Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.03.2011, RV/3152-W/07

Haftung der Erbin für die Erbschaftssteuer der Vermächtnisnehmerin

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Frau F.V., W., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Haftung gemäß § 13 Abs. 2 ErbStG entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

In der Verlassenschaft nach Herrn H.K., verstorben am 1., war auf Grund des Testamentes vom 2. die Tochter, Frau F.V., die Berufungswerberin, zur Alleinerbin berufen. Die Berufungswerberin hat zum gesamten Nachlass eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben. Mit Einantwortungsbeschluss vom wurde der Berufungswerberin der Nachlass zur Gänze eingeantwortet.

Der Reinnachlass wurde laut Vermögenserklärung mit € 15.879,09 beziffert, darin enthalten eine Liegenschaft samt Haus mit einem dreifachen Einheitswert von € 61.045,17. Als Legat wurde der Lebensgefährtin des Verstorbenen, Frau F.M., ein Wohnungsrecht an diesem Haus eingeräumt. Nach Aufforderung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien "um Bekanntgabe der Höhe des monatlichen Wohnrechtes zugunsten F.M.", wurde von der Berufungswerberin am bekannt gegeben, dass ihre Mutter das Haus mit ihrem Vater bis zu seinem Tod bewohnt hat und es auch weiterhin (unentgeltlich) bewohnen wird. Nachdem über weiteres Ersuchen dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien ein Wert für das Wohnrecht nicht bekannt gegeben wurde, hat das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern das Wohnungsrecht geschätzt.

Mit Bescheid vom wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien Frau F.M. für das Legat die Erbschaftssteuer mit € 9.823,00 vorgeschrieben. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurden nur wirtschaftliche Gründe, warum die Erbschaftssteuer nicht bezahlt werden kann, vorgebracht. Diese Berufung wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

In der Folge nahm, da die Erbschaftssteuer bei der Legatarin uneinbringlich war, das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Haftungsbescheid gemäß § 13 Abs. 2 ErbStG vom die Berufungswerberin als Haftende für die Erbschaftssteuerschuld der Frau F.M. in der Höhe von € 9.823,00 mit folgender Begründung in Anspruch:

"Hinsichtlich der angeführten Legatarin ergeht dieser Bescheid als Haftungsbescheid gemäß § 13 Abs. 2 ErbStG in Verbindung mit § 224 Abs. 1 BAO an Sie als Gesamtschuldner. Der Gesamtbetrag ist daher von Ihnen an das Finanzamt zu entrichten.Infolge Uneinbringlichkeit/Gefährdung der Einbringlichkeit bei F.M. hatte die Heranziehung zur Haftung zu erfolgen."

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass die Berufungswerberin von ihrem Vater nur das mit einer Hypothek belastete Haus samt Grundstück geerbt habe, jedoch kein Bargeld, Sparbücher oder ähnliches. Auf Grund der finanziellen Lage ist es der Berufungswerberin nicht möglich, den vorgeschriebenen Betrag zu bezahlen. Es folgt eine Aufstellung der monatlichen Zahlungen und die Bekanntgabe ihres monatlichen Einkommens. Danach beträgt die monatliche Belastung € 1.442,34 und der monatliche Verdienst € 1.520,91. Die Einbringung dieses Betrages würde ihre Existenz gefährden und es könnte den anderen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachgekommen werden.

Vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien wurde die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde diese Abweisung wie folgt:

"Wer als Steuerschuldner bzw. Haftender für die Erbschaftsteuer herangezogen werden kann, regelt der § 13 Erbschaftssteuergesetz. Steuerschuldner ist bei einem Erwerb von Todes wegen nach Abs. 1 grundsätzlich der Erwerber.

Auf Grund des § 13 Abs. 2 ErbStG haftet neben dem Erwerber aber auch der Nachlass sowie jeder Erbe in Höhe des Wertes des aus der Erbschaft Empfangenen für die Steuer der am Erbfall Beteiligten als Gesamtschuldner.

Das Rechtsinstitut der Haftung dient der Verstärkung und Sicherung des Abgabenanspruchs. Gemäß § 7 Abs. 1 BAO werden Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, durch Geltendmachung dieser Haftung zu Gesamtschuldnern. Gemäß § 224 Abs. 1 erster Satz BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. Grundsätzlich handelt es sich bei der Entscheidung der Abgabenbehörde, einen Erben zur Haftung für die Erbschaftssteuerschuld eines anderen heranzuziehen, um eine Ermessensentscheidung. Liegen jedoch sachgerechte Gründe vor, die der Behörde keinen Ermessenspielraum belassen, ist sogar zwingend der Haftende in Anspruch zu nehmen. Unter sachgerechten Gründen versteht man solche Umstände, die die Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabe erkennen lassen.

Im gegenständlichen Fall wurden von der Finanzbehörde alle möglichen Einbringungschritte unternommen, wobei sich nach der Aktenlage herausgestellt hat, dass die Steuerschuld beim Erwerber des Legats absolut uneinbringlich ist.

Da keine weiteren Gesamtschuldner vorhanden sind, war die Geltendmachung der Haftung der Berufungswerberin berechtigt.

Die Haftungssumme ist im Wert des aus der Erbschaft Empfangenen gedeckt, zumal der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung auch klargestellt hat, dass für die Berechnung des Empfangenen nicht der Einheitswert sondern der Verkehrswert einer Liegenschaft maßgeblich ist ( ZI. 91/16/0045).

Ob die Berufungswerberin in der Lage ist, die Haftungsschuld aus anderen Mitteln als dem Erbteil zu begleichen, war für die Erlassung des Haftungsbescheides nicht von Bedeutung, da der Haftungstatbestand des § 13 Abs. 2 ErbStG nicht auf die Einkommens- und Vermögenssituation des Haftungspflichtigen abstellt.

Die Abgabenschuld kann beim Eigenschuldner nicht eingebracht werden und die Haftungsschuld findet bei der in dem aus der Erbschaft empfangenen Vermögen Deckung.

Der angefochtene Haftungsbescheid ist daher zu Recht und richtig."

Im Vorlageantrag wurde von der Berufungswerberin vorgebracht:

"Wie schon in meiner Berufung erläutert verfüge ich über kein Bargeld, Ersparnisse, etc. Von meinem Vater habe ich nur das Haus geerbt, welches belastet ist und ich für die Schulden aufkommen muss. Ich habe weiters auch angeführt, dass ich aufgrund verschiedener privater und beruflicher Probleme in der Vergangenheit erhebliche Schulden haben, für die ich Ratenvereinbarungen abgeschlossen habe, die in Summe Euro 1.092,34 ausmachen (bei einem Netto Verdienst von jetzt Euro 1.564,78 - aufgrund einer kollektivvertraglichen Erhöhung). Mit den verbleibenden Euro 472,44 muss ich meine Fixkosten decken.

Würde ich auf gerichtlichem Weg gezwungen werden, den vorgeschriebenen Betrage von Euro 9.832,00 zu bezahlen (Lohnexekution), wäre damit meine Existenz gefährdet. Ich könnte meinen anderen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, es käme zu Lohnpfändungen und wahrscheinlich würde ich aufgrund dessen meine Anstellung verlieren.

In der Begründung der Berufungsvorentscheidung wird angeführt, dass die Haftungsschuld durch Höhe des Wertes der Erbschaft gedeckt ist. Ich würde sehr gerne das Haus verkaufen und meine Schulden damit begleichen. Allerdings hat meine Mutter ein Wohnrecht in diesem Einfamilienhaus (daher auch die Erbschaftssteuerschuld, um die es sich hier dreht). Daher kann ich das Haus vorerst nicht verkaufen.

Ich bitte bei der Entscheidung meine schwierige Lage zu berücksichtigen."

Über die Berufung wurde erwogen:

Steuerschuldner der Erbschaftssteuer ist nach § 13 Abs. 1 ErbStG der Erwerber. Nach Absatz 2 dieser Gesetzesstelle haftet neben dem Erwerber der Nachlass sowie jeder Erbe in Höhe des Wertes des aus der Erbschaft Empfangenen für die Steuer der am Erbfall Beteiligten als Gesamtschuldner.

Gemäß § 224 Abs. 1 erster Satz BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. § 7 Abs. 1 BAO bestimmt, dass Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, durch Geltendmachung dieser Haftung zu Gesamtschuldnern werden.

Die Geltendmachung der Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt. Auf Grund des § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, welche die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Bei der Erbenhaftung des § 13 Abs. 2 ErbStG ist das Ermessen im Sinne einer Nachrangigkeit der Haftungsinanspruchnahme zu üben, weshalb die Geltendmachung der Haftung nur dann gesetzeskonform sein wird, wenn die Einbringlichkeit der Erbschaftssteuer beim Eigenschuldner gefährdet oder wesentlich erschwert ist (). Kämen, was hier nicht der Fall ist, mehrere Miterben als Haftungspflichtige in Betracht, wäre auch unter diesen die Auswahl nach den Ermessenskriterien des § 20 BAO vorzunehmen.

Nach den Ausführungen der Legatarin in der Berufung gegen den Erbschaftssteuerbescheid ist es ihr unmöglich, diesen Betrag zu bezahlen. Einbringungsschritte führten nicht zu einem Erfolg. Es war davon auszugehen, dass die der Legatarin vorgeschriebene Erbschaftssteuer bei dieser uneinbringlich ist.

Aus dem Gesamtbild der Verhältnisse ist ersichtlich, dass bei der Legatarin eine Gefährdung, zumindest aber eine Erschwerung der Einbringung vorliegt, weshalb bei der Ermessensübung der Zweckmäßigkeit unter dem Blickwinkel des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben der Vorzug zu geben war.

Ungeachtet dieser Ausführungen ist zu bedenken, dass streng genommen ein Ermessensspielraum zu Gunsten des Haftungspflichtigen Erben immer dann nicht vorliegt, wenn außer diesem Erben kein zahlungsfähiger Gesamtschuldner vorhanden ist (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, § 13 ErbStG Rz 15a). Da außer der Berufungswerberin keine andere Person vorhanden ist, auf die diese Merkmale zutreffen, konnte die Behörde demnach im Berufungsfall auf die Geltendmachung der Haftung gar nicht verzichten.

Dass die geltend gemachte Haftungssumme bei der Berufungswerberin im Wert des aus der Erbschaft Empfangenen gedeckt ist, wird nicht bestritten. Auch wenn vorerst nicht beabsichtigt ist, das Haus aus dem Nachlass zu verkaufen, findet die Haftungssumme in diesem Wert ihre Deckung. Dieses wird im Vorlageantrag bestätigt, wenn ausgeführt wird, dass die Berufungswerberin das Haus gerne verkaufen und damit ihre Schulden begleichen würde.

Wirtschaftliche Verhältnisse oder finanzielle Notlage können im ordentlichen Rechtsmittelverfahren keine Berücksichtigung finden. Bemerkt wird, dass die Erbschaftssteuer in der Zwischenzeit bereits beglichen wurde.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at