Zahlungen, denen ein freiwilliges Bankgeschäft (Wertpapierhandel) zugrunde liegt, können nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, da ihnen die Zwangsläufigkeit fehlt.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Wien, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, vom betreffend Einkommensteuer 2009 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Herr Bw. (Bw.) machte in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 Zahlungen in Höhe von € 255.000,- an zwei Banken zwecks Vermeidung eines Privatkonkurses als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Begründend führte er aus, dass er Ende 2009 im Rahmen eines außergerichtlichen Vergleichs geleistete Zahlungen von € 255.000,- (davon 120.000,- an die A-Bank und aliquot 135.000,- an die B-Bank) im Rahmen der außergewöhnlichen Belastung geltend mache. Die gewährten Darlehen (Anfang 2008) seien seitens der Banken gekündigt worden, nachdem die Wertpapiere (Auer von Welsbach Genussscheine/Malversation durch einen Mitarbeiter) börslich ausgesetzt worden sind und die Banken diese mit Null bewertet haben. Die Forderungen € 402.481,26 (A-Bank) und € 449.682,30 (B-Bank) die zwischen Kreditgewährung (Jänner/Februar 2008) und Aussetzen des Börsenhandels (Oktober 2008) entstanden sind, hätten zu seinem Privatkonkurs geführt. Langwierige und zähe Verhandlungen hätten schließlich zu obigen Ausgleichszahlungen geführt. Seine Verluste habe er nicht geltend gemacht, da er keine ausgleichsfähigen Gewinne habe.
Er lege zum Nachweis der obigen Angaben den Schriftverkehr, die eingereichte Klage und die gerichtliche Löschung im Grundbuch bei. Wenn weitere Dokumente erforderlich seien, stelle er sie ehestens zur Verfügung.
In einem Ergänzungsersuchen des Finanzamtes wurde dem Bw. mitgeteilt, dass die oa. Unterlagen dem Finanzamt nicht vorgelegt worden seien. Auf Grund der Ausführungen seien die Zahlungen auf Grund einer Kündigung von Darlehen erfolgt. Entscheidend zur Beurteilung der Abzugsfähigkeit ist der Grund, der ursprünglich zur Aufnahme der Darlehen geführt habe. Der Bw. wurde daher ersucht diesbezügliche Angaben nachzuweisen.
Der Vorhalt wurde vom Bw. telefonisch beantwortet. Er führte aus, dass die Zahlungen erfolgt seien, um einen Privatkonkurs abzuwenden. Dieser sei auf Grund von der Veranlagung (Wertpapiere) des Vermögens bei einer Bank entstanden. Die Wertpapiere sind abgewertet worden und um einen Privatkonkurs zu vermeiden, erfolgte der außergerichtliche Vergleich.
Das Finanzamt teilte dem Bw. mit, dass im gegenständlichen Fall die Zwangsläufigkeit fehle. Die Wahl von Bankgeschäften erfolgte freiwillig. Der Aussage des Bw., dass er mit der Würdigung nicht einverstanden sei, wurde entgegengehalten, dass er die schriftliche Erledigung im Rechtsweg bekämpfen könne.
Die oa. Unterlagen wurden nicht vorgelegt.
Das Finanzamt erließ den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009. Die Zahlungen wurden nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass wenn ein Aufwand Folge eines Verhaltens sei, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen habe, das Merkmal der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 EStG und somit die Voraussetzung zur Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht gegeben sei. Die Inanspruchnahme einer bestimmten Bank und das Eingehen eines Risikos, das einem Börsenhandel immanent ist, stelle ein derartiges Verhalten dar.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 brachte der Bw. Berufung ein.
Der Bw. führte zu den "freien Stücken" und "risikobehaftet" aus, dass es sich in seinem Fall um keine riskante Veranlagung gehandelt habe, wie man unter www.rlbnoew.at unter AVWA nachlesen könne. Ein risikoaverser Mensch wie er, hätte Hellseher sein müssen, wenn er eine Malversation - hervorgerufen durch einen Mitarbeiter - hätte erkennen können. Sein Gesundheitszustand - abgenützte Hüfte - was ihm über kurz oder lang in den Rollstuhl und "betreutes Wohnen" zwingen werde und die dafür zu zahlenden Preise hätten ihn zwangsweise dazu geführt. Seine "Zwangsläufigkeit" sei daher von der Behörde wohlwollend zu interpretieren. Hinsichtlich eines Diabetikers sieht der Gesetzgeber auch eine Berücksichtigung vor, obwohl (fast) jeder Diabetiker die Zwangsläufigkeit nicht erfüllt, da er freiwillig unseriös gelebt habe, zuviel genascht habe und zu dick geworden sei.
Existenzerhaltende Maßnahmen bei Diabetikern werden anerkannt. Für die Abschlagszahlungen, sodass die B-Bank die Klage zurückgezogen habe und die Forderung aus dem Grundbuch streichen ließ, da sonst ein Privatkonkurs und der Verlust der Wohnung und dem Großteil der Pension erfolgt wäre, bestand nach Ansicht des Bw. eine Zwangsläufigkeit.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Der Bw. hat Darlehen bei der A-Bank und bei der B-Bank aufgenommen um Wertpapiere (Auer von Welsbach) zu kaufen. Die Wertpapiere wurden 2008 mit Null bewertet, die Darlehen von den Banken gekündigt und es kam zu Forderungen der A-Bank in Höhe von € 402.481,26 und B-Bank in Höhe von € 449.682,30. Es blieben nach Verhandlungen mit der Bank Zahlungen in Höhe von € 255.000,-.
Strittig ist, ob diese Zahlungen außergewöhnliche Belastungen darstellen.
Die Rechtsgrundlagen stellen sich wie folgt dar:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG werden bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnliche Belastungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, insoweit nach Abzug der Sonderausgaben vom Einkommen abgezogen, als sie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Eine Belastung ist dann außergewöhnlich, wenn sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 EStG dann zwangsläufig, wenn er sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Zwangsläufigkeit: Der StPfl darf sich dem Aufwand aus tatsächl, rechtl oder sittl Gründen nicht entziehen können (). Keine agB bilden daher Aufwendungen, die (1) freiwillig geleistet werden (zB Zahlungen auf verjährte Ansprüche, ); - (2) auf Tatsachen zurückzuführen sind, die vom StPfl vorsätzl oder grob fahrlässig herbeigeführt wurden (); - (3) sonst die unmittelbare Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der StPfl aus freien Stücken, dh freiwillig (), entschlossen hat (; , 2001/14/0218; zur Grenzziehung s ); - (4) sich als Folge eines vom StPfl bzw einem Nahestehenden übernommenen Unternehmerwagnisses darstellen (; , 97/15/0126) (Jakom/Baldauf EStG, 2010 § 34 Tz 41).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen zwangsläufige Aufwendungen in Abgrenzung zu freiwilligen Aufwendungen u.a. dann nicht vor, wenn die Aufwendungen sich als Folge eines Verhaltens darstellen, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat oder vom Steuerpflichtigen vorsätzlich bzw. grob fahrlässig verursacht wurden ().
Der unabhängige Finanzsenat geht im vorliegenden Fall von folgendem Sachverhalt aus:
Der Bw. hat Darlehen in Höhe von 402.481.26 bei der A-Bank und Darlehen in Höhe von 449.682,30 bei der B-Bank aufgenommen um Wertpapiere Auer von Welsbach anzuschaffen. Die Aufnahme der Darlehen erfolgte freiwillig. Als dann die Wertpapiere im Zuge einer Abwertung von den Banken mit Null bewertet worden sind, haben die Banken die Darlehen fällig gestellt. Übrig blieben nach Verhandlungen mit den Banken zu leistende Zahlungen in Höhe von € 255.000,-.
Wie aus dem geschilderten Sachverhalt zu entnehmen ist, ist dem Bw. zwar beizupflichten, dass der Privatkonkurs abgewendet werden konnte, die noch zu leistenden Zahlungen jedoch auf Grund von freiwillig eingegangenen Darlehen entstanden sind und stellen somit, der o.a. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () folgend, keine zwangsläufigen Aufwendungen dar.
Die Zahlungen sind die unmittelbare Folge eines Verhaltens, zu dem sich der StPfl aus freien Stücken, dh freiwillig, entschlossen hat.
Die Zahlungen waren daher nicht als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen gewesen.
Im gegenständlichen Fall kann der § 34 EStG nicht dazu dienen, dass die Zahlungen des Bw., denen freiwillige Bankgeschäfte (Wertpapierhandel) zugrunde liegen, steuermindernd berücksichtigt werden können.
Die Berufung war daher abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at