Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 03.03.2011, RV/0440-W/10

Feststellungen der BP: Rechnungsmängel; ungeklärter Vermögenszuwachs


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ:
RV/0441-W/10

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X-GmbH, vertreten durch Y-GmbH, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 06/2008 und 07-09/2008 sowie Haftung für Kapitalertragsteuer 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.), eine mit Gesellschaftsvertrag vom errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit dem Betriebsgegenstand Transportgewerbe, wurde laut Eintrag im Firmenbuch nach Konkursabweisung mangels Vermögens mit aufgelöst. Liquidator ist P. (Staatsangehörigkeit Kroatien), dessen Aufenthaltsort laut Auskunft des Zentralen Melderegisters nach Abmeldung des Hauptwohnsitzes in Wien am unbekannt ist. Im berufungsgegenständlichen Zeitraum wurde die Funktion des Geschäftsführers von A.ausgeübt.

Die berufungsgegenständlichen Bescheide betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 06/2008 und 07-09/2008 (beide vom ) und Haftung für Kapitalertragsteuer für das Jahr 2008 (vom ) wurden unter Zugrundelegung der anlässlich einer bei der Bw. durchgeführten Betriebsprüfung (BP) erlassen. In der Niederschrift über die Schlussbesprechung (zugleich BP-Bericht) vom ist zu den berufungsgegenständlichen BP-Feststellungen folgendes ausgeführt:

I) Umsatzsteuer für die Zeiträume 06/2008 und 07-09/2008 (Tz 1.1):

Hinsichtlich der Rechnungen der Firma B. (angebliche Adresse Wien,M-Gasse) sei von der Bw. nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes vorgegangen worden. Von nicht an der angegebenen Betriebsadresse existenten Firmen ausgestellte Rechnungen berechtigten nicht zum Vorsteuerabzug, auch wenn die Leistungen erbracht worden seien (). Die im Prüfungszeitraum nicht anzuerkennende Vorsteuer aus Rechnungen der nicht an der ausgewiesenen Anschrift existenten Firma B. betrage € 18.760,00.

II) Haftung für Kapitalertragsteuer 2008 (Tz 2):

Im Prüfungszeitraum seien wiederholt Gelder in die Gesellschaft eingelegt worden, deren Herkunft nicht auf nachvollziehbare Weise aufgeklärt werden könne. Laut Aussage des Geschäftsführers A.seien die Beträge von Verwandten aus Bosnien-Herzegowina (€ 50.000,00 und € 25.000,00) und von der in Wien wohnhaften C. (€ 25.000,00) ausgeliehen worden, wobei die Übergabe in bar erfolgt sei. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung treffe denjenigen, der aufklärungsbedürftige Geschäfte tätige, die ihre Wurzel in einem Land hätten, in dem die österreichischen Abgabenbehörden keine Sachverhaltsermittlungen durchführen könnten, eine erhöhte Mitwirkungspflicht und es liege an diesem, die Geschäftsbeziehungen vollkommen offen zu legen. Die behauptete Gewährung eines Darlehens in Höhe von € 25.000,00 durch C. sei mangels Offenlegung des Vermögens dieser Person kritisch zu betrachten. Da die Mittelherkunft insgesamt nicht als aufgeklärt betrachtet werden könne und somit ein ungeklärter Vermögenszuwachs vorliege, sei im Rahmen der freien Beweiswürdigung von nicht ordnungsgemäß erklärten Umsätzen in Höhe von € 111.150,00 (Saldo des Verrechnungskontos) auszugehen. Der Betrag von € 111.150,00 werde als Bemessungsgrundlage der verdeckten Ausschüttung angenommen. Da die Bw. die Kapitalertragsteuer in Höhe von € 37.050,00 endgültig trage, betrage die verdeckte Ausschüttung € 148.200,00.

In der Berufung vom wurde folgendes vorgebracht:

I) Zu den Bescheiden betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 06/2008 und 07-09/2008:

Der Kontakt mit der Firma B. sei über die Internet-Frachtbörse T.dehergestellt worden. Für die Zulassung zu dieser Börse werde erstens das zumindest sechsmonatige Bestehen einer Gewerbeanmeldung durch Kontrolle der Gewerbeanmeldung überprüft und zweitens eine Bonitätsauskunft des Unternehmens über einen Kreditschutzverband (in Österreich KSV 1870) eingeholt. Das bedeute, dass im Zeitpunkt der Geschäftsbeziehungen von diesem Unternehmen sowohl eine gültige Gewerbeanmeldung als auch eine positive Bonitätsbeurteilung vorgelegen sei.Zusätzlich zu den Kontrollen durch die Internetplattform T.de habe sich die Bw. per Firmenbuchauszug über die Daten des Geschäftspartners vergewissert. Im beanstandeten Zeitraum habe die Firma B. am eine Subsidiär- und Ausfallhaftungsversicherung mit einer Versicherungssumme von € 600.000,00 mit der Firma VersicherungsbüroF.. abgeschlossen. Darüber hinaus habe es mehrmaligen Postverkehr zwischen der Bw. und seinem Geschäftspartner gegeben. Weiters sei anzumerken, dass alle seitens der Firma B. an die Bw. gestellten Rechnungen, beglichen worden seien. Die Kontaktaufnahme sei wie in der Transportbranche üblich per Telefon sowie über die elektronische Frachtbörse T.de erfolgt. Dass ein österreichischer Spediteur, der über eine Onlinebörse täglich mehrere Frachtladungen erwerbe, nicht die Möglichkeit habe, mit allen Geschäftspartnern persönlich zu verkehren, erscheine einleuchtend und sinnvoll. Die Bw. habe unter branchenüblichen Bedingungen eine Frachtladung erworben und die ordnungsgemäß gelegten Rechnungen bezahlt. Der Kontakt mit der Firma B. sei, wie bei jedem anderen Geschäftsfall auch, per Telefon bzw. per teils eingeschriebenen Postsendungen erfolgt. Der Bw. könne folglich auch nicht angelastet werden, nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes vorgegangen zu sein. Von einem unter Kosten- und Zeitdruck stehenden Unternehmer könne nicht verlangt werden, über die erwähnten Handlungen hinaus jeden einzelnen Geschäftspartner persönlich zu überprüfen. Dies würde alle Vorteile einer modernen und effizienten Frachtbörse zunichte machen und der Bw. die Geschäftsbasis entziehen.

II) Zum Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 2008:

Die BP habe eine Schätzung nach § 184 BAO vorgenommen, obwohl die Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung nicht anzweifelt worden sei. Zur Vorgehensweise im Fall eines unaufgeklärten Vermögenszuwachses sei auf folgende Ausführungen hingewiesen: "... Es genügt vielmehr, wie auch aus dem Wortlaut des § 167 Abs. 2 BAO hervorgeht, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewißheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen läßt. Absolute Gewißheit muß die Behörde demnach nicht schaffen. Es genügt, daß sie nach den Denkgesetzen annehmen durfte, die von ihr als erwiesen angenommene Tatsache hat den größeren Grad der Wahrscheinlichkeit für sich als das vom Steuerpflichtigen behauptete Gegenteil." (Dr. Bruno Schimetschek in: SWK 11/1995, A282). Der objektive Sachverhalt lasse keinesfalls auf die Behauptungen des Prüfers schließen. Zu den Ausführungen des Prüfers sei in erster Hinsicht anzumerken, dass er dem Geschäftsführer unterstelle, dieser habe Geld verdeckt aus der Gesellschaft ausgeschüttet, um es in weiterer Folge wieder in das Unternehmen einzulegen. Neben der nachteiligen steuerlichen Behandlung (Kapitalertragsteuer) würden auch die Grundsätze des logischen Denkens gegen diese Vorgehensweise sprechen. Nach ständiger Rechtsprechung seien die vermeintlich unaufgeklärten Einkünfte der wahrscheinlichsten Einkommensquelle zuzuordnen. Im gegenständlichen Fall sei dies mangels Alternativen das Unternehmen der Bw. Ausgehend von einer betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise wäre es für das Unternehmen während des ca. einjährigen Bestehens vor dem beanstandeten Zeitraum nicht möglich gewesen, derart hohe nicht verbuchte Umsätze zu erzielen. Eine Berechnung anhand der Ergebniszahlen 2008 habe für die Bw. eine Gewinnspanne von deutlich unter 1 % ergeben. Hätte die Bw. zusätzlich € 100.000,00 erwirtschaftet, würde dies eine Gewinnspanne von 34 % ergeben. Ohne Einholung einer Expertenmeinung erscheine diese Marge in der Transportbranche nicht realistisch. Es sei auch für einen Laien bekannt, dass in der Transportwirtschaft extrem harter Wettbewerb herrsche. Für ein Unternehmen sei es ein überdurchschnittlicher Erfolg, überhaupt positiv zu bilanzieren, geschweige denn Margen von über 1 % zu erzielen. Es lasse sich auch der Rückschluss nicht nachvollziehen, dass es sich bei den mangelhaft nachgewiesenen Einlagen um Gelder aus Umsatzgeschäften handeln solle. Es wäre doch viel nahe liegender, dass die Gelder aus anderen Einkünften oder Vermögensumschichtungen der geldgebenden Personen stammten. Es werde jeglicher Hinweis auf die vorgeworfene Herkunft des Geldes vermisst. Obigen Ausführungen folgend wäre eine Zurechnung des Vermögenszuwachses zu der behaupteten Einkunftsquelle in keiner Weise realistisch.

Mit Schreiben vom wurde von der BP wie folgt zur Berufung Stellung genommen:

I) Zur Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 06/2008 und 07-09/2008:

Dem Vorbringen der Bw., dass im Transportgeschäft persönlicher Kontakt branchenunüblich wäre, werde entgegnet, dass das Kriterium der Branchenüblichkeit bei der Beurteilung des Vorliegens der gesetzlich normierten Rechnungsbestandteile unbeachtlich sei. Nach § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 sei nicht nur der Name des liefernden oder leistenden Unternehmers gefordert, sondern auch die tatsächliche Adresse.

II) Zur Haftung für Kapitalertragsteuer 2008:

Gemäß § 184 BAO habe die Abgabenbehörde zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichende Aufklärung zu geben vermöge oder weitere Auskünfte über Umstände verweigere, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich seien. Der Vermögenszuwachs habe im Laufe des Verfahrens nicht geklärt werden können. Die vorgelegten Unterlagen hätten nicht ausgereicht, um die Mittelherkunft glaubhaft zu machen (Schuldscheine ohne Zinsen und ohne Sicherheiten, keine Offenlegung der Geldflüsse, keine Nachweise über die Verbringung des Geldes nach Österreich). Somit sei die Annahme gerechtfertigt, dass der gesamte unaufgeklärte Vermögenszuwachs aus nicht einbekannten Einkünften stamme. Die Offenlegung der Herkunft des Geldes sowie die entsprechende Glaubhaftmachung sei im Rahmen der erhöhten Mitwirkungspflicht Sache des Abgabepflichtigen. Die Bw. sei in einem Schreiben vom auf die Ungewissheit der Herkunft der Mittel hingewiesen worden. Ebenso sei der Bw. mitgeteilt worden, dass bei Nichtaufklärung der Mittelherkunft davon ausgegangen werden müsse, dass es sich um nicht ordnungsgemäß erklärte Umsätze in Höhe des Saldos des Verrechnungskontos handle. Die Vorbringen der Bw. seien nicht geeignet, zu einer anderen abgabenrechtlichen Beurteilung zu gelangen.

Der Aufforderung des Finanzamtes zur Einbringung einer Gegenäußerung zur Stellungnahme der BP zur Berufung kam die Bw. nicht nach.

Über die Berufung wurde erwogen:

I) Bescheide betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für die Zeiträume 06/2008 und 07-09/2008:

Die Bw. wendet sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzuges aus Rechnungen der Firma K. in Höhe von € 18.760,00 im Zeitraum Juni bis September 2008.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 müssen Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch bereits zur inhaltsgleichen Bestimmung des UStG 1972 - muss in einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 sowohl der richtige Name als auch die richtige Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers angegeben sein. Ob in einer Rechnung die richtige Anschrift angegeben ist, ist eine auf der Tatsachenebene zu lösende Sachverhaltsfrage (vgl. zB ; ; ; ).

Die Angabe von Namen und Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers auf einer Rechnung dient nicht nur der Kontrolle, ob der Leistungsempfänger eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Leistung von einem anderen Unternehmer erhalten hat, sondern auch der Sicherstellung der Besteuerung beim leistenden Unternehmer. Diesem Sinn der Vorschrift entsprechend begnügt sich das Gesetz nicht mit Angaben, aus denen im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die in Rechnung gestellten Lieferungen oder Leistungen erbrachte; es muss der Rechnung vielmehr eindeutig jener Unternehmer zu entnehmen sein, der tatsächlich geliefert oder geleistet hat. § 11 Abs. 1 Z. 1 UStG (sowohl Fassung 1972 und 1994) erfordert daher für die eindeutige Feststellung des liefernden oder leistenden Unternehmers bei Rechnungslegung nicht nur die Angabe des Namens, sondern auch der Adresse. Die Lieferung eines Gegenstandes oder die Leistung hinsichtlich eines Gegenstandes allein berechtigt noch nicht zum Vorsteuerabzug. Auf den "guten Glauben" des Rechnungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers kommt es nicht an. Eine "Ungreifbarkeit des Leistungserbringers" ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat (vgl. ; , 2003/13/0004).

Kann beweiswürdigend davon ausgegangen werden, dass an der in den - den Formvorschriften des § 11 UStG 1994 entsprechenden - Rechnungen angeführten Anschrift des leistenden Unternehmens keine Geschäftstätigkeit ausgeübt wurde, darf aus materiellen Gründen der Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 versagt werden. Die Berufung auf den guten Glauben betreffend Firmenbucheintragungen geht ins Leere, wenn im jeweiligen Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnungen die auf den Rechnungen aufscheinende Anschrift nicht mehr die Geschäftsanschrift war (vgl. zB , 2007/14/0173; , 2005/13/0006).

Auch wenn eine Leistung ausgeführt worden ist, aber in der Rechnung als leistender Unternehmer eine Person aufscheint, die unter der angegebenen Anschrift gar nicht existiert, steht der Vorsteuerabzug nicht zu (vgl. zB ).

Der EuGH hält in seiner Judikatur (vgl. das Urteil vom , C-25/03) daran fest, dass Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 8 der Mehrwertsteuerrichtlinie (i.d.F. 91/680) setzen, um eine genaue Erhebung der Steuer sicherzustellen und Steuerhinterziehungen zu verhindern, nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Das Erfordernis der richtigen Anschrift des Leistungserbringers im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung dient diesen Zielen (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall wurde von der BP erhoben, dass die Firma B. an der in den Rechnungen angegebenen Firmenadresse in Wien,M-Gasse tatsächlich keine Geschäftstätigkeit ausübte. Aus dem Arbeitsbogen der BP ist zu entnehmen, dass bei einem am durchgeführten Augenschein an der Adresse Wien,M-Gasse eine das gesamte Objekt umfassende Baustelle vorgefunden wurde. Die Firma B. gab es nicht an dieser in den an die Bw. gelegten Rechnungen angeführten Adresse. Das von der Bw. erstattete Vorbringen, sie hätte sich mittels eines Firmenbuchauszuges über die Daten der Firma B. vergewissert kann nicht als tatsachenkonform angesehen werden, da es im Firmenbuch zu keiner Zeit einen Eintrag einer Firma mit diesem Namen gab. Im Übrigen hätte ein entsprechender Eintrag im Firmenbuch keine entscheidungserhebliche Bedeutung, da es ausschließlich darauf ankommt, ob die auf einer Rechnung angeführte Anschrift die tatsächliche Anschrift (Ort der Entfaltung der Geschäftstätigkeit) des leistenden Unternehmers im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung ist. Den Angaben im Firmenbuch kann prinzipiell keine Vermutung der Richtigkeit beigelegt werden, da in das Firmenbuch unüberprüfte Angaben aufgenommen werden. Die Ausführungen der Bw. zur Kontaktaufnahme mit dieser Firma über eine Internet-Frachtbörse mögen ebenso wie die Ausführungen zu den üblichen Vorgehensweisen in der Transportbranche durchaus zutreffend sein, sind jedoch im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage nicht geeignet, eine andere als die von der BP vorgenommene Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes herbeizuführen. Ebenso verhält es sich mit dem Vorbringen, dass die Firma B. eine Subsidiär- und Ausfallhaftungsversicherung abgeschlossen habe. Der Argumentation der Bw., dass es nicht zumutbar wäre, jeden einzelnen Geschäftspartner persönlich zu überprüfen, kann nicht gefolgt werden, da die Firma B. mit einer Wiener Adresse agierte und eine Überprüfung durch die ebenfalls in Wien ansässige Bw. somit nicht unzumutbar gewesen wäre. Da die Bw. zumutbare Handlungen zur Überprüfung der Anschrift der (nicht im Firmenbuch eingetragenen) Firma B. offensichtlich für nicht erforderlich hielt, kann nicht angenommen werden, dass sie die gebotene Sorgfalt walten ließ. Aus diesem Grund kann der von der Bw. angesprochene Aspekt des Gutglaubensschutzes bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes nicht in Betracht gezogen werden.

Daher ist an der Versagung des Vorsteuerabzuges in Höhe von € 18.760,00 im Zeitraum Juni bis September 2008 aus den mit dem Mangel des Fehlens der richtigen Anschrift des Unternehmers behafteten, und somit nicht den Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 entsprechenden, Rechnungen der Firma B. keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

II) Bescheid betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 2008:

Die Bw. wendet sich gegen die Behandlung des Betrages von € 111.150,00 (Saldo des Verrechnungskontos) als verdeckte Ausschüttung an den Geschäftsführer A. im Jahr 2008. Die Vorgehensweise der BP gründet sich auf den Umstand, dass die Herkunft von in die Gesellschaft eingelegten Mitteln seitens der Bw. nicht auf nachvollziehbare Weise aufgeklärt wurde. Daher wurden die eingelegten Beträge als im Schätzungswege zu berücksichtigende Umsatzverkürzungen beurteilt. Weiters wurde davon ausgegangen, dass der entsprechende Betrag an den Geschäftsführer verdeckt ausgeschüttet und sodann von diesem wieder in die Gesellschaft eingelegt worden sei.

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Gemäß § 184 Abs. 2 BAO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Gemäß § 184 Abs. 3 BAO ist ferner zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Dem Berufungsvorbringen, dass die Buchhaltung der Bw. für ordnungsgemäß befunden worden sei und deshalb keine Schätzungsbefugnis gegeben wäre, ist zu entgegnen, dass sich die Schätzungsbefugnis im gegenständlichen Fall nicht auf die Annahme formeller Mangelhaftigkeit der Buchhaltung, sondern auf die in § 184 Abs. 2 BAO getroffene Anordnung gründet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dann, wenn in einem mängelfreien Verfahren ein Vermögenszuwachs festgestellt wird, den der Abgabepflichtige nicht aufklären kann, die Annahme gerechtfertigt, dass der unaufgeklärte Vermögenszuwachs aus nicht einbekannten Einkünften stammt; das Vorliegen eines unaufgeklärten Vermögenszuwachses löst diesfalls die Schätzungsbefugnis der Behörde nach § 184 Abs. 2 BAO aus, wobei eine solche Schätzung in einer dem ungeklärten Vermögenszuwachs entsprechenden Zurechnung zu den vom Abgabepflichtigen erklärten Einkünften zu bestehen hat (Hinweis E , 95/13/0214). Ob ein Vermögenszuwachs als aufgeklärt oder als ungeklärt geblieben anzusehen ist, ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage (vgl. mit Hinweis auf ).

Die bloßen Behauptungen der Bw., wonach die betreffenden Mittel zum Teil von in Bosnien Herzegowina wohnhaften Verwandten des Geschäftsführers und zum Teil von der in Wien wohnhaften Verwandten C. ausgeborgt worden wären, können jedenfalls nicht als hinreichende Aufklärung der Herkunft der in die Gesellschaft eingelegten Mittel aufgefasst werden. Daher ist zu beurteilen, inwieweit den als Beweismittel vorgelegten Unterlagen tatsächlich Beweiskraft beigemessen werden kann:

In einem "Schuldschein", datiert mit , unterfertigt von A.und C. bestätigt der Geschäftsführer A.den Erhalt von € 25.000,00 von C. am selben Tag. Es ist beigefügt, dass er sich zur Rückzahlung des Betrages bis spätestens bereit erkläre, entweder als ganzen Betrag oder in Raten, und ohne Zinsen und Spesen. Die angebliche Darlehensgeberin C. bezog laut Datenbank der Finanzverwaltung in den 10 Jahren vor Unterfertigung des "Schuldscheines" lediglich Karenzurlaubsgeld, geringe Einkünfte aus sporadischen Beschäftigungsverhältnissen, Arbeitslosengeld und überwiegend staatliche Notstandshilfe. Da keine Erklärung vorliegt, aus welchen Quellen C.den Betrag von € 25.000,00 beschaffen hätte können, kann die behauptete Darlehensgewährung durch diese Person nicht als erwiesen angenommen werden. In einer "Bestätigung", datiert mit , unterfertigt von A.und D.bestätigt der in Bosnien Herzegowina wohnhafte Vater des Geschäftsführers die Übergabe von € 50.000,00 an seinen Sohn am . Es ist beigefügt, dass die Rückzahlung bis spätestens erfolgen solle. Da die Vermögensverhältnisse des angeblichen Darlehensgebers D.nicht bekannt sind und die Verbringung des Geldbetrages nach Österreich nicht nachvollziehbar dargelegt wurde, kann die behauptete Darlehensgewährung durch diese Person nicht als erwiesen angenommen werden. In einem nicht in die deutsche Sprache übersetzten Papier, übertitelt mit "Potvrda", bestätigt E. (ebenfalls in Bosnien Herzegowina wohnhaft), dem Geschäftsführer A.am den bis zum rückzuzahlenden Betrag von € 25.000,00 als Darlehen gegeben zu haben. Da auch in diesem Fall die Vermögensverhältnisse der angeblichen Darlehensgeberin nicht bekannt sind und die Verbringung des Geldbetrages nach Österreich nicht nachvollziehbar dargelegt wurde, kann die behauptete Darlehensgewährung durch diese Person nicht als erwiesen angenommen werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass anhand der fremdunüblichen und nicht nachvollziehbar gemachten Inhalte der vorgelegten Unterlagen ("Schuldschein" und "Bestätigungen") keine Aufklärung der Herkunft der in die Gesellschaft eingelegten Mittel herbeigeführt wurde. Da die Mittel angeblich in Form von Bargeld übergeben worden sein sollen, ist auch eine Rekonstruktion von Geldflüssen über Bankkonten nicht möglich.

Da die behauptete Herkunft der in die Gesellschaft eingelegten Mittel aus anderen Quellen als nicht einbekannten Einkünften der Bw. nicht auf eine der Überprüfung zugängliche Weise dokumentiert wurde, ist die Vorgehensweise der BP im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage als rechtskonform zu beurteilen.

Angesichts der Tatsache, dass die Herkunft der in die Gesellschaft eingelegten Mittel nicht nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht wurde, sind die Vorbringen der Bw., dass die Annahme der Einlage verdeckter Ausschüttungen in der festgestellten Höhe den Grundsätzen des logischen Denkens widersprechen würde und daher unwahrscheinlich wäre, dass eine Zurechnung des Vermögenszuwachses unrealistisch wäre und dass die Annahme der Herkunft der Mittel aus "anderen Einkünften oder Vermögensumschichtungen der geldgebenden Personen" doch viel nahe liegender wäre, als Zweckbehauptungen zu beurteilen.

Die rechtliche Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes führt zum Ergebnis, dass an der Behandlung des Betrages von € 111.150,00 (brutto € 148.200,00) als verdeckte Ausschüttung an den Geschäftsführer A. im Jahr 2008 durch die BP keine Rechtswidrigkeit zu erblicken ist.

Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird bei inländischen Kapitalerträgen, wozu auch Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehören, die Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer). Verdeckte Ausschüttungen (§ 8 Abs. 2 KStG 1988) stellen als sonstige Bezüge aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung inländische Kapitalerträge im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988 dar. Gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 haftet der Schuldner der Kapitalerträge dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Aus den dargelegten Gründen ist die Festsetzung der Kapitalertragsteuer in Höhe von € 37.050,00 für das Jahr 2008 zu Recht erfolgt.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 8 Abs. 2 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 93 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 11 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at