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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 12.04.2010, RV/0157-W/09

Arbeitszimmer und weitere Werbungskosten bei einer geschäftsführenden Gemeinderätin

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, in Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Frau Berufungswerberin (Berufungswerberin, Bw.) beantragte bei ihrer Einkommensteuererklärung für 2007 die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von € 3.584,94 im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit als Mandatarin und geschäftsführende Gemeinderätin der Gemeinde Gemeinde.

Die geltend gemachten Werbungskosten setzten sich aus folgenden Beträgen zusammen:


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Beantragte Werbungskosten

geltend gemachter Aufwand
Betrag
Virenschutzprogramm
€ 52,47
Km- Gelder
€ 784,62
Diäten
€ 174,35
Fraktionszahlungen
€ 360,00
Vorstandszahlungen
€ 174,35
diverse Spenden
€ 320,00
Bewirtung
€ 155,50
Telefonkosten Festnetz
€ 420,00
Handywertkarten
€ 280,00
Büromaterial
€ 150,00
Kosten Arbeitszimmer
€ 600,00
Gesamt
€ 3.584,94

Das Finanzamt (FA) erließ den nunmehr bekämpften Einkommensteuerbescheid 2007 ohne Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen.

Nach Berufung durch die Bw. anerkannte das FA im Rahmen einer Berufungsvorent-scheidung (BVE) folgende Beträge:


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Berufungsvorentscheidung

Anerkannte Aufwendungen
Betrag
Virenschutzprogramm 60%
€ 31,48
Reisekosten
€ 958,97
Vorstands- Fraktionszahlungen
€ 628,00
diverse Spenden
€ 0,00
Bewirtung 50%
€ 77,75
Telefonkosten 20%
€ 132,36
Büromaterial
€ 0,00
Kosten Arbeitszimmer
€ 0,00
Gesamt
€ 1.828,56

Begründend führte das FA aus, dass von den Bewirtungskosten 50% anerkannt worden seien, von den Telefonkosten 20%, hinsichtlich des Virenschutzprogrammes sei ein Privatanteil von 40% ausgeschieden worden.

Die Spenden und das Büromaterial seien mangels Vorlage von Belegen nicht anzuerkennen, das Arbeitszimmer stelle nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit dar und sei daher ebenfalls nicht zu berücksichtigen.

Im Vorlageantrag wird hinsichtlich der Telefonspesen eingewendet, dass das Aufgabengebiet der Bw. hohe Telefonaufwendungen verursache, weshalb mindestens 40% der Kosten zu berücksichtigen seien.

Für die Spenden könnten mangels Belegerteilung - am Eingang der jeweiligen Veranstaltung stünde ein Behälter - keine Belege vorgelegt werden.

Die von der Bw. im Rahmen ihrer politischen Tätigkeit ausgeführten Tätigkeiten als geschäftsführende Gemeinderätin und Mitglied des Gemeindevorstandes seien zeitintensiv und würden ein Büro erfordern, welches ihr seitens der Gemeinde nicht zur Verfügung gestellt werde. Darüber wurde eine Bestätigung des Gemeindeamtes Gemeinde vorgelegt.

Die von der Gemeinde ausbezahlte Aufwandsentschädigung solle die angefallenen Kosten abdecken, weshalb die geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen wären.

Mit Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates (UFS) vom wurde die Bw. um Vorlage der Belege für das Büromaterial ersucht und gebeten ihre Tätigkeit genau zu beschreiben und eine Aufstellung zu übermitteln aus der ersichtlich ist, welche der übernommenen Aufgaben im Arbeitszimmer ausgeführt würden.

Weiters wurde ersucht einen Gebäudeplan und die Belege für die Kosten des Arbeitszimmers vorzulegen.

Mit Vorhaltsbeantwortung vom legte die Bw. den Gebäudeplan sowie Belege über die Gebäudekosten vor und schränkte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer auf € 546,83 ein.

Belege über das Büromaterial wurden - wie schon im erstinstanzlichen Verfahren - nicht vorgelegt.

Die übernommen Tätigkeiten wurden aufgezählt und die Gesamtarbeitszeit im Arbeitszimmer mit 80 - 120 Stunden/ Monat angegeben. Eine Aufgliederung welche Tätigkeiten innerhalb und welche außerhalb des Arbeitszimmers erfolgten wurde nicht vorgelegt. Vorgelegt wurden jedoch Unterlagen in welchen die Bw. bei diversen Veranstaltungen außerhalb ihres Arbeitszimmers mit anderen Personen abgebildet ist (Spatenstich Gemeindezentrum, Weihnachtsmarkt, Spatenstich betreutes Wohnen).

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Bw. ist unstrittig Mandatarin des Gemeinderates, geschäftsführende Gemeinderätin und Mitglied des Gemeindevorstandes der Gemeinde Gemeinde und bezieht für diese Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung. Ihr wird seitens der Gemeinde kein Büroraum für ihre Tätigkeiten in dieser Funktion (ua. Vorsitzende des Gemeinderatsausschusses IV) zur Verfügung gestellt.

Es ist glaubwürdig, dass sie den administrativen Teil ihrer Tätigkeiten in einem Arbeitszimmer im Wohnungsverband erledigt, welches anteilige Kosten von € 546,83 verursachte.

Ebenfalls erscheint es glaubwürdig, dass der beruflich veranlasste Anteil an den Telefonkosten etwa 40% beträgt. An Telefonkosten wurden € 604,34 belegmäßig nachgewiesen.

Die geltend gemachten Kosten für diverses Büromaterial € 150,00) wurden nicht belegmäßig nachgewiesen. Für die geltend gemachten Spenden konnten ebenfalls keine Belege beigebracht werden.

Die Höhe der übrigen geltend gemachten Aufwendungen wird entsprechend der Berufungsvorentscheidung festgestellt, da die Bw. im Vorlageantrag keine erkennbaren Einwendungen gegen das diesbezügliche Vorgehen des FA vorbrachte.

Strittig ist die Absetzbarkeit eines häuslichen Arbeitszimmers, der belegmäßig nicht nachgewiesenen Kosten für Büromaterial bzw. Spenden sowie die Höhe der anzuerkennenden Telefonkosten.

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

1. Arbeitszimmer

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkunftsarten nicht die Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Ob ein Arbeitszimmer einen Tätigkeitsmittelpunkt darstellt, ist nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung, nach dem typischen Berufsbild zu beurteilen

Für die Bestimmung des Mittelpunktes einer Tätigkeit ist entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ihr materieller Schwerpunkt maßgebend; im Zweifel ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl , und die dort zitierte Judikatur).

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgend ist das Arbeitszimmer dann als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit zu sehen, wenn der überwiegende Teil der Erwerbstätigkeit in diesem ausgeübt wird. Dies ist nicht der Fall, wenn etwa wie bei Richtern vom Arbeitgeber ein entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt wird oder wie etwa bei Politikern, Lehrern oder Vertretern, wenn die betriebliche oder berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig außerhalb des Hauses und folglich außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers ausgeübt wird (vgl. ; , 98/13/0132, , 99/14/0283; , 99/14/0008, ).

Nach § 21 Abs. 3 der NÖ Gemeindeordnung haben die Mitglieder des Gemeinderates an den Sitzungen des Gemeinderates teilzunehmen. Jedes Mitglied des Gemeinderates hat insbesondere das Recht, bei den Sitzungen des Gemeinderates zu den Verhandlungsgegenständen das Wort zu ergreifen, Anfragen und Anträge zu stellen sowie das Stimmrecht auszuüben (§ 22 Abs. 1 lg. cit.).

Die Tätigkeit als Mitglied des Gemeinderates beinhaltet im Wesentlichen die aktive Teilnahme an den Sitzungen des Gemeinderates. Bei geschäftsführenden Gemeinderäten tritt dazu noch die Teilnahme an Sitzungen der Gemeindeausschüsse sowie anderen Veranstaltungen, Verhandlungen und Besprechungen. Diese Tätigkeit wird daher nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung nicht typischerweise in einem im Wohnungsverband gelegenen Arbeitszimmer erbracht, d.h. der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit als Mitglied des Gemeinderates und somit der Tätigkeitsmittelpunkt liegt nicht im Arbeitsraum. Dass - wie die Bw. vorbringt - umfangreiche Vorbereitungsarbeiten und andere administrative Arbeiten notwendig sind, die in diesem Arbeitsraum durchgeführt werden, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung (UFS, , RV/1307-W/09). Im Hinblick auf Vortragstätigkeiten hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass Vorbereitungsarbeiten keineswegs den Mittelpunkt der Kerntätigkeit verlagern können (). Gleiches muss analog wohl auch für die Tätigkeit als Mitglied eines Gemeinderates bzw. eines geschäftsführenden Gemeinderates gelten, sodass auch die dafür zweifelsfrei erforderlichen Vorbereitungsarbeiten nicht den Mittelpunkt der Kerntätigkeit - diese ist die Teilnahmen an den Sitzungen des Gemeinderates - in das Arbeitszimmer verlagern können.

Auch die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zu Z 22 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 1996/201, mit dem § 20 Abs. 1 Z 2 lit d angefügt wurde, teilen diese Beurteilung, wenn dort die Aussage getroffen wird, dass bei Lehrern, Vertretern oder Politikern die betriebliche oder berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt wird.

An der oben dargestellten rechtlichen Beurteilung vermag auch das Vorbringen der Bw., sie sei mit besonders arbeitsintensiven Aufgaben betraut nichts zu ändern, ist doch die Tätigkeit unabhängig von jeder Parteizugehörigkeit nach dem typischen Berufsbild (hier Gemeindepolitiker) zu beurteilen. Liegt demnach der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer, ist es nicht mehr wesentlich, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht zu mehr als der Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird ().

Bildet aber das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit, dann sind nach dem klaren Gesetzeswortlaut auch die Aufwendungen dafür nicht abzugsfähig.

2. Spenden

Freiwillige Zuwendungen (Spenden) sind gemäß § 20 Abs. 1 Z 4 EStG unabhängig von ihrer Höhe von einer Berücksichtigung ausgeschlossen (Doralt, EStG-Kommentar, § 4, Tz. 330 unter "Spenden").

Die herrschende Lehre definiert freiwillige Zuwendungen als Ausgaben, denen keine wirtschaftlichen Gegenleistungen gegenüberstehen und die ohne zwingende rechtliche Verpflichtung des Gebers getätigt werden. Sie stellen selbst dann Kosten der Lebensführung dar, wenn sie im Einzelfall durch betriebliche oder berufliche Erwägungen - wie beispielsweise bei Politikern - mitveranlasst sind (Neuber, Werbungskosten politischer Funktionäre, ÖStZ 1993, 339).

Spenden können allenfalls nur dann absetzbar sein, wenn sie einen direkt werbewirksamen Charakter haben. Dies hat die Bw. im vorliegenden Fall allerdings nicht behauptet. Tragen die betreffenden Leistungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - wie es hier der Fall ist - überwiegend die Merkmale von Unterstützungen im Interesse des Empfängers und steht damit die Spendenmotivation im Vordergrund, sind die Leistungen auch dann nicht abzugsfähig, wenn diese Leistungen mit einer gewissen Werbewirkung für den Geber verbunden sind (Warhold, Besteuerung der Politiker, RdW 1999, 226).

Aus diesem Grund ist die mangelnde Möglichkeit des belegmäßigen Nachweises der Aufwendungen nicht entscheidungsrelevant.

3. Büromaterial

Gemäß § 138 BAO haben Abgabepflichtige auf Verlangen der Behörde den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Urkunden (Rechnungen) sind auf Verlangen zur Einsicht vorzulegen.

Werbungskosten iSd § 16 EStG müssen wie Betriebsausgaben nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden.

Die Bw. hat trotz mehrfacher Aufforderung keine Belege über die Aufwendungen "Büromaterial" beigebracht und hat diese daher nicht nachgewiesen. Eine Unzumutbarkeit des Nachweises für Büromaterialaufwand kann nicht erkannt werden. Glaubhaftmachung des Aufwandes ist daher nicht ausreichend. Entgegen den Behauptungen der Bw. wurden die entsprechenden Belege nicht bereits im erstintanzlichen Verfahren vorgelegt (Streichung des Aufwandes mangels belegmäßigen Nachweises) und scheint der Betrag von € 150,00 eher eine Schätzung der Bw. darzustellen.

4. Telefonkosten

Entsprechend dem Vorbringen ist davon auszugehen, dass 40% der nachgewiesenen Kosten durch die Tätigkeit der Bw. als Gemeinderätin veranlasst waren und daher gem. § 16 EStG abzugsfähig sind.

5. übrige Aufwendungen

Die übrigen von der Bw. geltend gemachten Aufwendungen werden analog der BVE anerkannt.


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Zusammenfassend sind als Werbungskosten iSd § 16 EStG abzugsfähig:

Anerkannte Aufwendungen
Betrag
Virenschutzprogramm 60%
€ 31,48
Reisekosten
€ 958,97
Vorstands- Fraktionszahlungen
€ 628,00
Bewirtung 50%
€ 77,75
Telefonkosten 40%
€ 264,72
Gesamt
€ 1.960,92

Die Ausführungen der Bw., dass es sich bei den Zahlungen der Gemeinde um Aufwandsentschädigungen handeln würde und daher die von ihr geltend gemachten Aufwendungen abzugsfähig wären, sind nicht zielführend. Die Bezeichnung der Zahlungen hat keinen Einfluss auf die Beurteilung der geltend gemachten Aufwendungen.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at