OGH vom 12.11.1979, 1Ob32/79
Norm
Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz § 56;
Wasserrechtsgesetz § 36;
Kopf
SZ 52/165
Spruch
Eine durch Hoheitsakt (Bescheid) zu erteilende Genehmigung kann nicht stillschweigend erteilt werden
Der Eigentümer einer Liegenschaft, über die ein in der Verfügungsmacht eines Wasserleitungsverbandes stehender Wasserleitungsstrang zur Liegenschaft eines Anschlußpflichtigen führt, kann diesen nicht auf Entfernung der Leitung belangen
(LG Eisenstadt R 217/79; BG Mattersburg C 54/79)
Text
Als die Beklagten auf dem ihnen zur Hälfte gehörigen Grundstück 3041 KG P ein Haus errichteten, suchten sie bei der Gemeinde P um einen Wasseranschluß an. Die Gemeinde P verlängerte die Ortswasserleitung über die Grundstücke 298 und 286, die damals im Eigentum der sogenannten Urbarialgemeinde standen. Im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens (Protokoll vom 9. Feber 1965) erwarb der Kläger, der bereits vorher begonnen hatte, auf angrenzenden Grundstücken (293, 294) ein Haus zu bauen, im Tauschwege das Grundstück 286.
Er begehrt von den Beklagten die Entfernung "der ihnen gehörigen Wasserleitung" vom Grundstück 286 mit der Begründung, daß sie diese ohne Rechtstitel verlegt hätten; im Zeitpunkt des Erwerbes habe er von der gegenständlichen Leitung nichts gewußt.
Die Beklagten beantragten Abweisung der Klage, wendeten ein, daß die Leitung durch den Wasserleitungsverband nördliches Burgenland verlegt worden sei und verwiesen auf die Bestimmung des § 22 des Landesgesetzes vom , Nr. 10/1956, wonach die Anschlußleitungen bis zum Wassermesser Eigentum des Verbandes sind. Die Voreigentümerin des Klägers habe die Verlegung gestattet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Seine weiteren Feststellungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Quer zum Grundstück 286 des Klägers verläuft das Grundstück 298, das einen Graben bildet, der zum Abfluß des Oberflächenwassers bestimmt ist. Dieses Grundstück wurde von der Urbarialgemeinde anläßlich des Zusammenlegungsverfahrens in das öffentliche Gut übertragen. Der Graben mundet in den Mühlbach, Grundstück 3042 (der, wie sich aus der im Akt erliegenden Fotokopie der Katastermappe ergibt, parallel zum Grundstück 286 des Klägers verläuft). Wegen der Beschaffenheit der Grundstücke 286 und 298 - nach der Mappe trennt ein spitz zulaufender Teil des Grundstückes 286 das Grundstück 298 vom Mühlbach - muß das Wasser über einen Teil des Grundstückes 286 in den Mühlbach fließen. In diesem Bereich besteht (derzeit) eine Aufgrabung. Zwei Meter unter dem Niveau ist ein entlang der Mauer führender Wasserstrang zu sehen.
Hiebei handelt es sich um die Mauer, die die Grenze zwischen den Grundstücken 297 (offenbar ebenfalls Eigentum des Klägers) und 298 einerseits und 286 und Mühlbach andererseits bildet.
Im Zeitpunkt der Errichtung der Wasserleitung waren Mitglieder des Vorstandes der Urbarialgemeinde auch im Gemeinderat vertreten. Die Generalversammlung der Urbarialgemeinde hatte den Vorstand ermächtigt, Grundstücke zu tauschen. Da der Vorstand wußte, daß die Grundstücke 286 und 298 getauscht werden mußten und die Verlegung der Leitung (und eines Stromkabels) faktisch im bestehenden und zum Wasserabfluß dienenden Graben erfolgte, duldete zumindest ein Großteil der Vorstandsmitglieder und der Präsident der Urbarialgemeinde die Verlegung. In diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, wer das Grundstück 286 im Zusammenlegungsverfahren bekommen werde. Zur Zeit der Verlegung der Wasserleitung baute der Kläger auf angrenzenden Grundstücken an seinem Haus. Er war fallweise auf der Baustelle und arbeitete dort. Der Strang für die Wasserleitung wurde im Bereich der "Überschneidung" der Grundstücke 286 und 298 in eine 2 m tiefe Künette gelegt. An der Verlegung wurde tagelang gegraben. Der Kläger hat die Aufgrabung in ihrer Länge und Tiefe gesehen.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß die Bestimmung des § 22 LGBl. 10/1956 der Passivlegitimation des Beklagten nicht entgegenstehe, da es möglich sei, dem Klagebegehren die nur sprachlich abweichende Fassung dahin zu geben, daß die Beklagten verpflichtet seien, alle Schritte zur Beseitigung der Leitung zu unternehmen. Durch die Duldung der Leitungsverlegung sei aber von den Rechtsvorgängern des Klägers stillschweigend eine Dienstbarkeit begrundet worden, die der Beklagte infolge Kenntnis von der errichteten Anlage gegen sich gelten lasse müsse.
Das Berufungsgericht hob das Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und wies die Rechtssache zur Fortsetzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
In erster Linie komme es darauf an, ob zwischen der Rechtsvorgängerin des Klägers und den Beklagten eine Dienstbarkeit der Wasserleitung auf dem Grundstück 286 begrundet worden sei. Im gegenständlichen Fall komme nur eine konkludente (stillschweigende, schlüssige) Vereinbarung in Betracht. Nach Lehre und Rechtsprechung könne auch eine öffentlich-rechtliche juristische Person ihren Willen schlüssig erklären, wenn die zur Vertretung berufenen Organe ein den Voraussetzungen des § 863 ABGB entsprechendes Verhalten setzten.
Nach § 47 Abs. 3 Bgld. FlVFLG obliege der Vollversammlung einer Agrargemeinschaft die Beschlußfassung über die Belastung agrargemeinschaftlicher Liegenschaften. Die Einräumung einer Grunddienstbarkeit bedürfe nach diesem Gesetze auch der Genehmigung durch die Agrarbehörde erster Instanz (§§ 49 Abs. 7, 53 Abs. 5 lit. a leg. cit.).
Es müsse daher geklärt werden, ob die zuständigen willensbildenden Organe der Urbarialgemeinde in irgendeiner Form mit der Einräumung der Dienstbarkeit befaßt gewesen seien und ob die Genehmigung der Agrarbehörde erster Instanz stillschweigend erteilt worden sein kann. Aus der Tatsache, daß der Kläger die Aufgrabung gesehen habe, könne nicht auf die Kenntnis der Eigentumsbeschränkung geschlossen werden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der Beklagten gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Erstgericht erblickte in der Duldung der Leitungsverlegung durch einen Großteil der Vorstandsmitglieder und den Präsidenten der Urbarialgemeinde eine stillschweigende Begründung der Dienstbarkeit der Wasserleitung. Eine solche Dienstbarkeitsbegründung war jedoch, wie vom Berufungsgericht zutreffend erkannt wurde, im Hinblick auf die Rechtsform der Urbarialgemeinde nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. Die Urbarialgemeinde ist nämlich eine Agrargemeinschaft und als solche - jedenfalls nach burgenländischem Landesrecht (§§ 38 BgldFLG 1950; 43 Abs. 3 Bgld. FlVFLG 1970; vgl. SZ 24/98; EvBl. 1970/326; ähnlich SZ 48/62) - eine juristische Person (Körperschaft öffentlichen Rechts). Auch juristische Personen öffentlichen Rechts können ihren Willen durch schlüssiges Verhalten erklären (Stanzl in Klang[2] IV/1, 855; SZ 43/213; SZ 44/146 und 187), vorausgesetzt, daß das Verhalten im Sinne des § 863 ABGB durch das zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen berufene Organ der juristischen Person gesetzt wird (1 Ob 762/76; 7 Ob 540/78).
Die Frage, welches Organ der Urbarialgemeinde ein derartiges Verhalten gesetzt haben müßte, ist allerdings nicht nach den Vorschriften des Bgld. FlVFLG 1970 vom , LGBl. 4/1970 i. d. F. LGBl. 55/1979, zu beurteilen, da sich die maßgeblichen Sachverhalte vor 1965 (etwa 1962 bis 1964) ereigneten. Damals galt das Bgld. Flurverfassungslandesgesetz 1950 (FLG 1950) vom , LGBl. 4/1951, das eine Regelung der Organisation der Gemeinschaft durch (vorläufige) Verwaltungssatzungen (§§ 44, 81 leg. cit.) vorsah. Diese Satzungen haben u. a. den Wirkungskreis der Vollversammlung, die Art ihrer Einberufung, die Bestimmungen über die Beschlußfähigkeit, die Fassung, Gültigkeit, Verlautbarung und den Vollzug der Beschlüsse, sowie die zur Vertretung der Gemeinschaft und zum Vollzug der Beschlüsse berufenen Organe, insbesondere Vorstand und Ausschuß, sowie die Art ihrer Wahl, ihre Rechte und Pflichten zu enthalten (§§ 44 Abs. 1 lit. d und e, 81 Abs. 2 leg. cit.). Es wird sich somit erst aus der Erforschung des damaligen Satzungsinhaltes ergeben, wer zur Vertretung der Urbarialgemeinde (Präsident, Vorstandsmitglieder?) berufen war und damit ein Verhalten setzen konnte, welches mit Überzeugung aller Umstände keinen vernünftigen Grund übrigließ, daran zu zweifeln, daß einer dauernden Leitungsverlegung im Sinne der Einräumung einer Dienstbarkeit zugestimmt wurde. Es wird daher festzustellen sein, in welcher Form diesen Organen die beabsichtigte Wasserleitungsverlegung über die Grundstücke 298 und 286 der Urbarialgemeinde zur Kenntnis kam und wie sie darauf reagierten.
Zur Belastung agrargemeinschaftlicher Grundstücke war nach der damaligen Gesetzeslage (§ 40 Abs. 1 Bgld. FLG 1950) - sowie auch jetzt nach §§ 49 Abs. 7, 53 Abs. 5 lit. a Bgld. FlVFLG 1970 - eine Genehmigung der Agrarbehörde erforderlich. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß auch diese Genehmigung stillschweigend erteilt worden sein konnte, kann jedoch nicht gefolgt werden.
Eine derartige Genehmigung ist ein Hoheitsakt, der nur durch Bescheid erfolgen kann. Ein Bescheid kann zwar, soweit sich aus einschlägigen Gesetzen nichts anderes ergibt, auch die Genehmigung einer stillschweigend zustande gekommenen rechtsgeschäftlichen Erklärung zum Gegenstand haben (so Stanzl in Klang[2] IV/1.855), aber seinerseits nicht stillschweigend - etwa durch bloße Untätigkeit der Genehmigungsbehörde bei Kenntnis des genehmigungspflichtigen Sachverhaltes - erlassen werden (Reischauer - Rummel in ZAS 1973, 138 f.; Winkler, Der Bescheid 115; aM SZ 44/146 = Arb. 8926 = ZAS 1973/17, 136). Willenserklärungen einer Behörde können nur dort nach den Regeln des § 863 ABGB stillschweigend zustande kommen, wo es sich um einen privatrechtlichen Akt der betreffenden juristischen Person öffentlichen Rechts handelt (Reischauer - Rummel a. a. O.). In diesem Sinne sind auch die - vom OGH in SZ 44/146 zitierten - Ausführungen Stanzls zu verstehen, wonach öffentlich-rechtliche juristische Personen ihren Willen durch schlüssiges Verhalten erklären können, wenn der äußere Tatbestand, aus dem sich der Geschäftswille schlüssig ergeben soll, von den zur Vertretung berufenen Organen gesetzt worden ist. Schon aus dem Orte der Behandlung dieses Themas (§ 1016 ABGB) ergibt sich, daß privatrechtliches Handeln öffentlich-rechtlicher juristischer Personen gemeint ist.
Das entspricht auch der - überwiegenden - Auffassung der Rechtsprechung zum konkludenten Zustandekommen behördlicher Akte im Bereich der Gerichtsbarkeit. Der OGH hat wiederholt ausgesprochen, daß es eine konkludente Genehmigung eines Vertrages durch das Pflegschaftsgericht nicht gibt (SZ 31/52; MietSlg. 16 105; GesRZ 1978, 169; zuletzt 7 Ob 715/78), sondern der Willensentschluß des Gerichtes in der vorgeschriebenen Form geäußert werden muß. Aus dem bloßen Wissen des Gerichtes vom Bestand eines Vertrages darf nicht auf eine stillschweigende pflegschaftsbehördliche Genehmigung geschlossen werden (SZ 31/52 u. a.).
Die agrarbehördliche Genehmigung kann daher nicht stillschweigend erteilt worden sein. Damit ist aber eine allenfalls schlüssig zustande gekommene Vereinbarung zwischen der Urbarialgemeinde und den Beklagten über die Bewilligung der Verlegung der Wasserleitung über ihr Grundstück nicht wirkungslos. Das gegenständliche Rechtsgeschäft ist dann vielmehr unter einer sogenannten "Rechtsbedingung" abgeschlossen worden, bei welcher der Grund, der einer sofortigen Rechtswirksamkeit des Geschäftes entgegensteht, nicht im Willen der Parteien, sondern im Willen des Gesetzes liegt (Gschnitzer in Klang[2] III, 659 f.; derselbe, Lehrbuch, Allgemeiner Teil, 194; vgl. auch Mayer - Maly in Klang[2] IV/2, 223 f.; EvBl. 1979/167). Der OGH hat unter Berufung auf das Schrifttum - insbesondere im Zusammenhang mit der Genehmigungsbedürftigkeit von Rechtsgeschäften nach den Grundverkehrsgesetzen - wiederholt ausgesprochen, daß ein genehmigungspflichtiges Rechtsgeschäft die Parteien so lange bindet, als ihm nicht von der zuständigen Behörde die Genehmigung versagt wird (SZ 2/28; SZ 28/204; SZ 42/21; SZ 44/19 und 87, JBl. 1974, 525; JBl. 1975, 652 u. v. a.); die ältere Rechtsprechung hatte das Vorliegen einer resolutiven Bedingung angenommen (z. B. SZ 3/61; EvBl. 1958/30 u. a.; vgl. auch EvBl. 1961/279), während spätere Entscheidungen die Frage dahingestellt ließen (EvBl. 1956/232; SZ 42/21).
Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung gilt ein Vertrag, der von einer Behörde (Grundverkehrskommission) genehmigt werden muß, als aufschiebend bedingt; wird die Genehmigung in der Folge versagt, so ist er ex tunc unwirksam. Da beide Teile verpflichtet sind, dem Vertrag volle Wirksamkeit zu verschaffen, kann schon vor der Erteilung der Genehmigung auf Zuhaltung des Vertrages (SZ 5/57; SZ 43/171 u. a.), insbesondere auf Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde geklagt werden (SZ 42/21; JBl. 1974, 525; JBl. 1975, 652; EvBl. 1977/265 u. a.).
Daraus folgt, daß dem Beklagten bis zur Erteilung der Genehmigung durch die Agrarbehörde gegenüber dem Begehren des Vertragspartners, durch das die bereits verlegte Leitung wieder entfernt werden soll, eine aufschiebende Einrede zusteht, die darauf beruht, daß das Rechtsgeschäft während des Schwebezustandes nicht wirkungslos ist und der bedingt Verpflichtete alles tun und vorkehren muß, was notwendig ist, um bei Eintritt der Bedingung erfüllen zu können, und alles unterlassen muß, was die Erfüllung hindern würde (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 321; SZ 42/21; SZ 43/171; JBl. 1974, 525; JBl. 1975, 652; EvBl. 1979/167). Wenn auch während des Schwebezustandes Erfüllungshandlungen, die zu dessen Beendigung nicht erforderlich sind, nicht verlangt werden können, so kann doch andererseits das trotz des Schwebezustandes bereits Geleistete erst zurückverlangt werden, wenn der Grund, die Leistung zu behalten, durch Versagung der Genehmigung weggefallen ist, der von den Parteien erwartete Erfolg also endgültig vereitelt ist (§ 1435 ABGB).
Diese Umstände können auch dem Einzelrechtsnachfolger des Vertragspartners entgegengehalten werden, soweit er sich nicht auf § 1500 ABGB zu berufen vermag. Im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes reicht die Tatsache, daß der Kläger die Aufgrabung in ihrer Länge und Tiefe gesehen hat, grundsätzlich aus, um seinen guten Glauben beim späteren Erwerb einer Fläche, die von diesem Vorgang erkennbar betroffen war, auszuschließen. Dem Kläger mußte schon nach seinem Berufe als Architekt klar sein, daß eine solche Aufgrabung nur der - in aller Regel auf Dauer bestimmten - Verlegung von Versorgungsleitungen dienen konnte. Er hat somit vor dem rechtsgeschäftlichen Erwerb Umstände wahrgenommen, die das Bestehen eines Rechtes an fremder Sache vermuten ließen, so daß er sich auf den dieser Sachlage abweichenden Grundbuchstand nicht berufen kann. Voraussetzung für eine Schlechtgläubigkeit des Klägers ist aber, daß er auf Grund der wahrgenommenen Vorgänge beim späteren Erwerb bei gehöriger Information über die Grenzen des erworbenen Grundstückes Verdacht schöpfen mußte, daß dieses von den Versorgungsleitungen - wenn auch geringfügig - betroffen war.
Das Erstgericht wird jedoch - zweckmäßigerweise vor Klärung dieser Fragen, auf die die Rekurswerber in ihrem Rechtsmittel gar nicht mehr zurückgekommen sind - zu prüfen haben, ob die Beklagten überhaupt zur Entfernung der - ihren Behauptungen zufolge - vom "Wasserleitungsverband nördliches Burgenland" zu ihrem Grundstück verlegten Leitung verhalten werden können: Sie beriefen sich schon in erster Instanz auf mangelnde Passivlegitimation und zitierten § 22 des Gesetzes vom , LGBl. 10/1956, über die Bildung eines Verbandes zur Errichtung und zum Betriebe einer öffentlichen Wasserleitung für Gemeinden des nördlichen Burgenlandes. Dieses Gesetz beruht auf § 36 Abs. 1 WRG 1959, der anordnet, daß zur Wahrung der Interessen eines gemeinnützigen öffentlichen Wasserversorgungsunternehmens ein Anschlußzwang vorgesehen, die Einschränkung der Errichtung eigener Wasserversorgungsanlagen oder deren Auflassung verfügt werden kann, wenn und soweit die Weiterbenützung solcher Anlagen die Gesundheit gefährden oder die Errichtung neuer Anlagen den Bestand der öffentlichen Wasserleitung in wirtschaftlicher Beziehung bedrohen könnte. Die näheren Bestimmungen hierüber bleiben der Landesgesetzgebung überlassen. Der VfGH hat am erkannt, daß § 36 Abs. 1 WRG 1959 nicht verfassungswidrig ist (Slg. 4883).
Mit dem Gesetz vom , LGBI. 10/1956, wurde ein "Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland" mit Rechtspersönlichkeit geschaffen (§ 1 leg. cit.). Für die Eigentümer aller Gebäude, Betriebe und Anlagen im Gebiete der Versorgungsgemeinden, zu denen gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. auch P gehört, besteht unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 und 2 leg. cit. - mit den im § 18 leg. cit. bestimmten Ausnahmen - Anschlußpflicht. Die Eigentümer aller Gebäude, Betriebe und Anlagen im Gebiet der Verbandsgemeinden, die aus der Wasserleitung des Verbandes mit Wasser versorgt werden können, sind verpflichtet, das für die Benützung dieser Gebäude, Betriebe oder Anlagen erforderliche Trink- und Nutzwasser aus der Wasserleitung zu beziehen und zu diesem Zweck den Anschluß ihrer Liegenschaften an die Wasserleitung herstellen zu lassen (§ 17 Abs. 1 leg. cit.). Als Gebäude, Betriebe und Anlagen, die aus der Wasserleitung versorgt werden können, sind jene zu betrachten, die an einem Straßenrohrstrang liegen und bei denen die kürzeste Verbindung bis zur Grenze der Liegenschaften nicht mehr als 50 m beträgt (§ 17 Abs. 2 leg. cit.). Die Voraussetzungen für die Anschlußpflicht unterliegen der Überprüfung in einem Rechtsmittelverfahren (§ 19 leg. cit.). Die Anschlußpflicht ist durch Ersatzvornahme auf Kosten des Verpflichteten im Verwaltungswege erzwingbar (§§ 19 Abs. 4, 31 Abs. 5 leg. cit.). Der Verband stellt die Anschlußleitungen für Gebäude, Betriebe und Anlagen, deren Eigentümer anschlußpflichtig sind, auf eigene Kosten her (§ 20 leg. cit.). Sämtliche Anschlußleitungen bis einschließlich der Wassermesser sind Eigentum des Verbandes oder gehen nach Fertigstellung in das Eigentum des Verbandes über (§ 22 leg. cit.). Die näheren Bestimmungen über die Durchführung des Anschlusses an die Wasserleitung, die Herstellung der Anschluß- und Hausleitungen sowie über den Wasserbezug werden von der Vollversammlung (§ 3 leg. cit.) erlassen und als "Wasserleitungsordnung" nach Genehmigung der Landesregierung im Landesamtsblatt für das Burgenland verlautbart (§ 25 Abs. 1 und 2 leg. cit.). Die demgemäß am erlassene Wasserleitungsordnung (im folgenden zitiert: "WO") sieht auch einen freiwilligen Anschluß über schriftliches Ansuchen des Anschlußwerbers an den Wasserleitungsverband vor (§ 2 WO). Die Herstellung des Anschlusses erfolgt auch in diesem Fall durch den Verband, jedoch auf Kosten des Eigentümers (§ 2 Abs. 2 WO). § 4 Z. 3 Abs. 1 WO definiert, was Anschlußleitungen sind, nämlich "Leitungsstücke, gemessen von der Anschlußstelle an der Ortsleitung bis einschließlich Wassermesser mit Rückschlagklappe, jedoch bis zu einer Maximallänge von 10 m". Der Ausbau der Anschlußleitungen steht, sofern nichts anderes vereinbart ist, ausnahmslos den Organen des Verbandes zu (§ 4 Z. 3 Abs. 2 WO), wobei zwischen Leitungen, die auf Grund freiwilligen Anschlusses und solchen, die auf Grund einer Anschlußpflicht hergestellt werden, nicht unterschieden wird. Die Haftung und Erhaltung von Anschlußleitungen kann sich maximal auf eine Länge (vom Hauptstrang gemessen) von 10 m erstrecken, auch wenn sie vom Wasserleitungsverband erstellt wurde (§ 4 Z. 3 Abs. 5 WO). Gemäß § 4 Z. 4 Abs. 1 WO gelten als Hausleitungen sämtliche Wasserleitungsrohre eines Gebäudes, Betriebes oder einer Anlage, welche untereinander und mit dem Wassermesser verbunden sind. Gemäß § 4 Z. 4 Abs. 2 WO obliegt die Ausführung und Erhaltung sämtlicher Hausleitungen grundsätzlich dem Wasserabnehmer. Aber auch bei Hausleitungen ist gemäß § 6 III lit. e WO niemand außer Verbandsorganen oder deren Bevollmächtigten berechtigt, eine Hausleitung anzuschließen, abzutrennen oder eine Absperrvorrichtung auf der Anschlußleitung zu betätigen (außer im Notfalle). Der Verband bestimmt auch den Aufstellungsort der in seinem Eigentum bleibenden Wassermesser (§ 5 Z. 1 und 2 WO).
Aus diesen Bestimmungen, insbesondere aus § 22 des zitierten Gesetzes, folgt, daß der Verband über das gesamte Wasserleitungsnetz bis zum Wassermesser - gemäß § 6 III lit. e WO sogar teilweise darüber hinaus - ohne Rücksicht darauf, ob der Anschluß auf Grund Anschlußzwanges oder freiwillig erfolgte, verfügungsberechtigt, ist, daß sich aber diese Verfügungsberechtigung des Verbandes mit seiner Verpflichtung, Anschlußleitungen auszubauen, zu erhalten und hiefür zu haften, nicht in allen Fällen decken muß.
Sollte diese Verfügungsberechtigung auch für das streitgegenständliche Leitungsstück auf dem Grundstück 286 zutreffen, könnten die Beklagten nicht verpflichtet werden, dort die Wasserleitung zu entfernen. Ein Exekutionstitel darf nur dann geschaffen werden, wenn der Verpflichtete auch rechtlich in der Lage ist, die von ihm geforderte Handlung vorzunehmen. Sofern die Beklagten nicht überhaupt unter den Anschlußzwang fallen, könnten sie, falls eine Verfügungsberechtigung des Wasserleitungsverbandes vorliegt, im Rechtsweg nur verpflichtet werden, diesem gegenüber eine Erklärung abzugeben, die die Abtrennung oder Änderung des freiwilligen Anschlusses zur Folge haben müßte, worauf dann die Erklärung nach Rechtskraft eines entsprechenden Urteiles als abgegeben gelten könnte (§ 367 Abs. 1 EO).
Es kann aber dem Erstgericht nicht darin gefolgt werden, daß eine Umstellung des Klagebegehrens dahin gehend, daß die Beklagten alle Schritte zur Beseitigung der Leitung zu unternehmen hätten, nur eine sprachliche Änderung darstellen würde. Gemäß § 405 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Der Zuspruch eines geringeren Betrages oder einer geringeren Leistung ist nur möglich, wenn dieses begrifflich und rechtlich notwendig von dem Begehren mitumfaßt war (Fasching III, 650; SZ 46/81). In dem Begehren, die Leitung zu entfernen, ist eine Verpflichtung, eine Beseitigung gegenüber dem "Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland" zu verlangen, nicht enthalten. Würde das begehrte Urteil rechtskräftig, müßte eine Exekution nach § 353 EO bewilligt werden, was, sofern der Wasserleitungsverband über das gegenständliche Leitungsstück verfügungsberechtigt ist (oder darüber hinaus sogar Anschlußpflicht der Beklagten vorliegt), unstatthaft wäre (ähnlich die - soweit ersichtlich - bisher nicht veröffentlichte Entscheidung 1 Ob 681/79, der ein Begehren auf Entfernung einer in der Verfügungsmacht der Post- und Telegraphenverwaltung stehenden Fernsprechleitung zugrunde lag).
Damit ist aber die Rechtssache noch nicht spruchreif, weil weder die Frage der Anschlußpflicht der Beklagten noch die Länge der Anschlußleitung bis zum Beginn der Hausleitung und die Lage des Wassermessers, der nach der Begriffsbestimmung des § 4 Z. 3 Abs. 1 WO das Ende der Anschlußleitung bildet, bekannt ist. Ohne Erörterung der im Akt erliegenden, einander widersprechenden Schreiben vom und - allenfalls unter Beiziehung eines informierten Vertreters des Wasserleitungsverbandes - kann auch nicht geklärt werden, ob die Zuleitung zum Hause der Beklagten den Charakter einer den Bestimmungen des Gesetzes vom , LGBl. 8/1956, überhaupt nicht unterliegenden Privatleitung haben kann. Mit Schreiben vom teilte nämlich der Verband dem Kläger mit, daß er der Verlegung der über das Grundstück 286 führenden Leitungen nicht nähertreten könne und sich veranlaßt sehe, den Kläger wegen der durch die Aufgrabung entstandenen Gefahr vom Frostschäden in Anspruch zu nehmen. Daraus müßte geschlossen werden, daß der Verband - im Einklang mit den dargestellten einschlägigen Bestimmungen - eine Verfügungsberechtigung an diesem Leitungsstück behauptet. Mit Schreiben vom teilte er jedoch dem Klagevertreter mit, daß es sich im gegenständlichen Fall um eine Privatleitung des besagten Anschlußnehmers handelt.
Es muß daher an Hand der auf gezeigten Vorschriften geklärt werden, ob die Beklagten rechtlich überhaupt in der Lage sind, dem Begehren auf Entfernung der Leitung zu entsprechen.