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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 12.07.2007, RV/0433-W/04

In einer Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer hinsichtlich einer unecht steuerbefreiten Lieferung ist für die Optionsausübung i.S.d. § 6 Abs. 2 UStG 1994 unzureichend. Erforderlich ist die Aufnahme des Umsatzes in die Umsatzsteuervoranmeldung bzw. Umsatzsteuererklärung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Mag. Alfred Peschl und die weiteren Mitglieder HR Mag. Robert Posch, Peter Falle und Walter Bilek über die Berufung der R nunmehr RV., x, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Umsatzsteuer 2001 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die RV (vormals R idF. Bw.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet. Geschäftsführer war bis V.

Die Bw. erwarb mit Kaufvertrag vom einen Miteigentumsanteil an der Liegenschaft in y von der WR, wobei der Kaufpreis gemäß Kaufvertrag mit € 65.405,56 (S 900.000,-) zuzüglich Umsatzsteuer i.H.v. € 13.081,11 (S 180.000,-), gesamt € 78.486,67 (S 1.080.000,-) festgesetzt wurde. Das für den Veräußerer zuständige Finanzamt teilte der Behörde der Erwerberin (Finanzamt der Bw.) mittels Kontrollmitteilung mit, eine Umsatzsteuersonderprüfung habe ergeben, dass obiger Umsatz von der veräußernden Gesellschaft nicht der Besteuerung unterzogen worden war. Die WR habe in zwei Verträgen über Liegenschaftsverkäufe, davon einen an die Bw., Umsatzsteuer ausgewiesen jedoch nicht erklärt und abgeführt.

In der Folge erließ das Finanzamt für den 3. und 11. Bezirk in Wien einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2001, wobei es insofern von der eingebrachten Erklärung abwich, als es die geltend gemachte Vorsteuer um S 180.000,- verringerte.

Begründend wurde ausgeführt, dass ein Vorsteuerabzug aus dem Kaufvertrag vom nicht zulässig sei, nachdem die Verkäuferin der Liegenschaft den Umsatz als steuerfrei behandelt habe. Sie schulde die Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 2 UStG 1994 i.V. mit § 19 UStG 1994 (kraft Rechnungslegung). In einem derartigen Fall dürfe die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger (der Bw.) nicht als Vorsteuer abgezogen werden.

Mit Eingabe vom erhob die Bw. zeit- und formgerecht Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2001. Die Begründung für die Versagung des Vorsteuerabzuges erscheine nicht schlüssig, nachdem der Kaufvertrag die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug i.S.d. § 11 UStG 1994 erfülle und der Vorgang (zur Erläuterung: die Liegenschaftsveräußerung) ohnehin gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 bei Option steuerpflichtig sei. Die Option sei offenbar erfolgt, weshalb kein Grund bestehe, den Vorsteuerabzug zu versagen. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass bereits per 2000 ein ähnlicher Vorgang unbeanstandet blieb. Auch die P habe einige Einheiten erworben, wobei ebenfalls keine Aberkennung der Vorsteuer Platz gegriffen hätte.

Es wurde beantragt, die geltend gemachten Vorsteuerbeträge anzuerkennen, widrigenfalls die Vorlage des Rechtsmittels an den gesamten Berufungssenat beantragt wurde.

Das Finanzamt für den 3. und 11. Bezirk in Wien wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9a UStG 1994 seien Grundstückslieferungen unecht steuerbefreit. Für den Unternehmer bestehe jedoch die Möglichkeit zur Option zur Steuerpflicht mit Ausweis einer Rechnung gemäß § 11 UStG 1994. Sollte ein Unternehmer zwar Umsatzsteuer in Rechnung stellen jedoch gegenüber dem Finanzamt (Voranmeldung, Steuererklärung) als steuerfrei behandeln, so schulde er den ausgewiesenen Betrag gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 es sei denn, er berichtige die Rechnung.

Eine gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldete Steuer sei vom Leistungsempfänger grundsätzlich nicht abziehbar (Hinweis auf )

Aus Gründen der Rechtssicherheit für die Leistungsempfänger und um Wirtschaftsabläufe nicht zu behindern, dürfe eine gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldete Steuer vom Leistungsempfänger zwar als Vorsteuer abgezogen werden, sofern sie in einer vom Leistenden erstellten Rechnung iSd. § 11 Abs. 1 UStG 1994 ausgewiesen sei. Dies gelte nicht, wenn dem Leistungsempfänger Umstände vorliegen würden aus denen er schließen müsse, dass die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer vom Leistenden bewusst nicht an das Finanzamt abgeführt worden oder dem Leistungsempfänger erkennbar sei, dass die ausgewiesene Steuer höher sei als sie dem Normalsteuersatz (§ 10 Abs. 1 UStG 1994) entspreche (UStRL Rz. 1825).

Im vorliegenden Fall sei durch das besondere Naheverhältnis der beteiligten Unternehmen davon auszugehen, dass der Käufer (die Bw.) gewusst haben musste, dass die Option zur Steuerpflicht vom Verkäufer nicht ausgeübt werde.

Der Geschäftsführer der WR (Verkäufer), V sei gleichzeitig auch Geschäftsführer der Bw. Zum Zeitpunkt des Verkaufes des Grundstückes, Vertrag vom scheine V im Firmenbuch noch als Geschäftsführer auch der Verkäuferin auf. Ein Vorsteuerabzug stehe infolgedessen nicht zu.

Die Bw. beantragte daraufhin mit Eingabe vom die Vorlage des Rechtsmittels an den UFS und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Aus dem Kaufvertrag sei eine beabsichtigte Versteuerung im Sinne des § 6 Abs. 2 UStG 1994 ersichtlich gewesen.

Die WR sei bis von V und K vertreten worden. Ab sei DV als alleiniger Geschäftsführer in die Gesellschaft eingetreten. Dieser hätte dafür sorgen müssen, dass die Umsatzsteuer zeitgerecht abgeführt werde. Dass dies nicht geschehen sei, könne der Bw. nicht zur Last gelegt werden. Dies umso weniger, als von der WR schon in früheren Jahren, vor allem im Jahr 2000 andere Objekte ohne Probleme verkauft worden seien. Das festgestellte Naheverhältnis beruhe auf einer Unterstellung des Finanzamtes. Der Kaufvertrag für die Liegenschaft sei - wie das Finanzamt schreibe - erst am also drei Tage nach Beginn der Geschäftsführung von DV unterzeichnet worden. Wenn V noch als Geschäftsführer der WR im Firmenbuch aufscheine, so sei dies auf arbeitsmäßige Überlastung des Firmenbuches zurückzuführen.

Des Weiteren verwies die Bw. auf einen Artikel in der SWI des Jahres 2003, nach dem die Rechtsmeinung eines Finanzamtes, das vom Vorsteuerabzugsberechtigten den Nachweis der Abfuhr des leistenden Unternehmers verlangte, als unzulässig erkannt worden war. Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug seien in § 12 UStG 1994 taxativ aufgezählt. Die Aufforderung zum Nachweis der Versteuerung sei daher gesetzwidrig.

Der UFS forderte die Bw. mit Vorhalt vom unter seiner im Firmenbuch vermerkten Adresse zur Beantwortung weiterführender Fragen bzw. Beibringung von Unterlagen auf. Der Vorhalt konnte mit dem Vermerk ,verzogen' nicht zugestellt werden.

In weiterer Folge wurde versucht, die im Firmenbuch ausgewiesene alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin, JR zu kontaktieren. Dabei wurde festgestellt, dass die Geschäftsführerin steuerlich nicht erfasst war. Auch weitere Ermittlungshandlungen zur Feststellung einer gültigen Adresse (Telefonbuch, Anfrage beim amtlichen Melderegister) blieben erfolglos.

Die für die mündliche Verhandlung erforderliche Ladung konnte nicht zugestellt werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1994 in der hier maßgeblichen Fassung lauten:

§ 6.

(1) Von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

...

9. a) die Umsätze von Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987;

...

(2) Der Unternehmer kann eine gemäß § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a steuerfreie Kreditgewährung, bei der er dem Leistungsempfänger den Preis für eine Lieferung oder sonstige Leistung kreditiert, sowie einen Umsatz, der nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a steuerfrei ist, und einen Umsatz, ausgenommen den Eigenverbrauch, der nach § 6 Abs. 1 Z 16 oder Z 17 steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln. Weiters kann der Unternehmer einen Umsatz im Zusammenhang mit Kreditkarten, der nach § 6 Abs. 1 Z 8 lit. h steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln.

Behandelt der Unternehmer die Kreditgewährung als steuerpflichtig, unterliegt sie dem Steuersatz, der für die Leistung anzuwenden ist, deren Leistungspreis kreditiert wird. Behandelt der Unternehmer einen Umsatz, der nach § 6 Abs. 1 Z 8 lit. h, Z 9 lit. a, Z 16 oder Z 17 steuerfrei ist, als steuerpflichtig, unterliegt er dem Steuersatz nach § 10 Abs. 1 bzw. 4. Behandelt ein Unternehmer einen nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a steuerfreien Umsatz als steuerpflichtig, so kann eine bis dahin vom Vorsteuerabzug ausgeschlossene Steuer (§ 12 Abs. 3) oder eine zu berichtigende Vorsteuer (§ 12 Abs. 10 bis 12) frühestens für den Voranmeldungszeitraum abgezogen werden, in dem der Unternehmer den Umsatz als steuerpflichtig behandelt.

§ 11.

(1) Führt der Unternehmer steuerpflichtige Lieferungen oder steuerpflichtige sonstige Leistungen aus, so ist er berechtigt und, soweit er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, auf Verlangen des anderen verpflichtet, Rechnungen auszustellen, in denen die Steuer gesondert ausgewiesen ist. Diese Rechnungen müssen - soweit in den nachfolgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist - die folgenden Angaben enthalten:

...

5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und

6. den auf das Entgelt (Z 5) entfallenden Steuerbetrag.

...

(12) Hat der Unternehmer in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag, den er nach diesem Bundesgesetz für den Umsatz nicht schuldet, gesondert ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt. Im Falle der Berichtigung gilt § 16 Abs. 1 sinngemäß.

...

Die WR hat unstrittig einen Liegenschaftsanteil in y an die Bw. veräußert. In dem, im Akt aufliegenden Kaufvertrag (der entgegen der Darstellung der Berufungsvorentscheidung mit datiert ist) wurde unter Punkt II. der Kaufpreis unter Angabe des Nettobetrages, der ziffernmäßigen Darstellung der darauf entfallenden Umsatzsteuer und der resultierende Gesamtbetrag festgehalten.

Grundsätzlich ist die Veräußerung einer Liegenschaft unter Beachtung des § 6 Z 9 lit a UStG 1994 steuerfrei. Der leistende Unternehmer hat jedoch gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 die Möglichkeit, einen steuerfreien Umsatz als steuerpflichtig zu behandeln.

Den Ausführungen des Finanzamtes des liefernden Unternehmens ist zu entnehmen, dass die Wohnhausanlage Radetzkystraße GesmbH den Umsatz nicht der Umsatzbesteuerung unterzogen hat.

Die Bw. ihrerseits vermeint, dass das liefernde Unternehmen zur Steuerpflicht optiert hätte.

Fraglich ist, ob die gesonderte Darstellung der Umsatzsteuer in einem Kaufvertrag bei angenommener Abrechnungsfunktion (vgl. ) gemäß § 11 Abs. 1 Z 6 UStG 1994 bereits die Wirkung der steuerlichen Option iSd § 6 Abs. 2 UStG 1994 auslöst.

Ruppe, UStG-Kommentar3 § 6 Rz. 408 führt hiezu an, dass die Ausübung der Option, ebenso wie ihr Widerruf, keine besondere Erklärung gegenüber dem Finanzamt erfordert. Es genügt die entsprechende Behandlung in der USt-Voranmeldung bzw. -erklärung .

Auch Scheiner/Colacny/Caganek Kommentar zur Mehrwertsteuer UStG 1994 § 6 Abs. 2 Pkt. 6 Vorabkommentierung lit c halten die Behandlung in der Umsatzsteuererklärung (bzw. Voranmeldung) für maßgeblich. Wesentlich ist nicht der offene Ausweis in einer Rechnung oder Gutschrift sondern die Behandlung als steuerpflichtig gegenüber dem Finanzamt.

Die Ansicht, die liefernde Gesellschaft wäre durch Ausstellung eines Kaufvertrages mit Abrechnungsfunktion und Umsatzsteuerausweis der ihr eingeräumten Möglichkeit, den grundsätzlich steuerfreien Umsatz steuerpflichtig zu behandeln nachgekommen, kann somit nicht geteilt werden.

Nachdem der hier fragliche Umsatz dem Finanzamt gegenüber als nicht steuerpflichtig behandelt wurde, ist von der steuerfreien Lieferung einer Liegenschaft gemäß § 6 Z 9 lit a UStG 1994 auszugehen.

Der vorliegende Vertrag ist andererseits, weist er doch bei Vorliegen aller Rechnungsmerkmale trotz Steuerbefreiung einen Steuersatz bzw. gesonderten Steuerbetrag auf, als eine unter § 11 Abs. 12 UStG 1994 fallende Rechnung anzusehen (idS. auch Ruppe, UStG-Kommentar3 § 11 Rz. 131).

Ob die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer zum Vorsteuerabzug berechtigt, ist vom Zeitpunkt der Lieferung abhängig. Während in der älteren Judikatur in Fällen des § 11 Abs. 12 UStG 1994 die Berechtigung zum Vorsteuerabzug anerkannt wurde, hat der VwGH bereits mit Erkenntnis vom , 97/14/0107, ergangen zum UStG 1972 erkannt:

'Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass eine nach § 11 Abs. 12 UStG 1972 geschuldete Umsatzsteuer den Leistungsempfänger zum Vorsteuerabzug berechtigt. Für den im Beschwerdefall gegebenen zeitlichen Geltungsbereich des UStG 1972 sind sie mit dieser Auffassung - wie oben dargestellt - im Recht (vgl. aber , Slg. 1989, 4227, wonach für die entsprechenden Bestimmungen des UStG 1994 in richtlinienkonformer Interpretation davon auszugehen sein wird, dass sich der Anspruch auf Vorsteuerabzug nicht auf eine Steuer erstreckt, die ausschließlich deshalb geschuldet wird, weil sie in der Rechnung ausgewiesen ist).' Mit Beitritt zur Europäischen Union kam es somit zu einer Änderung der Rechtslage, wobei der VwGH die von ihm oben dargelegte Rechtsansicht mit Erkenntnis des bestätigte (vgl. Ruppe, UStG-Kommentar3 12 Rz. 43/1).

Ein entsprechender Verweis findet sich, worauf auch die Berufungsvorentscheidung zutreffend hinweist in den UStRL 2000 Rz. 1824.

Die Bw. wendet im Rahmen der Berufungsschrift vom ein, ein dem gegenständlichen 'ähnlicher Vorgang' sei im Jahr 2000 unbeanstandet in der Umsatzsteuererklärung dargestellt worden. Auch die P hätte 'einige Einheiten zur Finanzierung' erworben, wobei die Vorsteuer anerkannt worden sei. Zu diesen, von der Bw. vage gehaltenen Ausführungen (keine nähere Darstellung, ob der Vorgang in der Umsatzsteuererklärung der veräußernden oder erwerbenden Gesellschaft dargestellt wurde) war schon aus folgendem Grund nicht näher einzugehen.

Sollte die WR bereits in Vorjahren Rechnungen über Liegenschaften mit Umsatzsteuerausweis gelegt haben, ohne die Umsätze in die Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. -jahreserklärung aufzunehmen, würde dieses Verhalten, wie dargelegt, keine Option gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 darstellen und hätte im Jahr 2000 zur Umsatzsteuerpflicht kraft Rechnungslegung ohne Möglichkeit eines Vorsteuerabzuges geführt.

Grundsätzlich ist (in ständiger Rechtssprechung des VwGH) bei derartigen Konstellationen dem Legalitätsprinzip der Vorrang vor jedem anderen Grundsatz, insbesondere jenem von Treu und Glauben zu geben (vgl. Ritz, BAO-Kommentar3 § 114 Rz. 7). Dabei hindert der Umstand, dass eine abgabenbehördliche Prüfung eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen hat, die Behörde nicht daran, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen (ebendort, § 114 Rz. 9 mit zahlreichen Verweisen).

Sollte es dennoch zu einem Vorsteuerabzug gekommen sein, kann dies im vorliegenden Fall somit nicht mit Erfolg eingewendet werden.

Die Bw. verweist des Weiteren auf einen Artikel der SWI 2003 S 110. In dem von Ritz verfassten Artikel 'Ausländische Besteuerungsnachweise - Mitwirkungspflicht bei abgabenrechtlich nicht bedeutsamen Umständen' wird unter dem Punkt 'Beispiele für rechtswidrige Aufforderungen' dargelegt, die Aufforderung des Finanzamtes an den Abgabepflichtigen, Beweise vorzulegen, nach denen der leistende Unternehmer die betreffenden Umsätze versteuert hätte, sei gesetzwidrig.

Der dargelegte Fall trifft auf den hier vorliegenden Sachverhalt nicht zu, hat die Behörde doch den Vorsteuerabzug nicht deswegen versagt, weil die Bw. nicht nachgewiesen hätte, dass das liefernde Unternehmen die Umsätze nicht versteuert habe, sondern deshalb, weil der liefernde Unternehmer seiner Möglichkeit zur Option zur Steuerpflicht nicht nachgekommen war und es aus diesem Grund zur Umsatzsteuerpflicht kraft Rechnungslegung ohne Möglichkeit zum Vorsteuerabzug für den Leistungsempfänger (die Bw.) kam.

In diesem Zusammenhang sei auf die auch in der Berufungsvorentscheidung zur Ausdruck gekommenen Verwaltungspraxis gemäß Umsatzsteuerrichtlinien 2000 verwiesen.

Ruppe UStG-Kommentar3 § 11 Rz. 116 führt hiezu an: '...Unter Geltung des UStG steht dieser (vernünftigen) Lösung die Rechtssprechung des EuGH entgegen, die einen Vorsteuerabzug nur hinsichtlich des auf Grund der Leistung geschuldeten Steuerbetrages zulässt (s. hiezu § 12 Tz. 43). Die Finanzverwaltung lässt zu, dass bei irrtümlich überhöhtem Steuerausweis der Leistungsempfänger bei Zutreffen aller sonstigen Voraussetzungen den ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer geltend machen kann (UStRL Rz 1734).'

Den UStRL 2000 Rz. 1824 ist zu entnehmen, dass der Vorsteuerabzug in Fällen des § 12 Abs. 11 UStG nicht zusteht, wenn die in der Rechnung ausgewiesene USt vom Leistenden bewusst nicht an das Finanzamt abgeführt wird. Gemäß UStRL 2000 Rz. 1825 wird der Vorsteuerabzug dennoch unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen.

Die Berufungsvorentscheidung nimmt in der Bescheidbegründung auf diese (gesetzlich nicht gedeckte) Verwaltungsübung Bezug und verweist darauf, dass der Geschäftsführer der veräußernden Gesellschaft, der WR (V) zum Zeitpunkt des Verkaufes gleichzeitig im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer der erwerbenden Gesellschaft (der Bw.) gewesen und aufgrund des besonderen Naheverhältnisses davon auszugehen sei, dass der Käufer wissen musste, dass der Verkäufer die Option zur Steuerpflicht nicht ausgeübt habe.

Die Bw. nimmt in ihrem Antrag auf Entscheidung durch den UFS dazu Stellung indem sie darlegt, der Gf. der Bw. hätte die WR nur bis vertreten. Ab sei DV als alleiniger Geschäftsführer der Bw. verpflichtet gewesen, die Umsatzsteuer zeitgerecht abzuführen. Der Kaufvertrag sei im übrigen erst am , somit drei Tage nach Antritt von dessen Geschäftsführung unterzeichnet worden.

Diese Darstellung findet im Aktenmaterial keine Deckung. Der vorliegende Kaufvertrag stammt vom . DV hat somit am Tag seines Antritts der Geschäftsführung den gegenständlichen Kaufvertrag unterzeichnet.

Die weiteren Ermittlungen durch die zuständige Behörde des Verkäufers sowie die belangte Behörde, nach denen der neu in die WR eingetretene Geschäftsführer DV

- bei der Umsatzsteuersonderprüfung der Radetzkystraße GesmbH trotz mehrmaliger Aufforderung des steuerlichen Vertreters als deren Geschäftsführer nicht erschienen war;

- der steuerliche Vertreter aus diesem Grund seine Vollmacht zurücklegte (vgl. Kontrollmitteilung des FA Klagenfurt);

- sich gemäß damit zusammenhängender Aussagen des ehemaligen Geschäftsführers (Ernst Volkert) im Ausland befand;

- laut Erhebungen des FA 3/11 niemals an der von ihm gemeldeten Adresse (1100 Wien, Gellertgasse 27) wohnhaft war sowie

- der Sozialversicherung keine Daten über ihn vorlagen,

konnten der Bw. mangels Zustellmöglichkeit nicht vorgehalten werden, die Sachverhaltselemente stützen jedoch die Ansicht der belangten Behörde, die vom Vorliegen ungewöhnlicher Verhältnisse und einem nach wie vor gegebenen Naheverhältnis des am Tag der fraglichen Vertragsunterzeichnung (mit Gesellschafterbeschluss vom ) ausgeschiedenen Geschäftsführers der liefernden Unternehmung V zur Bw. ausging (dort blieb er weiterhin Geschäftsführer) und zur Ansicht gelangte, dass der Bw. die Tatsache, dass die WR für den gegenständlichen Umsatz keine Option ausgeübt hatte, bekannt war.

Wie der VwGH in ständiger Rechtssprechung erkennt, vermögen Erlässe der Finanzverwaltung keine Rechte oder Pflichten beim Steuerpflichtigen zu begründen, handelt es sich doch mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt um keine verbindlichen Rechtsquellen (i.d.S u.a. ). Gemäß der im verfassungsrechtlichen Rang stehenden Bestimmung des § 271 BAO ist der (weisungsfreie) UFS an die Regelungen in Richtlinien, denen keine normative Wirkung zukommt, nicht gebunden.

Das Schicksal der Berufung war bereits durch die Erkenntnis entschieden, dass das liefernde Unternehmen keine Option i.S.d. § 6 Abs. 2 UStG 1994 ausgeübt hatte und somit Umsatzsteuerpflicht kraft Rechnungslegung vorlag. Wenn die bescheiderlassende Behörde darüber hinaus selbst unter Bedachtnahme auf die für die Bw. günstigere Bestimmung der Umsatzsteuerrichtlinien 2000 zur Ansicht gelangte, dass ihr der Vorsteuerabzug zu versagen sei, weil anzunehmen war, dass sie aufgrund der dargelegten Umstände wusste, dass die liefernde Gesellschaft keine Option ausgeübt hatte, unterstreicht die vom Finanzamt getroffene (und vom UFS geteilte) Annahme die sie zur Abweisung der Berufung bewog nur den vom erkennenden Senat zu treffenden Spruch, war aber im übrigen nicht mehr wesentlich zur Entscheidungsfindung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Mangels Zustellmöglichkeit an die Bw. bzw. deren Vertreterin oder allfällige sonstige Zustellbevollmächtigte erfolgt die Zustellung dieser Berufungsentscheidung durch Hinterlegung bei der Behörde.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Unechte Steuerbefreiung
Option
Vorsteuerabzug
Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2009, 91

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at