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OGH vom 07.09.2021, 1Ob25/21i

OGH vom 07.09.2021, 1Ob25/21i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Höfrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj M*****, geboren am ***** 2009, des mj J*****, geboren am ***** 2011, und des mj V*****, geboren am ***** 2013, alle wohnhaft in *****, vertreten durch die Sacha Katzensteiner Blauensteiner Rechtsanwälte GmbH, Krems an der Donau, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau als Rekursgericht vom , GZ 2 R 75/20x-28, mit dem der (berichtigte) Beschluss des Bezirksgerichts Krems an der Donau vom , GZ 19 Pu 200/11f-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts

wiederhergestellt wird.

Text

Begründung:

[1] Mit Beschluss des Erstgerichts vom wurde die Unterhaltsverpflichtung des Vaters (jeweils ab ) für sein älteres Kind mit monatlich 225 EUR und für die beiden jüngeren Kinder mit jeweils 175 EUR festgesetzt. Dem lag ein am gleichen Tag bei Gericht erzieltes Einvernehmen zwischen dem Vater und den durch den Kinder- und Jugendhilfeträger vertretenen Kindern zugrunde, nach dem die Bemessung des Unterhalts – aufgrund seines hohen Einkommens von monatlich netto 4.500 EUR (und des Einkommens der Mutter von 1.700 EUR) – mit dem zweifachen Regelbedarf und unter Vornahme eines 66%igen „Abzugs“ wegen überdurchschnittlicher Betreuung der Kinder durch den Vater erfolgen sollte. Das Erstgericht verwies in der Begründung seines unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Beschlusses im Wesentlichen auf diese Parameter sowie das „Einverständnis der Parteien“.

[2] Mit außergerichtlicher Vereinbarung des durch den Kinder- und Jugendhilfeträger vertretenen mittleren Sohnes mit seinem Vater vom wurde dessen laufender Unterhalt – wieder unter Zugrundelegung des zweifachen Regelbedarfs und eines 66%igen Abzugs wegen überdurchschnittlicher Betreuung durch den Vater – mit monatlich 225 EUR festgelegt.

[3] 2017 verbrachten die Kinder jedes Wochenende – jeweils von Freitag nach der Schule bzw dem Kindergarten bis zum Beginn der Schule bzw des Kindergartens am Montag – beim Vater und die restliche Zeit bei der Mutter. Seit 2019 ist dies nur mehr während drei von vier Wochen der Fall.

[4] Die streben nunmehr eine Neubemessung ihres Unterhalts ab an, weil das Einkommen des Vaters seit 2017 deutlich gestiegen sei und sie außerdem nicht mehr jedes Wochenende, sondern nur mehr an drei von vier Wochenenden von ihm betreut würden. Alle vier Wochen würden sie dieses bei der Mutter verbringen. Der Vater betreue die Kinder daher nur mehr an durchschnittlich 1,875 Tagen pro Woche. Damit übersteige dessen Betreuungszeit die „durchschnittliche Betreuungsdauer“ von einem Tag pro Woche nur um (rund) einen (weiteren) Tag. Unter Berücksichtigung seines hohen Einkommens ergebe sich der neu zu bemessende Unterhalt aus dem zweifachen – für das älteste Kind aus dem zweieinhalbfachen – Regelbedarf abzüglich eines Abzugs von 10 % für die (leicht) überdurchschnittliche Betreuung durch den Vater. Für einen höheren Abzug bestehe keine Grundlage. Dass es der Wille der Parteien gewesen sei, bei künftigen Unterhaltsbemessungen einen höheren Abzug vorzunehmen, „sei nicht ersichtlich“. Seit der letzten Unterhaltsfestsetzung im Jahr 2017 seien auch die altersbedingten Bedürfnisse der Kinder gestiegen, sodass insgesamt nicht mehr an der bisherigen Regelung festzuhalten sei.

[5] Der entgegnete, dass sich die 2017 – für die damalige Unterhaltsfestsetzung – maßgeblichen Umstände seither nicht wesentlich geändert hätten. Zwar würde er mehr verdienen, allerdings habe sich bereits aus seinem Verdienst im Jahr 2017 ein über dem zweifachen Regelbedarf liegender Unterhalt ergeben, der daher vereinbarungsgemäß auf dieser Basis – unter Vornahme eines 66%igen Abschlags für die überdurchschnittliche Betreuung der Kinder durch den Vater – bemessen worden sei. Auch an der nach wie vor überdurchschnittlichen Betreuung der Kinder habe sich nichts Wesentliches geändert. Es bestehe daher kein Grund, von den Bemessungsfaktoren, wie sie dem Beschluss und der Unterhaltsvereinbarung aus 2017 zugrunde lagen, abzugehen. Diese seien vielmehr auch bei der nunmehr von den Kindern geforderten Anpassung (Erhöhung) des Unterhalts zu berücksichtigen. Dieser sei daher weiterhin mit dem Zweifachen des Regelbedarfs sowie einem Abzug in Höhe von 66 % für die überdurchschnittliche Betreuung durch den Vater zu bemessen.

[6] Das setzte den Unterhalt der Kinder wie folgt fest: für M***** für den Zeitraum vom bis mit 619 EUR, vom bis mit 630 EUR und ab mit 900 EUR; für J***** für den Zeitraum vom bis mit 619 EUR und ab mit 630 EUR; und für V***** für den Zeitraum vom bis mit 480 EUR, vom bis mit 490 EUR und ab mit 630 EUR.

[7] Es ging davon aus, dass der Unterhalt gänzlich neu zu bemessen sei, weil sich die der Unterhaltsfestsetzung 2017 zugrundeliegenden Umstände – nämlich das Gehalt des Vaters, das Verhältnis der Betreuung der Kinder durch die Eltern sowie deren (altersbedingten) Bedürfnisse – wesentlich geändert hätten. An der bisherigen Regelung, wonach sich der Unterhalt nach dem um 66 % gekürzten zweifachen Regelbedarf bemesse, könne daher nicht mehr festgehalten werden. Dieser sei vielmehr nach der Prozentwertmethode neu festzusetzen. Um eine pädagogisch nicht sinnvolle Überalimentierung hintanzuhalten sei der Unterhalt weiterhin mit dem zweifachen bzw (hinsichtlich des ältesten Kindes) zweieinhalbfachen Regelbedarf zu begrenzen. Für den von durchschnittlichen Betreuungsverhältnissen abweichenden zusätzlichen (wöchentlichen) Betreuungstag des Vaters sei ein Abzug von 10 % gerechtfertigt. Das „betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell“ sei mangels gleichwertiger Betreuung der Kinder durch die Eltern nicht anwendbar.

[8] Das änderte diese Entscheidung ab und setzte den Unterhalt der Kinder wie folgt fest: für M***** für den Zeitraum vom bis mit 234 EUR, vom bis mit 238 EUR und ab mit 271 EUR; für J***** für den Zeitraum vom bis mit 234 EUR und ab mit 238 EUR und für V***** für den Zeitraum vom bis mit 182 EUR, vom bis mit 185 EUR und ab mit 238 EUR.

[9] Begründend führte es aus, dass sich die im Jahr 2017 der Unterhaltsbemessung zugrundegelegten, maßgeblichen Umstände seither nicht wesentlich geändert hätten. Zwar verdiene der Vater mehr, allerdings sei sein Einkommen schon damals überdurchschnittlich hoch gewesen, weshalb der Unterhalt – zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung – anhand des zweifachen Regelbedarfs bemessen worden sei. Davon sei umso mehr aufgrund der aktuellen Einkommensverhältnisse des Vaters auszugehen. Auch die Betreuung der Kinder habe sich seit 2017 dadurch, dass sie nicht mehr jedes Wochenende, sondern nur mehr drei von vier Wochenenden beim Vater verbringen, „im Hinblick auf das betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell, das die Eltern vereinbart hätten, weil kein Elternteil die Kinder mehr als zwei Drittel der Zeit betreue“, nicht erheblich geändert, würden die Kinder doch nach wie vor „nicht mindestens an 2/3 der Zeit eines Jahres“ von der Mutter betreut. Der altersbedingt anzupassende Unterhalt der Kinder ergebe sich daher weiterhin – entsprechend dem ursprünglichen Einvernehmen der Parteien – aus dem doppelten (bzw hinsichtlich des ältesten Sohnes ab dem vollendeten zehnten Lebensjahr zweieinhalbfachen) Regelbedarf, wovon aufgrund der weiterhin überdurchschnittlichen Betreuung der Kinder durch den Vater ein 66%iger Abzug vorzunehmen sei.

[10] Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht unter anderem deshalb zu, weil zur Frage, bei welcher Änderung der Betreuungsverhältnisse eine Neubemessung des Unterhalts zu erfolgen habe, erst „vereinzelte Rechtsprechung“ bestehe.

Rechtliche Beurteilung

[11] Der dagegen erhobene der Kinder ist zulässig und berechtigt.

[12] 1. Das Rechtsmittel ist entgegen der (nicht begründeten) Ansicht des Revisionsrekursgegners nicht verspätet. Das ursprüngliche Rechtsmittel wurde innerhalb der gesetzlichen Frist, der verbesserte Schriftsatz innerhalb der gewährten Verbesserungsfrist eingebacht.

[13] 2.1. Nach dem durch das KindNamRÄG 2013 neu eingeführten § 190 Abs 3 ABGB sind vor Gericht geschlossene Vereinbarungen über die Höhe gesetzlicher Unterhaltsleistungen (nur) für den Unterhaltsverpflichteten verbindlich. Soweit dadurch gesetzliche Unterhaltsansprüche des Kindes nicht zur Gänze abgedeckt werden, kann dieses jederzeit – auch ohne Änderung der der Vereinbarung zugrundeliegenden Umstände – eine gerichtliche Erhöhung beantragen (1 Ob 151/17p). Nach überwiegender Literatur ist diese Bestimmung auch auf Vereinbarungen anzuwenden, die vor dem oder durch den Kinder- und Jugendhilfeträger abgeschlossen wurden (vgl etwa Neuhauser in Schwimann/Kodek5§ 231 ABGB Rz 20; Hopf/Höllwerth in KBB6§ 190 ABGB Rz 4; Neuhauser, Die Auswirkungen des KindNamRÄG 2013 auf den Unterhaltsanspruch und dessen Sicherung, iFamZ 2013, 26 [30]; Simma, [Keine] Bindungswirkung von Vereinbarungen beim Kindesunterhalt, EF-Z 2015/40 [70 f]; aA Weitzenböck in Schwimann/Kodek5 § 190 ABGB Rz 9 ohne überzeugendes Argument). Davon ging jüngst auch der Oberste Gerichtshof aus (8 Ob 92/20t).

[14] 2.2. Da der Unterhalt des mittleren Kindes zuletzt durch die mit dem Kinder- und Jugendhilfeträger abgeschlossene Vereinbarung vom geregelt wurde, ist dessen Unterhaltsanspruch somit nach § 190 Abs 3 ABGB ohne Bindung an die der Vereinbarung zugrundeliegenden Umstände gänzlich neu zu bemessen (1 Ob 151/17p).

[15] 3.1. Der Unterhalt des ältesten sowie des jüngsten Kindes wurde zuletzt mit Beschluss des Erstgerichts vom festgesetzt. Dieser wurde zwar auf das Einvernehmen der Parteien gestützt. Mangels vor Gericht bzw durch den Kinder- und Jugendhilfeträger geschlossener Vereinbarung über die Höhe des Unterhalts kann das auf eine gänzliche – also ohne Bindung an die der bisherigen Unterhaltsbemessung zugrundegelegten Umstände – Neubemessung gerichtete Begehren dieser beiden Kinder aber nicht auf § 190 Abs 3 ABGB gegründet werden.

[16] 3.2. Jede Unterhaltsregelung, sei es durch gerichtliche Entscheidung oder Vergleich, unterliegt jedoch der Umstandsklausel (clausula rebus sic stantibus). Der Unterhalt kann demnach aber nur aufgrund einer wesentlich geänderten Sachlage, bei einer Änderung der der Unterhaltsbemessung zugrundeliegenden Gesetzesregelungen (vgl RS0047398) oder einer tiefgreifenden Änderung der Rechtsprechung (RS0047398 [T9a, T 14, T 18, T 23]) neu festgesetzt werden. Es muss sich um eine „rechtserhebliche Veränderung“ handeln (1 Ob 44/17b), die sich auf die Bemessungsfaktoren oder die der Bemessung zugrunde gelegten Sachverhaltselemente bezieht (RS0053297 [T13]) und sich in einer merkbaren Unterhaltsdifferenz niederschlägt (10 Ob 59/16y).

[17] 3.3. Die Betreuung der Kinder durch den Vater hat sich seit 2017 nicht nur unmaßgeblich geändert. Ursprünglich verbrachten sie jedes Wochenende bei ihm, sodass dem Vater – bei gebotener Aufteilung jener Zeit, die sie am Freitag und Montag in der Schule bzw dem Kindergarten verbrachten, zu gleichen Teilen auf beide Elternteile (vgl 4 Ob 45/19z, wonach die „Berechnung“ der Kontakttage aufgrund einer wertenden Betrachtung zu erfolgen hat) – drei Betreuungstage pro Woche zukamen. Seit 2019 verbringen sie hingegen nur drei von vier Wochenenden beim Vater, woraus sich (wieder unter Aufteilung der Schulzeit am Freitag und Montag auf beide Elternteile) eine durchschnittliche Betreuung durch diesen an rund 2,25 Tagen pro Woche ergibt.

[18] 3.4. Bei der früheren wöchentlichen Betreuung der Kinder durch den Vater an drei Tagen (sohin zu rund 43 %) kam sowohl nach der – dem damals bestehenden Einvernehmen der Eltern zugrundegelegten – älteren Rechtsprechung (4 Ob 16/13a; 8 Ob 69/15b; 10 Ob 17/15w, wonach eine gleichwertige Betreuung angenommen wurde, wenn kein Elternteil mindestens zwei Drittel der Betreuung übernimmt) als auch nach der jüngeren Judikatur (RS0130654) – jeweils unter der Voraussetzung im Wesentlichen gleicher Naturalleistungen der Eltern – das „betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell“ zur Anwendung. Dieses führt bei gleichwertigen Einkommensverhältnissen der Eltern zu einem Entfall der Geldunterhaltspflicht (vgl RS0131785) und bei (wie hier) unterschiedlichen Einkommen zur Pflicht zu einem (bloßen) Ergänzungsunterhalt (RS0131786; RS0131331 [T2]).

[19] Beim hier zugrundelienden Betreuungsverhältnis von 2,25 zu 4,75 Tagen (Betreuung durch den Vater sohin zu rund 32 %) ist nach der maßgeblichen jüngeren Rechtsprechung (4 Ob 206/15w; 8 Ob 89/17x: Ablehnung der Ansicht, dass ein Verhältnis von 1:2 ausreicht; 9 Ob 57/17y: Betreuung durch den Vater zu 39 % nicht ausreichend; 5 Ob 189/18g sowie 3 Ob 101/19b: 38 % unzureichend; 10 Ob 58/18d: 36 % unzureichend; 5 Ob 141/19z: 35 % unzureichend) die für die Anwendbarkeit des „betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodells“ geforderte gleichwertige Betreuung hingegen nicht gegeben.

[20] Damit führt schon das geänderte Betreuungsverhältnis (auch aufgrund der sich dazu in jüngerer Zeit maßgeblich geänderten Judikatur) – unabhängig vom gestiegenen Einkommen des Vaters, das bereits 2017 über jener Grenze lag, ab der zur Verhinderung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung ein „Unterhaltsstopp“ eintritt – zu einer wesentlichen Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände, woraus sich auch hinsichtlich des ältesten sowie jüngsten Kindes das Erfordernis einer Neubemessung des Unterhalts ergibt.

[21] 4.1. Der neu festzusetzende Unterhalt der Kinder bemisst sich nach der „Prozentwertmethode“. Das betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell kommt nach der jüngeren Rechtsprechung – wie dargelegt – bei einem Betreuungsverhältnis von 2,25 Tagen zu 4,75 Tagen (32 % zu 68 %) nicht zur Anwendung. Ebensowenig bei Zugrundelegung der vom Vater in der Revisionsrekursbeantwortung ins Treffen geführten und von den Parteien außer Streit gestellten 134,5 Betreuungstage im Jahr 2019, die einer anteiligen Betreuung zu rund 37 % entsprechen. Die Behauptung des Revisionsrekursgegners, er habe die Kinder im Jahr 2020 an 154,5 Tagen (sohin zu rund 42 %) in seinem Haushalt betreut, verstößt gegen das auch im Außerstreitverfahren in dritter Instanz geltende Neuerungsverbot (RS0119918) und übersieht zudem, dass die Umstände zum Zeitpunkt der Beschlussfassung in erster Instanz maßgeblich sind (RS0006928).

[22] 4.2. Der Vater erzielt unstrittig ein überdurchschnittlich hohes monatliches Nettoeinkommen (7.500 EUR), weshalb die Prozentkomponente bei Ausmessung des Kindesunterhalts nicht voll auszuschöpfen ist. Den Kindern sind vielmehr Unterhaltsbeträge zuzusprechen, die zur Deckung ihrer – an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen orientierten – Lebensbedürfnisse erforderlich sind (vgl RS0007138). Zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung ist eine Angemessenheitsgrenze als „Unterhaltsstopp“ zu setzen (vgl RS0047447; RS0007138 [T20]). Diese wird im Allgemeinen im Bereich des Zwei- bis Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs angenommen, wobei dies keine absolute Obergrenze darstellt (RS0007138 [T15, T 19]).

[23] 4.3. Teilen sich die Eltern die Betreuung in einem Ausmaß, das über den Rahmen der üblichen persönlichen Kontakte jenes Elternteils hinausgeht, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält, ist nach der jüngeren Rechtsprechung der zu leistende Geldunterhalt zu reduzieren, zumal der Geldunterhaltspflichtige dann notwendigerweise – über ein übliches Kontaktrecht hinaus – Naturalunterhalt leistet (RS0047452 [T6]). Die Berücksichtigung einer solchen übermäßigen Betreuungsleistung erfolgt im Allgemeinen in Form prozentmäßiger Abschläge, wobei die Rechtsprechung den Unterhaltsanspruch altersunabhängig um 10 % pro (regelmäßigem) wöchentlichem Betreuungstag reduziert, an dem sich das Kind über das übliche Ausmaß des Kontaktrechts hinaus beim geldunterhaltspflichtigen Elternteil befindet. Üblich ist nach der Rechtsprechung ein Kontaktrecht von zwei Tagen alle zwei Wochen sowie von vier Wochen in den Ferien, also von etwa 80 Tagen im Jahr bzw von durchschnittlich rund 1,5 Tagen pro Woche (vgl 10 Ob 41/17b mwN).

[24] 5. Die Bemessung des Unterhalts durch das Erstgericht entsprach den dargestellten Grundsätzen, sodass dessen Beschluss wiederherzustellen ist.

[25] Der Vater hielt dem erstinstanzlichen Beschluss in seinem Rekurs hauptsächlich entgegen, dass sich das Betreuungsverhältnis nicht maßgeblich geändert habe und nach wie vor das „betreuungsrechtliche Unterhaltsmodell“ anzuwenden sei. Dass dies bei dem hier zu beurteilenden Betreuungsverhältnis von 2,25 zu 4,75 Tagen (32 % zu 68 %) nicht der Fall ist, wurde bereits dargelegt.

[26] Dass das Erstgericht der Unterhaltsbemessung für das älteste Kind ab den zweieinhalbfachen Regelbedarf zugrundelegte, begegnet keinen Bedenken, wird dieser Richtwert doch in der Rechtsprechung zum Teil generell (vgl RS0047424 [insb T 10]), jedenfalls aber für Kinder über zehn Jahre (2 Ob 51/14k mwN) gebilligt. Der Vater spricht in seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst vom „2-fachen bzw 2,5-fachen Regelbedarf“ als Unterhaltsgrenze.

[27] Auch der vom Gericht erster Instanz vorgenommene 10 %ige Abzug vom derart – auf Basis des zwei- bzw zweieinhalbfachen Regelbedarfs, dessen konkrete Höhe der Vater nicht bestritt – bemessenen Unterhalt begegnet angesichts des Umstands, dass die Kinder vom Vater im Durchschnitt nur an 2,25 Tagen pro Woche in dessen Haushalt betreut werden, was ein übliches Kontaktrecht des geldunterhaltspflichtigen Elternteils von im Schnitt 1,5 Tagen pro Woche um nicht einmal einen ganzen Tag übersteigt, keinen Bedenken.

[28] Warum die Mutter, die ihre Unterhaltspflicht durch die Betreuung erbringt, womit diese zur Gänze abgedeckt ist (RS0116443), auf eine Vollbeschäftigung „anzuspannen“ sei, wie dies der Vater in seiner Revisionsrekursbeantwortung verlangt, und welche Konsequenzen dies haben sollte, erschließt sich nicht. Er legt auch nicht näher dar, warum seine laufende monatliche Unterhaltspflicht deshalb (über den 10%igen Abzug hinaus) auf Dauer geringer sein soll, weil er den Kindern (einmalig) Fahrräder kauft bzw – während ihres Aufenthalts bei ihm –Arzt und Physiotherapiekosten bezahlt hatte.

[29] 6. Dass der Vater bei seinem derzeitigen monatlichen Nettoeinkommen von rund 7.500 EUR nicht in der Lage sei, den Unterhaltsrückstand seit auf einmal zu zahlen – wie er in seinem Rekurs behauptete –, weshalb ihm Ratenzahlung einzuräumen sei, hat er in erster Instanz nicht konkret vorgebracht; in dritter Instanz kommt er darauf nicht mehr zurück.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00025.21I.0907.000

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