Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 27.06.2008, RV/0711-S/07

Arbeitszimmer eines technischen Kundenbetreuers

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2000 entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

In seiner Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2000 machte der Berufungswerber (Bw.) - ein technischer Angestellter - ua. Aufwendungen für ein im Keller seines Einfamilienhauses gelegenes Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend.

Im Einkommensteuerbescheid 2000 vom wurden diese Aufwendungen nicht als Werbungskostenabzug anerkannt.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Bw. vor, er sehe den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit insofern gegeben, als seine Firma ihm keine weitere Betriebsstätte für die Ausübung seiner Tätigkeit zur Verfügung stelle. Ein Großteil seiner Arbeit sei nur mit dieser Infrastruktur zu erfüllen. Tätigkeiten, die er von seinem Arbeitszimmer aus durchführe, seien unter anderem Remotesupport für Kunden via Internet oder Modem, telefonische Unterstützung von Kunden, von seiner Firma geforderte Internet/Computerbasierende Weiterbildung, Reporting, Zeiterfassung, Administration, Software/Hardware-Tests für beim Kunden umzusetzende Lösungen, Interne Softwaretests für Diagnoseprogramme, Telefonkonferenzen mit internationalen Kollegen, usw. Der Raum werde ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt. Zusätzlich beantrage er, die anteilige Absetzung für Abnutzung sowie die anteilige Versicherungsprämie als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Im Rahmen der Beantwortung eines Ergänzungsersuchens führte der Bw. weiters aus, der Anteil der Innendiensttätigkeit sei variabel, liege aber im Bereich von 55 bis 65 Prozent. Die steuerfreien Bezüge erhalte er als Spesenabgeltung nach Aufwand (Hotelrechnungen, Parkkosten, usw.) bzw. als Tagsätze für Dienstreisen.

Mittels Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

In der Folge beantragte der Bw. die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Er betonte noch einmal, dass der Büroraum für die Ausführung seiner beruflichen Tätigkeit unerlässlich sei. Der Arbeitgeber habe im Jahr 2000 diesbezüglich keinerlei Abgeltung für Aufwendungen geleistet.

Der am mit dem Bw. aufgenommenen Niederschrift ist zu entnehmen, dass er seine Tätigkeit als "technischer Kundenbetreuer" bezeichnen würde. Er betreue Großkunden mit Großrechenanlagen vor Ort und auch über Remoteverbindungen. Er bearbeite beim Kunden anstehende Projekte (Planung und Implementierung von Systemlösungen im Hinblick auf Hardware und Betriebssysteme). Er habe einen Rahmen-Dienstvertrag, der jährlich, zB. hinsichtlich Schulungsmaßnahmen und Zielvereinbarungen, konkretisiert werde. Neben den bereits beschriebenen Tätigkeiten stelle er "telefonische Vordiagnosen" bei Störfällen bei Kundensystemen. Dies erfolge vom Heimbüro aus, alle sechs Wochen für ganz Österreich. Pro Monat habe er eine Woche Bereitschaftsdienst (über 24 Stunden) für Oberösterreich und Salzburg. Unter Umständen müssten Tätigkeiten vor Ort ausgeführt werden, meist reiche eine Fernwartung. Für interne Software habe er im Rahmen von Projekten Tests durchgeführt (in seinem Büro). Auch für geplante Kundenprojekte seien Testprojekte durchgeführt worden. Sein Arbeitszimmer sei im Keller untergebracht und sei sowohl von außen als auch von innen zugänglich. Der Haupteingang liege im Erdgeschoss. Gegenüber dem Dienstgeber habe er eine Geheimhaltungserklärung abgegeben, damit fremde Personen keinen Zugang zu den sensiblen EDV-Daten hätten. An seinem Dienstort in Linz verfüge er über kein Büro und keine Arbeitsmittel. Ein Mal im Monat finde eine Gruppenbesprechung in Linz statt. Der Anteil seiner Innendiensttätigkeit betrage auf das Jahr gesehen ca. 50 bis 60 Prozent. Der Arbeitgeber stelle ihm die technischen Arbeitsmittel zur Verfügung, er die Büroräumlichkeiten. Die Einrichtung bestehe aus altem Firmenmobiliar. Seine Tätigkeit sei mit der eines Teleworkers vergleichbar, firmenintern werde er auch so bezeichnet. Er müsse bei Bereitschaft innerhalb von 15 Minuten beim Kunden die Fernwartung durchführen können und benötige auch die erforderliche technische Ausstattung. Er führe auch Reparaturen an der Hardware durch, wobei die Ersatzteile entweder zu ihm oder zum Kunden kämen.

Weiters wurden vom Bw. der Dienstvertrag, die Richtlinien "Home Base for Digital Onsite Engineers", "Vergabe/Benutzung von Mobiltelefonen in MCS", die monatlichen Stundennachweise, die monatlichen Reiseberichte, Fotos des Heimbüros sowie Pläne des Einfamilienhauses vorgelegt.

Im Rahmen der Beantwortung eines vom Unabhängigen Finanzsenat übermittelten Vorhaltes legte der Bw. die Bestätigung des Arbeitgebers, dass für das Arbeitszimmer keine Aufwandsersätze geleistet wurden, eine Aufschlüsselung der steuerfreien Bezüge gem. § 26 EStG 1988 sowie die Stromabrechnung vor. Der Stromsubzähler messe ausschließlich Verbraucher im Büro sowie eines Server/Netzwerkschrankes. An Geräten verwende er Drucker, Notebook, Fax-Gerät, Modem, zwei Compaqserver DL380, ein Storagesystem HG80, einen Unixserver HP9000 usw. Diese Geräte würden nur beruflich verwendet, privat verfüge er über ein eigenes Notebook und einen Drucker.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 können Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen als Werbungskosten von der Einkunftsart abgezogen werden, bei der sie erwachsen sind. § 20 Abs. 1 Z 2 lit.d EStG 1988 bestimmt jedoch ausdrücklich, dass folgende Aufwendungen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen: Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie Einrichtungsgegenstände der Wohnung. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen abzugsfähig.

Ein Arbeitszimmer liegt dann im Wohnungsverband, wenn es einen Teil der Wohnung oder eines Einfamilienhauses darstellt. Dafür spricht jedenfalls, wenn es von der Wohnung aus begehbar ist (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG 1988, Kommentar, Band III, Tz 6.1 zu § 20).

Der Umstand, dass der Steuerpflichtige über keinen anderen Arbeitsraum verfügt, führt nicht dazu, dass das häusliche Arbeitszimmer zwangsläufig als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit sein muss (vgl. sowie ). Vielmehr hat die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt im Sinn der gesetzlichen Bestimmung darstellt, nach der Verkehrsauffassung, nach dem typischen Berufsbild, zu erfolgen. Lässt sich eine Betätigung in mehrere Komponenten zerlegen, erfordert eine Beurteilung nach der Verkehrsauffassung eine wertende Gewichtung der Teilkomponenten. Diese führt dann im Ergebnis zu der Feststellung, wo der Mittelpunkt der Tätigkeit gelegen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Mittelpunkt einer Tätigkeit nach ihrem materiellen Schwerpunkt zu beurteilen; im Zweifel wird darauf abzustellen sein, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit genutzt wird (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 21., 2004/15/0060 und vom , 2004/13/0025). Die Frage des Tätigkeitsmittelpunktes eines Systembetreuers oder Informatikers, dessen vordringliche Aufgabe die Beratung von Kunden, sowie die Entwicklung und Einrichtung von Programmen für diese Kunden ist, wurde vom unabhängigen Finanzsenat bereits dahingehend entschieden, dass der materielle Schwerpunkt derartiger Tätigkeiten im außerhäuslichen Bereich liegt, auch wenn die jeweiligen Programme im häuslichen Arbeitszimmer entwickelt werden ( u. , -G/06 und -G/06)

Der Bw. ist als technischer Kundenbetreuer für ein Technologieunternehmen tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit betreut er Großkunden mit Großrechenanlagen. Sein Aufgabengebiet umfasst die Wartung (Hard- und Software) vor Ort beim Kunden sowie über Remoteverbindungen von seinem Arbeitszimmer aus und die Bearbeitung von Kundenprojekten (Planung und Implementierung von Systemlösungen im Hinblick auf Hardware und Betriebssysteme). Pro Monat ist für eine Woche (über 24 Stunden) Bereitschaftsdienst für den Bereich Oberösterreich und Salzburg zu leisten, alle sechs Wochen auch österreichweit mit telefonischen Vordiagnosen bei Störfällen. Weiters sind auch interne Softwaretests für Diagnoseprogramme durchzuführen.

Zweifellos ist die Tätigkeitskomponente, die in seinem Arbeitszimmer erfolgt, nicht unwesentlich, da der Bw. dort Kundenprojekte bearbeitet, einen Teil der Wartungsarbeiten erledigt sowie firmeninterne Aufgaben wahrnimmt. Der für die Bestimmung des materiellen Schwerpunktes der Tätigkeit maßgebliche Aufgabenbereich liegt in der Kundenbetreuung, die auch einen Großteil der Arbeitszeit des Bw. beansprucht. Wie aus den vorgelegten Reiseberichten und Stundenabrechnungen ersichtlich ist, hat der Bw. im Streitjahr diesbezüglich bereits den überwiegenden Teil der geleisteten Gesamtarbeitszeit von 2.096,25 Stunden (unter Berücksichtigung von 29 Urlaubs- und 10 Krankenstandstagen, gesamt 302,25 Stunden) im Außendienst geleistet, nämlich 1.108,5 Stunden (1.264 Stunden Gesamtaußendienst abzüglich 155,5 Stunden fürsTrainings, Workshops, Meetings). Wie bereits erwähnt, ist der für die Kundenbetreuung im Arbeitszimmer aufzubringende Zeitaufwand nicht unerheblich, dennoch muss der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit dort gesehen werden, wo die Umsetzung der Projekte einschließlich der technischen Betreuung erfolgt - bei den Kunden. Auch eine Betrachtung der zeitlichen Komponente kann zu keiner anderen Beurteilung des Mittelpunktes der Tätigkeit führen, denn wie oben dargestellt zeigt sich im maßgeblichen Jahr ein zeitlich überwiegendes Ausmaß der Außendiensttätigkeit. Auch die Leistung von Bereitschaftsdiensten, in denen der Bw. lediglich erreichbar sein muss, um bei Störfällen kurzfristig Hilfestellung zu leisten bzw. Vordiagnosen zu erstellen, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern.

Eine Anerkennung der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer als Werbungskosten ist bei dieser Sachlage nicht möglich.

Der Bw. hat im Rahmen der für das Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen S 3.854,46 (€ 280,11)an Stromkosten geltend gemacht. Der Verbrauch wurde mittels eines Stromsubzählers ermittelt, der ausschließlich den Verbrauch im Heimbüro sowie eines Server/Netzwerkschrankes vor dem Büro misst. Im Hinblick darauf, dass der Stromverbrauch im Wesentlichen aus dem Einsatz, steuerlich anzuerkennender Arbeitsmittel, nämlich der ausschließlich beruflich genutzten, umfangreichen EDV-Ausstattung, resultiert, erachtet der Unabhängige Finanzsenat die diesbezüglich geltend gemachten Aufwendungen gem. § 16 Abs. 1 EStG 1988 als Werbungskosten abzugsfähig.

Die Berufung war somit teilweise stattzugeben.

Salzburg, am

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Arbeitszimmer
technischer Kundenbetreuer

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at