OGH vom 19.03.1975, 1Ob39/75
Norm
Handelsgesetzbuch § 346;
Kopf
SZ 48/30
Spruch
Wenn im Kaufvertrag nicht ausdrücklich vereinbart wurde, daß die Mehrwertsteuer zum Kaufpreis hinzukomme, ist der Käufer, wenn sich nicht ein abweichender Handelsbrauch in der bestimmten Branche entwickelt hat, nicht verpflichtet, die Mehrwertsteuer zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis zu zahlen
Irrtum im Sinne des § 871 ABGB hat nicht ex lege die Nichtigkeit, sondern nur Anfechtbarkeit des Vertrages zur Folge
(LG Feldkirch R 344/74; BG Feldkirch C 1537/73)
Text
Die klagende Partei erzeugt und verkauft Heizkessel, Boiler und Zubehör, in den meisten Fällen an Installationsfirmen. Der Beklagte ist Baumeister, der in seinem Haus durch die Installationsfirma Richard T Installationsarbeiten durchführen ließ. Diese holte ein Anbot der klagenden Partei für einen H-Kessel ST 325, einen Modul-Boiler F 32 und ein Ausdehnungsgefäß, Type 320, ein; in diesem Anbot waren die Preise mit dem Nachsatz "zuzüglich der Mehrwertsteuer" ausgewiesen. Die Firma Richard T war damit einverstanden, daß der Beklagte die Waren direkt von der klagenden Partei kaufe und ihm auch der übliche Wiederverkaufsrabatt teilweise zukomme. Am bestellte der Beklagte beim unselbständigen Vertreter der klagenden Partei Helmut St. den Kessel, den Boiler und das Ausdehnungsgefäß. Die Bestellung erfolgte in Gegenwart des Richard T, der die Preisliste der klagenden Partei bei sich hatte und daraus auch den Preis für die vom Beklagten bestellten Waren entnahm. Der Listenpreis des Kessels betrug 48.000 S, der des Boilers 28.600 S und der des Ausdehnungsgefäßes 3880 S. Auf der Seite der Preisliste, auf der der H-Boiler F 32 angeführt war, ist deutlich sichtbar aufgedruckt gewesen: "AchtungÜ Preise sind ohne Mehrwertsteuer"; auch auf S. 1 ist angeführt, daß die Preise sich ohne Mehrwertsteuer verstehen. Dem Beklagten wurde ein Rabatt von 15% und ein Skonto von 5% eingeräumt. Auf der Rückseite des Bestellscheines waren die Verkaufs- und Lieferbedingungen abgedruckt, wonach der Geschäftsabschluß erst durch eine schriftliche Bestätigung der klagenden Partei zustande komme; eventuelle mündliche Abmachungen sollten nur dann rechtsverbindlich sein, wenn sie von der klagenden Partei schriftlich bestätigt wurden. Bei der Bestellung machte Helmut St. den Beklagten auch darauf aufmerksam, daß ihm noch eine Auftragsbestätigung sowie die Rechnung zukommen werde. Helmut St. war auch lediglich berechtigt, Aufträge auf Grund der Preisliste der klagenden Partei entgegenzunehmen; Sondervereinbarungen durfte er nur treffen, nachdem er sich mit der klagenden Partei ins Einvernehmen gesetzt hatte; die klagende Partei erhielt keine Mitteilung von einer solchen Sondervereinbarung. Die Rechnung der beklagten Partei vom lautete auf 68.270 S zuzüglich 16% Mehrwertsteuer (10.923.20 S).
Der Beklagte bezahlte am 64.987.60 S an die klagende Partei. Diese beansprucht vom Beklagten noch den weiteren Betrag von 10.245.90 S samt Anhang; es ist unbestritten, daß es sich hiebei um die Mehrwertsteuer für die Lieferung handelt. Der Beklagte wendete ein, weder mündlich noch schriftlich sei bei der Bestellung davon ausgegangen worden, daß noch zusätzlich zum besprochenen Preis die Mehrwertsteuer verrechnet werde. Die klagende Partei behauptete, Helmut St. habe nicht die Erklärung abgegeben, daß mit der Bezahlung der 64.987.60 S alles bezahlt sei; eine solche Erklärung habe Helmut St. auch gar nicht abgeben können und könnte auch nicht als Verzicht auf die Geltendmachung der Mehrwertsteuer aufgefaßt werden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte im wesentlichen fest: Beim Verkaufsgespräch zwischen Helmut St. und dem Beklagten sei über die Mehrwertsteuer nicht gesprochen worden; auch die Begriffe Brutto- oder Nettopreis seien nicht gebraucht worden. Der Beklagte habe jedoch auch in die Preisliste der klagenden Partei Einsicht genommen; ob ihm hiebei aufgefallen sei, daß sich die Preise ohne Mehrwertsteuer verstunden, habe nicht geklärt werden können. Nachdem der Beklagte die Bestellung bereits unterfertigt und Helmut St. sich schon verabschiedet gehabt habe, habe der Beklagte zu diesem gesagt, er solle zu ihm ins Büro kommen. Dort hätte der Beklagte bzw. sein Buchhalter den Preis von 64.987.60 S, der sich nach Abzug von 15% Rabatt und 5% Skonto ergeben habe, ausgerechnet. Noch in Anwesenheit des Helmut St. habe der Beklagte eine Zahlungsanweisung über 64.987.60 S unterfertigt; bei Ausfüllung der Anweisung habe Helmut St. den Beklagten nicht darauf aufmerksam gemacht, daß in diesem Betrag noch nicht die Mehrwertsteuer enthalten sei. Er habe vielmehr die nach Ausfertigung der Anweisung gestellte Frage des Beklagten, ob mit den 64.987.60 S sämtliche Beträge abgegolten seien, bejaht. In der Branche der klagenden Partei sei es üblich, daß in den Preislisten die Preise ohne Mehrwertsteuer angegeben seien und der Kaufpreis bei Bestellungen ausschließlich Mehrwertsteuer in Ansatz gebracht werde. Helmut St. sei berechtigt gewesen, dem Beklagten 15% Rabatt und 5% Skonto zu gewähren, nicht jedoch auch die Mehrwertsteuer nachzulassen.
Rechtlich führte das Erstgericht aus: Dem Beklagten als Kaufmann habe es bekannt sein müssen, daß Preise in Preislisten ohne Mehrwertsteuer angeführt seien; zudem habe er aus dem Anbot der Firma Richard T gewußt, daß sich die Preise ohne Mehrwertsteuer verstunden. Wenn er trotz dieser Kenntnis nach Bezahlung des um den Rabatt und den Skonto verminderten Bruttobetrages (ausschließlich Mehrwertsteuer) den Helmut St. gefragt habe, ob somit alles abgegolten sei, und dieser die Frage bejaht habe, obwohl ihm - dem Beklagten klar gewesen sei, daß Helmut St. auf die Mehrwertsteuer nicht verzichten habe können und offensichtlich nicht daran gedacht habe, so liege eine offensichtliche Irreführung seitens des Beklagten vor. Hiezu komme, daß Helmut St. dem Beklagten gegenüber erklärt habe, daß er noch eine Auftragsbestätigung und eine Rechnung erhalte; damit habe er auch dem Beklagten gegenüber zur Kenntnis gebracht, daß der Vertrag erst durch die Auftragsbestätigung zustande kommen werde. Vom Beklagten, der Kaufmann sei, könne nach den Grundsätzen von Treu und Glauben durchaus verlangt werden, daß er den Vertreter ausdrücklich frage, ob auch die Mehrwertsteuer im Betrag inbegriffen sei.
Das Berufungsgericht änderte unter Übernahme der erstgerichtlichen Feststellungen das Urteil des Prozeßgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Der wesentliche Inhalt eines Kaufvertrages liege in der Einigung der Vertragsteile über Ware und Preis. Wenn der Verkäufer die Ware zu einem bestimmten Preis anbiete und der Käufer dieses Anbot annehme, sei der Kaufvertrag perfekt; der Verkäufer habe nicht das Recht, aus irgendeinem Titel nachträglich Zuschläge zu dem vereinbarten Kaufpreis zu machen. Der Käufer dürfe seinerseits darauf vertrauen, nicht mehr bezahlen zu müssen als den vereinbarten Preis. Helmut St. habe die Preise in den Bestellschein eingesetzt und die Frage des Beklagten, ob mit dem errechneten Nettopreis sämtliche Beträge abgegolten seien, bejaht. Diese Erklärung lasse keinen Zweifel daran offen, daß als vereinbart die Preise zu gelten hätten, die in dem Bestellschein aufscheinen. Daran ändere nichts, daß der Beklagte in die Preisliste Einsicht genommen habe; es habe nicht einmal festgestellt werden können, ob er den Hinweis auf die Mehrwertsteuer tatsächlich zur Kenntnis genommen habe; dieser Hinweis schließe zudem nicht aus, daß die klagende Partei dem Beklagten die Waren günstiger verkaufen habe können als in der Preisliste angeführt gewesen sei. Aus der Aussage des Buchhalters der klagenden Partei Walter B ergebe sich, daß die von der klagenden Partei der Beklagten übermittelte Auftragsbestätigung denselben Inhalt wie die Bestellung gehabt habe; sie enthalte ebenfalls keinen Hinweis auf die Mehrwertsteuer. Den ersten Hinweis auf diese habe der Beklagte erst mit der Rechnung vom nach der Lieferung der bestellten Geräte erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe die klagende Partei den vereinbarten Preis nicht mehr willkürlich durch Zuschlag der Mehrwertsteuer erhöhen können. Die Frage der List oder eines Kalkulationsirrtums sei nicht angeschnitten gewesen; die Wahrnehmung solcher Willensmängel von Amts wegen sei nicht zulässig. Helmut St. sei zwar nicht berechtigt gewesen, die Mehrwertsteuer nachzulassen, aber Rabatt und Skonto zu gewähren; die klagende Partei habe damit einen äußeren Tatbestand gesetzt, der im Beklagten die Überzeugung begrunden habe müssen, der Vertreter sei berechtigt, ihm einen verbindlichen Preis zu nennen und das Geschäft zu diesem preis abzuschließen. Diese Vereinbarung des Vertreters müsse die klagende Partei umsomehr gegen sich gelten lassen, als sie weder in der Auftragsbestätigung (sofern eine solche erfolgt sei) noch durch eine andere Mitteilung an den Beklagten zum Ausdruck gebracht habe, daß sie mit der Preisvereinbarung nicht einverstanden sei; sie habe vielmehr den Vertrag unter Zugrundelegung der Bestellung erfüllt. Wenn es in der Branche der klagenden Partei üblich sei, den Kaufpreis bei der Bestellung ausschließlich der Mehrwertsteuer in Ansatz zu bringen, könne darin kein den Beklagten bindender Handelsbrauch erblickt werden, weil er sich, sofern er bestehen sollte, nur auf den Verkehr der klagenden Partei mit den Installationsfirmen beziehen, nicht aber auch gegenüber dem branchenfremden Endverbraucher wirksam sein könne; ein solcher Handelsbrauch sei auch von keiner Seite behauptet worden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Zunächst ist davon auszugehen, daß das Berufungsgericht ohne Beweisergänzung aus der Aussage des Zeugen Walter B zusätzliche Feststellungen getroffen hat, wozu es an sich nicht berechtigt war, da das Berufungsgericht auch ergänzende Feststellungen nur nach Beweiswiederholung bzw. -ergänzung treffen darf (JBl. 1968, 368; EvBl. 1958/219; SZ 25/46 u. v. a.). Die Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes stellt aber nur eine Mangelhaftigkeit des Berufungsgerichtes dar, die gerügt werden muß. Da dies - offenbar weil es sich ohnehin um die Aussage des eigenen Buchhalters der klagenden Partei handelte - nicht geschehen ist, sind auch die zusätzlichen Feststellungen des Berufungsgerichtes bei der Überprüfung der allein von der Revision gerügten rechtlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht zu berücksichtigen. An anderer Stelle seiner Entscheidung bezweifelt allerdings das Berufungsgericht möglicherweise wieder, ob eine Auftragsbestätigung erfolgt ist. Dem Berufungsgericht ist aber darin beizupflichten, daß auch eine Lieferung auf Grund des Bestellscheines einer formellen Auftragsbestätigung gleichzusetzen ist. Ungerügt verstand im übrigen das Berufungsgericht die an sich widersprechenden Ausführungen des Erstgerichtes dahin, es sei nicht erweislich, der Beklagte habe davon gewußt, die aus der Preisliste entnommenen Preise seien ohne Mehrwertsteuer berechnet gewesen. Auch davon ist bei der rechtlichen Beurteilung des Falles auszugehen.
Die Revision behauptet, daß seit Einführung der Mehrwertsteuer am der Preis jeder Ware aus dem Grundpreis zuzüglich der Mehrwertsteuer bestehe; wenn aus dem Bestellschein die Preise laut Preisliste eingesetzt worden seien, habe es auch für den Beklagten klar sein müssen, daß es sich hiebei um "Nettopreise" gehandelt habe, denen die 16%ige Mehrwertsteuer hinzugerechnet werde. Die Revision geht damit aber nicht von den Feststellungen der Untergerichte aus. Danach steht nicht fest, daß in dem Bestellschein "Nettopreise" eingesetzt worden seien; nach den Feststellungen war vielmehr bei dem Gespräch zwischen Helmut St. und dem Beklagten von Netto- und Bruttopreisen ebensowenig wie überhaupt von der Mehrwertsteuer die Rede. Nicht festgestellt ist auch, daß der Beklagte durch die Preisliste der klagenden Partei darauf aufmerksam gemacht worden sei, daß die Mehrwertsteuer noch hinzukomme; es konnte vielmehr nicht geklärt werden, daß dem Beklagten bei Einsicht in die Preisliste auch aufgefallen war, daß dort die Preise ohne Mehrwertsteuer angeführt waren. Der Hinweis der Revision, der Beklagte hätte die Verkaufs- und Lieferbedingungen der klagenden Partei zur Kenntnis nehmen müssen bzw. müsse sie gegen sich gelten lassen, mag richtig sein; damit ist für den Standpunkt der klagenden Partei aber nichts gewonnen, weil sich die zusätzliche Verrechnung der Mehrwertsteuer oder die bloße Einsetzung von Nettopreisen aus den Verkaufs- und Lieferbedingungen gar nicht ergab; die Preisliste der klagenden Partei war aber nicht Inhalt des Vertrages. Wesentlich aus den Verkaufs- und Lieferbedingungen könnte nur der Satz sein, daß ein Geschäftsabschluß erst durch die schriftliche Auftragsbestätigung durch die klagende Partei zustande komme. Helmut St. hatte den Beklagten zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, daß ihm noch eine Auftragsbestätigung zukommen werde, was der Beklagte wohl dahin verstehen mußte, daß die klagende Partei, wie dies schließlich bei Vertretern nicht ungewöhnlich ist, sich die Genehmigung vorbehielt. Aber auch wenn man davon ausgeht, daß Helmut St. nicht berechtigt war, für die klagende Partei bindende Vereinbarungen zu treffen, hat sie doch das in der Bestellung enthaltene Angebot des Beklagten mit der gleichlautenden Auftragsbestätigung bzw. durch die widerspruchslose Lieferung auf Grund des Bestellscheins angenommen. Die klagende Partei hat damit die Vereinbarung zwischen ihrem Vertreter und dem Beklagten, wie sie sich aus dem Inhalt des Bestellscheines ergibt, zum Vertragsinhalt gemacht. Da sie nicht wußte, inwieweit ihr Vertreter von der Mehrwertsteuer gesprochen hatte, wäre sie, wenn sie auch eine Forderung für die Mehrwertsteuer zum Vertragsinhalt machen wollte, verpflichtet gewesen, dies dem Beklagten rechtzeitig bekanntzugeben. Es kann nun nicht ausgeschlossen werden, daß es in der Branche der klagenden Partei einen Handelsbrauch gibt, bei der Bestellung den Kaufpreis ausschließlich der Mehrwertsteuer einzusetzen, obwohl kaum anzunehmen ist, daß sich zwischen Jänner 1973 bis Juli 1973 schon ein solcher Brauch ergeben haben könnte. Mit der von der Revision angeschnittenen Frage, ob auch der Beklagte als immerhin nicht ganz Branchenfremder von einem solchen Handelsbrauch wissen hätte müssen und an ihn gebunden wäre, muß sich das Revisionsgericht jedoch nicht auseinandersetzen, weil ein Handelsbrauch mit dem von der Revision dargestellten Inhalt in erster Instanz gar nicht behauptet wurde. Ob ein Handelsbrauch besteht, ist jedoch Tatfrage; die klagende Partei hätte sich also in erster Instanz darauf berufen und den Handelsbrauch beweisen müssen; das Vorbringen im Rechtsmittelverfahren ist als unzulässige Neuerung anzusehen (SZ 42/171 u. a.).
Es ist aber auch die Auffassung der Revision, daß seit Einführung der Mehrwertsteuer der Preis jeder Ware aus einem (allein in Kaufverträgen anzuführenden) Grundpreis und der Mehrwertsteuer bestehe, nicht richtig. Aus § 11 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz 1972, BGBl. 223/1972, ergibt sich vielmehr, daß der Unternehmer, der die umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen oder umsatzsteuerpflichtige andere Leistungen ausführt, nur berechtigt und, soweit er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, auf Verlangen des anderen auch verpflichtet ist, Rechnungen auszustellen, in denen die Steuer gesondert ausgewiesen ist; damit soll der Vorsteuerabzug (§ 12 UStG 1972) ermöglicht werden. Die durch § 10 Abs. 1 UStG 1959 grundsätzlich noch verbotene offene Überwälzung der Umsatzsteuer wurde damit abgeschafft (Dorazil - Frühwald - Hock - Mayer, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 139) und ein zivilrechtlicher Anspruch des Leistungsempfängers, für steuerpflichtige Lieferungen und sonstige Leistungen in Rechnungen, die 1000 S übersteigen (§ 11 Abs. 6 UStG 1972), die gesonderte Ausweisung der Steuer zu verlangen, eingeführt (Dorazil - Frühwald - Hock - Mayer, 140).
Soweit dies überblickt werden kann, hatte sich die österreichische Rechtsprechung mit der Frage, inwieweit das Umsatzsteuergesetz 1972 weitere Auswirkungen auf das bürgerliche Recht hatte, noch nicht zu befassen. Bei etwa gleicher Rechtslage wie in Österreich (vgl. insbesondere § 14 Abs. 1 UStG 1973, BGBl. I S. 1682, bzw. zuvor UStG 1967, BGBl. I S. 545, in Kraft getreten am : § 33) stand die im vorliegenden Prozeß zu beantwortende Frage hingegen in der Bundesrepublik Deutschland bereits mehrfach zur Diskussion und wurde auch von der Rechtsprechung, auch der des Bundesgerichtshofes, bereits behandelt. Die Judikatur des Bundesgerichtshofes der Bundesrepublik Deutschland geht dabei davon aus, daß die Mehrwertsteuer im Unternehmensbereich nur noch ein durchlaufender Posten ist; erst beim Verkauf der Ware an den Endverbraucher wirkt sie sich als Kostenfaktor aus, da der Endverbraucher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist; er muß die auf der Ware lastende Umsatzsteuer wirtschaftlich endgültig tragen. Kaufpreis im Sinne des Zivilrechtes ist der Betrag, den der Käufer für die gekaufte Ware an den Verkäufer zahlen muß. Darin ist demnach die Umsatzsteuer eingeschlossen, weil auch sie an den Verkäufer zu entrichten ist. Daß die Mehrwertsteuer in der Rechnung des Lieferanten gesondert ausgewiesen wird, hat rein steuertechnische Gründe. Der gesonderte Ausweis der Umsatzsteuer erleichtert die Feststellung der Vorsteuer, die der seinerseits umsatzsteuerpflichtige Empfänger der Leistung von seiner Umsatzsteuerschuld abziehen kann; er erleichtert die Kalkulation, die seit Einführung der Mehrtwertsteuer nur noch in Nettopreisen durchgeführt wird (BGH, NJW 1972, 677). Der Begriff des Entgeltes hat damit durch die Änderung des Umsatzsteuersystems keine Wandlung erfahren. Der vom Unternehmer geforderte Preis für seine Leistung ist nach wie vor der "Bruttopreis", enthält also die Umsatzsteuer, falls nicht etwas anderes vereinbart ist oder sich nicht ein abweichender Handelsbrauch in bestimmten Branchen entwickelt hat (BGH BGHZ 60/28, 199; in diesem Sinne auch BGH BGHZ 58/45, 292; vgl. auch Putzo in Palandt, BGB[32], 423). Im Zweifel kann der Käufer damit rechnen, daß in einem ihm genannten Preis die Umsatzsteuer enthalten ist; der Endverbraucher interessiert sich auch im Gründe nur dafür, was er letztlich aufzuwenden hat; dazu gehört aber auch die Umsatzsteuer, durch die sein Vermögen endgültig belastet wird (Schaumburg in NJW 1974, 1735). Ein allgemeiner Handelsbrauch, daß Nettopreise vereinbart werden und die Mehrwertsteuer zugeschlagen werden kann, scheint sich im übrigen auch in der Bundesrepublik Deutschland, in der das Mehrwertsteuersystem bereits um viele Jahre länger als in Österreich eingeführt ist, nicht entwickelt zu haben, so daß nach herrschender Auffassung ganz allgemein, also auch bei beiderseitigen Handelsgeschäften, davon ausgegangen werden muß, daß der vereinbarte Preis im Zweifel immer auch die Umsatzsteuer enthält; Zweifel gehen zu Lasten des Verkäufers (Schaumburg, 1735). Insbesondere wollte das Umsatzsteuergesetz keineswegs dem Verkäufer die Möglichkeit einräumen, nach Unterlassung einer Preisangabe durch Einbeziehung der Umsatzsteuer seinen unwirtschaftlich kalkulierten Preis zu korrigieren und ihm zu gestatten, vom Leistungsempfänger den Mehrwertsteuerbetrag zuzüglich zu dem vereinbarten Entgelt zu verlangen (OLG Köln, NJW 1971, 894 und die dort zitierte weitere Judikatur und Literatur). Wenn im Kaufvertrag nicht ausdrücklich vereinbart wurde, daß die Mehrwertsteuer zum Kaufpreis hinzukomme, ist also der Käufer weder nach dem Gesetz noch nach dem Vertrag verpflichtet, die Mehrwertsteuer neben dem vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen (Blomeyer in MDR 1969, 807; Jagenburg in NJW 1973, 1721; die ohnehin nur für Verträge zwischen Unternehmern vertretene gegenteilige Ansicht Kuhns in NJW 1969, 261 ff., wurde allgemein abgelehnt; vgl. hiezu insbesondere Dürrwächter in NJW 1969, 645). Daß im österreichischen Recht nichts anderes gelten kann, ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Bestimmung des § 4 Abs. 1 UStG 1972, welche als "Entgelt" alles definiert, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Gewiß gehören rein steuerrechtlich durchlaufende Posten nicht dazu (§ 4 Abs. 3 UStG 1972), was jedoch darauf, was nach Zivilrecht gilt, ohne Einfluß ist. Beim Endempfänger wie dem Beklagten - daß er von Beruf Baumeister ist, spielt keine Rolle, da er den Kauf für private Zwecke tätigte - war zudem ohnehin die Mehrwertsteuer keine durchlaufende Post.
Wenn nun nicht erweislich ist, daß der Beklagte wußte, die Mehrwertsteuer würde separat verrechnet, und seitens der klagenden Partei vor der Lieferung nicht darauf hingewiesen wurde, daß die Mehrwertsteuer zum genannten Preis hinzukomme, muß der im Bestellschein genannte Preis als vereinbart gelten. Der klagenden Partei stand nicht das Recht zu, ihren allfälligen Irrtum erst mit der nach Lieferung zugesandten Rechnung dahin zu korrigieren, daß sie nunmehr die Mehrwertsteuer zusätzlich verlangte. Es wäre Sache der klagenden Partei gewesen, dem Beklagten gegenüber unmittelbar nach Einlangen der Bestellung unmißverständlich klarzustellen, daß der Kaufpreis tatsächlich höher sei. Da sie dies unterlassen hat, kann die Frage, ob die klagende Partei berechtigt gewesen wäre, sich dem Beklagten gegenüber auf einen Kalkulationsirrtum zu berufen, unerörtert bleiben; eine Berufung hierauf wäre ohnehin nur möglich gewesen, wenn die Kalkulation bei den Vertragsverhandlungen dem Beklagten gegenüber in Erscheinung getreten und von ihm als Grundlage für die Willensbildung erkennbar gewesen wäre (RZ 1973/89). Mit Recht hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, daß ein Irrtum im Sinne des § 871 ABGB nicht ex lege die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit des Vertrages zur Folge hat (EvBl. 1958/160 u. a.; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 134, und in Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 182; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[3] I, 96). Die klagende Partei focht jedoch nicht nur den Vertrag nicht an, sondern berief sich schon durch die Erhebung der Fakturenklage auf seine Gültigkeit und behauptete damit allein, der vereinbarte Preis habe auch den eingeklagten Betrag mitumfaßt. Die klagende Partei kann für ihren Standpunkt aber auch daraus nicht ableiten, daß der Beklagte Helmut St. durch die von diesem bejahte Frage, ob mit dem Betrag von 64.987.60 S sämtliche Beträge abgegolten seien, "überrumpelte" und den Betrag noch vor Lieferung der Waren bezahlte. Die klagende Partei hätte, wie schon dargetan wurde, auf Grund der Verkaufs- und Lieferbedingungen immer noch die Möglichkeit gehabt, den im Bestellschein angeführten Kaufpreis nicht zu akzeptieren, was sie nicht einmal versucht hat. Wenn sie auch selbst übersah, die Mehrwertsteuer hinzuzurechnen, kann nicht gesagt werden, der Vertrag wäre mit einem Kaufpreis von 64.987.60 S zuzüglich Mehrwertsteuer zustande gekommen. Die zusätzliche Verrechnung der Mehrwertsteuer in der erst am übermittelten Rechnung war verspätet und mußte vom Beklagten nicht akzeptiert werden.