Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 14.02.2012, RV/1337-L/10

Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches auf bedingte Kündigungsentschädigung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des C H, Anschrift, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom betreffend Einkommensteuer 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Im Einkommensteuerbescheid 2008 vom wurden vom Finanzamt erklärungsgemäß die Lohnzettel von der IAF Service GmbH (ab "IEF-Service_GmbH"), der OÖ Gebietskrankenkasse, der P GmbH, zwei Lohnzettel der N GmbH und das Arbeitslosengeld (für den Progressionsvorbehalt) berücksichtigt.

Mit Bescheide vom wurde das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2008 wiederaufgenommen, da ein neuer Lohnzettel (für den Zeitraum bis ) von der IAF Service GmbH übermittelt wurde. Beim neu erlassenen Einkommensteuerbescheide für 2008 vom wurde der im neuen Lohnzettel angeführte Betrag von 4.772,44 € zusätzlich bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt.

Mit Schreiben vom erhob der Abgabepflichtige mit folgender Begründung Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2008:

"Bei den Einkünften sind IEF-Bezüge in Höhe von € 8.616,73 angeführt. In diesem Betrag ist auch ein Betrag von € 4.772,44 als bedingte Kündigungsentschädigung für den Zeitraum von bis enthalten, der somit der Versteuerung im Kalenderjahr 2008 unterzogen wurde.

Arbeitsrechtlich gilt hinsichtlich unbedingter und bedingter Kündigungsentschädigung (=Schadenersatz) folgendes: Die unbedingte Kündigungsentschädigung wird sofort mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, sie ist an keine weitere Bedingung geknüpft. Die bedingte Kündigungsentschädigung wird nur unter der Bedingung fällig, dass der Arbeitnehmer trotz entsprechender Bemühungen kein ausreichendes Entgelt erzielt. Sie kann daher vollen Schadenersatz (Totalausfall) oder Teilersatz (geringeres erzieltes Entgelt) bedeuten und wird zu dem Zeitpunkt fällig, bei dem feststeht, dass die Bedingung eingetreten ist. Die Fälligkeit kann daher (sieht man im konkreten Fall vom bedingten Schadenersatz vom bis ab), nur im Jahr 2009 liegen (Anmerkung: geht man vom jeweiligen Monatsende als Fälligkeitszeitpunkt = Feststellungszeitpunkt aus).

Im § 19 EStG. ist die Zuordnung von Nachzahlungen, im Insolvenzverfahren geregelt. Er lautet: "Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht.". Wie oben bereits ausgeführt ist der Anspruch auf die bedingte Kündigungsentschädigung fast ausnahmslos nicht im Konkursjahr 2008 entstanden, sondern erst im Jahr 2009, durch Eintritt der Bedingung (keine ausreichenden oder keine Einkünfte). Hätte ich in diesem Zeitraum von bis Einkünfte in ausreichender Höhe erzielt, so wäre die bedingte Kündigungsentschädigung nicht zur Auszahlung gelangt. Der Anspruch für den im Jahr 2008 liegenden Teil der Kündigungsentschädigung entsteht frühestens mit bzw. spätestens mit , der sich auf das Kalenderjahr 2009 beziehende Teil des Schadenersatzes entsteht je nach Betrachtungsweise ab , jedenfalls aber mit bzw. mit den nächstfolgenden Monatsletzten im Jahr 2009. Somit müsste die bedingte Kündigungsentschädigung fast vollständig (ca. 90 %) erst im Folgejahr 2009 anzurechnen sein. Der IEF müsste daher einen weiteren Lohnzettel für 2009 ausstellen und den Lohnzettel für das Kalenderjahr 2008 um den Betrag der bedingten Kündigungsentschädigung betreffend 2009 korrigieren.

Ich stelle hiermit den Antrag auf entsprechende Berichtigung meines Einkommensteuerbescheides und ersuche um Neuberechnung meiner Arbeitnehmerveranlagung."

Als Beilage wurde als Kopie die Forderungsanmeldung im Konkurs der N GmbH und des Bescheides vom des IEF über (Teil)Zuerkennung von 4.720 € samt Auszahlungsbeleg übermittelt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung mit folgender Begründung als unbegründet ab:

"Gem. § 25 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. § 25 Abs. 1 Z. 1 umfasst auch Leistungen, die dem Arbeitnehmer nur mittelbar im Wege dritter Personen zukommen wenn sie nur ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben.

Gem. § 1 Abs. 1 Insolvenzentgeltsicherungsgesetz haben Anspruch auf Insolvenz-Entgelt u.a. Arbeitnehmer für ihre nach Abs. 2 gesicherten Ansprüche (d. s. die Entgeltansprüche aus dem Arbeitsverhältnis), wenn über das Vermögen des Arbeitgebers im Inland der Konkurs eröffnet wird. Die Auszahlung von Leistungen auf Grund des IESG durch die IEF- Service GmbH, die die Geschäfte der Insolvenz-Entgelt- Fonds Service GmbH besorgt, stellt daher Arbeitslohn im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dar.

Über das Vermögen des Arbeitgebers des Berufungswerbers wurde am das Konkursverfahren eröffnet. Das Dienstverhältnis des Berufungswerbers zum Arbeitgeber endete am , wobei zu diesem Zeitpunkt auch das arbeitsrechtliche Ende des Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist.

Daraufhin wurde vom Berufungswerber beim zuständigen Landesgericht Wels als Konkursgericht ein entsprechender Antrag auf Gewährung von Insolvenz-Entgelt eingebracht, der auch die Ansprüche auf bedingte Kündigungsentschädigung umfasste.

Der Anspruch auf bedingte Kündigungsentschädigung ist grundsätzlich bereits mit der arbeitsrechtlichen Beendigung des Dienstverhältnisses anlässlich der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Arbeitgebers bewirkt und wurde dieser Anspruch deshalb auch zu Recht im Antrag vom September 2008 geltend gemacht.

Gem. § 1 Abs 5 IESG besteht nämlich ein solcher Anspruch auf Insolvenz-Entgelt nur dann, wenn der gesicherte Anspruch als Forderung in einem solchen Insolvenzverfahren angemeldet wurde, es sei denn, dass dem Anspruchsberechtigten eine solche Anmeldung nicht möglich war. Der Anspruch auf bedingte Kündigungsentschädigung war daher zwingend im gegenständlichen Konkursverfahren anzumelden. Für das Entstehen dieses Anspruches hat es keine Bedeutung, dass die Gewährung der bedingten Kündigungsentschädigung erst nach Überprüfungsmöglichkeit eines allfälligen Ausschlusses vom Anspruch nach § 1 Abs. 3 Z. 3 IESG erfolgte.

Da die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Z. 3 IESG im gegenständlichen Fall nicht zutrafen, wurde letztendlich die bedingte Kündigungsentschädigung in der beantragten Höhe im Jahr 2009 gewährt bzw. ausbezahlt.

Der Anspruch auf bedingte Kündigungsentschädigung ist daher nach den Bestimmungen des IESG mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers und der arbeitsrechtlichen Beendigung des Dienstverhältnisses entstanden.

Zur steuerlichen Erfassung der bedingten Kündigungsentschädigung im Jahr 2008 ist auf die geltende Rechtslage des EStG 1988 It. nachstehenden Ausführungen zu verweisen: Für die Beurteilung der zeitlichen Zuordnung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ist § 19 EStG 1988 anzuwenden. Auf Grund der Änderung des EStG durch das Abgabenänderungsgesetz 2005, BGBl. I 161/2005 wurde der dritte Satz des § 19 Abs. 1 EStG 1988 dahingehend abgeändert, dass Nachzahlungen in einem Insolvenzverfahren in dem Kalenderjahr als zugeflossen gelten, für das der Anspruch besteht. Diese Bestimmung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 ist erstmals auf Konkurse anzuwenden, die nach dem eröffnet wurden. Diese Nachzahlungen sind daher nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern in dem Jahr, für das der Anspruch besteht, zu erfassen. Es wird daher vom Gesetzgeber in § 19 Abs. 1 EStG 1988 für Nachzahlungen im Insolvenzverfahren eine Zuflussfiktion aufgestellt , wonach solche Bezüge in dem Kalenderjahr, in dem der Anspruch entstanden ist, zu erfassen sind (siehe dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 19 Abs. 1 EStG idF AbgÄG 2005).

In dem gegenständlich zu beurteilenden Fall ist der Konkurs über das Vermögen des Arbeitgebers (Fa. N GmbH) im Jahr 2008 eröffnet worden, sodass die Bestimmung des § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 in der ab gültigen Fassung anzuwenden ist.

Wie vorhin ausgeführt, ist der Anspruch auf bedingte Kündigungsentschädigung im Zeitpunkt der arbeitsrechtlichen Beendigung des Dienstverhältnisses entstanden, wobei das arbeitsrechtliche Ende des Dienstverhältnisses mit festgestellt wurde.

Die steuerliche Erfassung der Auszahlung der bedingten Kündigungsentschädigung ist daher nicht im Jahr des Zuflusses, also im Jahr 2009, vorzunehmen, sondern auf Grund der gesetzlichen Bestimmung des EStG (§ 19 Abs 1 dritter Satz EStG 1988) dem Kalenderjahr 2008 steuerlich zuzuordnen, in dem der Anspruch entstanden ist.

Die vom Berufungswerber beantragte Zuordnung bzw. Versteuerung der auf Zeiträume des Kalenderjahres 2009 entfallenden bedingten Kündigungsentschädigung würde der geltenden Gesetzeslage widersprechen, zumal durch die Neuregelung im § 19 Abs. 1 dritter Satz EStG 1988 durch das AbgÄG 2005 (BGB!. I 161/2005) vom vorher geltenden Zuflussprinzip bei Nachzahlungen im Insolvenzverfahren abgegangen wurde und solche Bezüge nunmehr in jenem Kalenderjahr als zugeflossen gelten, für das der Anspruch besteht bzw. in dem der Anspruch entstanden ist. Dieser Anspruch - auch auf bedingte Kündigungsentschädigung - ist im Zeitpunkt der arbeitsrechtlichen Beendigung des Dienstverhältnisses im Jahr 2008 entstanden."

Mit Schreiben vom beantragte der Berufungswerber die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz und führte (ergänzend) aus:

"§ 19 EStG 1988 legt die zeitliche Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben fest und führt zu den Nachzahlungen aus dem Insolvenzfonds explizit an, dass diese in dem Kalenderjahr als zugeflossen gelten, für das der Anspruch besteht.

Der Rechtsansicht der Finanzbehörde, dass der Gesetzgeber hiermit den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung nach dem IESG, also den Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens, geregelt im § 1 Abs. 5 IESG gemeint haben könnte, kann nicht gefolgt werden, da gerade durch die Gesetzesänderung im Jahre 2005 (AbgÄG 2005, BGBII 2005/161), bei der es zu einer Änderung des § 19 Abs 1 EStG 1988 kam, vermieden werden sollte, dass wie bisher, die gesamte Auszahlung einem bestimmten Zeitpunkt zugeordnet wird, wodurch es aufgrund der Progressionswirkungen teilweise zu erheblichen Nachforderungen in nur einem Jahr kam. Vielmehr stand eine sachgerechte Verteilung der Zahlungseingänge im Vordergrund. Würde man der Argumentation der Finanzbehörde folgen, wären alle Ansprüche, also auch das laufende Entgelt, das bereits vor der Konkurseröffnung nicht mehr ausbezahlt wird, einem einzigen Zeitpunkt zuzurechnen und zwar dem Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens. Dies entspricht nicht dem Sinn des neuen geänderten § 19 Abs. 1 EStG 1988. Der Entstehungsanspruch gern. § 1 Abs. 5 IESG ist für die steuerliche Zuordnung somit unerheblich.

Dies geht auch aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 3. Satz EStG 1988 hervor, in welchem ausdrücklich auf jenen Zeitraum abgestellt wird, in welchem der Anspruch "besteht und nicht wann der Anspruch "entsteht". Wann ein Anspruch auf eine bedingte Kündigungsentschädigung besteht kann sich nur aus den arbeitsrechtlichen Bestimmungen der § 29 AngG bzw. § 1162b ABGB ergeben, da sich hier die Regelungen über die Ansprüche bei einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses befinden. § 29 AngG bzw. § 1162b ABGB legen fest, dass eine bedingte Kündigungsentschädigung nur unter der Bedingung fällig wird, dass der Arbeitnehmer trotz entsprechender Bemühungen im Zeitraum des bedingten Schadenersatzes (=bedingte Kündigungsentschädigung) kein ausreichendes Entgelt erzielt. Die Fälligkeit und somit der Anspruchsentstehungszeitpunkt des § 19 EStG 1988 kann sich daher nur auf den Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung beziehen, da bei Nichteintritt der Bedingung die bedingte Kündigungsentschädigung nicht zusteht und es zu gar keinem Einnahmenzufluss kommt.

Jene von der Finanzbehörde in der Berufungsvorentscheidung dargelegte Argumentation, dass eine Zuordnung der Einnahmen unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten, welche den Anspruchszeitpunkt mit dem Eintritt einer Bedingung verbindet, der Gesetzeslage deshalb widerspreche, da mit der "Neuregelung durch das AbgÄG 2005 vom vorher geltenden Zuflussprinzip bei Nachzahlungen im Insolvenzverfahren abgegangen wurde" kann, wie oben dargelegt, überhaupt nicht nachvollzogen werden, da gerade unter Berücksichtigung dieser arbeitsrechtlichen gesetzlichen Regelungen nicht auf den Zuflusszeitpunkt abgestellt wird.

Im Falle einer bedingten Kündigungsentschädigung besteht der Anspruch somit in jenem Zeitpunkt (im Sinne von Zeitraum), in welchem dieser durch den Eintritt der Bedingung fällig geworden ist. Die Einnahmen "bedingte Kündigungsentschädigung" iHv € 4772,44 sind daher entsprechend den obigen Ausführungen den Zeiträumen ("den Zeitpunkten") bis und bis aliquot zuzuordnen."

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Berufung richtet sich ausschließlich gegen die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Auszahlungen der IAF-Service GmbH (ab "IEF-Service-GmbH") im Insolvenzfall Firma N GmbH im Jahr 2008.

Im vorliegenden Fall ist strittig, welchem Kalenderjahr die streitgegenständlichen Zahlungen des Insolvenz-Ausfallgeldes (Kündigungsentschädigung) steuerlich zuzurechnen sind. Der Berufungswerber ordnet diese teilweise dem Jahr 2009 zu, da diese Zahlungen Kündigungsentschädigungen für den Zeitraum vom 1.1.bis beträfen; das Finanzamt hingegen unterwirft die Zahlungen der Einkommensteuer 2008, da Kündigungsentschädigungen in dem Jahr als zugeflossen gelten, in dem der Anspruch entstanden sei.

Gemäß § 19 Abs. 1 EStG idF AbgÄG 2005, BGBl. I 2005/161 (anzuwenden ab ), sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, sowie Nachzahlungen im Insolvenzverfahren gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht.

Für Nachzahlungen des Insolvenz-Ausfallgeldes besteht sohin die Sonderregelung, dass diese nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern in dem Zeitpunkt, für den der Anspruch besteht, als Einkünfte zu erfassen sind. Die Zurechnung dieser Nachzahlungen zu dem Jahr, für das der Anspruch besteht, gilt für Konkurse, die nach dem eröffnet wurden (§ 124b Z 130 EStG idF AbgÄG 2005; Jakom/Baldauf, EStG § 19 Rz. 4, 26; Doralt, EStG10 (), § 19 Tz. 30/1ff).

Nachdem im vorliegenden Fall die Konkurseröffnung zum vorgenommen wurde, ist somit entscheidungswesentlich, in welchem Jahr der Anspruch des Berufungswerbers gegenüber der IAF-Service GmbH (Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds) begründet wurde.

Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld haben nach § 1 Abs.1 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG) ua. Arbeitnehmer für die nach Abs. 2 gesicherten Ansprüche, wenn ua. über das Vermögen des Arbeitgebers im Inland der Konkurs eröffnet wird. Gesichert sind nach § 1 Abs. 2 IESG aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, und zwar ua. Entgeltansprüche, insbesondere auf laufendes Entgelt und aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Z. 1) und Schadenersatzansprüche (Z. 2).

Der Begriff "Entgeltansprüche" ist im arbeitsrechtlichen Sinn zu verstehen; er umfasst alle Leistungen des Arbeitgebers, die dieser dem Arbeitnehmer für die Zurverfügungstellung Arbeitskraft gewährt und daher auch die als Entgelt aus der Beendigung des Arbeitsverhältnis zu qualifizierenden Ansprüche auf Kündigungsentschädigung (OGH 8 ObS 276/99 t RdW 2000/401, 434) und Urlaubsentschädigung ( SZ 61/244). Insolvenz-Ausfallgeld gebührt nach § 3a Abs. 2 IESG im Fall der Eröffnung des Konkurses für Ansprüche auf laufendes Entgelt einschließlich der gebührenden Sonderzahlungen ua. bis zum rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses, wenn es ua. nach § 25 Konkursordnung (KO) gelöst wird. Nach § 3 Abs. 1 IESG gelten betagte Forderungen als fällig.

Ist der Gemeinschuldner Arbeitgeber und ist das Arbeitsverhältnis bereits angetreten, so kann es nach § 25 Abs. 1 KO vom Arbeitnehmer durch vorzeitigen Austritt, wobei die Konkurseröffnung als wichtiger Grund gilt, gelöst werden. Wird das Arbeitsverhältnis nach § 25 Abs. 1 KO gelöst, so kann der Arbeitnehmer gemäß § 25 Abs. 2 KO den Ersatz des verursachten Schadens als Konkursforderung verlangen. Tritt ein Arbeitnehmer nach Konkurseröffnung wegen Nichtzahlung des Entgeltes aus, bevor ihn der Masseverwalter noch nach § 25 Abs. 1 Z 1 KO kündigen konnte, ist er nicht anders zu behandeln als bei zulässiger Kündigung durch den Masseverwalter; ihm steht daher bis zur fiktiven Beendigung des Arbeitsverhältnisses Kündigungsentschädigung, für den Zeitraum danach Schadenersatz nach § 25 Abs. 2 KO zu (siehe ua. ; ; ; ; ).

§ 29 Angestelltengesetz (AngG) ist auch für den Fall eines gerechtfertigten Austritts nach § 25 KO anzuwenden ( Arb 9871; EvBL 1982/8, RdW 1988, 137). Nach § 29 Abs. 2 AngG kann ein Angestellter bei einem unverschuldeten vorzeitigen Austritt, unbeschadet eines weitergehenden Schadenersatzes, die ihm nach § 29 Abs. 1 AngG zustehenden vertragsmäßigen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit oder durch ordnungsgemäße Kündigung durch den Dienstgeber hätte verstreichen müssen, soweit der Zeitraum nach Abs. 1 nicht drei Monate übersteigt, ohne Abzug sofort, den Rest zur vereinbarten oder gesetzlichen (§ 15 AngG) Zeit fordern. Da betagte Forderungen im Konkurs (§ 14 Abs. 2 KO) und im Einklang damit auch der Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für solche Forderungen als fällig gelten (§ 3 IESG), wird eine den Zeitraum von drei Monaten übersteigende Kündigungsentschädigung (§ 1162b ABGB; § 29 Abs. 2 AngG) im Konkurs trotz des Umstandes, dass ihre (endgültige) Bezifferung wegen der ungewissen zukünftigen Entwicklung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitnehmers noch gar nicht möglich ist (diese ergibt erst, ob und wieviel er sich anrechnen lassen muss), sofort "fällig" ().

Beendigungsansprüche entstehen mit (arbeitsrechtlichem) Ende des Dienstverhältnisses. Dieses ist maßgeblich für die Zuordnung von Urlaubsersatzleistungen, Abfertigungen und Kündigungsentschädigungen (Exl in SWK, Insolvenz und Steuern, 4. VI B. Lohnsteuerliche Fragen in der Insolvenz, Seite 87; sowie u.a. , vom , RV/2279-W/07, vom , RV/0355-I/08, vom , RV/2914-W/08, vom , RV/0401-S/10)

Aus obigen rechtlichen Ausführungen ergibt sich somit, dass der Anspruch des Berufungswerbers auf Insolvenz-Ausfallgeld-Zahlungen der IAF-Service GmbH (aus Mitteln des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds) zum Zeitpunkt seiner Austrittserklärung und somit bei Beendigung des Dienstverhältnisses bei der Arbeitgeberin zum begründet wurde. Dem Berufungswerber kam somit ab diesem Zeitpunkt sein Recht auf Zahlung von Kündigungsentschädigungen für den Zeitraum vom bis (§ 20 Abs. 2 AngG) zu. Da gemäß § 19 Abs. 1 EStG Nachzahlungen im Insolvenzverfahren im Kalenderjahr des Anspruches als zugeflossen gelten, wurden vom Finanzamt im bekämpften Bescheid obige Zahlungen zu Recht dem Jahr der Anspruchsbegründung, sohin dem Jahr 2008, zugerechnet und in diesem Jahr der Einkommensteuer unterworfen.

Die Einwendung des Berufungswerbers, die strittigen Zahlungen würden teilweise Zeiträume nach dem betreffen und seien somit dem Kalenderjahr 2009 zuzurechnen, kann daher der Berufung zu keinem Erfolg verhelfen, dienen die in dem vorgelegten Bescheid der IAF-Service GmbH vom und vom ausgewiesenen "Anspruchszeiträume" doch lediglich der Berechnung der Höhe der bereits seit dem Zeitpunkt des Austrittes bestehenden Leistungsansprüche des Abgabepflichtigen. Wie oben dargelegt, stellt der Zeitpunkt des Einnahmenzuflusses nach § 19 Abs. 1 EStG nicht auf den zu ersetzenden Anspruchsgrund und -zeitraum (Kündigungsfrist), sondern ausschließlich auf den Zeitpunkt der Anspruchsbegründung (Beendigung des Dienstverhältnisses) ab.

Der Spruch des bekämpften Bescheides war deshalb vollinhaltlich zu bestätigen und die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Linz, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at