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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.07.2006, RV/1768-W/03

Kein Vorsteuerabzug bei mangelhafter Rechnung


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Miterledigte GZ:
RV/2067-W/05

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. GmbH, Adr1, vertreten durch Stb., gegen den Bescheid des Finanzamtes A. betreffend Umsatzsteuer 2001 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw. (vormals B. GmbH) wurde mit Vertrag von gegründet. Gegenstand des Unternehmens ist der Trockenausbau, der Innenausbau und Wärme-, Kälte-, Schall-, Branddämmungen. Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter war Herr C..

Mit Sacheinlagevertrag vom wurde das Einzelunternehmen C. in die Bw. eingebracht, wobei Herr C. nunmehr an der Bw. mit 20 % (statt bisher 100 %) beteiligt sei.

Im Zuge einer bei der Bw. für den Zeitraum 7-10/2001 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung wurden von der Betriebsprüfung Vorsteuerbeträge in Höhe von 117.634,58 aus Rechnungen der Firma r. HandelsgmbH ausgeschieden, da dieses Unternehmen seit im Firmenbuch amtswegig gelöscht ist.

In den Bescheiden über die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum Juli bis Oktober 2001 vom und für den Zeitraum November 2001 vom wurden Vorsteuern aus Rechnungen der Firma r. Innenausbau HandelsgmbH in Höhe von 117.634,58 S (7-10/2001) und 20.881,13 S (11/2001) ausgeschieden, wobei auf die Feststellungen im Zuge der Umsatzsteuersondeprüfung bei der Bw. verwiesen wurde.

Die für Zeiträume 7-10/2001 und 11/2001 vorliegenden Rechnungen der Firma r. HandelsgmbH setzen sich wie folgt zusammen:


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Rechnungsdatum
Rechnungsbetrag
14.400,00
41.904,00
64.896,00
29.250,00
278.917,44
23.006,52
166.587,42
60.350,10
26.496,00
17.160,00
8.498,64
70.632,00
28.996,15
831.094,27
netto
692.578,56
USt
138.515,71
brutto
831.094,27

Die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für die Zeiträume 7-10/2001 und 11/2001 wurden mit Berufung bekämpft.

Am wurde ein vorläufiger Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2001 erlassen. Dabei wurden Umsätze in Höhe von 39.330.861,81 S (Normalsteuersatz) und Vorsteuern in Höhe von insgesamt 5.877.702,04 S angenommen. Am wurde ein Zurückweisungsbescheid hinsichtlich der Berufungen gegen die Festsetzungsbescheide für die Zeiträume 7-10/2001 und 11/2001 erlassen.

In der gegen den vorläufigen Jahresbescheid eingebrachten Berufung vom wurde insbesondere ausgeführt, dass der vorliegende Umsatzsteuerbescheid auch die Umsätze der Einzelfirma C. - und damit zu Unrecht auch die Monate Jänner bis Juni 2001 - umfasse, wobei u.a. die Höhe der Umsätze mit 18.055.885,80 S anzunehmen sei und der Gesamtbetrag der Vorsteuer für die Bw. nur mehr 2.830.427,58 S betrage.

In der Berufungsvorentscheidung vom wurden die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der r. HandelsgmbH für die Monate Juli bis November 2001 entsprechend den Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung und der Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für die Zeiträume Juli bis November 2001 in Höhe von insgesamt 138.515,71 S - also jener Vorsteuerbetrag, der aus Rechnungen der r. HandelsgmbH geltend gemacht wurde - ausgeschieden. Es wurde ein Vorsteuerbetrag in Höhe von insgesamt 2.691.911,87 S anerkannt.

Mit Vorlageantrag vom wurde die Anerkennung der Vorsteuern laut Erklärung begehrt.

In weiterer Folge wurde im Jahre 2005 eine die Bw. betreffende Betriebsprüfung für die Zeiträume 2001 bis 2003 - somit auch das streitgegenständliche Jahr 2001 umfassend - durchgeführt. Am wurden - ohne auf die strittigen Punkte des offenen Berufungsverfahrens einzugehen - ein Wiederaufnahmebescheid und ein neuerlicher Sachbescheid (Umsatzsteuer 2001) erlassen. Nach Tz. 1 des BP-Berichtes wurden Vorsteuern in Höhe von insgesamt 2.675.229, 53 S anerkannt, wobei Vorsteuern aus Fremdleistungen der Firma D. GmbH in Höhe von 16.682,34 S nicht anerkannt wurden. Die Vorsteuern aus den Rechnungen der Firma r. Innenausbau GmbH blieben weiterhin unberücksichtigt.

Gegen die Nichtanerkennung der Vorsteuern aus den Rechnungen der r. GmbH wurde vom nunmehrigen steuerlichen Vertreter mit Schreiben vom Berufung erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bw. seit vielen Jahren mit der Firma r. GmbH in ständiger Geschäftsbeziehungen stünde, diese Firma auch in der Zeit nach der Löschung aus dem Firmenbuch ihre Leistungen wie immer angeboten habe und auch ausführte. Auch der Geschäftsführer sei immer erreichbar gewesen, wodurch bei der Bw. keine Zweifel am Fortbestand der r. GmbH bestanden hätten.

Es wird auf eine Entscheidung des , hingewiesen, wonach eine GmbH auch nach ihrer Löschung im Firmenbuch solange fortbestehe, als ein Vermögen vorhanden sei und Rechtsbeziehungen zu Gläubigern oder Schuldnern bestehe.

Über telefonische Aufforderung hat der steuerliche Vertreter mit Schreiben vom sämtliche strittigen Rechnungen der Firma r. GmbH vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 274 BAO gilt die Berufung als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet, wenn ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides tritt. Soweit der spätere Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trägt, ist die Berufung als gegenstandslos zu erklären.

Der Anwendungsbereich des § 274 BAO wurde durch das AbgRmRefG erweitert. Die Neufassung des § 274 BAO ist (nach § 323 Abs. 10) mit in Kraft getreten und ist auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen anzuwenden.

Im vorliegenden Fall wurde am , nach Durchführung einer weiteren Betriebsprüfung im wiederaufgenommenen Verfahren, ein neuerlicher Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2001 erlassen, gegen den die Berufung vom eingebracht wurde.

Durch die Regelung des § 274 BAO (neu) gilt jedoch die Berufung vom als auch gegen den neuen Umsatzsteuerbescheid vom eingebracht.

Da im späteren Umsatzsteuerbescheid auf die Frage des Vorsteuerabzuges aus Rechnungen der r. GmbH nicht eingegangen wurde, vielmehr im BP-Verfahren Vorsteuern aus diesen Rechnungen nicht - wie im Berufungsbegehren gefordert - anerkannt wurden, hat der spätere Umsatzsteuerbescheid dem Berufungsbegehren nicht Rechnung getragen.

Bringt die Partei auch gegen den nachträglich geänderten Bescheid eine Berufung ein, so gilt sie nach der Judikatur (; , 95/13/0264) nur mehr als ergänzender Schriftsatz zur ursprünglichen (gemäß § 274 BAO als auch gegen den neuen Bescheid gerichtet geltenden) Berufung (Ritz, BAO-Kommentar, 3. Auflage, § 274 Tz 12).

Die spätere Berufung vom ist als ergänzender Schriftsatz zur ursprünglichen Berufung vom zu werten.

Nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Voraussetzung für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 ist u.a. das Vorliegen einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994.

Gemäß § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen die folgenden Angaben enthalten:

1. Den Namen und die Anschrift des lieferenden oder leistenden Unternehmers;

2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;

3. die Menge und handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;

4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden, genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;

5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und

6. den auf das Entgelt (Z 5) entfallenden Steuerbetrag:

Gemäß § 11 Abs. 2 UStG 1994 können die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird.

Im Berufungsfall gilt es zu beurteilen, ob die strittigen im Jahr 2001 ausgestellten 13 Rechnungen der Firma r. HandelsgmbH, die seit 17. Oktober 2000 im Firmenbuch amtswegig gelöscht ist, den Anforderungen des § 11 Abs. 1 UStG 1994 entsprechen.

Die gegenständlich zu beurteilenden Rechnungen der Firma r. GmbH weisen den Namen "r. Innenausbau Handels GesmbH." und in den Rechnungen vom Juli 2001 und vom die Adresse "Adr2" und in den restlichen Rechnungen die Adresse "Adr3" auf. Als Leistungsempfänger wird die Bw. mit dem Wortlaut "Bw. Ges.m.b.H., adr1" bezeichnet.

Die Ausführungen im Betreff der Rechnungen weisen eine Bezeichnung und/oder einen Ort des Bauobjektes aus ("Rehau E.", "F. Bürotrakt", "BVH: G.", "BVH: F. H.udorf", "I.", "J.", "G. ", "K.", "F. ", "k.", "G. ", "L.,...Rehau,...M.", "N."). Die geleisteten Arbeiten werden in folgender Weise umschrieben: "WC reparieren 50 Std. à 240,00", "Ständerwand 388 m² à 180,00", "GK-Decke 338 m² *a 160,00", "MF-Decke 375 m" à 65,00" usw.

Beispielhaft wird der Inhalt einer der streitgegenständlichen Rechnungen wiedergegeben:

"r. Innenausbau Handels GesmbH

adr2

Bw. Gesellschaft m.b.H.

adr3

adr4

Rechnung Nr. 28/01 v.

BVH: G.


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POS.1.
GK-Decke 338 m²
à 160,00
öS 54.080,00
öS 54.080,00+ 20 % MWSt. öS 10.816,00
öS 64.896,00

Darunter: Stempelaufdruck r. Handels GesmbH und Angabe einer Konto Nr. bei der Creditanstalt."

Alle Rechnungen weisen zwar ein Ausstellungsdatum auf, einen Leistungszeitraum enthält aber keine der vorliegenden Rechnungen.

Der Vorsteuerabzug ist nur bei Vorliegen einer Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 zulässig, wobei alle in § 11 Abs. 1 UStG 1994 aufgezählten Merkmale zwingend vorliegen müssen.

Nach der Judikatur ist das Vorliegen einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994 eine materiellrechtliche Voraussetzung des Vorsteuerabzuges, die nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise durch andere Beweismittel ersetzt werden kann (). Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Rechnung steht der Vorsteuerabzug- unabhängig von Gut- oder Schlechtgläubigkeit - nicht zu, selbst wenn der auf die Umsatzsteuer entfallende Rechnungsbetrag bezahlt wurde ().

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH fehlt eine wesentliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, wenn die Urkunde, mit der ein Unternehmer über eine Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, entgegen der Vorschrift des § 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994 den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nicht anführt (vgl. Erkenntnisse vom , 99/14/0062 und vom , 99/13/0069).

Sämtliche dem Unabhängigen Finanzsenat vorliegenden 13 Rechnungen der r. GmbH enthalten keine Angaben zum Leistungszeitraum.

Der Leistungszeitraum ist für den Leistungsempfänger für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug von Bedeutung (§ 12 Abs. 1: die Leistung muss ausgeführt worden sein). Der Leistungsempfänger muss über eine Rechnung verfügen, in der auch der Leistungszeitraum angegeben ist.

Bauleistungen sind sonstige Leistungen, die meist über einen längeren Zeitraum erbracht werden. Bei sonstigen Leistung, bei denen ein bestimmter Erfolg geschuldet wird, ist daher der Tag anzugeben, an dem die sonstige Leistung abgeschlossen ist (Ruppe, UStG 1994, § 11 Tz. 74). Unstrittig enthalten die in Rede stehenden Rechnungen auch keinen Verweis, dass die nach § 11 Abs. 1 erforderlichen Angaben in anderen Belegen enthalten seien.

Die Argumente des Finanzamtes, dass ein Vorsteuerabzug deshalb zu versagen wäre, weil der leistende Unternehmer im Zeitpunkt der vermeintlichen Leistungserbringung bereits im Firmenbuch amtswegig gelöscht war, also offenbar die Unternehmereigenschaft der Rechnungsausstellering automatisch weggefallen sein soll, überzeugen den Unabhängigen Finanzsenat nicht. Die Löschung im Firmenbuch hat nur deklarative Wirkung. Die Unternehmereigenschaft endet nicht automatisch mit der Löschung im Firmenbuch, sondern erst dann, wenn die Tätigkeiten, die das wirtschaftliche Erscheinungsbild des Unternehmens ausmachen, vollständig abgewickelt sind (). Zur Unternehmensspäre gehören auch die nachträglichen Einnahmen und Ausgaben, die sich auf die unternehmerische Tätigkeit beziehen.

Auch der Ansicht der Bw., dass sie auf das Vorliegen der Unternehmertätigkeit dieser GmbH vertraute, weil sie zum Stichtag , und Firmenbuchabfragen getätigt hätte, die die Richtigkeit der Geschäftsanschrift bestätigt hätten, ist zu entgegnen, dass das Firmenbuch unüberprüfte Angaben aufnimmt und diese daher zwar ein Indiz für die Existenz bilden können, jedoch keine Vermutung der Richtigkeit der Angaben genießen.

Unter der Voraussetzung des § 12 UStG 1994 - somit der Unternehmereigenschaft sowohl des leistenden Unternehmers als auch des Leistungsempfängers - ist das Recht auf Vorsteuerabzug vielmehr allein aufgrund der Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 UStG 1994 zu überprüfen.

Selbst im Falle einer nachträglichen Berichtigung oder Ergänzung durch den Rechnungsaussteller, wäre der Vorsteuerabzug grundsätzlich erst für den Veranlagungszeitraum zulässig, in dem die Berichtigung oder Ergänzung der mangelhaften Rechnung erfolgt ist.

Ein weiteres Eingehen auf den jeweils angeführten Leistungsinhalt der vorliegenden Rechnungen erübrigt sich, da der Vorsteuerabzug - wie oben ausgeführt - schon aufgrund eines fehlenden Leistungszeitraumes nicht zulässig ist. Entscheidend für den Vorsteuerabzug ist, dass eine Leistung empfangen und eine den Formvorschriften des § 11 UStG 1994 entsprechende Rechnung ausgestellt worden ist (Doralt/Ruppe, Steuerrecht I, Tz. 1445). Aus vorangeführten Gründen war dies im gegenständlichen Verfahren jedoch nicht der Fall.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Vorsteuerabzug
Rechnung
fehlender Leistungszeitraum
Rechnungsaussteller im Firmenbuch gelöscht
spätere Berufung
ergänzender Schriftsatz

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
HAAAC-97950