Werbungskosten eines Politikers
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber bezieht neben seinen Pensionseinkünften Einkünfte als Bezirksrat. Letztere betrugen im Berufungsjahr 2006 14.701,49 Euro.
Der Berufungswerber beantragte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2006 den Abzug von im Zusammenhang mit seiner Bezirksratstätigkeit stehenden Ausgaben in Höhe von insgesamt 4.579,86 Euro als Werbungskosten.
Auf Grund der vom Berufungswerber auf einen Vorhalt des Finanzamtes hin vorgelegten Belege wurden im Einkommensteuerbescheid 2006 unter anderem Ausgaben für Zeitungen (ein Abonnement der "Kronenzeitung") in Höhe von 202,52 Euro nicht als Werbungskosten berücksichtigt. Das Finanzamt führte in der Begründung dazu aus, bei Zeitungen handle es sich um keine typische Fachliteratur, sondern um Publikationen, welche eine breite Öffentlichkeit ansprächen und in der Regel losgelöst von der beruflichen Sphäre gelesen würden. Die Ausgaben für Zeitungen gehörten daher zu den nicht als Werbungskosten anzuerkennenden Aufwendungen der privaten Lebensführung.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 erhob der Berufungswerber Berufung mit folgender Begründung:
Die Kosten für die Kronenzeitung gehörten bei ihm als Bezirksrat zu den Werbungskosten, weil er durch die Kronenzeitung erfahre, was im Bezirk vorgehe (siehe Bezirksbeilage) und Maßnahmen für die Bezirksbevölkerung ergreifen könne. Sie stelle für einen Bezirksrat eine typische Fachliteratur dar.
Er ersuche um Anerkennung der gesamten Werbungskosten in Höhe von 4.579,86 Euro, weil diese Werbungskosten und darüber hinaus noch mehr, was er leider nicht belegen könne, den Bürgern des Bezirks zugute kämen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung mit folgender Begründung ab:
Als Werbungskosten absetzbar seien nur solche Aufwendungen für Fachliteratur, die im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre stünden. Allgemein bildende Werke (zB Nachschlagewerke, Lexika) stellten keine Fachliteratur dar. Zeitungen seien nach den allgemeinen Grundsätzen nicht absetzbar. Abonnements von Tageszeitungen und politischen Magazinen seien ebenfalls grundsätzlich nicht absetzbar. Würden jedoch mehr als zwei Tageszeitungen bzw. mehr als zwei politische Magazine abonniert, seien die Kosten ab dem jeweils dritten Abonnement als Werbungskosten zu berücksichtigen. Da es sich im vorliegenden Fall jedoch nur um die Ausgaben für eine Zeitung handle, könnten die beantragten Kosten steuerlich nicht anerkannt werden.
Gegen die Berufungsvorentscheidung stellte der Berufungswerber den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag), in welchem er Folgendes ausführte:
Sein Gehalt als Bezirksrat habe im Jahr 2006 nur 5.504,80 Euro betragen. Die Kommissionsgebühren (in Höhe von 9.196,69 Euro) seien eine Aufwandsentschädigung. Diese Aufwandsentschädigung gebe er zu zwei Drittel an mittellose Bezirksbürger (Senioren) weiter. Diese Abgabe erfolge für den Ankauf von Kohle oder Lebensmittel für mittellose Senioren. Er ersuche daher, das gesamte Entgelt nicht zu seiner Pension als ehemaliger Postbediensteter hinzuzurechnen.
Die "Kronenzeitung" stelle für ihn als Bezirksrat ein Publikationsmittel dar. In dieser Zeitung sei sichergestellt, dass Bezirksthemen aufgezeigt werden. Sie sei für ihn daher eine notwendige Unterlage.
Am erging an den Berufungswerber folgender Vorhalt des unabhängigen Finanzsenates (UFS):
"Nach Ihren Ausführungen im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz geben Sie die von Ihnen als Bezirksrat bezogene Aufwandsentschädigung (im Berufungsjahr 2006: 9.196,69 €) zu zwei Drittel an mittellose Bezirksbürger (Senioren) weiter. Diese Abgabe erfolgt nach Ihren Ausführungen für den Ankauf von Kohle oder von Lebensmitteln für mittellose Senioren.
Sie werden ersucht, dazu innerhalb von vier Wochen folgende Fragen zu beantworten bzw. Beweismittel vorzulegen:
- Werden die betreffenden Beträge
von Ihnen selbst (nachdem Sie die Bezüge zunächst erhalten haben) an den oben angesprochenen Personenkreis weitergeleitet
oder haben Sie auf diese Einnahmen von vornherein verzichtet und die Beträge werden von der bezugsauszahlenden Stelle (Land Wien) einbehalten und weitergeleitet?
- Erfolgt die Weitergabe der Beträge auf Grund eines Parteibeschlusses oder auf freiwilliger Basis?
Im Fall eines diesbezüglichen Parteibeschlusses werden Sie um einen entsprechenden Nachweis (Kopie genügt) ersucht.
- Leisten Sie die Zahlungen unmittelbar an den oben angesprochenen Personenkreis oder an eine bestimmte Organisation, über welche dann die Verteilung an die mittellosen Bezirksbürger erfolgt?
Wenn Letzteres der Fall ist: Um welche Organisation handelt es sich?
Bitte um Nachweis der von Ihnen geleisteten Zahlungen.
- Falls Sie auf die Auszahlung der betreffenden Einnahmen verzichtet haben: Bitte um einen entsprechenden Nachweis (Vorlage Ihrer Verzichtserklärung).
- Falls die betreffenden Beträge von der bezugsauszahlenden Stelle einbehalten wurden: Bitte um eine diesbezügliche Bestätigung der bezugsauszahlenden Stelle.
- Hätte Ihnen ohne Weitergabe der betreffenden Bezugsteile der Verlust Ihrer politischen Funktion oder der Ausschluss aus der Partei gedroht?
Wenn ja: Bitte um einen entsprechenden Nachweis (Kopie genügt) oder um Glaubhaftmachung dieses Umstandes."
Mit Schreiben vom teilte der Berufungswerber dem unabhängigen Finanzsenat zum Vorhalt vom Folgendes mit:
"Die Beträge werden von mir selbst nachdem ich den Bezug bzw. Aufwandsentschädigung erhalten habe zu zwei Drittel an mittellose Bezirksbürger verteilt (Senioren).
Diese Beträge werden für Ankauf von Kohle oder Lebensmittel verwendet.
Bin seit 10 Jahren Bezirksobmann des Seniorenbund B und verteile gerne diese Beträge. Aber den vollen Steuersatz dafür zahlen ist für mich unverständlich.
Ich erhalte im Monat einen Gehalt von 387,30 Euro und die Kommissionsgebühren, die ich zu zwei Drittel verteile.
Ich kann leider keine Bestätigungen von den mittellosen Bezirksbürgern verlangen."
Über die Berufung wurde erwogen:
1 Weitergabe der Aufwandsentschädigung
Gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25).
Nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. b EStG 1988 sind Bezüge, Auslagenersätze und Ruhe- (Versorgungs-) Bezüge, die Mitglieder einer Stadt-, Gemeinde- oder Ortsvertretung auf Grund gesetzlicher Regelungen erhalten, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Aufwandsentschädigungen (Auslagenersätze) sind daher grundsätzlich zur Gänze einkommensteuerpflichtig (vgl. Doralt, EStG12, § 25 Tz 91; vgl. auch die Berufungsentscheidungen des unabhängigen Finanzsenates (UFS) vom , RV/0788-L/03 und vom , RV/0194-L/06, in welchen die Einkommensteuerpflicht der Aufwandsentschädigungen einer Gemeinderätin ebenfalls bejaht wurde).
Es obliegt dem Steuerpflichtigen, die ihm tatsächlich entstandenen Aufwendungen nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen, um die Höhe der zu versteuernden Einkünfte zu vermindern.
Nach § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 dürfen freiwillige Zuwendungen bei den Einkünften nicht abgezogen werden.
Freiwillige Zuwendungen sind Ausgaben, denen keine wirtschaftlichen Gegenleistungen der Empfänger gegenüberstehen und die ohne zwingende rechtliche Verpflichtung des Gebers getätigt werden. Sie gehören in der Regel zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung und dürfen auch dann nicht abgezogen werden, wenn sie im Einzelfall durch betriebliche Erwägungen mitveranlasst sind. Nur dann, wenn die Zuwendungen auf rein wirtschaftlicher Grundlage beruhen, wenn sie somit ausschließlich oder überwiegend betrieblich veranlasst sind, sind die Zahlungen trotz Freiwilligkeit abzugsfähig - und beim Empfänger steuerpflichtig. Gesellschaftliche oder politische Verpflichtungen stehen der Freiwilligkeit im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht entgegen (vgl. Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 106-108; Jakom/Baldauf EStG, 2009, § 20 Rz 80-82).
Spenden von Politikern können unter Umständen dann Werbungskosten sein, wenn der Werbecharakter der Spende den Repräsentationscharakter eindeutig überwiegt (vgl. ).
"Nach der Verwaltungspraxis sind Pokale und gleichartige Sachspenden von politischen Funktionären, soferne sie die Namensaufschrift des Spenders und dessen Funktionsbezeichnung tragen (zB Abg z NR), abzugsfähig. Ebenso sind Zahlungen, die im Zuge von Wahlreisen bzw aus anderen beruflichen Anlässen erfolgen (etwa Spenden an Musikkapellen, Spenden anläßlich eines beruflich veranlaßten Ballbesuches, Geld- oder Sachspenden anläßlich von Tombolas usw), abzugsfähige Werbungskosten. Nicht abzugsfähig sind hingegen Aufwendungen, die ein politischer Funktionär freiwillig für soziale, gemeinnützige, mildtätige, kirchliche oder ähnliche Zwecke leistet..." (Neuber, Werbungskosten politischer Funktionäre, ÖStZ 1993, 339).
Nach Warnold, Besteuerung der Politiker, RdW 1999, 226, sind Spenden von Politikern "nur dann absetzbar, wenn sie einen direkt werbewirksamen Charakter haben. Sie sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie nahezu ausschließlich auf wirtschaftlicher (beruflicher) Grundlage beruhen, was bei Aufwendungen für gemeinnützige und mildtätige Zwecke in der Regel nicht der Fall ist.
Freiwillige Zuwendungen (Spenden) sind gemäß § 20 Abs 1 Z 4 EStG unabhängig von ihrer Höhe von einer Berücksichtigung als Werbungskosten ausdrücklich ausgeschlossen. Tragen die betreffenden Leistungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse überwiegend die Merkmale von Unterstützungen im Interesse des Empfängers und steht damit die Spendenmotivation im Vordergrund, sind die Leistungen auch dann nicht abzugsfähig, wenn diese Leistungen mit einer gewissen Werbewirkung für den Geber verbunden sind. Die Aufwendungen müssen leicht und eindeutig nach ihren privaten und beruflichen Komponenten getrennt werden können. So sind freiwillige Zuwendungen auch dann keine Werbungskosten, wenn mit den Aufwendungen auf die Person des Spenders, zB durch Hinweise in der örtlichen Presse, in Broschüren oder auf einer Tafel beim Eingang des Gebäudes, für dessen Errichtung die Spende geleistet wurde, aufmerksam gemacht wurde...
Es wäre mit der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht vereinbar, wenn Unternehmer oder Politiker derartige Zuwendungen im Hinblick auf die Werbewirkung absetzen könnten, während andere Abgabepflichtige von einer derartigen Absetzmöglichkeit ausgeschlossen wären."
Im vorliegenden Fall wurden vom Berufungswerber freiwillige Zahlungen für soziale Zwecke (zur Unterstützung mittelloser Bezirksbürger) geleistet. Ein direkt werbewirksamer Charakter dieser Zahlungen ist bei der gegenständlichen Sachlage zu verneinen.
Die betreffenden Zahlungen sind daher nach § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 nicht abzugsfähig.
2. Zeitungen
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung selbst dann nicht abgezogen werden, wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Dem Abzugsverbot nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 unterliegen unter anderem auch die Ausgaben für (überregionale oder lokale) Zeitungen und Zeitschriften von allgemeinem Interesse. Dies gilt auch dann, wenn sie Inspirationen für die Berufstätigkeit bringen (; ). Anderes gilt dort, wo ein größerer Personenkreis typischerweise längere Wartezeiten hinnehmen muss, wie zB in ärztlichen Ordinationen. In den Hintergrund rückt die private Mitveranlassung beim Bezug einer Vielzahl von Tageszeitungen, Magazinen oder Zeitschriften bei Personen, deren Berufsausübung unter berufsspezifischen Aspekten eine weit überdurchschnittliche zwingende Auseinandersetzung mit Tagesereignissen mit sich bringt, wie zB bei Kabarettisten, Journalisten, Schriftstellern und Redakteuren sowie bei Politikern. Die Verwaltungspraxis anerkennt bei Politikern, Journalisten und Redakteuren den Bezug von mehr als zwei Tageszeitungen oder Magazinen ab dem dritten Abonnement als beruflich veranlasst (vgl. Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 163, ABC zu (nicht)abzugsfähigen Aufwendungen, "Zeitschriften, Zeitungen", sowie die dort zitierte Judikatur). Es ist davon auszugehen, dass der Bezug von zwei Abonnements von Tageszeitungen, Wochenzeitschriften, Magazinen usw. nach der Verkehrsauffassung das allgemeine Informationsbedürfnis abdeckt, dessen Befriedigung keine steuerliche Abzugsfähigkeit begründet. Nur ein über diesen Basisaufwand hinausgehender Bezug von Medien kann - bei einem ausreichend starken Zusammenhang zur Einkunftserzielung - zur Abzugsfähigkeit führen (vgl. Atzmüller/Krafft in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [], § 20 Anm 12).
Nicht abzugsfähig sind daher die Kosten von bloß einer Tageszeitung bei einem Politiker (vgl. auch die ebenfalls einen Politiker betreffende Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0800-W/06).
Dem Berufungsbegehren konnte daher nicht entsprochen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 4 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
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