zeitraum ist dem Gesetz zufolge der "Lohnzahlungszeitraum" heranzuziehen.

Lohnzahlungszeitraum ist gemäß § 77 EStG 1988 grundsätzlich - von hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahmen abgesehen - der Kalendermonat.

Da die Bw an drei bis fünf Tagen in der Woche pendelt, stellt sich im gegenständlichen Verfahren nicht die Frage, ob das Überwiegen im Lohnzahlungszeitraum an Hand einer typischen Fünf-Tage-Woche (so die herrschende Meinung) oder an Hand der konkreten Arbeitstage zu prüfen ist, wobei Letzteres auch Auswirkungen auf die Höhe des Pendlerpauschales haben kann (vgl. ausführlich , Wanke/Peth, UFS und Pendlerpauschale, UFSjournal 2010, 300).

Überwiegend bedeutet in Bezug auf das "große" Pendlerpauschale, dass es auf die Verhältnisse an der Mehrzahl der für das Pendlerpauschale maßgebenden Arbeitstage ankommt. Ist nur an einigen Tagen die Verwendung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich, führt dies nicht zur Berücksichtigung des "großen" Pendlerpauschales, wenn an der Mehrzahl der Tage eine Verwendung möglich ist. Auch gelegentliche Verspätungen des öffentlichen Verkehrs machen dessen Benutzung nicht unzumutbar. Maßgebend sind die Erfahrungswerte über die durchschnittliche Fahrtdauer, wobei in der Regel den Fahrplänen des öffentlichen Verkehrs bzw. den Nah- und Regionalverkehrsroutenplanern und Routenplanern der Verkehrsverbünde zu folgen sein wird.

Massenbeförderungsmittel ist jedes Beförderungsmittel, das dem allgemeinen Verkehr zur gleichzeitigen Beförderung mehrerer Personen dient, die es unabhängig voneinander gegen Entrichtung eines allgemein festgesetzten Fahrpreises in Anspruch nehmen können (vgl. § 7 Gebührenanspruchsgesetz BGBl. Nr. 136/1975), etwa hier Autobus und Eisenbahn. Hierunter ist der öffentliche Verkehr zu verstehen, also sowohl der öffentliche Personennahverkehr (§ 2 Abs. 1 Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 BGBl. I Nr. 204/1999) als auch der öffentliche Personenregionalverkehr (§ 2 Abs. 2 Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 BGBl. I Nr. 204/1999), gegebenenfalls auch der öffentliche Personenfernverkehr.

Die Verwendung eines Massenbeförderungsmittels muss "zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar" sein, um das "große" Pendlerpauschale zu vermitteln. Verkehrt auf dem kleineren Teil der Fahrtstrecke kein Massenbeförderungsmittel oder ist dessen Benutzung unzumutbar, zieht dieser Umstand nicht das "große" Pendlerpauschale nach sich, wenn auf dem größeren Teil der Fahrtstrecke zumutbarerweise öffentliche Verkehrsmittel verwendet werden können.

In diesem Zusammenhang ist soweit möglich von einer optimalen Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (z. B. "Park and Ride") auszugehen (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 16 Anm. 81).

Auch nach der Judikatur des VwGH ist die Möglichkeit der kombinierten Benützung privater und öffentlicher Verkehrsmittel bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Verwendung von Massenverkehrsmitteln mit einzubeziehen (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall ist daher das Finanzamt im Recht, wenn es davon ausgeht, dass die Bw mit ihrem PKW von ihrer Wohnung zum Bahnhof in G und von dort weiter mit Massenbeförderungsmitteln fahren könnte ("Park and Ride").

Fraglich - und Gegenstand zahlreicher Verfahren vor dem UFS - ist, wann die Verwendung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist.

Die Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens gehen mit der Verwaltungspraxis und einem Teil der Entscheidungspraxis des UFS übereinstimmend davon aus, dass für den etwas über 25 km in eine Richtung betragenden Arbeitsweg eine Wegzeit von bis zu 2 Stunden in eine Richtung, also insgesamt von bis zu 4 Stunden, zumutbar i. S. d. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 sei.

Nach der für den Berufungszeitraum zunächst maßgebenden Verwaltungspraxis (LStR 2002 Rz 257 a.F.) sahen die Finanzämter die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels als nicht zumutbar an, wenn folgende Wegzeiten überschritten werden:

Einfache Wegstrecke unter 20 Kilometer: Zumutbare Wegzeit: 1,5 Stunden.
Einfache Wegstrecke ab 20 Kilometer: Zumutbare Wegzeit: 2 Stunden.
Einfache Wegstrecke ab 40 Kilometer: Zumutbare Wegzeit: 2,5 Stunden.

Die Verwaltungspraxis geht nunmehr in LStR 2002 Rz 255 anstelle der bisherigen kilometerabhängigen Wegzeitregelung von folgender Unzumutbarkeitsregelung aus, die laut Erlass BMF-010222/0229-VI/7/2011, unter anderem (von den Finanzämtern) auf offene Veranlagungsfälle anzuwenden ist, sofern keine günstigeren Regelungen "Gültigkeit hatten":

"Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten beträgt.

Die Benützung des Massenbeförderungsmittels ist jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden beträgt.

Beträgt die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten aber nicht mehr als 2,5 Stunden, ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauert als die Fahrzeit mit dem KFZ (vgl. ; RV/0223-G/09; RV/0076-F/11)."

"Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (zB "Park and Ride") zu unterstellen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird..." (LStR 2002 Rz 257).

Der Unabhängige Finanzsenat ist an die Ansicht der Lohnsteuerrichtlinien nicht gebunden.

Der UFS hat in jüngerer Zeit in einer Reihe von Entscheidungen - ausgehend von den Berufungsentscheidungen RV/0031-G/08 (siehe dazu auch Demal, Die Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr von der Arbeitsstätte zum Familienwohnsitz, UFSjournal 2009, 12) und RV/0311-G/08 - die Ansicht vertreten, eine Gesamtwegzeit (hin und zurück) von mehr als rund 3 Stunden sei in der Regel nicht mehr zumutbar (vgl. mit einer ausführlichen Darstellung des Meinungsstandes), jedenfalls - wie hier der Fall - bei Teilzeitbeschäftigten (vgl. ).

In einer Reihe von Entscheidungen wird - siehe die Lohnsteuerrichtlinien - die auf die Gesetzesmaterialien (RV 620 BlgNR XVII. GP, 75) gestützte Ansicht vertreten, mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit dem Massenbeförderungsmittel als mit dem eigenen KFZ seien "jedenfalls" als unzumutbar anzusehen.

"Zumutbarkeit" bzw. "Unzumutbarkeit" ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff (vgl. Lang in Tippke/Lang, Steuerrecht19, § 5 Rz 49).

Es ist Aufgabe juristischer Auslegung, einen unbestimmten Gesetzesbegriff zu konkretisieren.

Während etwa die Anwendung des Einkommensteuertarifs (§ 33 EStG 1988) teilweise unter Zuhilfenahme mathematischer Grundsätze durch Anwendung der in § 33 Abs. 1 EStG 1988 angeführten mathematischen Formeln auf das zu versteuernde Einkommen (und in weiterer Folge Berücksichtigung von Absetzbeträgen und Rundungsbestimmungen) vorgenommen werden kann, ist genau dies bei der Auslegung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes nicht möglich.

Bereits die Ermittlung der maßgebenden Gesamtwegzeit ist mit einer latenten Unsicherheit, die jeder Schätzung zugrunde liegt, verbunden.

Die Fahrzeiten mit dem Auto können verkehrsbedingt variieren, ebenso die Zeit für die Parkplatzsuche. Ein Fußweg wird einmal ein wenig rascher, einmal ein weniger langsamer zurückgelegt werden. Öffentliche Verkehrsmittel halten nicht immer ihre Fahrpläne ein. Schließlich spielt das Wetter eine nicht unwesentliche Rolle.

Schon diese sich zwangsläufig gegebene Unschärfe verbietet es nach Ansicht des Referenten, minutenexakte Unzumutbarkeitsgrenzen zu ziehen. Eine Wegzeit von X Minuten kann nicht jedenfalls zumutbar sein, eine Wegzeit von X+1 Minuten jedenfalls unzumutbar.

Zeitstaffeln oder mathematische Gleichungen mögen den Vollzug vereinfachen, können aber nicht - gleichsam unumstößlich - allein zur Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 herangezogen werden.

Es sind daher schon angesichts der mit jeder Schätzung der Gesamtwegzeit verbundenen Unschärfe die in Lehre, Rechtsprechung, Entscheidungspraxis des UFS und der Verwaltungspraxis der Finanzämter verschiedentlich genannten Zeiten nicht im mathematisch-exakten Sinn zu verstehen, sondern es ist bei der Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit jeweils auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen.

Die Interpretation eines unbestimmten Gesetzesbegriffes kann sich nicht auf die Lösung einer Rechenaufgabe beschränken, sondern muss versuchen, den Intentionen des Gesetzgebers möglichst gerecht zu werden. Wollte der Gesetzgeber die Zuerkennung des "großen" Pendlerpauschales von einer mathematischen Gleichung abhängig machen, hätte er dies ausdrücklich normiert.

Einhelligkeit besteht in Verwaltungspraxis, Spruchpraxis des UFS, Judikatur des VwGH und in der Literatur weitestgehend darin, dass eine Gesamtwegzeit (hin und zurück) von rund 3 Stunden bzw. eine Einzelwegzeit (in eine Richtung) von rund 1 1/2 Stunden - auch unter Heranziehung einer Kombination von Individualverkehr und öffentlichem Verkehr ("Park and Ride") - als einem Pendler jedenfalls zumutbar erachtet wird.

Doralt, EStG13, § 16 Tz. 107, sieht eine Einzelwegzeit von etwa zwei Stunden (in eine Richtung) "allgemein als unzumutbar" an.

Der UFS hat in seiner Entscheidung (mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstandes) ebenfalls eine vier Stunden (zwei Stunden je Richtung) übersteigende Tagesgesamtwegzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln als unzumutbar erachtet.

Andererseits hat der UFS zuletzt (mit ausführlichen Hinweisen auf Vorentscheidungen) in seiner Entscheidung , (unter anderem) eine Wegzeit von insgesamt mehr als 3 Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Fall einer Diensthundeführerin mit einer Dienstzeit im Schichtdienst von 12 Stunden als unzumutbar angesehen.

Nach Ansicht des Referenten ist innerhalb dieser Bandbreite - also einer Zeitspanne für den gesamten Tagesarbeitsweg einschließlich Wartezeiten (hin und zurück) zwischen drei und vier Stunden - die Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln individuell an Hand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen.

Die für das Pendlerpauschale maßgebliche Wegzeit umfasst nicht nur die Zeit der Fahrt mit dem PKW oder dem Massenverkehrsmittel bzw. mit den Massenverkehrsmitteln, sondern auch Umsteigezeiten, notwendige Wartezeiten sowie die Zeit zwischen der letztmöglichen Ankunft mit dem Massenverkehrsmittel bis zum Arbeitsbeginn bzw. vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Abfahrt des nächsten öffentlichen Verkehrsmittels (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 16 Anm. 81).

Hierbei kommt bei festen Dienstzeiten bzw. einer nur eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit von Gleitzeit bei der Auslegung des Begriffes der Unzumutbarkeit nach Ansicht des Referenten auch der Dauer und zeitlichen Lagerung von Wartezeiten zwischen dem Eintreffen am Arbeitsplatz bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel und Arbeitsbeginn bzw. zwischen Arbeitsende und Abfahrt des Massenbeförderungsmittels in Relation zu den Fahrt- und Umstiegszeiten während des Arbeitsweges Bedeutung zu.

Zum einen fällt zumeist das Eintreffen am Arbeitsplatz bei festen Dienstzeiten nicht auf die Minute genau mit dem dienstplanmäßigen Arbeitsbeginn zusammen, sondern wird die Arbeitsstätte üblicherweise bereits einige Zeit davor aufgesucht, da zwischen dem Betreten der Arbeitsstätte und dem tatsächlichen Arbeitsbeginn typischerweise eine - von Arbeitsverhältnis zu Arbeitsverhältnis unterschiedliche - bestimmte Zeitspanne für Vorbereitungsarbeiten bis zum eigentlichen Arbeitsbeginn liegt. Ebenso ist in aller Regel ein auf die Minute genaues Verlassen des Gebäudes, in dem sich die Arbeitsstätte befindet, exakt mit dem dienstplanmäßigen Arbeitsende nicht möglich, etwa weil noch Abschlussarbeiten erforderlich sind oder Kunden fertig bedient werden müssen. Daher ist die minutenexakte Gleichsetzung von Wartezeitende bzw. Wartezeitanfang mit dem Arbeitsbeginn bzw. Arbeitsende oftmals unzutreffend.

Zum anderen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Arbeitnehmer durch die Wartezeit auf den Arbeitsbeginn bzw. nach Arbeitsende zwar in seiner Disposition beschränkt ist, aber gerade längere Wartezeiten typischerweise auch zu auch zu privaten Besorgungen oder vielfältigen anderen privaten Zwecken genutzt werden. Auch dies ist bei der Auslegung des Begriffes Unzumutbarkeit im Einzelfall mit zu bedenken.

Beim Vergleich mit dem Individualverkehr ist schließlich zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die nicht vorhersehbaren Verkehrsverhältnisse ein sorgsamer Arbeitnehmer bei Verwendung des eigenen PKW einige Minuten Spielraum bis zum Arbeitsbeginn einplanen wird (ist erst ein Parkplatz zu suchen und ein Gehweg einzukalkulieren, entsprechend länger), sodass die tatsächliche Gesamtwegzeit mit dem PKW nicht mit der von Routenplanern ausgewiesenen Fahrzeit gleichzusetzen ist.

Ein wesentliches weiteres Kriterium für die Frage der Zumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln ist ferner die zeitliche Lagerung der Arbeitszeit. Sehr lange Arbeitszeiten können eine Gesamtpendelzeit (als zur Arbeitszeit hinzutretende zusätzliche Belastung) unzumutbar machen, die bei kürzeren Arbeitszeiten noch als zumutbar angesehen werden kann. Gleiches gilt für einen sehr zeitigen Arbeitsbeginn oder ein sehr spätes Arbeitsende.

Weitere Kriterien können etwa die Relation der Fahrzeiten im Individualverkehr gegenüber dem öffentlichen Verkehr, die Häufigkeit von Umsteigevorgängen, die Dauer der Wartezeiten beim Umsteigen, unterschiedlich lange Wegzeiten bei Hin- und Rückweg, die Lage der Arbeitsstätte und vieles anderes mehr sein.

Hieraus ergibt sich eine gewisse Bandbreite bei der Prüfung der Zumutbarkeit.

Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen dauerte im gegenständlichen Fall die Zurücklegung des Arbeitsweges (einschließlich Wartezeit) bei einer Kombination von PKW und Massenbeförderungsmitteln (zwischen 1 Stunde 22 Minuten und 1 Stunde 43 Minuten) mehr als dreimal so lang wie die Wegzeit (nur) mit dem PKW (laut Routenplaner bei 22 Minuten bis 26 Minuten, zuzüglich Geh- bzw. "Reservezeit"). Ferner wird eine Wegzeit von 90 Minuten "für die einfache Wegstrecke" einschließlich Wartezeit in eine Richtung (am Hinweg) überschritten und liegt auch bei einer Gesamtbetrachtung die Tageswegzeit einschließlich Wartezeiten hin und zurück bei 3 Stunden 5 Minuten.

Würde man die oben dargestellte nunmehrige Verwaltungspraxis (LStR 2002 Rz 255) und die dort angeführten Entscheidungen im mathematisch-exakten Sinn anwenden, stünde der Bw das "große" Pendlerpauschale zu.

Betrachtet man allerdings die konkreten Umstände des Einzelfalles, ist nach Ansicht des Referenten dennoch die Verwendung einer Kombination von PKW und Massenbeförderungsmitteln zumutbar:

Der UFS hat () etwa ausgesprochen, dass das teilweise in Entscheidungen (und nun auch in den LStR 2002) aufgestellte Erfordernis, dass für die Unzumutbarkeit der Verwendung des öffentlichen Verkehrs die Fahrt mit Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW nicht allgemein anwendbar sei, da etwa der Fall RV/0223-G/09, zeige, dass dieses Kriterium dazu führe, eine Gesamtwegzeit mit Massenverkehrsmitteln von rund 4 1/2 Stunden als zumutbar zu erachten, wenn die Gesamtwegzeit mit dem Auto "nur" rund 3 Stunden betrage. Andererseits, und dies wird am gegenständlichen Fall deutlich, muss eine Fahrzeit mit dem PKW, die weniger als 1/3 der Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehr (jeweils einschließlich Wartezeiten) nicht "jedenfalls" zu einer Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln führen. So wird für einen Arbeitsweg von bis zu 1 1/2 Stunden die Relation der Fahrzeiten nach herrschender Meinung als unmaßgebend angesehen.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich zunächst von der Entscheidung , dadurch, dass die Bw eine Arbeitszeit nicht von 12 Stunden, sondern von jeweils 4 oder 8 Stunden hat.

Im Fall der Bw erscheint eine Gesamtwegzeit von knapp über 3 Stunden und damit eine Gesamtabwesenheitszeit von zu Hause teilweise von knapp über 11 Stunden, teilweise von knapp über 7 Stunden - anders als im Fall der Diensthundeführerin bei einer Gesamtabwesenheitszeit von zu Hause von über 15 Stunden - aus nachstehenden Erwägungen für zumutbar.

Eine Gesamtwegzeit von (geschätzt) 3 Stunden 5 Minuten liegt am untersten Ende der vorgenannten Bandbreite einer zumutbaren Gesamttageswegzeit (in beide Richtungen zusammen) von zwischen drei und vier Stunden (bzw. von zwischen 1 1/2 und 2 Stunden in eine Richtung).

Von diesen 3 Stunden 5 Minuten entfällt nur ein Teil der Zeit (1 Stunde 4 Minuten auf dem Hinweg, 57 Minuten auf dem Rückweg) auf die tatsächliche Fahr- und Umsteigezeit. Ein nicht unbeachtlicher Teil (37 Minuten auf dem Hinweg, 25 Minuten auf dem Rückweg) entfällt auf die Zeit zwischen der Ankunft (Abfahrt) des Massenbeförderungsmittels) und dem Arbeitsbeginn (Arbeitsende), die unterschiedlich genutzt werden kann.

Die Bw hält eine Gesamtwegzeit von etwas über 3 Stunden vor allem deswegen für unzutreffend, da es ihr nicht zuzumuten sei, in F innerhalb von vier Minuten von der Bahn zum Bus bzw. umgekehrt umzusteigen.

Die Bw hat zwar eingeräumt, dass grundsätzlich ein Umsteigen in dieser Zeit im Regelfall möglich ist, hält aber allgemein den mit dem Umsteigen verbunden Stress für unzumutbar.

Die "Vermeidung von Stress außerhalb der Arbeitszeit" wird bei vielen Arbeitnehmern Priorität haben. Auch wenn die Bw einen anstrengenden Beruf ausübt, kann bei der gegenständlichen Sachlage nicht gesagt werden, ein Umsteigen innerhalb von vier Minuten sei unzumutbar, weil etwa nur im Laufen bewältigbar. Im Normalfall ist das Umsteigen am Bahnhof F problemlos innerhalb einer Zeitspanne von 4 Minuten möglich; die Bw ist auch nicht gehbehindert.

Im Übrigen - rechtlich freilich nicht von Bedeutung - ermöglicht die der Bw für einen Fußweg von ca. 10 Minuten bis zur Haltestelle zur Verfügung stehende Zeit zwischen Arbeitsende und Abfahrt des Busses von rund 35 Minuten auch einen gewissen Stressabbau - anders als wenn sie gleich nach Arbeitsende zum einem öffentlichen Verkehrsmittel "hetzen" müsste.

Dass die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel das Einhalten von Fahrzeitplänen und gegebenenfalls auch ein Umsteigen erfordert, ist für den Massenverkehr typisch. Zumeist wird ein Pendler nicht nur mit einem Massenbeförderungsmittel auskommen, sondern eine Kombination von Massenbeförderungsmitteln oder von PKW und Massenverkehrsmittel(n) - einschließlich von Fußwegen - benötigen. Umsteigevorgänge sind bei Pendlern typisch. Dass die Umsteigezeiten so bemessen sind, dass lange Wartezeiten möglichst vermieden werden, ist im Interesse der Pendler, die zu lange Wartezeiten ebenfalls wie zu kurze kritisieren würden.

Hätte der Gesetzgeber dies bei Arbeitnehmern nicht für zumutbar erachtet, hätte er die Differenzierung zwischen Massenverkehr und Individualverkehr beim Pendlerpauschale nicht getroffen.

Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass - wie schon die Relation der Unfälle mit PKW zu den Unfällen mit Massenbeförderungsmitteln zeigt - die Fahrt mit dem eigenen KFZ keineswegs weniger "stressig" sein muss wie jene mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Während bei öffentlichen Verkehrsmitteln vielleicht der Umsteigevorgang hektisch ausfallen kann, ist der Fahrgast während der Fahrt selbst kaum gefordert - hingegen ist der Lenker eines Kfz bei der gesamten Fahrt stets genötigt, auf den Verkehr zu achten und auf Gefahren sofort zu reagieren.

Üblicherweise wird daher die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel als weniger belastend angesehen (vgl. für viele etwa: "... Rund 80 Prozent schätzen die entspannende und stressfreiere Fahrt mit Öffis im Gegensatz zu den Staus mit dem Pkw und 75 Prozent geben das kaum vorhandene Unfallrisiko als Grund für die Nutzung von Öffis an. Die geringeren Kosten für Öffis sind für 71 Prozent ein Hauptargument und weitere 55 Prozent nutzen Öffis, weil sie keinen Parkplatz bei der Arbeitsstelle haben. Hingegen gaben 90 Prozent der Befragten an, mit dem Auto schneller und flexibler zu sein. Es erspare das lästige Umsteigen, gaben 87 Prozent an. Der Pkw gilt quasi als verlängertes Wohnzimmer und wird als privat und komfortabel eingeschätzt..." aus: Situation der Berufspendler in Kärnten, Analyse der Arbeiterkammer Kärnten, Juni 2006, http://kaernten.arbeiterkammer.at/bilder/d42/Studie_Berufspendler_Kaernten.pdf), dies muss aber nicht stets der Fall sein. Auch Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln - nicht nur bei Umsteigevorgängen - kann durchaus mit Stress verbunden sein, etwa in überfüllten Bussen und Zügen, auf Grund unterschiedlichster Emissionen seitens Mitreisender, infolge Ausfällen technischer Einrichtungen (Heizung, Klimaanlage) oder wegen Verspätungen.

Mit dem Pendlerpauschale wollte der Gesetzgeber aus Gründen des Umweltschutzes und der Vermeidung von Verkehrsbelastungen in der Regel nur die Kosten öffentlicher Verkehrsmittel steuerlich absetzbar machen ("kleines" Pendlerpauschale). Die Kosten des Individualverkehrs zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ("großes" Pendlerpauschale) können nach der gesetzlichen Regelung nur dann berücksichtigt werden, wenn dem Steuerpflichtigen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist. Etwa bloße Zweckmäßigkeit des Individualverkehrs reicht nicht aus.

Der Referent hat durchaus Verständnis für die Bw, anstelle des öffentlichen Verkehrs in ihrem Fall den wesentlich schnelleren PKW zu verwenden. Der größte Vorteil des PKW liegt in der Flexibilität und Unabhängigkeit. Viele Menschen werden eine Fahrt mit dem Auto von (unter Einschluss einer "Reservezeit") weniger als 30 Minuten einem Arbeitsweg in Kombination von Auto, Zug, Bus und Fußweg einschließlich Wartezeit von rund 1 3/4 Stunde bzw. rund 1 1/2 Stunden vorziehen.

Allerdings kommt es nach dem Gesetz nicht darauf an, welches Verkehrsmittel ein "billig und gerecht" denkender Arbeitnehmer verwenden würde, sondern darauf, ob die Verwendung des öffentlichen Verkehrs unzumutbar ist. Von einer Unzumutbarkeit kann aber im gegenständlichen Fall bei einer Tagesgesamtwegzeit von rund 3 Stunden 5 Minuten und einer Arbeitszeit von 4 bzw. 8 Stunden nicht gesprochen werden.

Die Vielzahl an Verfahren in Zusammenhang mit dem Pendlerpauschale zeigt, dass die gegenwärtige Regelung der steuerlichen Abgeltung von Fahrtaufwendungen zur und von der Arbeitsstätte von Steuerbürgern nicht als zweckentsprechend bzw. "gerecht" empfunden werden.

Der unbestimmte Gesetzesbegriff der Unzumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln muss zwangsläufig zu einer Auslegungsbandbreite führen, die in Grenzfällen einer vorhersehbaren Entscheidung der Abgabenbehörden (und einer zweckentsprechenden Beratung durch Interessenvertretungen) entgegenstehen kann.

Der Referent verkennt nicht, dass eine einzelfallbezogene Auslegung des Begriffs der Unzumutbarkeit in einem Massenverfahren wie der Berücksichtigung des Pendlerpauschales bei der Lohnverrechnung durch den Arbeitgeber und bei der Veranlagung durch das Finanzamt auf Probleme stößt.

Dies kann dem Gesetzgeber bei seiner Regelung nicht verborgen geblieben sein.

Wenn der Gesetzgeber dadurch, dass zwischen einem "kleinen" und einem "großen" Pendlerpauschale unterscheidet und die Höhe des Pendlerpauschales von der Zumutbarkeit der Verwendung von Massenbeförderungsmitteln (auf zumindest der halben Strecke) abhängig macht, ohne diese Zumutbarkeit näher zu determinieren, bringt er zum Ausdruck, dass er hier einer "Einzelfallgerechtigkeit" den Vorrang vor standardisierten Massenerledigungen einräumt. Diese Entscheidung des Gesetzgebers hat auch die Vollziehung zu respektieren.

Bemerkt wird, dass neben der als zumutbar erachteten Dauer von Arbeitswegen mittlerweile auch eine ganze Reihe anderer Fragen in Zusammenhang mit dem Pendlerpauschale strittig ist (siehe etwa auch die ausführliche Darstellung von Wallner, Aktuelle Streitfragen rund um das Pendlerpauschale, AFS 2011, 39). Zu erwähnen wäre hier etwa das Pendlerpauschale bei Teilzeitbeschäftigung an weniger als drei Tagen in der Woche (vgl. zum Meinungsstand ), die Frage der Gewährung des "großen" Pendlerpauschales, wenn tatsächlich nur Massenbeförderungsmittel verwendet werden (vgl. zum Meinungsstand ), die Heranziehung von "Park and Ride" bei Fehlen eines eigenen PKW (vgl. zum Meinungsstand ), die Ermittlung der Weglänge (vgl. UFS 7. 12. 2911, RV/0190-I/11 oder ) oder die Frage, welche Wohnung maßgeblich ist (vgl. ). Eine Vielzahl dieser Fragen ist mittlerweile im Wege von Amtsbeschwerden der Finanzämter beim VwGH anhängig.

Eine grundsätzliche Änderung (und Vereinfachung) hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung von Aufwendungen für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte herbeizuführen, ist dem Gesetzgeber - und nicht der Verwaltung - vorbehalten.

Da nach Ansicht des UFS im gegenständlichen Fall die Verwendung einer Kombination aus Individualverkehr und öffentlichem Verkehr für den Arbeitsweg zumutbar ist, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
UFS, RV/1060-W/10
VwGH, 2006/15/0319
LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 257
LStR 2002, Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 255
BMF, BMF-010222/0229-VI/7/2011
RV/0223-G/09
RV/0076-F/11
UFS, RV/0031-G/08
UFS, RV/0311-G/08
UFS, RV/0920-W/11
UFS, RV/3401-W/09
UFS, RV/0223-G/09

Atzmüller/Lattner in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. EL § 16 Anm. 81
Doralt, EStG13, § 16 Tz. 107
Wallner, Aktuelle Streitfragen rund um das Pendlerpauschale, AFS 2011, 39
Lang in Tippke/Lang, Steuerrecht19, § 5 Rz 49
Demal, Die Zumutbarkeit der täglichen Rückkehr von der Arbeitsstätte zum Familienwohnsitz, UFSjournal 2009, 12
Wanke/Peth, UFS und Pendlerpauschale, UFSjournal 2010, 300
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 4/2012, 140

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at