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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 12.02.2013, RV/3711-W/10

Steuerbefreiung für Katastrophenbeihilfen von Waldschäden?

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0149 eingebracht. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/7104084/2015 erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3711-W/10-RS1
Unter die Steuerbefreiung für freiwillige Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden gem. § 3 Abs. 1 Z. 16 EStG idF BGBl. 155/2002 fallen Katastrophenbeihilfen nur soweit als sie für erlittenen Sachschaden und katastrophenbedingt erhöhte Aufwendungen und Folgekosten geleistet werden; nicht erfasst ist der Teil der Beihilfe, die den entgangenen Gewinn vergütet. Der Verlust an Wertholzzuwachs durch die vom Elementarereignis erzwungene vorzeitige Holznutzung stellt einen Verdienstentgang dar, der sich mittel- bis langfristig über mehrere Wirtschaftsjahre verteilt.
RV/3711-W/10-RS2
Das stehende Holz bildet ein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut. Die durch den Windwurf und Windbruch verursachte Holzentwertung am schon vorhandenen stehenden Holz fällt als Sachschaden unter die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 16 EStG.
RV/3711-W/10-RS3
Der Tatbestand der Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 3a EStG ist widerspruchsfrei zur Steuerbefreiung nach Z. 16 auszulegen. Daraus folgt zwangsläufig, dass nicht jede Katastrophenbeihilfe für entgangenen Gewinn generell die Steuerfreiheit wegen Hilfsbedürftigkeit erfüllen kann. Dieser Begriff muss – orientiert an seinem historischen Bedeutungsinhalt – einen eigenständigen Anwendungsbereich haben. Es ist bei Beihilfen für entgangenen Gewinn daher nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen, ob eine Betroffenheit von der Katastrophe vorliegt, wie sie dem Begriff der "Hilfsbedürftigkeit" immanent ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Rudolf Wanke und den Referenten HR Mag. Dieter Fröhlich sowie die entsendeten Mitglieder Ing. Mag. Dr. Martin Jilch und Günter Kastner im Beisein der Schriftführerin Christina Seper über die Berufung der A. und Co KEG mit Sitz in PLZ. B., vertreten durch LBG Wirtschaftstreuhand- und Beratungsges.m.b.H., Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzlei, 1030 Wien, Boerhaavegasse 6, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für das Kalenderjahr 2008 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Spruch

Der Berufung wird keine Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die getroffenen Feststellungen und die Bemessungsgrundlagen sind der nachstehenden Tabelle unter Punkt 4. der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (in der Folge Bw.), die Firma A. & CoKEG wurde mit Gesellschafts- und Zusammenschlussvertrag vom zum Bilanzstichtag vom errichtet. Die Gewinnermittlung ihrer Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erfolgt durch Steuerbilanz gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988.

Anfang März 2008 zog der Orkan Emma über Mitteleuropa hinweg. Die Sturmkatastrophe forderte europaweit 14 Todesopfer (vier davon in Österreich), zahlreiche Verletzte und richtete hohe Schäden an Gebäuden (z.B. Abdeckung von Dächern und Verkleidungen), Straßen, Fahrzeugen und technischen Anlagen (z.B. Bahn, Stromleitungen, Kräne) sowie an Bäumen an. In Österreich wurden ca. 1,9 Mio. Festmeter Sturmholz durch den Orkan verursacht.

Auch im Forst der Bw. sind durch dieses Elementarereignis Waldschäden eingetreten. Die Bw. beantragte deswegen beim Amt der niederösterreichischen Landesregierung Geldmittel nach der Richtlinie für die Gewährung von Beihilfen zur Behebung von Katastrophenschäden. Von der Schadenserhebungskommission wurden im Protokoll vom zusammenfassend folgende Schäden am Baumbestand im Forstbetrieb der Bw. festgehalten:


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Schadens-
fläche Nr.
Wert aus
Tabelle in €
Baumarten-
anteil
Flächen-
ausmaß in ha
Schadenshöhe
in €
1
12.730
0,7
3,5
31.189
1a
8.900
0,3
3,5
9.345
2
12.730
0,7
1,7
15.149
2a
8.900
0,3
1,7
4.539
3
10.950
1,0
0,3
3.285
4
9.650
0,7
1,1
7.431
4a
6.750
0,3
1,1
2.228
5
7.520
1,0
1,0
7.520
6
7.520
1,0
0,3
2.256
7
7.520
1,0
0,3
2.256
8
9.480
1,0
0,3
2.844
9
13.540
0,6
0,5
4.062
9a
9.480
0,4
0,5
1.896
10
9.650
1,0
0,3
2.895
11
7.930
1,0
0,3
2.379
12
9.650
1,0
0,4
3.860
13
7.950
1,0
0,3
2.379
14
3.850
1,0
0,3
1.155
15
9.650
1,0
0,5
4.825
Bewerteter Gesamtschaden
bei den forstwirtschaftlichen Kulturen

111.493

Im Gutachten wurden bei allen Schadensflächen erhöhte Holzerntekosten, eine mittlere Holzentwertung und bei den meisten Flächen eine mittlere Bonität, bei den Flächen Nr. 3, 4, 8, 13, 14 und 15 eine gute Bonität festgestellt. Das Alter der betroffenen Bestände wurde wie folgt angegeben:


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Alter:
-20
21-40
41-60
über 60
Schadenensfläche Nr.:
14
3, 11
1, 2, 8, 9, 13
4, 5, 6, 7, 10, 12, 15

Entsprechend der, auf Grundlage des § 3 des Katastropenfondsgesetzes 1996 erlassenen, Landesrichtlinien wurde der Bw. eine Beihilfe in Höhe von 20% des festgestellten Schadens, das sind € 22.300 vom Amte der nö. Landesregierung ausbezahlt.

Von der Bw. wurde im Verfahren zur Feststellung der Einkünfte gemäß §188 BAO für das Jahr 2008 eine Schadholzbestätigung der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vorgelegt. Die Forstbehörde bescheinigte, dass auf Grund ihrer Überprüfungen 2008 Schadholz von insgesamt 1.882 fm genutzt werden musste. Davon entfielen 1.590 fm auf Windwurf oder Windbruch durch das Orkanereignis vom .

In einer Beilage wurde der steuerbegünstigte Gewinn aus der Kalamitätsholznutzung gemäß § 37 Abs. 6 EStG wie folgt berechnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gewinn aus Kalamitätsholznutzung 2008
fm/Euro
fm/Euro
insgesamt verkaufte Holzmenge in Festmeter (fm)
Holzerlöse gesamt
durchschnittliche Erlöse je fm

3.471
292.580,76
84,29
Erlöse aus Kalamitätsholznutzung für
fm 1.881,74 davon ,Schadholz durch Orkan fm 1.590
158.617,38
Durchschnittliche Kosten der Holzerzeugung:
(Regie u. Stock)


Materialkosten
375,00

Lohn- Lohnnebenkosten
0,00

Gehälteranteil/Vermarktung
9.341,48

Fremdarbeit (Erzeugung u. Bringung)
31.903,43

anteilige Maschinenkosten
751,20

anteilige AfA Forststraße
0,00

anteilige AfA Fahrzeuge
0,00

erzeugte Holzmenge
3.756 fm

Erzeugungskosten je fm
11,28

anteilige Kosten der Holzerzeugung für Kalamitätsholznutzung (1.881,74 fm x 11,28 €)


- 21.228,04
Gewinn aus Schadholznutzung von
1.881,74 fm
137.389,33

Mit der Feststellung erhöhter Holzerntekosten im Schadenserhebungsprotokoll stimmen die in der Gewinnermittlung für Kalamitätsholznutzung 2008 ausgewiesenen durchschnittlichen Holzerntekosten von € 11,28 pro Festmeter überein. In den Folgejahren wurden von der Bw. die durchschnittlichen Holzerntekosten je Festmeter mit € 3,91 (2009) und € 3,48 (2010) für die Kalamitätsholzgewinnermittlung angegeben. Der Durchschnittserlös je Festmeter betrug 2008 € 84,29.

Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2009 4.950 fm und 2010 4.810 fm Holz geschlägert, davon 180 fm Kalamitätsholz 2009 und 177 fm Kalamitätsholz 2010, womit in beiden Jahren ein Durchschnittserlös von € 29,6 erzielt wurde.

In der Erklärung zur Feststellung der Einkünfte verminderte die Bw. den Bilanzgewinn von € 172.704 um die vom Land Niederösterreich erhaltene Beihilfe von € 22.300, unter Hinweis auf die Steuerfreiheit gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG "Bezüge oder Beihilfen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit".

Unter Berücksichtigung der Zu- und Abschläge in der Mehr/Weniger-Rechnung ergaben sich steuerpflichtige Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von € 148.484,29 die entsprechend der vertraglichen Gewinnvereinbarung auf die beiden Gesellschafter aufgeteilt wurden. Für jenen Teil der Einkünfte, der nicht mehr unter die Tarifbegünstigung für Waldnutzungen infolge höherer Gewalt fiel, wurde von den Mitunternehmern die Anwendung des Halbsteuersatzes für nicht entnommene Gewinne gemäß § 11a EStG in Anspruch genommen (insgesamt € 11.095, wovon auf den Komplementär: € 3.546 und die Kommanditistin: € 7.549 entfielen).

Vom Finanzamt wurde im Zuge des Ermittlungsverfahrens an die Bw. folgender Vorhalt gerichtet:

"Die Beihilfe vom Amt der NÖ-Landesregierung zur Behebung bzw. Beseitigung des Katastrophenschadens in Höhe von € 22.300 wurde zur Gänze steuerfrei belassen. Zahlungen aus dem Katastrophenfonds führen jedoch in der Regel zu einer entsprechenden Betriebsausgabenkürzung, die sich sowohl auf die Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft als auch auf die Höhe der tarifbegünstigten Einkünfte aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt gleichermaßen auswirkt. Bitte um Stellungnahme dazu und Bekanntgabe der mit der Beihilfe vom Katastrophenfonds in Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben."

Von der steuerlichen Vertretung der Bw. erfolgte mit Schriftsatz vom hierzu folgende Erklärung:

"Bei der angesprochenen Beihilfe aus Mitteln des Katastrophenfonds handelt es sich um Entschädigungen für Erlöseinbußen und katastrophenbedingte Vermögensminderungen am Waldbestand, denen keine unmittelbaren Betriebsausgaben gegenüberstehen, bzw. zuzuordnen sind. Daher ergibt sich durch die Steuerfreiheit dieser Entschädigung keine Betriebsausgabenkürzung sowie keine Auswirkung auf die erklärte Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie der tarifbegünstigten Einkünfte aus Waldnutzung infolge höherer Gewalt."

Das Finanzamt teilte nicht die Auffassung der Bw. und erhöhte im Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO für das Jahr 2008 vom den erklärten Gewinn um € 22.300. In der Begründung führte die erstinstanzliche Abgabenbehörde aus, dass gemäß § 20 Abs. 2 EStG jene Betriebsausgaben bis zur Höhe der erhaltenen Katastrophenbeihilfe zur Beseitigung des Waldschadens (€ 111.493) nicht in Abzug gebracht werden dürfen, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dieser steuerfreien Zuwendung stünden. Aus diesem Grunde seien die Betriebsausgaben in der angesetzten Höhe zu vermindern gewesen.

Die Bw. erhob gegen diesen Feststellungsbescheid durch ihren steuerlichen Vertreter mit Eingabe vom form- und fristgerecht Berufung und führte darin Folgendes aus:

"Unsere Berufung richtet sich gegen die Gewinnerhöhung durch Kürzung der Betriebsausgaben in Höhe von € 22.300. Das Finanzamt hat zu Unrecht einen unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der erklärten Betriebsausgaben mit der erhaltenen Beihilfe zur Behebung der Schäden am Waldbestand in Folge der Sturmkatastrophe im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG angenommen.

Nach Punkt 8.5. der Richtlinie, welche die Grundlage für die Gewährung der Beihilfe bildete, werden für forstliche Kulturen Entschädigungen zur Abgeltung von bedeutenden Ernteverlusten gewährt. Das ist der Fall, wenn auf Schadensflächen von mindestens 0,3 ha weniger als sechst Zehntel der vollen Überschrimung zurückbleiben.

Durch ein derartiges Schadensereignis entstehen Zuwachsverluste, weil einerseits der Bestockungsgrad des durch den Schaden betroffenen Bestandes reduziert ist und andererseits die durch die Katastrophe verursachte Zwangsnutzung von Beständen keinen Holzzuwachs mehr bringen.

Mit dieser Entschädigung stehen keine Aufwendungen und Ausgaben in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang. Daher ist eine - noch dazu pauschale - Betriebsausgabenkürzung nicht vorzunehmen und die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärungsgemäß festzustellen."

Mit Berufungsvorentscheidung vom , zugestellt am wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der ergänzenden Bescheidbegründung vom , zugestellt am legt das Finanzamt die Gründe für seine Entscheidung ausführlich dar:

Es steht fest, dass in Folge eines Orkans wegen Windwurf und Windbruch im Forst der Bw. im Jahr 2008 eine Schadholznutzung von 1.590 fm erfolgen musste. Erwiesen ist auch, dass vom Amt der nö. Landesregierung für die Zuerkennung der Katastrophenbeihilfe ein Forstschaden von € 111.493 festgestellt wurde. Aus diesem Sachverhalt ergibt sich für die Abgabenbehörde, dass die Beihilfe für die Behebung des durch die Katastrophe konkret verursachten Schadens gewährt wurde und nicht zur Abgeltung für künftige Ernteverluste geleistet wurde. Im Zuerkennungsschreiben ist als ausdrückliche Zweckwidmung "Beihilfe zur Behebung bzw. Beseitigung dieses Katastrophenschadens" angeführt. Würde man der Überlegung der Bw. folgen, dass die Entschädigung als Entgelt für Ertragsausfälle geleistet worden sei, so wären derartige Zahlungen bei buchführenden Landwirten grundsätzlich steuerpflichtig.

Es ist für jedermann klar, dass bei der Behebung eines betrieblichen Schadens im vorliegenden Umfang, auch größere Ausgaben anfallen müssen. Darunter fallen unter anderem Ausgaben für das Trennen von Wurzeln und Stämmen und die gesamte Verbringung der betroffenen Schadhölzer sowie alle Aufwendungen, die für den Verkauf der Schadhölzer erforderlich sind einschließlich der Kosten im Zusammenhang mit der sturmbedingten Wiederaufforstung. Da die Bw. den Sachverhalt zur Feststellung des Betriebsausgabenzusammenhanges nach § 20 Abs. 2 EStG nicht offenlegte, war dieser im Wege einer Schätzung aus der feststehenden Schadenssumme zu erschließen. Das Finanzamt erachtete es demnach als zutreffend, die Betriebsausgabenkürzung gemäß § 20 Abs. 2 EStG in Höhe der erhaltenen Beihilfe vorzunehmen.

Die Bw. beantragte mit Anbringen vom , eingebracht am innerhalb offener Frist die Entscheidung über die Berufung gegen den Feststellungsbescheid 2008 durch den Unabhängigen Finanzsenat. In dieser Eingabe wurde zudem der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung und auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat gestellt.

Mit Vorlagebericht vom wurde das Rechtsmittel dem UFS vom Finanzamt mit dem Antrag auf Abweisung des Begehrens vorgelegt.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde von der Bw. ergänzend ausgeführt:

"Es sei schon richtig, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beseitigung des Orkanschadens - insb. Aufwendungen für Schlägerung und Bringung des Sturmholzes - angefallen seien. In Folge des Orkans sei auch ein Holzverkauf ab Stock - wie in den Folgejahren - nicht möglich gewesen. Die Bw. habe aber beim Amt der nö. LdReg. die Auskunft erhalten, dass die Beihilfe ausschließlich für Vermögens- und Ertragsschäden geleistet worden sei.

Die Bw. stimme mit dem UFS überein, dass der erhöhte Ernteaufwand für das Sturmholz maximal € 12.000 (1.590fm x € 7,58 sturmbedingt erhöhter Ernteaufwand) betragen habe. Die gesamten direkt zurechenbaren Kosten für die Ernte und den Verkauf des Sturmholzes haben € 17.935 (1.590 fm x € 11,28 Erntekosten) betragen.

Es entspräche der allgemeinen Lebenserfahrung und sei auch im Gutachten bestätigt worden, dass durch den Orkan die Bäume teilweise beschädigt wurden (mittlere Holzentwertung, bei drei Stufen: keine, erhöht, stark erhöht). Darin liege ein Substanzschaden an dem selbständigen Wirtschaftsgut "stehendes Holz", zu dessen Höhe jedoch die Bw. keine Angaben vornehmen könne.

Die Bw. könne spontan die bewirtschaftete Forstfläche und die nachhaltige jährliche Einschlagmenge des Betriebes nicht mitteilen. Sie stimme aber der Einschätzung des UFS zu, dass die Einschlagmenge 2008 (3.471 fm) jedenfalls nicht über die Nachhaltigkeit hinausgegangen sei und diese im Hinblick auf die Einschlagmengen der Folgejahre über 4.000 fm betragen werde.

Im Falle einer Änderung der Bemessungsgrundlagen des angefochtenen Bescheides beantragte die Bw. die Halbsatzbesteuerung für den nicht entnommenen Gewinn auf den höchstmöglichen Betrag anzupassen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Zu beurteilen ist die Frage, ob der erhaltene Zuschuss vom Land Niederösterreich in Höhe von € 22.300 den Tatbestand einer Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 EStG erfüllt. Im Betracht kommen die Z. 16 leg.cit "freiwillige Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden" und die Z. 3 lit. a leg.cit. "Beihilfe aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit". Fällt die Beihilfe zur Gänze oder zum Teil unter eine Steuerbefreiung, ist zu prüfen, ob und in welcher Höhe betriebliche Aufwendungen des Jahres 2008 in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang im Sinne des § 20 Abs. 2 EStG mit der steuerfreien Einnahme stehen.

1. Beurteilung der Steuerfreiheit nach § 3 Abs. 1 Z. 16 EStG

Mit dem Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2002 - HWG 2002, BGBl. I Nr. 155/2002 wurde die Steuerbefreiung nach § 3 Z. 16 EStG neu gefasst. Diese lautet:

"Von der Einkommensteuer sind befreit:

16. Freiwillige soziale Zuwendungen des Arbeitgebers an den Betriebsratsfonds, weiters freiwillige Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden."

Damit wurde eine spezielle und umfassende Steuerbefreiung für alle freiwilligen Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden geschaffen. Darunter fallen Geld- und Sachzuwendungen, wobei unerheblich ist, ob es sich beim Empfänger um eine Privatperson, einen Unternehmer oder einen Arbeitnehmer handelt.

Über die Bewertung des Schadens enthält das Gesetz keine explizite Aussage. Aus dem Gesamtzusammenhang ( z.B. § 34 Abs. 6 EStG stellt auf die Ersatzbeschaffungskosten ab) und die Hinweisen in den EB zum HWG 2002) ergibt sich eindeutig, dass alle Kosten für die Wiederherstellung des schadensfreien Zustandes steuerbegünstigt sein sollen.

Steuerfrei gestellt sind die Zuwendungen, die darauf gerichtet sind, den unmittelbaren Katastrophenschaden zu beseitigen. Darunter fallen Beihilfen für erlittene Sachschäden und katastrophenbedingt erhöhte Aufwendungen und Folgekosten (z.B. Kosten für Aufräumungsarbeiten oder erhöhter Kfz-Aufwand durch notwendig gewordene Mietwagennutzungen). Jedoch fallen die Zuwendungen im Zusammenhang mit der Beseitigung oder Milderung bloß mittelbarer Katastrophenfolgen, (insbesondere der Verdienstentgang) nicht unter die Steuerbefreiung nach Z. 16 (LStR 2002, Rz 92, Doralt, EStG11, § 3 Tz 116, Kuprian in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG, 11. Lfg., § 3, Anm. 109, Laudacher, in Jakom 2. Aufl., EStG, § 3 Rz. 81, Pülzl, SWK 12/2006, S 401, Pkt. 3.3. und 4.1. mit Hinweis auf Pülzl/Pircher, RdW 2002, 624 Fn. 4).

Der entgangene Gewinn somit gehört nicht zu den begünstigten Katastrophenschäden nach § 3 Abs. 1 Z. 16 EStG. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass der Gesetzgeber Ersatzleistungen für den durch eine Katastrophe verursachten entgangenen Gewinn eben nicht in jedem Fall von der Einkommensteuer befreien wollte.

Von der Schadenskommission wurde ein Katastrophenschaden von insgesamt € 111.493 festgestellt, der sich aus verschiedenen Arten von Schäden zusammensetzte.

Der Höhe nach erwiesen sind die vom Elementarereignis verursachten Kosten der Sturmholznutzung (€ 17.935). Dem Grunde nach steht auch fest, dass der Orkan an dem selbständigen Wirtschaftsgut "stehendes Holz" - vergleichbar einer Lagerware eines gewerblichen Produktionsbetriebes - einen Sachschaden durch das nicht fachgerechte Werfen der Bäume verursacht hat. Dadurch konnte der schon vorhandene (lagernde) Wertholzholzanteil (insb. Blochholz) nicht voll genutzt werden und musste zum Teil als minderwertigeres Brennholz verkauft werden. Dieses Ausmaß der Holzentwertung wurde im Gutachten als erhöht, aber nicht stark erhöht festgestellt. Dies stimmt auch mit den relativ guten Durchschnittserlös von € 84,3 pro Festmeter bei 54% Kalamitätsholzanteil, davon 84% Sturmholz, überein. Daraus ist zu schließen, dass ein wesentlicher Teil des Wertes der vom Orkan betroffenen alten Hölzer (insb. > 60 Jahre) realisiert werden konnte und nicht verloren ging.

Der größte Teil der vom Orkan betroffenen Hölzer war über 60 Jahre und der zweitgrößte Teil zwischen 41 und 60 Jahre und hatte daher schon ein Wertholzpotenzial erreicht. Der UFS schätzt den Substanzschaden in Höhe von 10% des erzielten Veräußerungserlöses (1.590fmx€ 84,29=€ 134.021x10%= € 13.402). Im diesem Umfang liegt ein vom Orkan verursachter Sachschaden an dem schon vorhanden gewesenen selbständigen Wirtschaftsgut "stehendes Holz" vor. Die Bw. hat nichts vorgebracht, dass der sachlichen Richtigkeit dieser Schätzung der Sachschadenhöhe entgegenstanden wäre.

Der übrige Teil des festgestellten Waldschadens entfällt auf den vom Bw. vorgebrachten Ertragsverlust durch den katastrophenbedingt in Folgejahren (Folgejahrzehnten) nicht mehr erzielbaren Wertholzzuwachs.

Da die Beihilfe 20% des Gesamtschadens vergütet, setzt sie sich verhältnismäßig aus folgenden Schadensabgeltungen zusammen:


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Schadensart
Schaden €
20%ige Beihilfe €
katastrophenkausaler Ernteaufwand
17.935
3.587
Sachschaden am stehenden Holz - Holzentwertung
13.402
2.681
Ertragsschaden
80.156
16.032
Gesamt
111.493
22.300

Wie vorstehend dargelegt, findet die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 16 EStG nur auf den Anteil der Beihilfe Anwendung, der für die katastrophenbedingten Aufwendungen und den Sachschaden geleistet wurde, das sind € 6.448. Für jenen Teil der Beihilfe (€ 16.032), der auf den entgangenen Gewinn an künftigen Wertholzzuwachs, der bei planmäßiger Holzproduktion mittel- bis langfristig hätte erzielt werden können, entfällt, greift die Steuerbefreiung für Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden nicht.

Es ist insoweit zu prüfen, ob dieser Teil der Beihilfe für den entgangenen Gewinn die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 3a EStG erfüllt.

2. Beurteilung der Steuerfreiheit nach § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG

Nach § 3 Z. 3. lit. a des Katastropenfondsgesetzes 1996 sind die Mittel des Fonds wie folgt zu verwenden:

"zur Deckung außerordentlicher Erfordernisse, die einem Land durch finanzielle Hilfe zurBeseitigung außergewöhnlicher Schäden, die durch Hochwasser, Erdrutsch, Vermurung, Lawinen, Erdbeben, Schneedruck, Orkan, Bergsturz und Hagel im Vermögen physischer und juristischer Personen entstehen."

Die auf Grundlage des § 3 Katastrophenfondsgesetz erlassene Richtlinie der nö. Landesregierung für die Gewährung von Beihilfen zur Behebung von Katastrophenschäden lautet auszugsweise:

1. Die Vergabe von Mitteln aus dem Katastrophenfonds ist ausschließlich auf Maßnahmen zur Beseitigung von außergewöhnlichen Katastrophenschäden, die durch Hochwasser, Erdrutsch, Vermurung, Lawinen, Erdbeben, Schneedruck, Orkan, Bergsturz und Hagel im Vermögen physischer oder juristischer Personen entstanden sind, beschränkt.

2. Beihilfen werden nur gewährt, wenn

(2.1) ein Gutachten vorliegt, wonach es sich im gegebenen Fall um eine Naturkatastrophe und keine gegendübliche Erscheinung, iedoch ein außergewöhnliches Ereignis oder seltenes Auftreten handelt,

(2.7) das Katastrophenereignis im Lebensbereich des/der Geschädigten zu einer spürbaren materiellen Belastung führt.

5. Bei jeder Gemeinde sind zur Erfassung der Katastrophenschäden und zur Feststellung der Schadenshöhe örtliche Schadenserhebungskommissionen zu bilden.

Diese Kommission besteht bei Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen aus dem Bürgermeister oder einem von ihm bevollmächtigten geschäftsführenden Gemeinderat und einem Gemeinderat der zweitstärksten politischen Fraktion sowie einem von der Bezirksbauernkammer normierten Vertreter und wenn erforderlich einem von der Bezirksbauernkammer namhaft gemachten forstkundigen Vertreter.

6. In den Schadenserhebungsprotokollen sind die Schäden detailliert anzuführen und ist die Gesamtschadenssumme zu errechnen und einzutragen.

8. Die Berechnungsgrundlage für Beihilfen bildet die ermittelte Schadenshöhe abzüglich allfälliger Versicherungsleistungen.

(8.2) Bei Gebäuden und baulichen Anlagen einschließlich Inventar und Lagervorräten sowie sonstiger Anlagen können durch das Katastrophenereignis ausgelöste Umsatz- bzw. Einkommensausfälle nicht berücksichtigt werden.

(8.5) Bei forstwirtschaftlichen Kulturen erfolgt die Feststellung des Schadensausmaßes erst ab einem flächigen Auftreten von 0,3 ha je Schadensfläche. Ein flächiges Auftreten des Schadens ist dann gegeben, wenn durch das Schadensereignis weniger als sechs Zehntel der vollen Überschirmung zurückbleiben und mindestens 150 Stämme pro ha der vorherrschenden Schicht einen Totalschaden aufweisen.

Die Höhe der Ertragsverluste pro ha wird auf Grund der jeweils geltenden Entschädigungssätze berechnet. Die Entschädigungsätze werden von der Abteilung Forstwirtschaft (LF4) ermittelt und sind in Abständen von mindestens 3 Jahren an die Preissituation anzupassen.

9. Die Höhe der Beihilfe beträgt bezogen auf die anerkannte Schadenssumme abzüglich einer allfälligen Versicherungsleistung

(9.3) bei Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen, Teichanlagen und Fischbeständen bis zu 20%.

Korrespondierend mit Punkt 8.2. der Richtlinie (zu Gebäuden, baulichen Anlagen, Inventrar und Lagervorräte usw.) heißt es im hierzu ergangenen Leitfaden:

"Verdienstentgang und Umsatzeinbußen können nicht gefördert werden und sind daher nicht aufzunehmen."

Erst seit 2002 gibt es für Waldschäden aufgrund bestimmter Elementarereignisse (insb. Orkan, Lawinen, Schneedruck) Zahlungen aus dem Katastrophenfonds. Diese Beihilfe aus öffentlichen Mitteln waren bis dahin für die Forstwirtschaft nicht vorgesehen (Haingartner in Trauner/Wakounig, Handbuch der Land- und Forstwirtschaft, Rz 6/264). Für andere Schadensereignisse höherer Gewalt (beispielsweise bei Schäden durch Brand, Krankheits- oder Insektenbefall, durch Immissionsbelastung oder Klimaänderung) sind derzeit keine Zuschüsse vorgesehen.

Grundsätzlich stellen Förderungen, Beihilfen, Ausgleichszahlungen, Subventionen, usw. aus öffentlichen Mitteln an gewerbliche oder land- und forstwirtschaftliche Betriebe steuerpflichtige Einnahmen dar, wenn sie nicht ausdrücklichen unter den Tatbestand einer Steuerbefreiung fallen (vgl. Doralt, EStG11 § 3 Tz 12 mit Bezug auf die Rsp des VwGH betr. Beihilfen zur Rationalisierung nach dem Bergbauförderungsgesetz sowie auf Absiedlungsbeihilfen; sowie Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG-Komm., § 3 Tz. 6.5 mit Hinweis auf Presseförderungen; Schweinberger in Trauner/Wakounig, Handbuch der Land- und Forstwirtschaft, Rz 6/91 zur Rsp des VwGH betr. AMA-Ausgleichszahlungen).

Im gegenständlichen Fall wird von der Bw. das Vorliegen der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG erklärt. Diese Bestimmung lautet in ihrem wesentlichen Teil:

"Von der Einkommensteuer sind Bezüge und Beihilfen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit befreit."

Dieser Tatbestand ist noch mit der Stammfassung des EStG 1972 und dem EStG 1967 identisch.

Adressat dieser Steuerbefreiungen sind die einkommensteuerpflichtige natürliche Person oder die körperschaftssteuerpflichtige juristische Person. Wenn die Beihilfe an eine Mitunternehmerschaft geleistet wird, ist im Rahmen der Feststellung der Einkünfte § 188 BAO aber auch hierüber abzusprechen. Mindestinhalt des Spruches des Feststellungsbescheides sind die Art und die Höhe der gemeinschaftlichen Einkünfte, der Feststellungszeitraum sowie der Name der Beteiligten und die Höhe ihres Anteils an den Einkünften. Darüber hinaus sollen alle Feststellungen getroffen werden, welche die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte betreffen. Dazu gehört auch das Vorliegen der Steuerbefreiung einer betrieblichen Beihilfe wegen Hilfsbedürftigkeit durch Katastrophenschaden.

Unstrittig erfolgte die Beihilfe aus öffentlichen Mitteln.

Das Vorliegen der Hilfsbedürftigkeit ist von der Abgabenbehörde festzustellen. Diese ist bei ihrer Beurteilung an Willensäußerungen jener Stellen, die die Unterstützung gewähren, nicht gebunden. Doch werden die Feststellungen und Überlegungen jener Behörde, die eine Beihilfe gewährt hat, stets als nicht zu vernachlässigendes Beweismittel bei der Prüfung der Steuerfreiheit anzusehen sein.

Zum Norminhalt des Begriffes "Hilfsbedürftigkeit" - orientiert am historischen Willen des Gesetzgebers - vertritt der VwGH folgende Auffassung:

"Der Begriff "Hilfsbedürftigkeit" kann nur so ausgelegt werden, dass Unterstützungen, die einem tatsächlich Hilfsbedürftigen gewährt werden, nicht der Einkommensteuer unterliegen sollen (VwGH, , ZL 231/59). Hilfsbedürftig sind nur solche Personen, deren Wirtschaftslage aus besonderen Gründen zu einer Notlage geworden ist (). Dies ist dann der Fall, wenn Einkommen und Vermögen des Stpfl. nicht ausreichen, um seinen notwendigen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Dabei sind die gesamten Einkünfte und das gesamte Vermögen des Stpfl. über einen längeren Zeitraum einzubeziehen. Auf die Gründe, die zur Hilflosigkeit geführt haben, kommt es jedoch nicht an."

Von dieser engen Begriffsauslegung geht der VwGH bei Beihilfen an Betroffene von Katastrophenereignissen ab. Im Erkenntnis vom , 1859/69 (das auf die Vorerkenntnisse, Zl. 2034/F vom und Zl. 2229/65 vom Bezug nimmt) wurde bei der Hochwasserkatastrophe 1966 ein Verkaufskiosk mitsamt dem Warenlager eines nicht unvermögenden Buch- und Papierwarenhändlers vernichtet, wodurch dieser auch einen bedeutenden laufenden Einnahmenausfall erlitt. Der VwGH legte dem unbestimmten Gesetzesbegriff "Hilfsbedürftigkeit" folgendes Verständnis zu Grunde:

"Nun muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die durch öffentliche Körperschaften repräsentierte Allgemeinheit Zuwendungen aus Anlass eingetretener Naturkatastrophe nur dann gewährt, wenn sie erkennt, solche Zuwendungen seien angesichts der Katastrophensituation für die von ihr schuldlos Betroffenen unerlässlich. Zweck dieser Zuwendungen ist die von der Allgemeinheit organisierte Nächstenhilfe. Die von der Katastrophe verursachten wirtschaftlichen Nachteile sollen die Betroffenen nicht alleine tragen, sondern diese Last soll wirtschaftlich gerechter - allgemein - verteilt werden. Eine Besteuerung von Katastrophenbeihilfen ist mit dem ihr zugrunde liegenden karitativen Gedanken nicht vereinbar. Steuerlich sind Katastrophenbeihilfen der Allgemeinheit nicht anderes zu behandeln, wie die seinerzeit von Nachbar zu Nachbar erbrachten Werke der Nächstenhilfe, denen sie ihrer wirtschaftlichen Funktion nach entsprechen. Für Zuwendungen, die sich als Werke der Nächstenhilfe darstellen, besteht keine Einkommensteuerpflicht."

Im Erkenntnis vom , 96/15/0272 dehnte der VwGH die "Hilfsbedürftigkeit" nach § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG weiter aus. Auch eine Dürre, die mehr als 30% der Ernte je Fruchtart eines Landwirtes vernichtet, ist einer Naturkatastrophe gleichzuhalten. Die dafür im Katastrophenfonds vorgesehenen Beihilfen zur Abgeltung des Ertragsausfalls, nämlich des entgangenen Gewinns, sind steuerfrei, weil sich die Hilfsbedürftigkeit der Empfänger - ungeachtet ihrer gesamten Einkommens- und Vermögensverhältnisse - aus der Betroffenheit vom Katastrophenereignis im Sinne des o.a. Erkenntnisses vom , 1859/69 ergibt.

Auf den ersten Blick erfüllt daher auch die Beihilfe für den Ertragsverlust an die Bw. die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z. 3 EStG. Doch liegt dieser Fall in wesentlichen Aspekten anders als die bisher vom VwGH entschiedenen Sachverhalte und vor allem hat sich durch Einfügung der Steuerbefreiung des § 3 Abs. 1 Z. 16 EStG mit BGBl 155/2002 die Rechtslage geändert.

Bei der Landwirtschaft liegt idR. eine einjährige Urproduktion an Feldfrüchten vor, die vor ihrer Ernte kein selbständig bewertbares Wirtschaftsgut darstellen. Fällt katastrophenbedingt die Ernte aus oder wird wesentlich vermindert, fehlen dem Betroffenen in der Regel Einnahmen für seine Lebens- und Betriebsführung. Darin erblickt der UFS im Fall des katastrophenbedingten Dürreschadens eines Landwirtes (E. , 96/15/0272) eine substanzielle und wesentliche Betroffenheit, die - soweit nicht ohnehin der Tatbestand nach Z. 16 erfüllt ist - auch inhaltlich eine Hilfsbedürftigkeit begründen kann.

Bei Katastrophenbeihilfen an pauschalierte Landwirte stellt sich die Frage der Steuerbefreiung nicht. In den anderen Fällen ist die besondere Situation der Urproduktion von Feldfrüchten zu berücksichtigen. Treten durch ein Katastrophenereignis Ernteausfälle ein, liegt eigentlich ein Sachschaden an den "unfertigen Erzeugnis" (Feldfrüchte) vor. Dieser Substanzverlust tritt aber bei der landwirtschaftlichen Urproduktion zur Gänze als Ertragsverlust (entgangener Gewinn) in Erscheinung. Es spricht daher einiges dafür, dass Beihilfen für den Schaden an landwirtschaftlichen Früchten auch als Substanzschaden unter die Steuerbefreiung nach Z. 16 zu subsumieren sind.

Bei der Forstwirtschaft ist die Sach- und Rechtslage hingegen bezüglich des erlittenen Ertragsschadens eine erheblich andere:

Im gegenständlichen Fall konnte das mittel- und langfristig zu erreichende Produktionsziel an Wertholzzuwachs am selbständigen Wirtschaftsgut "stehendes Holz" durch den Orkan nicht mehr erreicht werden. Es trat aber durch die verursachte vorzeitige Holzernte kein Liquiditätsengpass - wie beim Landwirt - ein, sondern im Gegenteil, eine nicht unwesentliche Erhöhung der Einnahmen. Diesem gegenwärtigen Einnahmenanstieg aus der Sturmholzernte, können aber in der Folge wesentlich höhere Ertragsausfälle gemessen am möglich gewesenen Holzertrag künftiger Wirtschaftsjahre gegenüberstehen.

Stellt man im konkreten Fall diese Ertragsminderungen, die sich über mehrere künftige Wirtschaftsjahre verteilen, in Relation zum gesamten Ertragspotenzial, haben sie offensichtlich nicht das Ausmaß, eine Verlustsituation im Forstbetrieb zu verursachen.

Die Bewertung des künftigen Ertragsverlustes ist zwangsläufig mit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten behaftet. Bei den sehr langen Produktionszyklen der Forstwirtschaft bringt die erzwungene Kalamitätsholznutzung auch wertrelevante Chance einer Anpassung an geänderte Umweltbedingungen, neue forstwirtschaftliche Standards und Erkenntnisse sowie geänderte Marktentwicklungen. Die tatsächliche Höhe des konkreten Ertragsschadens kann mit den pauschalen Richtsätzen nur sehr ungenau eingeschätzt werden.

Steuerrechtlich nicht unbedeutend ist, dass überhaupt noch nicht feststehen kann, welcher Steuerpflichtige von den eingeschätzten Ertragsverlusten künftiger Wirtschaftsjahre tatsächlich betroffen sein wird. So kann bis zum effektiven Eintritt der Ertragsminderung der Mitunternehmeranteil bereits an einen anderen Steuerpflichtigen übertragen worden sein.

Zu bedenken ist weiters, dass ausschließlich für die Forstwirtschaft, und zwar für alle Arten einer durch Elementarereignis erzwungenen Kalamitätsholznutzung, bereits zwei maßgeschneiderte Steuerbegünstigungen, die bis zum EStG 1967 zurückreichen, vorhanden sind: Gemäß § 12 Abs. 7 EStG kann die Hälfte der Einkünfte aus Waldnutzung infolge höherer Gewalt bis zu 24 Monaten einer steuerfreien Übertragungsrücklage zugeführt werden. Gemäß § 37 Abs. 6 EStG sind die Einkünfte aus Waldnutzung infolge höherer Gewalt mit dem Halbsteuersatz begünstigt. Zudem wird die Auswirkung dieser Begünstigungen beträchtlich erhöht, weil nur ein kleiner Teil der Betriebsausgaben - im Wesentlichen die direkt zurechenbaren Schlägerungs-, Bringungs- und Verwertungskosten - von den Einnahmen aus Kalamitätsholznutzung in Abzug zu bringen sind.

Der UFS hegt im gegenständlichen Fall auf Grund der aufgezeigten Unterschiede in der Sachlage und der wesentlichen Änderung der Rechtslage mit dem HWG 2002 Zweifel, dass die erhaltene Beihilfe für den entgangenen Gewinn künftiger Wirtschaftsjahre den Tatbestand der "Hilfsbedürftigkeit" automatisch deshalb erfüllt, weil hierfür auch Mittel aus dem Katastrophenfonds geleistet werden.

Die Unterschiede bestehen zusammenfassend darin, dass

- a) für alle Waldschäden durch höhere Gewalt bereits spezielle Steuerbegünstigungen der Forstwirtschaft vorgesehen sind.

Damit werden Waldschäden durch eine Katastrophenart, für die eine Beihilfe vorgesehen ist, gegenüber anderen (Forst-)Schäden höherer Gewalt, z.B. Brand, lokale Sturmschäden, usw. begünstigt. Durch eine weite Auslegung der Steuerbefreiung wegen Hilfsbedürftigkeit ungeachtet der tatsächlichen Wirtschaftsverhältnisse würde der mit der Beihilfe erfolgte Ertragszuschuss privilegiert. Ist das Warenlager eines Gewerbebetriebes von einem Katastrophenschaden betroffen, ist eine Beihilfe für Umsatz- und Verdienstentgang in den Landes-Richtlinien ausgeschlossen.

- b) Die standardisierte Einschätzung der Höhe des Verlustes von Zukunftserträgen ist mit Ungewissheiten und Ungenauigkeiten behaftet. Sogar der Steuerpflichtige, der tatsächlich von der künftigen Ertragsminderung betroffen sind wird, ist im Zeitpunkt des Beihilfenzuflusses ungewiss.

- c) kein plötzlicher Liquiditätsmangel und Einnahmenausfall vorliegt, der zu einer katastrophentypischen Betroffenheit führt und die gegenwärtige Lebens- oder Betriebsführung des Betroffenen bedroht.

Bei künftigen - mittel- und langfristigen - Ertragseinbußen, kann nicht generell auf das Vorliegen einer wirtschaftlichen Notlage geschlossen werden, die üblicherweise in der Natur der Katastrophe und im verursachten Ausmaß der Betroffenheit liegt. Der Betroffenen hat bei absehbaren künftigen Ertragsminderungen die Möglichkeit sich darauf einzustellen und ausgleichend gegenzusteuern. Dem Nachteil des verminderten künftigen Wertholzzuwachses an den vorhandenen gewesenen "Althölzern", stehen auch Zukunftschancen durch den Holzzuwachs der neuen Aufforstungen gegenüber.

- d) der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Z. 16 EStG eine umfassende und spezielle Steuerbefreiung für alle freiwilligen Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden ausgenommen den Verdienstentgang geschaffen hat.

Wollte der Gesetzgeber auch Abgeltungen von katastrophenbedingt entgangenen Gewinn - wie im gegenständlichen Fall - von der Einkommensteuer befreien, hätte er dies in der hierfür speziellen Steuerbefreiung nach Z. 16 auch normiert.

Der Tatbestand der Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 3 EStG ist daher widerspruchsfrei zur Steuerbefreiung nach Z. 16 auszulegen. Daraus folgt zwangsläufig, dass nicht jede Katastrophenbeihilfe für entgangenen Gewinn generell die Steuerfreiheit wegen Hilfsbedürftigkeit erfüllen kann. Dieser Begriff muss - orientiert an seinem historischen Bedeutungsinhalt - einen eigenständigen Anwendungsbereich haben.

Während Beihilfen für Katastrophenschäden nach Z. 16 im Wege der Aufwandskürzung nach § 20 Abs. 2 EStG versteuert werden, blieben bei Steuerfreiheit nach Z. 3a die Beihilfen für katastrophenkausale Einnahmenausfälle tatsächlich steuerfrei. Ein in der Beihilfe enthaltener möglichst hoher Verdienstentgang, der bei Elementarereignissen idR. darstellbar ist, wird sich daher als steueroptimal erweisen (so Fritz-Schmied, SWK, 33/2002, S 819, Pkt. 3).

Der UFS erachtet für den vorliegenden Fall die hierzu zitierte Rechtsprechung des VwGH wegen der geänderten Rechtslage daher für nicht anwendbar.

Die an den Forstbetrieb geleistete Beihilfe weist hinsichtlich der Abgeltung der künftigen Ertragsverluste nach Ansicht des UFS eine starke Übereinstimmung mit allgemein berechtigten Subventionen an bestimmte Wirtschaftszweige auf (z.B. Zuschuss wegen erschwerter Wirtschaftsbedingungen). Demgegenüber tritt insoweit der karitative Gedanken gebotener Nächstenhilfe gegenüber typischerweise in wirtschaftlicher Not befindlichen Katastrophenopfern zurück. Dazu kommen sachliche Widersprüche zu anderen Steuerpflichtigen, die wesentliche Vermögennachteile durch vergleichbare Ereignisse höherer Gewalt erleiden.

Im Einkommensteuerrecht gilt der Grundsatz, dass der Einkommensersatz wie das Erwerbseinkommen zu besteuern ist. Der VwGH hat deshalb die Steuerpflicht von Ausgleichszulagen, die über dem Richtsatz liegen, bejaht (E , 2006/13/0172) und auch Geldaushilfen an hilfsbedürftige Arbeitnehmer durch ihren privater Arbeitgeber sind steuerpflichtig.

Der UFS gelangt daher im Lichte dieser Überlegungen - insbesondere des geschaffenen Anwendungsbereiches der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1Z. 16 EStG - zu der Überzeugung, dass auch bei Katastrophenbeihilfen aus öffentlichen Mitteln, soweit sie auf den entgangenen Gewinn entfallen, eine inhaltliche Prüfung der Steuerbefreiung wegen "Hilfsbedürftigkeit" nach den konkreten Verhältnisses des Einzelfalles zu erfolgen hat.

Der festgestellte Waldschaden, der in Höhe von € 80.156 in Ertragsverlusten besteht, die sich mittel- bis langfristig (jahrzehntelang) über zahlreiche Wirtschaftsjahre verteilen, führt nach Ansicht des UFS zu keinem Ausmaß an wirtschaftlicher Betroffenheit, wie sie typischerweise mit Katastrophenereignissen verbunden ist. In der mündlichen Berufungsverhandlung wurde auch zugestanden, dass bei der Gesellschaft und ihren Mitgliedern durch den Orkan keine wirtschaftliche Notlage eingetreten ist.

Eine inhaltliche Betrachtung der gesamten Verhältnisse zeigte, dass durch die Sturmkatastrophe weder bei der Mitunternehmerschaft noch bei den beiden Mitunternehmern eine wirtschaftliche Notlage eingetreten ist oder absehbar wäre. Die für den künftigen Ertragsverlust geleistete Katastrophenbeihilfe im Umfang von € 16.032 erfüllt daher nicht den Tatbestand der "Hilfsbedürftigkeit" gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG und ist als steuerpflichtig anzusetzen.

3. Prüfungdes Abzugsverbotes nach § 20 Abs. 2 EStG

Steuerfrei ist der Teil der Beihilfe, der für die katastrophenbedingten Aufwendungen der Kalamitätsholznutzung und den eingetretenen Sachschaden am stehenden Holz geleistet wurde; das sind insgesamt € 6.268.

§ 20 Abs. 2 EStG lautet:

"Weiters dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen."

Der Begriff "unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang" ist nicht im Sinn einer finalen Verknüpfung zu verstehen, sondern es genügt ein klar abgrenzbarer, objektiver Zusammenhang zwischen beiden Größen - der steuerfreien Beihilfe und einer damit kausalen und objektiv zurechenbaren Ausgabe

Einhellige Meinung besteht, dass Aufwendungen, die mit steuerfreien Beihilfen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, bis zur Höhe der erhaltenen Beihilfe als Betriebsausgaben nicht in Abzug gebracht werden können. Im Erkenntnis, , 84/14/0127 hat der VwGH den unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der steuerfreien Beihilfe und den Kosten zur Beseitigung der Folgen der Katastrophe bestätigt.

Die Ausgaben für die Kalamitätsholznutzung sind somit bis zur Höhe dieses Beihilfenteiles gemäß § 20 Abs. 2 EStG nicht abzugsfähig, das sind € 3.587. Die Beihilfe für den Sachschaden am stehenden Holz (Holzentwertung durch Windwurf- und Windbruch) steht mit keinen Ausgaben in einem objektiv abgrenzbaren und unmittelbaren Zusammenhang.

Die Ausgabenkürzung beträgt somit insgesamt € 3.587 und erhöht sowohl den steuerpflichtigen Gewinn als auch die tarifbegünstigen Einkünfte gemäß § 37 EStG wegen Waldnutzung infolge höherer Gewalt.

Die Steuerbegünstigung für den nicht entnommenen Gewinn gemäß § 11a EStG wurde auf den möglichen Höchstbetrag entsprechend dem Antrag der Bw. in der mündlichen Berufungsverhandlung angepasst.

4. Bemessungsgrundlagen

Zusammenfassend ergeben sich somit folgende Bemessungsgrundlagen:


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Gesellschaft
A
Gesellschafter
I.
Gesellschafter
II.
Einkünfte lt. Erkl.
148.484,29


+ stpfl. Beihilfe, Pkt. 2.
16.032,00


+ Aufwandskürzung, Pkt. 3.
3.587,00


Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft lt. BE

168.103,29


Gewinnverteilung:



20% P.
80% S.
von 40.000,00
8.000,00

32.000,00
40% P.
60% S.
von 128.103,29
51.241,32

76.861,97
Einkünfteanteile
von 168.103,29
59.241,32
108.861,97
Halbsatzeinkünfte gemäß
§ 37 EStG lt. Erkl. für Kalamitätsholznutzung


137.389,33


+ Aufwandskürzung, Pkt. 3
3.587,00


Halbsatzeinkünfte für Kalamitätsholznutzung gem. § 37 EStG lt. BE.

140.976,33


40% P.
60% S.
von 40.000,00
8.000,00

32.000,00
40% P.
60% S.
von 100.976,33
40.390,53

60.585,80
Anteil an Halbsatzeinkünften gem. § 37 EStG
von 140.976,33
48.390,53
92.585,80
Begünstigter nicht entnommener Gewinn
gemäß §11a EStG,

27.126,96

10.850,79

16.276,17

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 3/2013, 93
AFS 2013/3, 105

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at