Vorliegen eines Kindes gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf, vom betreffend Einkommensteuer 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (=Bw.) nahm im Jahr 2008 ein Pflegekind bei sich auf und bezog für dieses Kind ab Juli dieses Jahres Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag.
Im Zuge der Veranlagung wurde der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht gewährt.
Die Bw. erhob Berufung. Sie gab an, ihr Pflegekind am übernommen zu haben. Seit sei dieses bei ihr gemeldet. Es habe daher länger als 6 Monate in ihrem Haushalt gelebt. Auch wenn sie die Familienbeihilfe erst ab Juli bezogen habe, halte sie die Verweigerung des Alleinerzieherabsetzbetrages für nicht gerechtfertigt; zumal der Betreuungsaufwand noch dazu sehr hoch sei.
Das Finanzamt wies die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab:
Alleinverdiener sei ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens einem Kind (gemäß § 106 EStG 1988) mehr als 6 Monate nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt.
Kinder im Sinne dese § 106 EStG 1988 seien jene, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner für mehr als 6 Monate ein Kinderabsetzbetrag zustehe.
Auf die Dauer der Haushaltszugehörigkeit lt. Meldezettel sowie den Betreuungsaufwand komme es hiebei nicht an.
Die Bw. erhob gegen die Berufungsvorentscheidung wiederum Berufung, die das Finanzamt sinngemäß zu Gunsten der Bw. als Vorlageantrag gemäß § 276 Abs. 2 BAO umdeutete.
Sie führte darin Folgendes aus:
Hätte sie die gesetzliche Vorgabe gekannt, hätte sie ihr Kind mit statt in Pflege genommen. Außerdem habe es schon vor diesem Zeitpunkt eine Anbahnungszeit gegeben, in der sie S im Kinderheim oftmalig besucht habe und sie auch vor dem 19. Juni für ein Wochenende bei ihr zu Hause gehabt habe. So könne und wolle sie nicht verstehen, dass ihr der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zusteht. S habe mehr als ein halbes Jahr bei ihr gelebt und sie sei mit ihr vor dem in intensiven Kontakt gestanden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Berufungsfall ausschließlich die Nichtanerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages für ein seit im Haushalt der Bw. lebendes Pflegekind.
Nicht strittig hingegen ist der Umstand, dass für das Pflegekind im Jahr 2008 nur für 6 Monate (Juli bis Dezember) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen wurden.
§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
§ 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 lautet:
Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro ...
§ 106 Abs. 1 EStG 1988 lautet:
Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.
Aus dem Inhalt der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich eindeutig, dass ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988, für das der Alleinerzieherabsetzbetrag zu gewähren ist, nur dann vorliegt, wenn für dieses mehr als 6 Monate, also für mindestens 7 Monate während eines Kalenderjahres Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezogen wurden.
Diese gesetzlichen Voraussetzungen lagen bei der Bw. aber, wie sie im Berufungsverfahren auch selbst ausführt, nicht vor, da sie ja erst ab Juli, und daher nur für 6 Monate im Kalenderjahr 2008 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag bezog.
Die fehlende Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen, die der Aufnahme in den Haushalt voran gegangene Anbahnungszeit sowie die lt. Ausführungen der Bw. hohen Betreuungskosten können die fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages nicht ersetzen.
Der Berufung konnte daher keine Folge gegeben werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 106 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at