Vorsteuerabzug - Rechnungsmangel (§ 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994)
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Handel mit Kraftfahrzeugen, G., vertreten durch Steuer-Beratung Gaedke & Partner GmbH, Steuerberatungskanzlei, 8010 Graz, Elisabethstraße 46, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Umgebung vom 20. und betreffend Umsatzsteuerfestsetzung für die Zeiträume Jänner bis März und April 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung nachstehende Feststellungen getroffen:
Mit Beginn seien innerhalb von nur drei Monaten von der Fa. X.. Bau Holding GmbH mit dem Sitz in W. 50 Autos (50 Rechnungen datiert zwischen 2. Jänner und mit Vorsteuern in Höhe von insgesamt € 206.526,66), von der Fa. Y. Bau GmbH, Wy. drei Autos und im April 2008 von der Fa. Z. Handels & Baugesellschaft m.b.H., Wz. fünf Autos zu einem Einkaufswert lt. Saldenliste in Höhe von € 1.317.061,75 netto gekauft worden.
Am sei auf elektronischem Weg die Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2008 - Umsätze 20 %: € 835.628,90 und Vorsteuern: € 250.060,67 - eingereicht worden.
Im Zuge der Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei festgestellt worden, dass sämtliche Eingangsrechnungen betreffend Autoeinkäufe einen roten Stempelaufdruck "BAR BEZAHLT" oder den Text "Bar erhalten!" aufweisen. Laut Auskunft des Herrn H. seiein sämtliche Beträge bar ausbezahlt worden, weil die Barauszahlung in dieser Branche üblich sei; nach Ausstellung von zwei Übernahmebestätigungen sei eine Vertrauensbasis vorhanden gewesen, weshalb in weiterer Folge auf die Ausstellung von Bestätigungen verzichtet worden sei. Es bestünde kein Lager, da die Autos nur auf Bestellung des Endkunden angekauft werden, wobei stets ein gewisser Herr J. oder dessen Mitarbeiter, ein gewisser Mike als Mittelsmann fungiert hätten und auch bei der Geldübergabe anwesend gewesen seien.
Die durchgeführten Finanzamtsabfragen hätten ergeben, dass über das Vermögen der Fa. X. Bau Holding GmbH am der Konkurs eröffnet worden sei, wobei der zuständigen Masseverwalterin keine Unterlagen, Belege oder Verträge vorlägen. Außerdem gebe es keine Ansprechpersonen und kein Vermögen. Sie hätte lediglich mit einem ehemaligen Bauarbeiter dieser Firma Kontakt gehabt, der aber keine verwertbaren Auskünfte erteilen hätte können. Weder das zuständige Finanzamt, noch die Masseverwalterin bzw. der Bauarbeiter hätten Hinweise über die Tätigkeit dieser Firma als Autohändler geben können. Da nach telefonischer Auskunft der Masseverwalterin weder der Geschäftsführer noch die Gesellschafter greifbar seien und sich diese wahrscheinlich nicht mehr in Österreich aufhalten würden, habe sie Strafanzeige beim Wiener Straflandesgericht erstattet. Wer die gegenständlichen Rechnungen nach Konkurseröffnung ausgestellt habe, wisse sie nicht.
Da weder die Fa. X. Bau Holding GmbH noch die Fa. Y. Bau GmbH an der in den Rechnungen angegebenen Adresse auffindbar seien - es existierten keine Firmenschilder, keine Büros oder sonstige Hinweise - sei als erwiesen anzunehmen, dass diese Firmen an den in den Rechnungen angegebenen Adressen keine Geschäftstätigkeit entfaltet hätten, weshalb es sich um Scheinfirmen handle. Somit würden die strittigen Rechnungen eine falsche Anschrift aufweisen und allein schon aus diesem Grund nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Fa. X. Bau Holding GmbH und der Fa. Y. Bau GmbH seien zwar bis zum bzw. gültig gewesen, jedoch habe es im Streitzeitraum auf den Abgabenkonten keine Umsatzsteuerbuchungen gegeben.
Ab April 2008 seien nur mehr Autos von der Fa. Z. Handels & Baugesellschaft m.b.H. angekauft worden, wobei die in der Rechnung angegebene Telefonnummer zumindest am nicht mehr existent gewesen sei. Da sich auch bezüglich dieser Firma die Geschäftsgepflogenheiten - ausschließlich Barzahlungen, keine Bankbelege, keine Preislisten und keine Ansprechpersonen - wie ein roter Faden durchziehen würden, würden die in den Rechnungen ausgewiesenen Vorsteuern ebenfalls nicht anerkannt.
Außerdem sei festgestellt worden, dass derselbe PKW der Marke Peugeot 307 HDI einerseits lt. Eingangsrechnung vom von der Fa. Y. Bau GmbH und andererseits lt. Eingangsrechnung vom von der Fa. X. Bau Holding GmbH verkauft und die in den Rechnungen ausgewiesene Vorsteuer beansprucht worden sei.
Der mit Ausgangsrechnung Nr. 99 vom verkaufte Ferrari sei als "Verkauf in das EU Gebiet" mit € 149.583,30 verbucht worden. Da dieser PKW aber lt. EKIS-Abfrage in Österreich zum Verkehr zugelassen worden sei, sei der Kaufpreis dem Normalsteuersatz in Höhe von 20 % zu unterwerfen.
Aus den obigen Umständen schließe die Betriebsprüferin, dass es sich bei den Firmen X. Bau Holding GmbH, Y. Bau GmbH und Z. Handels & Baugesellschaft m.b.H. um Scheinfirmen handle, die nur zum Zwecke des Vorsteuerabzuges zwischengeschaltet worden seien. Außer den Rechnungen existierten im Rahmen der Buchhaltung der Berufungswerberin (Bw.) keine weiteren Unterlagen (Vereinbarungen, Korrespondenz, Bankbelege, Kaufverträge) bezüglich der Geschäftsbeziehung zu den drei Lieferanten, die keine Umsatzsteuerzahlungen gemeldet oder entrichtet haben.
Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sei die Vorsteuerabzugsberechtigung aus einer Rechnung, in der als leistender Unternehmer eine Firma aufscheine, die an der angegebenen Adresse nicht existiere, zu versagen. Die Angabe einer falschen Anschrift des leistenden Unternehmers schließe für sich allein schon die Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus. Der Vorsteuerabzug sei unzulässig, wenn unter der angegebenen Adresse nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet wurde. Ebenso stehe der Vorsteuerabzug nicht zu, wenn die Anschrift des leistenden Unternehmers zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung nicht dem Sitz des Unternehmens entspricht. Unter Anschrift im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 sei nicht eine bloße Zustelladresse zu verstehen, sondern eine Geschäftsanschrift, an der das leistende Unternehmen die tatsächliche Geschäftstätigkeit entwickelt. Auf den guten Glauben des Rechnungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers komme es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Vorsteuerabzug nicht an. Demgemäß könne der gute Glaube auch keine objektiv fehlerhafte Rechnung heilen. Allenfalls könne vom Rechnungsempfänger die Berichtigung eines Rechnungsmangels verlangt werden, wobei die mangelnde Greifbarkeit des Leistungserbringers das Risiko des Leistungsempfängers, der sich in eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen habe, sei.
Grundsätzlich sei von einem Steuerpflichtigen im Hinblick auf seinen Lieferanten ein durchaus nennenswertes Maß an Sorgfalt zu erwarten. Nach Aussage des Steuerberaters der Bw. habe ihm der persönlich haftende Gesellschafter, Herr H., am den Auftrag erteilt, die Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der Firmen X. Bau Holding GmbH und Y. Bau GmbH zu überprüfen. Dass der Komplementär selbst weitere Erkundigungen (Firmenbuchabfrage, Kreditschutzverband, Besuch der Lieferanten am Betriebssitz) über diese Geschäftspartner eingeholt habe, sei nicht aktenkundig. Herr H. sei von seinem steuerlichen Vertreter mehrmals darüber aufgeklärt worden, welche Abfragen möglich und nützlich seien.
Es könne daher nicht gesagt werden, dass Herr H. alle Maßnahmen getroffen habe, die vernünftigerweise verlangt werden könnten, um sicherzustellen, dass die Umsätze nicht in einen Betrug einbezogen sind. Als im Geschäftsverkehr ungewöhnlich seien auch das Fehlen jeglicher schriftlicher Vereinbarungen zwischen dem Lieferanten und der Bw. und die Barzahlung ohne Übernahmsbestätigung zu bezeichnen. Auf Grund dieser Umstände sei daher davon auszugehen, dass Herr H. vom Umsatzsteuerbetrug gewusst habe oder zumindest Kenntnis haben hätte müssen.
Demgemäß seien die für die Kalendermonate Jänner bis März 2008 in Höhe von € 242.618,25 und für April 2008 in Höhe von € 14.432,99 geltend gemachten Vorsteuerbeträge nicht zum Abzug zuzulassen und das Entgelt in Höhe von € 149.583,30 für den Verkauf des PKW der Marke Ferrari im Voranmeldungszeitraum Jänner bis März 2008 dem Normalsteuersatz zu unterwerfen.
Dagegen hat die Bw. mit folgender Begründung das Rechtsmittel der Berufung erhoben:
Vorweg sei festzuhalten, dass sie sehr wohl im Zusammenhang mit den an sie ausgestellten Rechnungen alle Vorsichtsmaßnahmen gesetzt habe, die einem ordnungsgemäßen Kaufmann zuzumuten seien. Das Finanzamt führe selbst aus, dass "die UID der Fa. X. Bau Holding GmbH lt. Datenbankabfrage bis zum aufrecht war". Ebenso sei die UID-Nummer der Fa. Z. Handels & Baugesellschaft m.b.H. lt. vorliegender Bestätigung zumindest bis gültig.
Nachdem die Geschäfte in Graz abgewickelt worden seien und die von der Finanzbehörde ausgestellten UID-Nummern bis April bzw. Juni 2008 gültig gewesen seien, könne nicht von einem sorglosen Vorgehen seitens der Bw. gesprochen werden. Dazu komme, dass verschiedene Fahrzeuge an Privatpersonen ohne Ausweis der Umsatzsteuer verkauft worden seien. Für diese Fahrzeuge sei die Umsatzsteuer vom Bruttoverkaufserlös dem Finanzamt gemeldet worden. Sollte nunmehr die Finanzverwaltung der Auffassung sein, dass aus den Rechnungen der Lieferanten ein Vorsteuerabzug nicht zulässig ist, lägen gemäß § 24 UStG 1994 Umsätze im Sinne der Differenzbesteuerung vor und reduziere sich der am Abgabenkonto ausgewiesene Rückstand dementsprechend.
Was den am verkauften Ferrari betreffe, der nach der Niederschrift der Finanzverwaltung im Inland zum Verkehr zugelassen worden sei, sei grundsätzlich auszuführen, dass ein Fahrzeug, das bei einer ausländischen Leasinggesellschaft erworben wird, selbstverständlich im Inland zugelassen werden könne. Daraus abzuleiten, dass der Verkaufserlös in Österreich der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei, sei eine bewusste oder unbewusste gesetzliche Fehlinterpretation.
In der Berufungsergänzung vom hat die Bw. ua. Nachstehendes ausgeführt:
"2. Nichtanerkennung der innergemeinschaftlichen Lieferung "Ferrari":
Wir beantragen die Steuerfreiheit für den am verkauften Ferrari mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von € 149.583,30.
3. Differenzbesteuerung:
Das Finanzamt steht auf dem Standpunkt, dass ein Vorsteuerabzug für die von den Lieferanten in Rechnung gestellten Fahrzeuge nicht zulässig ist. Sollte die Finanzverwaltung mit dieser Rechtsauffassung durchdringen, liegen die Voraussetzungen für eine Differenzbesteuerung gem. § 24 UStG 1994 vor. Es wird daher in eventu beantragt, die Bemessungsgrundlage diesbezüglich abzuändern.
4. Es wird der Antrag auf mündliche Berufungsverhandlung gestellt".
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung des Abgabensicherungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 99/2007 kann der Unternehmer die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:
Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist. Wurde die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft.
Die Rechnungen müssen ua. nach § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss in einer zum Vorsteuerabzug berechtigenden Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 sowohl der richtige Name als auch die richtige Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers angegeben sein. Ob in einer Rechnung die richtige Anschrift angegeben ist, ist eine auf der Tatsachenebene zu beantwortende Sachverhaltsfrage (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2004/13/0039) [].
Der BFH hat im Urteil vom , V R 15/07, eindeutig klargestellt, dass der gute Glaube fehlende Rechnungsmerkmale nicht überdecken kann und die Rechtsprechung des EuGH in den Rs. Kittel und Recolta Recycling nicht maßgeblich ist. Dies steht im Einklang mit weiteren Entscheidungen von BFH und VwGH, sodass es für die Ausdehnung des Gutglaubensschutzes ("wissen" oder "wissen müssen") auf Fälle fehlender Rechnungsmerkmale kein tragfähiges Argument mehr gibt. Die Rechnungsmerkmale sind weiterhin Grundvoraussetzung für den Vorsteuerabzug (vgl. Laudacher, Kein gemeinschaftsrechtlicher Gutglaubensschutz bei fehlenden Rechnungsmerkmalen - Eine Analyse der jüngsten Rechtsprechung in SWK 22/2009, S 662 und die dort zitierte Judikatur).
Dem Regelungsziel und -zweck des § 12 UStG 1994 entsprechend kann eine Vorsteuer nur bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung abgezogen werden. Liegt eine Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 nicht vor, steht der Vorsteuerabzug - unabhängig von Gut- und Schlechtgläubigkeit der beteiligten Unternehmen - nicht zu (vgl. in diesem Sinne schon das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0155; sowie das Urteil des BFH vom , V R 15/07, wonach eine ordnungsgemäße Rechnung zu den materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gehört) [ und ].
Unter Bedachtnahme auf die vorhin dargelegte Rechtslage konnte dem begehrten Vorsteuerabzug aus nachstehenden Erwägungen nicht entsprochen werden:
Die vom Finanzamt auf Grund von Erhebungen vor Ort vorgenommene Beweiswürdigung, wonach die liefernden Unternehmer an den in den strittigen Rechnungen angegebenen Anschriften keine Geschäftstätigkeit entfaltet hätten, wird von der Bw. nicht bekämpft. Vielmehr betont sie in diesem Zusammenhang, dass sie durch Abfrage der Gültigkeit der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern wohl alle Vorsichtsmaßnahmen gesetzt habe, die einem ordnungsgemäßen Kaufmann zumutbar seien. Abgesehen davon, dass nach der vorhin zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle des Vorliegens von nicht ordnungsgemäßen Rechnungen im Sinne des § 11 UStG 1994 unabhängig von Gut- und Schlechtgläubigkeit der beteiligten Unternehmer der Vorsteuerabzug jedenfalls zu versagen ist, werden angesichts der ungewöhnlichen Abwicklung der Autokäufe - Barzahlung ohne jegliche Bestätigung durch den jeweiligen Zahlungsempfänger und Lieferung von Gebrauchtfahrzeugen durch "Bauunternehmen" - wohl erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Kaufmannes zu stellen sein. Überdies sagt eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer noch nichts über die tatsächliche Geschäftsgebarung des Lieferanten oder die Richtigkeit seiner Adresse aus, zumal auch die im Firmenbuch eingetragene Anschrift einer Gesellschaft keineswegs zwingend die im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 "richtige" Anschrift sein muss (vgl. ).
Da demnach bezüglich der "richtigen Anschrift" der liefernden Unternehmer im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 keine ordnungsgemäßen Rechnungen im Sinne des § 11 UStG 1994 vorliegen, konnte dem Berufungsbegehren nicht entsprochen werden.
Zu bemerken ist auch, dass der bevollmächtigte Vertreter der Bw. bei Prüfungsbeginn eine "Selbstanzeige im Sinne des § 29 Finanzstrafgesetz" folgenden Inhalts erstattet hat:
"Selbstanzeige wird für Herrn H. Wolfgang, St. Kurt und die Fa. H. KG am um 9 Uhr 25 erstattet.
Herr H. hat in den Monaten Jänner bis März 2008 insbesondere von der Fa. X. Bau Holding GmbH, mit der Adresse in W. Autos mit einem verbuchten Einkaufswert von € 1.246.436,80 eingekauft.
Dieser Wareneinkauf ergibt eine Vorsteuer von ca. € 250.000,--. Da aufgrund von Nachforschungen herausgekommen ist, dass hinter vorne angeführter Fa. X. Bau GmbH ein professionell angelegter Vorsteuerbetrug vorliegen könnte, erstatten wir somit Namens und Auftrags des Herrn H. und Herrn St., Selbstanzeige im Sinne des § 29 Finanzstrafgesetz bezüglich oben angeführter Vorsteuer."
Auch dem Eventualantrag, die Bemessungsgrundlage abzuändern, da im Falle der Versagung des Vorsteuerabzuges die Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung gemäß § 24 UStG 1994 vorlägen, konnte aus folgenden Gründen nicht entsprochen werden:
Gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1994 ist die Differenzbesteuerung ua. an die Voraussetzung geknüpft, dass für die im Gemeinschaftsgebiet ausgeführte Lieferung der Gegenstände an den Unternehmer die Umsatzsteuer nicht geschuldet wurde.
Diese Voraussetzung liegt vor, wenn die Gegenstände an den Wiederverkäufer von
- Privatpersonen oder juristischen Personen, die nicht Unternehmer sind, oder
- aus dem nichtunternehmerischen Bereich eines Unternehmers (zB PKW), oder
- von steuerbefreiten Unternehmern ohne Vorsteuerabzugsrecht (zB Kleinunternehmer, blinde Unternehmer) verkauft werden (vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Band V, Anm. 34 zu § 24).
Im vorliegenden Fall ist auf Grund der obigen Ausführungen der Vorsteuerabzug aus den in Rechnung gestellten Lieferungen von Kraftfahrzeugen deshalb nicht gewährt worden, weil als erwiesen anzunehmen ist, dass die in der Rechnung als liefernde Unternehmer angeführten Unternehmer an den in den Rechnungen angeführten Anschriften keine Geschäftstätigkeit entfaltet haben und somit eine materiellrechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug fehlt. Der Umstand, dass der Vorsteuerabzug infolge mangelhafter Rechnungen nicht gewährt worden ist, kann jedoch nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht, wie die Bw. vermeint, zwingend die Anwendung der Differenzbesteuerung nach sich ziehen. Weshalb die in Rede stehenden Vorlieferungen nunmehr keinesfalls umsatzsteuerpflichtig sein sollten, was für die Erfüllung des Tatbestandes der Differenzbesteuerung ja zwingend erforderlich wäre, ist nach dem vorliegenden Akteninhalt unerfindlich. Entsprechende Beweismittel bezüglich der oa. Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung ist die Bw. jedoch schuldig geblieben.
Auch der ohne nähere Begründung beantragten Steuerfreiheit für den am verkauften Ferrari mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von € 149.583,30 konnte aus nachstehenden Erwägungen nicht entsprochen werden:
Gemäß Art. 7 Abs. 1 UStG 1994 liegt eine innergemeinschaftliche Lieferung (Art. 6 Abs. 1) vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen vorliegen:
1. Der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet;
2. der Abnehmer ist
a) ein Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b) eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c) bei der Lieferung eines neuen Fahrzeuges auch jeder andere Erwerber und
3. der Erwerb des Gegenstandes der Lieferung ist beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat steuerbar.
Zufolge Art. 7 Abs. 3 UStG 1994 müssen die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 vom Unternehmer buchmäßig nachgewiesen werden. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet worden ist.
Zufolge § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über den Nachweis der Beförderung oder Versendung und den Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, BGBl. Nr. 401/1996, hat der Unternehmer in den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet versendet, den Nachweis wie folgt zu führen:
1. durch die Durchschrift oder Abschrift der Rechnung (§ 11, Art. 11 UStG 1994) und
2. durch einen Versendungsbeleg im Sinne des § 7 Abs. 5 UStG 1994, insbesondere durch Frachtbriefe, Postaufgabebescheinigungen, Konnossemente und dergleichen oder deren Doppelstücke.
Nach der aktenkundigen "Übernahmebestätigung" hat der in Innsbruck wohnhafte Übernehmer Alois F. von der Bw. das in Rede stehende Fahrzeug der Marke Ferrari, Modell F430F1 Coupe am erhalten. Die Bestätigung wurde von der Bw. firmenmäßig und vom Übernehmer unterfertigt. Überdies scheint die in München sesshafte L. Leasing GmbH auf.
Mit dem in der Berufung diesbezüglich erhobenen Einwand, "dass ein Fahrzeug, das bei einer ausländischen Leasinggesellschaft erworben wird, selbstverständlich im Inland zugelassen werden kann", was jedoch noch nicht bedeuten müsse, "dass der Verkaufserlös in Österreich der Umsatzsteuer zu unterziehen ist", übersieht die Bw. jedoch, dass sie den für die Inanspruchnahme der Steuerfreiheit zwingend erforderlichen vollständigen Nachweis der Warenbewegung des Liefergegenstandes nach Deutschland im Sinne des § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über den Nachweis der Beförderung oder Versendung und den Buchnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, BGBl. Nr. 401/1996, jedenfalls schuldig geblieben ist. Aktenkundig ist lediglich die Rechnung der Fa. S. KEG, Autoverleih - Umzüge, vom über die "Überstellung Ferrari F430 Graz-München-Innsbruck am ". Der in der vorhin zitierten Verordnung zwingend erforderliche Versendungsbeleg, insbesondere ein Frachtbrief, wurde nicht vorgelegt. Die Berufungsausführungen erschöpfen sich vielmehr im bloßen Antrag auf Geltendmachung der Steuerfreiheit. Da demnach bereits die für die Steuerfreiheit zwingend erforderliche Voraussetzung des Art. 7 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 nicht als erwiesen angenommen werden kann, ist dieser Umsatz, ohne die übrigen Voraussetzungen einer näheren Prüfung zu unterziehen, zutreffend steuerpflichtig behandelt worden.
Zu dem erstmalig in der "Ergänzung der Berufung" - Schreiben vom - gestellten Antrag auf mündliche Berufungsverhandlung ist Folgendes festzustellen:
Gemäß § 284 Abs. 1 Z 1 BAO hat über die Berufung eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Berufung (§ 250), im Vorlageantrag (§ 276 Abs. 2) oder in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1) beantragt wird.
Ein Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung setzt einen rechtzeitigen Antrag des Berufungswerbers voraus. Dies ergibt sich aus § 284 Abs. 1 Z 1.
Anträge, die erst in einem die Berufung ergänzenden Schreiben gestellt werden, begründen keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung (zB ; und ). Auch ein Antrag in einer Eingabe, die die in der Berufung fehlende Begründung nachreicht, vermittelt keinen Anspruch auf mündliche Verhandlung (zB ) [vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2005, § 284, Tz 1-4].
Da die Bw. erst in dem die Berufung ergänzenden Schreiben vom - "Ergänzung der Berufung gegen den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid 1-3/2008 und Ergänzung der Berufung gegen den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid 4/2008" - den Antrag auf mündliche Berufungsverhandlung gestellt hat, handelt es sich demnach um einen verspäteten Antrag, der keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung vermittelt.
Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Graz, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Vorsteuerabzug Rechnung richtige Anschrift Gutgläubigkeit |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at