Nichtanerkennung beantragter Absetzungen auf Grund mangelnder Empfängerbenennung, österreichisches Besteuerungsrecht, doppelt ansässige Kapitalgesellschaft, Briefkastengesellschaft
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Peter Steurer und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Kofler, Prok. Bernd Feldkircher und Dr. Klaus Holbach im Beisein der Schriftführerin Veronika Pfefferkorn über die Berufung der Bw., Gde AA, F-Weg xx, vertreten durch die SKP Schüßling, Kofler & Partner GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 6020 Innsbruck, Adamgasse 23, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch, vertreten durch HR Walter Angerer, vom betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 bis 2000 nach der am in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Gegenstand der Berufung führenden Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz mit Bw. abgekürzt) mit Sitz in Gde AA, F-Weg xx (vormals Gd BB, B-Straße yy) war einerseits der An- und Verkauf von Waren aller Art, insbesondere im Bereich der Textil-, Chemie und Maschinenindustrie, einschließlich Import und Export, die Durchführung von Handels- und Finanzgeschäften, die hiermit im Zusammenhang stehen, die technische Kontrolle und Hilfe, sowie die Durchführung aller Rechtsgeschäfte, die mit dem Betriebsgegenstand direkt oder indirekt zusammenhängen, und andererseits die Vermittlung von Waren und Dienstleistungen aller Art (Handelsagentur); weiters konnte die Bw. auch Unternehmen gleicher und ähnlicher Art - ausgenommen waren Bank- und Versicherungsgeschäfte nach dem Kreditwesengesetz - gründen und sich an solchen in beliebiger Rechtsform beteiligen, sowie die Geschäftsführung für solche Unternehmungen übernehmen (vgl. Gesellschaftsvertrag der Bw. vom ). Alleingesellschafterin der Bw. war in den Berufungsjahren die P mit Sitz in L und (handelsrechtlicher) Geschäftsführer der Bw. war E S, G Sg, P-Straße zz (vgl. aktueller Firmenbuchauszug). In den eingereichten Steuererklärungen für die Berufungsjahre wurde von Seiten der Bw. als Ort der Leitung des Unternehmens bzw. als Anschrift der Geschäftsleitung "Gd BB, B-Straße yy" angegeben. Mit Unterschriftsprobenblatt vom wurden von Seiten der Bw. (Hr. S) acht gegenüber dem Finanzamt zeichnungsberechtigte Personen mit den Funktionen "Gesamtprokurist" bzw. "Handlungsbevollmächtigter" bekannt gegeben. Laut "Aktenvermerk" vom wurde der "Büroservice" der Bw. von der BC, Gd BB, B-Straße yy, ausgeübt (mit gleichem Schreiben wurde im Übrigen auch als Kontaktadresse "VV, L-Straße, Gs LL" mit den Ansprechpartnern Hr. M und Hr. Li genannt). Entsprechend den eingereichten Jahresabschlüssen waren bei der Bw. in den Streitjahren keine Arbeitnehmer beschäftigt.
Mit Körperschaftsteuererklärungen für die strittigen Jahre wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2,677.745,00 ATS bzw. 194.599,31 € (1998), 1,728.788,00 ATS bzw. 125.635,92 € (1999) und 1,957.888,00 ATS bzw. 142.285,26 € (2000) erklärt. Die Körperschaftsteuerveranlagungen für die Jahre 1998 und 1999 erfolgten zunächst erklärungsgemäß.
In dem mit datierten Bericht über das Ergebnis einer die Jahre 1998 bis 2000 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung bei der Bw. wurden in hier interessierender Hinsicht folgende Feststellungen getroffen (vgl. Tz 21 "Fremdleistungen, Provisionsaufwand" des Berichtes): Auf verschiedensten Sachkonten der Finanzbuchhaltung seien unter dem Titel "Costs of Agency Agreement" im Jahre 1998 51,290.532,15 ATS (3,727.428,30 €), im Jahre 1999 45,379.894,01 ATS (3,297.885,50 €) und im Jahre 2000 59,144.013,09 ATS (4,298.163,00 €) als Aufwand verbucht worden und im Gesamtbetrag in die Gewinn- und Verlust-Rechnung als Position "Fremdleistungen" übernommen worden. Aus dem Buchungstext könne nicht entnommen werden, wer die Leistungen, denen die Aufwandsbuchungen zugrunde lägen, erbracht habe. Im Zuge des Prüfungsverfahrens sei die (damalige) steuerliche Vertretung der Bw. (GK) des Öfteren aufgefordert worden, die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge namhaft zu machen; zuletzt am unter Einräumung einer Frist von 14 Tagen. Bereits mit Schreiben vom sei seitens der Vertretung der Bw. bekannt gegeben worden, dass eine Kontaktaufnahme mit dem Geschäftsführer erfolgt sei und dieser definitiv erklärt habe, gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung keine Empfängerbenennung zu machen. Gemäß § 162 Abs. 2 BAO seien die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen, wenn die Bw. verlangte Angaben der Abgabenbehörde über die Gläubiger oder Empfänger der abgesetzten Beträge verweigere.
Diesen Feststellungen des Prüfers folgend nahm das Finanzamt mit Bescheiden vom gemäß § 303 Abs. 4 BAO die Verfahren betreffend der Veranlagung der Bw. zur Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 und 1999 wieder auf erließ für diese Jahre entsprechend geänderte Körperschaftsteuerbescheide (jeweils datiert mit ); mit gleichem Datum erließ es auch für das Jahr 2000 einen entsprechenden Körperschaftsteuer(erst)bescheid sowie einen Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen.
Die Bw. erhob gegen die genannten Körperschaftsteuerbescheide 1998 bis 2000 sowie gegen diesen Anspruchszinsenfestsetzungsbescheid 2000 jeweils vom das Rechtsmittel der Berufung. Im Berufungsschriftsatz vom führte die im Spruch genannte steuerliche Vertretung der Bw. unter Vorlage eines Schreibens der Bw. an seine steuerliche Vertretung vom im Wesentlichen Folgendes aus: Die Festsetzung der Abgaben sei auf Grund der Ergebnisse der steuerlichen Betriebsprüfung erfolgt. Die Betriebsprüfung habe verschiedenen Aufwendungen die Anerkennung unter Hinweis auf § 162 Abs. 2 BAO versagt, da laut Betriebsprüfung aus den Buchungstexten nicht entnommen werden habe können, wer die Leistungen, denen die entsprechenden Aufwandsbuchungen zugrunde gelegen seien, erbracht und der Geschäftsführer der Bw. die Empfänger der Beträge bzw. die Gläubiger nicht namhaft gemacht habe. Der Geschäftsführer, E S, habe nunmehr mit beiliegendem Schreiben Geschäftspartner der Bw. bekannt gegeben und darüber hinaus erklärt, für allfällige weitere Fragen zur Verfügung zu stehen.
Nach entsprechenden Ermittlungen durch die Groß-Betriebsprüfung (Abfragen beim Kreditschutzverband von 1870) erließ das Finanzamt die abweisenden Berufungsvorentscheidungen vom betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1998 bis 2000 und Festsetzung von Anspruchszinsen für 2000; auf die umfangreichen Ausführungen in der zusätzlichen Bescheidbegründung vom selben Tag wird an dieser Stelle verwiesen.
Mit Schriftsatz vom stellte die Bw. unter Verweis auf das oben dargestellte Berufungsvorbringen einen Antrag auf Vorlage der Berufungen gegen die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1998 bis 2000 an die Abgabenbehörde zweiter Instanz, womit diese Berufungen wiederum als unerledigt galten.
Mit Schriftsatz vom führte die steuerliche Vertretung der Bw. in Ergänzung zum Vorlageantrag noch Folgendes aus: ""Bei der NN handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach österreichischem Statut und mit Sitz in Österreich. Die Anteile (500 TATS Mindeststammkapital) stehen zu 100% im Eigentum der P ( ww). Als Alleingeschäftsführer fungiert der in der SH ansässige Herr S. Betriebsgegenstand der NN ist der An- und Verkauf von Waren aller Art, insbesondere im Bereich der Textil-, Chemie- und Maschinenindustrie. Die NN verfügt - wie auch die Großbetriebsprüfung selbst ausdrücklich festgestellt hat - über keine eigenen Büroräumlichkeiten. In den - gemeinsam mit anderen Firmen - bei einem BBer Büro- und Computerhandelsunternehmen, welches den "Büroservice" der NN gegen Pauschalentgelt übernommen hat, angemieteten Räumlichkeiten lagerten keine der NN zuzurechnenden Wirtschaftsgüter. Die Buchhaltungsunterlagen wurden im Ausland geführt und dort aufbewahrt. Weiters beschäftigte die NN im Inland kein Personal, ihr Geschäftsführer besorgte seine Aufgaben von der SH aus. Auch die im Unterschriftsprobenblatt angeführten Gesamtprokuristen bzw Handlungsbevollmächtigten hatten weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Damit war etwa der im Treuhandvertrag mit der H Anstalt ( LN) angesprochene "speditive Bürobetrieb" - wie die Großbetriebsprüfung selbst ausdrücklich festhält - "gar nicht möglich". Für die Veranlagungsjahre 1998 bis 2000 hat die NN Fremdleistungsaufwendungen unter dem Titel "Costs of Agency Agreement" von insgesamt etwa 11.323 T€ zu Buche stehen. Diesen Aufwendungen wurde durch die Großbetriebsprüfung Feldkirch ihre steuerliche Abzugsfähigkeit unter Hinweis auf die aus dem Buchungstext nicht zu entnehmenden Leistenden sowie die definitive Weigerung des Geschäftsführers zur Benennung der Empfänger auf Grundlage des § 162 Abs 2 BAO versagt (vgl Betriebsprüfungsbericht vom ). Mit Bescheid jeweils vom wurde die Berufung vom , im Rahmen derer die Geschäftspartner der NN bekannt gegeben wurden und überdies die weitere Kooperationsbereitschaft des Herrn S erklärt wurde, als unbegründet abgewiesen. Durch die Versagung des Betriebsausgabenabzuges für die genannten Fremdleistungsaufwendungen wurde die NN - abgesehen vom Handelswareneinsatz - im Wesentlichen auf Basis der bei ihr zu Buche stehenden Umsatzerlöse besteuert. Daraus ergibt sich für die Jahre 1998 bis 2000 eine Körperschaftsteuernachforderung iHv insgesamt etwa 3.850 T€. Da es sich bei der NN aber um eine funktionslose Briefkastengesellschaft (siehe Pkt I.) handelt, sind ihr in konsequenter Anwendung der zu diesen Rechtsgebilden national und international bestehenden Rechtsauffassung keinerlei Einkünfte zuzurechnen (siehe Pkt II.). Entsprechend werden nicht nur die (Fremdleistungs-)Aufwendungen, sondern vice versa auch die Erträge aus österreichischer Sicht als steuerliches Nullum zu betrachten sein. Die - in der Denklogik zwingend nachgeschaltete - Prüfung der hinreichenden Empfängerbenennung iSd § 162 Abs 2 BAO kann sich folglich gar nicht mehr stellen (vgl : "Die Verweigerung der beantragten Absetzungen gem § 162 Abs 2 BAO und die Zurechnung beim tatsächlichen Empfänger schließen einander ... aus"). I. NN ist eine Briefkastengesellschaft:"Briefkastengesellschaften" (bzw "Steueroasengesellschaften", "Domizilgesellschaften", "Sitzgesellschaften" etc) waren wiederholt Untersuchungsgegenstand von (Höchst-)Gerichten, Finanzverwaltung und Wissenschaft. Für den rechtlich unbestimmten Begriff "Briefkastengesellschaft" existieren verschiedene Umschreibungen, der VwGH spricht von einem Unternehmen, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und deswegen keine Leistung erbringen kann (vgl ). Als Erkennungsmerkmale für Briefkastengesellschaften werden insbesondere die Folgenden genannt (vgl etwa , , BFH , IR 63/99, BFH , IR 8/97 sowie Renner/Steiner, Gewinnverlagerungen durch Einschalten von Domizilgesellschaften, ÖStZ 1995, 394): - keine eigenen Geschäftsräume - kein eigenes Personal - keine Kommunikationsmittel - keine nach außen gerichtete Tätigkeit - keine hinreichend konkreten (dh fremdüblichen) schriftlichen Vereinbarungen mit Geschäftspartnern. In der am zugegangenen Bescheidbegründung definiert die Großbetriebsprüfung für Zwecke der Beschreibung der (ausländischen) Geschäftspartner der NN den Begriff "Sitzgesellschaft" wie folgt: "Als Sitzgesellschaften gelten juristische Personen, Gesellschaften oder Vermögenseinheiten unabhängig von ihrer rechtlichen Ausgestaltung, die im Sitzland keinen Handels- oder Fabrikationsbetrieb oder ein anderes nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe führen. Eine Sitzgesellschaft ist gegeben, wenn diese keine eigenen Geschäftsräume unterhält, kein eigenes Personal beschäftigt oder das Personal einzig administrative Aufgaben erfüllt." Die NN ist daher als funktionslose "Briefkastengesellschaft" zu qualifizieren. II. NN erzielt keine Einkünfte:Gemeinsam ist den zahlreichen Erkenntnissen und Stellungnahmen zu Briefkastengesellschaften, dass es sich regelmäßig um ausländische Rechtsgebilde (überwiegend mit Sitz in einer "Steueroase") handelt: Der sein Steueraufkommen bedroht sehende Fiskus stellt die durch die Einschaltung von Briefkastengesellschaften fingierte Gewinnverlagerung in das Ausland in Frage. Dieselben Maßstäbe müssen jedoch angelegt werden, wenn die Beurteilung eines inländischen Rechtsgebildes als Briefkastengesellschaft und die daraus zu ziehenden Rechtsfolgen in Frage stehen ("Denn es ist keine Rechtsgrundlage zu erkennen, hinsichtlich der Einkünftezurechnung Gesellschaften mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausland anders als inländische Gesellschaften zu behandeln", vgl Gassner, Grundsatzfragen der Einkünftezurechnung, ÖStZ 2003/955, vgl etwa auch EAS 1022 vom ). Nach allgemeinen Grundsätzen sind Einkünfte demjenigen zuzurechnen, der die entsprechenden Leistungen erbringt (vgl ). Zurechnungssubjekt ist nämlich derjenige, der aus der Tätigkeit das Unternehmerrisiko trägt, der also die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Die rechtliche Gestaltung ist dabei nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts Anderes ergibt (vgl EStR 2000 Rz 104). Nimmt daher die NN am Erwerbsleben nicht teil oder erfüllt sie nicht zwischengeschaltet sinnvolle Funktionen, sind die Ergebnisse auch nicht der Gesellschaft zuzurechnen. "Dabei handelt es sich letztlich um die Frage der sachgerechten Zuordnung" (vgl ). Nicht durch die Leistungen der NN veranlasste Einnahmen (Umsätze) sind daher für Zwecke der österreichischen Besteuerung zu vernachlässigen (vgl ). So ist etwa der VwGH in seinem "Geflügelerkenntnis" zu dem Schluss gekommen, dass die Einschaltung einer ln Sitzgesellschaft, deren einzig festgestellte Leistung in "Umfakturierungen" bestanden hat, durch das Motiv der Gewinnverlagerung getrieben war und daher eine entsprechende Einkünftekorrektur vorzunehmen gewesen sei (vgl ). Ähnlich hat sich Lechner zu Fakturierungsgesellschaften geäußert: "Eine Gesellschaft, die keine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet, kann selbstverständlich nicht als Zurechnungssubjekt von Einkünften in Frage kommen. Eine funktionslose Gesellschaft ist bloß vorgeschoben; die ihr ,am Papier' zugerechneten Einkünfte können nur einem anderen zugerechnet werden, und zwar jenem, der die zu den Einkünften führende Betätigung (die Funktion) tatsächlich ausgeübt hat" (vgl Lechner, Die Zukunft von Basisgesellschaften, in Gassner et al (Hrsg), Zukunftsaufgaben der Wirtschaftsprüfung, FS Deloitte & Touche, 1997, 317). Auch das BMF kommt in Anlehnung an die einschlägige VwGH-Judikatur zu dem Schluss, dass "bei jemandem, der keine Leistungen erbringen kann, ... daher die Vermutung dafür (spricht), dass er nicht als Träger einer Erwerbstätigkeit in Betracht kommen kann" (vgl EAS 1881 vom sowie EAS 1035 vom ). Die Unzulässigkeit der Zuordnung von steuerlichen Einkünften zu einer funktionslosen Briefkastengesellschaft leitet sich überdies auch aus einem fundamentalen Prinzip der internationalen Verrechnungspreisgrundsätze ab: der Funktionsanalyse (vgl Tz 1.20 ff der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 1995). Entsprechend wird einer zwischengeschalteten Gesellschaft nach dem Fremdvergleichsgrundsatz nur ein dem von dieser Gesellschaft übernommenen Funktions- und Risikospektrum entsprechender Gewinnanteil zustehen ("Es liegt im Rahmen der von der österreichischen Rechtsordnung garantierten Gestaltungsfreiheit, daß auch ausländische Unternehmer, die ihre weltweite Geschäftstätigkeit unter Einschaltung von Steueroasengesellschaften abwickeln, bestimmte Funktionen in einer österreichischen Konzerngesellschaft ausüben, vorausgesetzt, daß die österreichische Konzerngesellschaft durch sachgerechte Anwendung der internationalen Verrechnungspreisgrundsätze einen funktionsgerechten Gewinnanteil zugewiesen erhält", vgl EAS 1282 vom ). "Kann nicht nachgewiesen werden, dass die zwischengeschaltete Gesellschaft ein echtes Risiko trägt oder eine wertvermehrende wirtschaftliche Funktion in der Kette ausübt, dann würde jedes Preiselement, von dem behauptet wird, es sei auf die Tätigkeit der zwischengeschalteten Gesellschaft zurückzuführen, einem anderen Unternehmen im multinationalen Konzern zuzuordnen sein, da unabhängige Unternehmen einer solchen Gesellschaft üblicherweise keinen Anteil am Gewinn des Geschäftes eingeräumt hätten" (vgl Tz 2.26 der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 1995). Einem funktionslosen Unternehmen können daher keine Gewinne zugerechnet werden (vgl EAS 2095 vom , EAS 1512 vom , EAS 1479 vom , EAS 1155 vom , EAS 1061 vom , EAS 984 vom , EAS 861 vom , EAS 858 vom ). Bei der Funktionsanalyse wird sich die Aufgabe der österreichischen Finanzverwaltung in erster Linie darauf zu konzentrieren haben sicherzustellen, dass die auf österreichischem Staatsgebiet ausgeübten Funktionen im Verrechnungspreisweg ausreichend abgegolten werden. Die Gewinnaufteilung zwischen den anderen involvierten Auslandsgesellschaften gewinnt nur dann mittelbare Bedeutung, wenn Grund zu der Sorge besteht, dass der inländischen Gesellschaft zustehende Gewinne in das (steuergünstige) Ausland abgesaugt werden (vgl EAS 1512 vom sowie EAS 1061 vom ). Nach dem allgemeinen, dem Steuerrecht innewohnenden Grundsatz der Einkünftezurechnung sowie unter dem Aspekt der in den Verrechnungspreisgrundsätzen zentralen Funktionsanalyse als Ausfluss des Fremdvergleichsgrundsatzes sind daher der NN keine Einkünfte zuzurechnen.Wir stellen daher den Berufungsantrag, von einer steuerlichen Zurechnung von Einkünften zur NN und damit von einer Besteuerung der NN (samt steuerlichen Verspätungsfolgen) - abgesehen von einer allfälligen Mindestkörperschaftsteuerpflicht - abzusehen.""
Diese Vorlageantragsergänzung wurde in der Folge der Amtspartei zur Kenntnisnahme mit der Möglichkeit übermittelt, dazu Stellung zu nehmen. In Erwiderung auf die Stellungnahme der Groß-Betriebsprüfung vom , auf deren Ausführungen an dieser Stelle verwiesen wird, brachte die steuerliche Vertretung der Bw. mit Schriftsatz vom samt beiliegenden Literaturauszügen noch vor, dass laut Groß-Betriebsprüfung zum Zeitpunkt eines Antrittsbesuches kein Hinweis auf einen Geschäftsbetrieb der Bw. festgestellt habe werden können. Die Ausübung einer Einkaufs- und Verkaufstätigkeit über fernmündlichen Kontakt sei dem Prüfer aber durchaus möglich erschienen. Im Weiteren würden Indizien angeführt, welche dies verdeutlichen sollen (zB NN verfüge über einen Geschäftsführer, der Verträge abgeschlossen habe). Darauf aufbauend werde das Vorliegen von "Substanz" unterstellt und der Abzug von angesetzten Fremdleistungsaufwendungen mangels Empfängernennung gemäß § 162 BAO versagt. Strittig sei derzeit nur dieser Punkt. Diesen Ausführungen sei Folgendes zu entgegnen: Nach Dreßler4, Gewinn- und Vermögensverlagerungen in Niedrigsteuerländer und ihre steuerliche Überprüfung, Köln 2007, seien laut ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (der VwGH teile diese Ansicht) Domizilgesellschaften dadurch charakterisiert, dass sie - als juristisch selbständige Rechtsträger in das lokale Gesellschaftsregister eingetragen seien; - bei einem spezialisierten Berater oder Treuhänder residierten und dessen Adresse und allenfalls Telefon- und Telefaxnummer als eigene verwendeten; - oft in einem Massendomizil ansässig seien, unter dessen Anschrift mehrere, viele oder hunderte von Domizilgesellschaften residierten; - keinen eigenen, ihrem Geschäftszweck entsprechenden eingerichteten Geschäftsbetrieb vorweisen könnten; - weder über eigene Räume noch eigenes Personal verfügten (im Falle eines steuerlichen Aufgriffs durch die Finanzverwaltung seien sie meist vom Berater pro forma angemietet oder zur Verfügung gestellt); - keine sonst eigene betriebliche Substanz besäßen (keinen üblichen Geschäftsapparat, keine werbende Tätigkeit, Handwerkseinrichtung, Verwaltungsgebäude, Lagerhalle, Depot oder sonstige Betriebsorganisation); - keine wesentlichen eigenen wirtschaftlichen Funktionen hätten; - keinerlei Handel treibende oder gar produzierende Tätigkeiten ausübten; - keiner sonst wie gearteten aktiven Betätigung nachgingen und daher folglich nur Stützpunkte für Einkunfts-, Gewinn- oder Vermögensverlagerungen seien. Würden obige Kriterien auf die Bw. angewendet, ergebe sich Folgendes: - Die Bw. residiere in einem Massendomizil; - die Bw. residiere bei einem spezialisierten Berater; - die Bw. verfüge über keine eigenen Räumlichkeiten und keine eigene Infrastruktur; - die Bw. habe keinen Geschäftsapparat (keine Lagerhalle etc); - die Bw. erbringe die Umsätze in Millionenhöhe mangels eigenen Personals nicht selbst. Dennoch habe die Bw. im Prüfungszeitraum einen Reingewinnsatz von 2 - 3% in Österreich versteuert. In Anbetracht der in Österreich ausgeübten Funktionen und getragenen Risiken sei dies zu hoch. Wie bereits in der Ergänzung des Vorlageantrages vom ausgeführt worden sei, sei die Bw. eine funktionslose Briefkastengesellschaft, der laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und wiederholter EAS-Auskünfte keinerlei Einkünfte zuzurechnen seien. Nicht nur die Aufwendungen, sondern auch die Erträge seien aus österreichischer Sicht ein steuerliches Nullum. Die in der Denklogik zwingend nachgeschaltete Prüfung der Empfängernennung gemäß § 162 BAO könne sich nicht mehr stellen. Folgendes sei in diesem Zusammenhang zitiert (Verweis auf die Beilage): - : " ... einer Briefkastengesellschaft, bei der es sich um ein Unternehmen handelt, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und deswegen keine Leistung erbringen kann." - EAS 2996 vom : " ... denn die Einkünftezurechnung erfolgt nach Maßgabe der Regelungen des nationalen Steuerrechts, sie ist grundsätzlich nicht Gegenstand der DBA (BFH , IR 110/05)." "Nach der Rechtsprechung des VwGH sind Einkünfte nicht einer zwischengeschalteten Gesellschaft, die keine sinnvollen Funktionen erfüllt, sondern den tatsächlichen Trägern der Erwerbstätigkeit zuzurechnen ()." Nur der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass der Ort der Geschäftsleitung der Bw. nicht in Österreich wäre und die Bw. daher eine doppelt ansässige Kapitalgesellschaft sei. Mangels Betriebsstätte in Österreich (kein Bestehen einer festen Geschäftseinrichtung in Österreich, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt werde; eine Betriebsstätte werde erst dann begründet, wenn die Unternehmenstätigkeit in der festen Geschäftseinrichtung durch eigenes Personal oder durch Maschinen ausgeübt werde; beides sei nicht der Fall; es bestehe auch keine Vertreterbetriebsstätte) würde Österreich auch deswegen kein Besteuerungsrecht haben.
Dieses Schreiben der steuerlichen Vertretung der Bw. wurde in der Folge der Amtspartei zur Kenntnisnahme mit der Möglichkeit übermittelt, dazu Stellung zu nehmen. Die diesbezügliche Stellungnahme des Finanzamtes vom , auf die hier verwiesen wird, wurde in der Folge der steuerlichen Vertretung der Bw. im Rahmen der Vorladung zur mündlichen Berufungsverhandlung zur Kenntnisnahme übermittelt.
Am wurde eine mündliche Berufungsverhandlung abgehalten; im Detail wird auf die diesbezügliche Verhandlungsniederschrift sowie bezüglich des wesentlichen Kerns der Aussagen der steuerlichen Vertretung der Bw. bzw. der Amtspartei und deren Würdigung auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen.
Der Unabhängige Finanzsenat (Berufungssenat) hat über die Berufung erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 KStG 1988 sind körperschaftsteuerpflichtig nur Körperschaften. Nach § 1 Abs. 2 KStG 1988 sind Körperschaften unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland ihre Geschäftsleitung (§ 27 Abs. 2 BAO; danach ist als Ort der Geschäftsleitung der Ort anzunehmen, an dem sich der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung befindet) oder ihren Sitz (§ 27 Abs. 1 BAO; danach haben Körperschaften, Personenvereinigungen sowie Vermögensmassen ihren Sitz im Sinn der Abgabenvorschriften an dem Ort, der durch Gesetz, Vertrag, Satzung, Stiftungsbrief und dergleichen bestimmt ist; nach den §§ 4 und 5 GmbHG ist für die GmbH im Gesellschaftsvertrag ua. ein Ort im Inland als Sitz zu bestimmen) haben. Als Körperschaften gelten gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 juristische Personen des privaten Rechts (vgl. dazu auch Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, Die Körperschaftsteuer, Kommentar, Tz 10 zu § 1 KStG 1988).
Die Bw. ist bzw. war in den Berufungsjahren eine in Österreich im Firmenbuch eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, hat(te) unbestritten ihren Sitz in Österreich (vgl. dazu auch Pkt. I des Gesellschaftsvertrages vom bzw. den aktuellen Firmenbuchauszug) und unterliegt damit als juristische Person privaten Rechts der unbeschränkten Steuerpflicht.
Im Hinblick auf den von der steuerlichen Vertretung der Bw. erstmals mit Schriftsatz vom erhobenen Einwand, wonach "der Ort der Geschäftsleitung nicht in Österreich wäre und die NN daher eine doppelt ansässige Kapitalgesellschaft ist", bzw. zur Frage, ob sich im Berufungsfall der Ort (bzw. der Mittelpunkt) der tatsächlichen Geschäftsleitung nicht in Österreich befindet und damit Österreich durch Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens seinen Besteuerungsanspruch teilweise oder (mangels Betriebsstätte) vollständig verlieren würde, ist Folgendes zu sagen:
Die Doppelansässigkeit von Kapitalgesellschaften ist typischerweise durch ein Auseinanderfallen von Sitz und Ort der Geschäftsleitung gekennzeichnet. Sie entsteht vor allem durch Begründung eines ausländischen Ortes der Geschäftsleitung durch eine Gesellschaft mit Sitz im Inland und umgekehrt. Meist knüpfen die Doppelbesteuerungsabkommen zur Festlegung der Ansässigkeit an das Kriterium des Ortes der Geschäftsleitung an (vgl. Art. 4 Abs. 3 OECD-MA: Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung; siehe zB auch Art. 4 Abs. 5 DBA-SH: "Mittelpunkt der tatsächlichen Geschäftsleitung").
Der Ort der Geschäftsleitung - das abkommensrechtliche Kriterium für die Beurteilung der Doppelansässigkeit des "Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung" des Art. 4 Abs. 3 OECD-MA wird grundsätzlich mit dem Begriff des "Ortes der Geschäftsleitung" des § 27 Abs. 2 BAO gleichgesetzt - liegt dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebende Wille gebildet wird, wo also die für die Führung des Unternehmens notwendigen und wichtigen Maßnahmen angeordnet werden, wo die unternehmenslenkenden Dispositionen getroffen werden. Welche Maßnahmen für die Führung des Unternehmens notwendig und wichtig sind, muss im Einzelfall gewichtet und abgewogen werden. Wo die unternehmenslenkenden Dispositionen vollzogen und wirksam werden, ist für die Frage nach dem Ort der Geschäftsleitung nicht wesentlich (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, S 349; Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, a.a.O., Tzen 13 ff zu § 1 KStG 1988). Jede nichtnatürliche Person muss einen "Ort der geschäftlichen Oberleitung" haben. Unter der "geschäftlichen Oberleitung" einer Kapitalgesellschaft ist ihre Geschäftsleitung im engeren Sinne zu verstehen. Zu ihr gehören die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt, und organisatorische Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören ("Tagesgeschäfte") (BFH , I K 1/93). Die Geschäftsleitung befindet sich daher bei einer Körperschaft regelmäßig an dem Ort, an dem die zu ihrer Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende Geschäftsführertätigkeit entfalten. Ergibt sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles eindeutig, dass die Gesellschafter einer Gesellschaft die tatsächliche Geschäftsleitung völlig an sich ziehen, diese nicht nur beobachten, kontrollieren und fallweise beeinflussen, sondern kontinuierlich in entscheidenden Fragen in die Geschäftsleitung eingreifen und fortlaufend im Geschäftsverkehr die laufenden Beschlüsse von einigem Gewicht selbst fassen und damit de facto Geschäftsführungshandlungen selbst ausführen, kommt es dadurch zur Annahme der geschäftlichen Oberleitung durch die Gesellschafter. Der Ort der Geschäftsleitung wird sich in diesem Fall dort befinden, wo die Gesellschafter die meisten und die gewichtigsten Entscheidungen treffen [vgl. dazu Körperschaftsteuerrichtlinien 2001 (KStR 2001), Rz 6].
Im konkreten Fall hat die Bw. bzw. ihre steuerliche Vertretung - auch trotz mehrmaliger Aufforderung der Amtspartei im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung - ihre behauptete (doppelte) Ansässigkeit bzw. unbeschränkte Steuerpflicht (vgl. dazu zB Art. 1 iVm Art. 4 Abs. 1 DBA-SH) keinem konkret bezeichneten Staat zugeordnet.
Abgesehen davon, dass eine solche (doppelte) Ansässigkeit auch weder durch eine entsprechende Ansässigkeitsbestätigung noch durch Besteuerungsnachweise in Form von Veranlagungsbescheiden nachgewiesen wurde und idR die Abgabenbehörden keine bzw. nur eingeschränkte Ermittlungsmöglichkeiten in anderen Staaten hätten (in diesem Zusammenhang wird auf die erhöhte Mitwirkungspflicht mit Beweismittelbeschaffungs- und -vorsorgepflicht der Partei bei Sachverhaltselementen, die ihre Wurzeln im Ausland haben, hingewiesen; vgl. Ritz3, Bundesabgabenordung, Kommentar, Rz 10 zu § 115 BAO), fällt es auch nicht in den Kompetenzbereich österreichischer Behörden, die Ansässigkeit einer Unternehmung im Sinne eines DBA im Ausland (einseitig) festzustellen, würde dies doch bedeuten, im gegebenen Fall den Ort der Geschäftsleitung nach dem Recht dieses anderen Staates bestimmen zu müssen (vgl. auch ).
Die für die von der steuerlichen Vertretung der Bw. angestrebte Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens auf Grund einer Doppelansässigkeit mit entsprechendem Besteuerungsrecht in diesem anderen (ausländischen) Staat vorausgesetzte tatsächliche Geschäftsleitung in diesem anderen Staat wurde - es wird an dieser Stelle nochmals auf die die Bw. treffende Beweismittelbeschaffungs- und -vorsorgepflicht für Auslandssachverhalte verwiesen - von der Bw. weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Auch wenn E S, G Sg, P-Straße zz, seit im österreichischen Firmenbuch als (handelsrechtlicher) Geschäftsführer eingetragen war, war gegenständlich keineswegs erwiesen, von wem (so werden zB auch im Unterschriftsprobenblatt vom von E S acht Personen genannt, die als "Gesamtprokuristen" oder "Handlungsbevollmächtigte" für die Bw. zeichneten; im "Aktenvermerk" vom nennt die BC, als Kontaktadresse "VV, L-Straße, Gs LL" sowie die Ansprechpartner Hr. M und Hr. Li) und an welchem Ort in den Berufungsjahren die Willensbildung bzw. die unternehmenslenkenden Dispositionen im Bereich der Bw. tatsächlich getroffen wurden. Auch wenn die zur Geschäftsführung berufenen Organe in der Regel die maßgeblichen Entscheidungsträger sind, besteht - gerade auch dann, wenn gegenständlich von einer Domizilgesellschaft auszugehen wäre - keine Vermutung dafür, dass sie dies auch stets sind (vgl. Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, a.a.O., Tz 16 zu § 1 KStG 1988). Maßgeblich war für den Berufungssenat in diesem Zusammenhang, dass in den eingereichten Steuererklärungen für die Berufungsjahre ausdrücklich als Ort der Leitung des Unternehmens bzw. als Anschrift der Geschäftsleitung "Gd BB, B-Straße yy" angegeben wurde.
Mangels konkret dargestelltem bzw. erwiesenem Ort der tatsächlichen Geschäftsführung in einem anderen Staat muss das gesamte Betriebsergebnis der Bw. am Ort des Sitzes, somit in Österreich der Besteuerung unterzogen werden; auf Grund der oben erwähnten Angaben der Bw. in den Steuererklärungen für die Streitjahre ging das Finanzamt im Übrigen auch zu Recht vom Vorliegen eines österreichischen Ortes der tatsächlichen Geschäftsführung aus bzw. davon, dass - gerade auch im Hinblick auf die nachfolgenden Ausführungen - die meisten und gewichtigsten Entscheidungen der Bw. in den Berufungsjahren in Österreich getroffen wurden. Weil den (sog. subjektiven) Anknüpfungsmerkmalen Sitz und Ort der Geschäftsleitung eine eigenständige, von einander unabhängige Bedeutung zukommt, wäre die Bw. im Übrigen selbst dann in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie nur als so genannte "Briefkastenfirma", dh. einem Unternehmen, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und deswegen keine Leistungen erbringen kann (vgl. ), aufgetreten wäre (vgl. dazu zB Stoll, BAO-Kommentar, S 347; Quantschnigg/Renner/Schellmann/Stöger, a.a.O., Tz 178 zu § 1 KStG 1988; KStR 2001, Rz 4).
Dem Einwand der steuerlichen Vertretung der Bw., dass es sich bei der Bw. um eine "funktionslose Briefkastengesellschaft" handle, ist noch zu entgegnen:
Selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, dass die Bw. beispielsweise in der SH ansässig wäre, dürften die Einkünfte der Bw. in Österreich besteuert werden, soweit sie einer in Österreich gelegenen Betriebsstätte zugeordnet werden könnten [im Doppelbesteuerungsabkommen mit der SH, welches zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung die Befreiungsmethode anwendet, ist vorgesehen, dass der Ansässigkeitsstaat SH die (positiven und negativen) Einkünfte aus der österreichischen Betriebsstätte von der Besteuerung freistellt; vgl. dazu Art. 7 Z 1 iVm Art 23 DBA-SH, BGBl. Nr. 64/1975].
"Betriebsstätte" bedeutet eine feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Der Begriff der festen (Geschäfts-)Einrichtung ist betriebsbezogen zu sehen und erfordert, dass der Betriebsinhaber über eine ortsgebundene, dauerhafte Einrichtung verfügt, die nach Art und Umfang geeignet ist, eine adäquate Grundlage für die konkret ausgeübte betriebliche Tätigkeit zu bilden (vgl. dazu Ritz3, a.a.O., Tzen 1 ff zu § 29 BAO; Bachner, Der Betriebsstättenbegriff nach dem innerstaatlichen Abgabenrecht, SWI 2002, 284 ff).
Auch wenn der Bw. insofern zuzustimmen ist, dass der formelle Sitz einer Gesellschaft oder auch eine sog. Briefkastenfirma, die nur über eine Postanschrift verfügt, keine Betriebsstätte begründet, und - wie von der steuerlichen Vertretung der Bw. im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vorgebracht - die niedrigen Mietkosten und das Fehlen von Anlagevermögen als Indizien für die Briefkasteneigenschaft sprachen, war im konkreten Fall doch zu berücksichtigen, dass die im Firmenbuch eingetragene und mit eigener UID-Nummer ausgestattete Bw. in den Streitjahren erhebliche Umsätze (zwischen 20 und 32 Mio ATS) erzielte und auch Gewinne ("Aktiveinkünfte") in beträchtlicher Höhe (zwischen 2,6 und 1,7 Mio ATS) erklärte. Auch ist von Seiten der Betriebsprüfung festgestellt worden, dass die Bw. über eigene (angemietete) Geschäftsräumlichkeiten verfügte, Organe (Geschäftsführer) bestellt habe, die Geschäftsführung auch tätig worden sei, indem sie beispielsweise Verträge abgeschlossen habe, Ausgangsrechnungen mit firmeneigenem Briefkopf gegenüber Kunden erstellt habe, an sie adressierte Eingangsrechnungen über Warenlieferungen empfangen habe, über Geschäftsfälle Bücher und Aufzeichnungen geführt habe, Zahlungsverkehr über eigene Bankkonten abgewickelt habe und in den (vom Betriebsprüfer) besichtigten Geschäftsräumlichkeiten über Kommunikationsmittel verfügt habe; zum Zeitpunkt (2002) der Besichtigung der Räumlichkeiten sei kein Hinweis auf einen Geschäftsbetrieb festgestellt worden, was sich entsprechend den Ausführungen des Finanzamtes darin erkläre, als die Bw. ihre Geschäftstätigkeit bereits 2001 beendet habe (vgl. Stellungnahme des Betriebsprüfers vom ; Schreiben des Finanzamtes vom ; Schreiben der ehemaligen steuerlichen Vertretung der Bw. vom ). Im Schreiben vom wurde vom Geschäftsführer der Bw. im Übrigen ausdrücklich erklärt, dass die Bw. auf Grund von Treuhandverträgen ohne kommerzielles/finanzielles Risiko aber mit dem Recht auf eine Kommission tätig geworden sei und nur einige Male Trading-Transaktionen auf eigenes Risiko mit angemessenem Gewinn getätigt habe (im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung wird von der steuerlichen Vertretung der Bw. im Übrigen auch eingeräumt, dass die Bw. selbst etwas erwirtschaftet habe). Weiters wird in den vorliegenden Treuhandverträgen ausdrücklich ausgeführt, dass es sich beim Auftragnehmer (der Bw.) um eine Handelsagentur bzw. Handelsfirma mit Sitz in BB handle und dieser über die notwendigen Räumlichkeiten und entsprechende Infrastruktur, die einen speditiven Bürobetrieb ermöglichten, verfüge.
Gesamthaft gesehen war nach Ansicht des Berufungssenates im Rahmen der freien Beweiswürdigung davon auszugehen, dass die Bw. in den Berufungsjahren tatsächlich als Treuhänderin bzw. Kommissionärin sowie als Handelsagentur tätig war, ihr an der Adresse "Gd BB, B-Straße yy" (zumindest) ein für die Ausübung dieser konkreten Tätigkeit geeigneter Raum (samt Büroeinrichtung) zur Verfügung gestanden ist und damit eine feste Geschäftseinrichtung im Sinne einer Betriebsstätte vorlag. Gegenständlich konnte von Seiten der Bw. weder der Nachweis (hinreichende Glaubhaftmachung) für die Briefkasteneigenschaft (mit der Installierung von Briefkastenfirmen wird grundsätzlich ja auch der Zweck verfolgt, durch Gewinnverlagerungen in Steueroasen- bzw. Niedrigsteuerländer Steuerspareffekte zu bewirken) noch dafür erbracht werden, dass die erklärten Gewinne nicht der in Österreich gelegenen Betriebsstätte zuzuordnen bzw. Gewinnteile in Betriebstätten anderer Staaten erwirtschaftet worden sind. Weiters ist auch zu bedenken, dass auch am Ort der Geschäftsleitung - ginge man davon aus, dass dieser im Ausland läge - eine Betriebsstätte nur bei Vorliegen der oben erwähnten allgemeinen Kriterien angenommen werden kann (vgl. ; Bachner, a.a.O., 284 ff). Von Seiten der Bw. wurde im Berufungsfall nicht aufgezeigt, weshalb gegenständlich vom Bestehen einer Betriebstätte im Ausland (in der SH) auszugehen sein sollte.
Im Hinblick auf die von der Bw. in den Berufungsjahren unter dem Titel "Costs of Agency" als Aufwand verbuchten Positionen und die in die Gewinn- und Verlust-Rechnung übernommene Position "Fremdleistungen" ist Folgendes zu sagen:
§ 162 BAO lautet:
"(1) Wenn der Abgabepflichtige beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet.
(2) Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen."
Sitzgesellschaften sind grundsätzlich solche Unternehmen, die in einem Staat - mit oder ohne Haltung eines Büros - lediglich ihren Sitz haben, ohne jedoch dort einen tatsächlichen Geschäftsbetrieb zu unterhalten. Einer der Beweggründe - wenn nicht überhaupt der wesentlichste - für die Abwicklung von Geschäftsbeziehungen über Sitzgesellschaften ist grundsätzlich, wie die Erfahrung zeigt, durch Gewinnverlagerungen in Steueroasenländer Steuerspareffekte zu bewirken. Bei einer solchen "Briefkastenfirma" liegt somit der Verdacht nahe, dass die an sie bezahlten Gelder wiederum an den Leistenden zurückgeflossen bzw. überhaupt nicht aus dessen Verfügungsmacht ausgeschieden sind (vgl. ; ). Als Empfänger kann aber an Stelle einer im Ausland ansässigen "Briefkastengesellschaft" die hinter ihr stehende Person angesehen werden (vgl. , 0186; ).
Gestützt auf entsprechende Auskünfte des Kreditschutzverbandes von 1870 hat das Finanzamt festgestellt, dass es sich bei den von der Bw. in der Beilage zum Berufungsschriftsatz bekannt gegebenen Gesellschaften um reine Sitz- bzw. Domizilgesellschaften (die Domizilgesellschaft übt in der Regel nur eine sog. passive Tätigkeit aus, die meist in der Vermögensverwaltung oder in der Verwertung von Rechten besteht) handelte, die in Steueroasen ihren Sitz hatten, über keine eigene Büro-Infrastruktur verfügten, kein Personal beschäftigten und wirtschaftlich betrachtet teilweise nicht einmal über nennenswertes Eigenkapital verfügten und dass die in Rede stehenden Geldflüsse in der Hauptsache an Sitzgesellschaft, mit denen keine Treuhandverträge abgeschlossen worden sind bzw. an Gesellschaften erfolgten, die von der Bw. in der Beilage zur Berufung namentlich nicht angeführt worden sind [vgl. dazu die diesbezüglichen unbestrittenen Überlegungen in den Berufungsvorentscheidungen (Bescheidbegründung) vom betreffend Körperschaftsteuer 1998 bis 2000 sowie Festsetzung von Anspruchszinsen für 2000 sowie auf die vorliegenden Auskünfte des Kreditschutzverbandes von 1870]. Das Finanzamt durfte daher - es wird in diesem Zusammenhang auch auf die Vorhaltewirkung einer Berufungsvorentscheidung verwiesen - zu Recht davon ausgehen, dass die von der Bw. in der Beilage zum Berufungsschriftsatz bekannt gegebenen Gesellschaften nicht die tatsächlichen Empfänger der in Rede stehenden verbuchten Beträge gewesen sind. Das Vorgehen des Finanzamtes nach § 162 Abs. 1 BAO [in diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass die (ehemalige) steuerliche Vertretung der Bw. im Rahmen der gegenständlichen Betriebsprüfung ausdrücklich aufgefordert wurde, den (wahren) Gläubiger oder Empfänger der geltend gemachten Beträge genau zu bezeichnen] war damit - gerade auch in Anbetracht der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; ; vgl. dazu auch Stoll, a.a.O., Seite 1726 ff) - grundsätzlich gerechtfertigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schon mehrfach zu Zahlungen an eine "Briefkastenfirma" ausgeführt, dass mit der Nennung von Personen, die als Empfänger bezeichnet werden, der Aufforderung nach § 162 BAO dann nicht entsprochen ist, wenn maßgebliche Gründe die Vermutung rechtfertigen, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind. Die bloße Nennung einer Steueroasenfirma (ein Unternehmen, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und daher keine Leistungen erbringen kann), ohne die an ihr tatsächlich Beteiligten bzw. ohne jene Personen, denen die Erträgnisse aus der Domizilgesellschaft zufließen, bekannt zu geben, reicht damit ebenso nicht aus, wie die bloße Namhaftmachung einer beliebigen Person (siehe ; , 0186; ; , 0146; ; vgl. auch Ritz3, a.a.O., Tz 7 zu § 162 BAO; Stoll, a.a.O., Seiten 1726 ff). Diese Person muss vielmehr auch der tatsächliche wirtschaftliche Empfänger der Beträge sein, dh. der Empfänger muss eine Leistung erbracht haben. Eine zwischengeschaltene Person, die die als Betriebsausgaben geltend gemachten Beträge zB vereinbarungsgemäß an einen Dritten weiterzuleiten hat, ist deshalb nicht der eigentliche Empfänger. Rechtfertigen maßgebliche Gründe die Vermutung, dass die benannten Personen (und sei es auch eine juristische) nicht die (tatsächlichen, richtigen, wahren) Empfänger der abgesetzten Beträge sind, kann die Abgabenbehörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung den Abzug versagen (vgl. ; ; ; , 0099; ; ).
Damit war aber mit der (unbestrittenen) Benennung von Briefkastengesellschaften dem Auftrag nach § 162 Abs. 1 BAO nicht entsprochen und waren die beantragten Absetzungen gemäß § 162 Abs. 2 BAO zwingend nicht anzuerkennen. Eine korrespondierende einnahmenbezogene Regelung zu § 162 BAO bzw. eine (zwingende) Nichtanerkennung von Betriebseinnahmen mangels Empfängerbenennung ist im Übrigen im österreichischen Steuerrecht nicht vorgesehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 § 27 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 § 5 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906 Art. 4 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 Art. 7 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 Art. 23 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 § 162 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 1 DBA CH (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 64/1975 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at