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Berufungsentscheidung - Zoll (Referent), UFSZ3K vom 06.02.2012, ZRV/0295-Z3K/07

Verkauf von unter Abfindung hergestelltem Alkohol

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
ZRV/0295-Z3K/07-RS1
wie ZRV/0087-Z2L/08-RS1
Ein Zuwiderhandeln gegen das im § 57 AlkStG normierte Verbot des Handels mit Alkohol, der unter Abfindung hergestellt worden ist, zieht keine (nachträgliche) Steuerschuldentstehung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 4 AlkStG nach sich. Als Letztverbraucher ist dabei derjenige anzusehen, der Alkohol als Letzter kauft, es also nicht zum Wiederverkauf erwirbt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde der Bf, Adresse1, vom gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/xxxxx/2007, betreffend Alkoholsteuer entschieden:

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Der Spruch der angefochtenen Berufungsvorentscheidung hat zu lauten: Der Bescheid des Zollamtes Graz vom , Zl. 700000/yyyyy/2006, wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Nach der Aktenlage hat die Beschwerdeführerin (Bf) mit Abfindungsanmeldungen Nrn. aa, bb, cc, dd, ee und ff für den Herstellungszeitraum 2003 die Erzeugung von insgesamt 60,33 l Alkohol unter Abfindung, beantragt. Die Bf hat sich dabei ua. verpflichtet, den von ihr hergestellten Alkohol an einen Letztverbraucher durch Ausschank oder in Kleingebinden mit einem deutlich sichtbaren Vermerk, dass der Inhalt unter Abfindung hergestellt worden ist, abzugeben.

Mit Bescheid vom , Zl. 700000/yyyyy/2006, hat das Zollamt Graz die auf die Bf lautenden Abfindungsanmeldungen gemäß § 201 BAO berichtigt, die Alkoholsteuerschuld gemäß § 8 Abs. 1 Z 4, § 2 Abs. 1 und § 9 Z 2 AlkStG iVm § 184 BAO in der Höhe von € 603,30 neu festgesetzt und einen Betrag an Alkoholsteuer in der Höhe von € 358,54 nachgefordert. Das Zollamt Graz begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, die Bf habe im Hinblick auf die im Spruch angeführten Abfindungsanmeldungen die Herstellung von Alkohol unter Abfindung beantragt. Sie habe sich verpflichtet, ein Überwachungsbuch zu führen und den von ihr hergestellten Alkohol unter den Bedingungen des § 57 AlkStG abzugeben. Aus der mit der Bf aufgenommen Niederschrift vom seien Verstöße gegen die Verkehrsbeschränkungen des § 57 AlkStG, weil die Bf den unter Abfindung hergestellten Alkohol entgegen den Bedingungen des § 57 AlkStG an andere Personen als Gast- und Schankgewerbetreibende bzw. Letztverbraucher abgegeben habe, ersichtlich. Nach dem Hinweis auf die angewendeten Bestimmungen des AlkStG und der BAO hat das Zollamt ergänzend festgehalten, die gegenständlichen Brennvorgänge hätten nicht als Herstellung von Alkohol unter Abfindung bewertet werden können, weil sich die Angaben in den Abfindungsanmeldungen als unrichtig erwiesen hätten. Dies habe eine Berichtigung der Abfindungsanmeldungen und die Versteuerung zum Regelsatz nach sich gezogen. Da man die von der Bf hergestellte Menge an Alkohol nicht mehr habe feststellen können, sei man davon ausgegangen, dass die in den Abfindungsanmeldungen pauschal ermittelten Mengen den tatsächlich hergestellten Mengen entsprochen haben.

Dagegen wandte sich die Bf in ihrer Berufung vom . Von der Bf wurde die Bescheidbegründung zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, sie habe zu keinem Zeitpunkt ihren unter Abfindung hergestellten Alkohol an den Handel verkauft. Ihr damals in der Vinothek A und bei der Fa. B befindlicher Abfindungsbrand sei immer ihr Eigentum geblieben. Der Verkauf sei auf ihren Namen und ihre Rechnung erfolgt. Der Eigentumsübergang sei, was für den Kunden klar aus der Rechnung ersichtlich gewesen sei, immer von ihr an den Kunden als Letztverbraucher erfolgt. Die Vinotheken seinen dabei nur eine Art Erfüllungsgehilfe gewesen. Seitens des Zollamtes sei lediglich das Fehlen einer eigenen Handkasse für den Abfindungsalkohol bzw. die Verrechnung über die Zentralkasse der Vinotheken beanstandet worden. Obwohl aus § 57 AlkStG keine Verpflichtung zur Führung einer eigenen Handkasse für Abfindungsbrand zu entnehmen sei, werde eine solche seitens der Abgabenbehörde verlangt. Einzig das Fehlen einer eigenen Handkasse könne nicht den Ausschlag geben. Es liege ihres Erachtens kein Verstoß gegen § 57 AlkStG vor, wenn aus der gesamten Abwicklung klar hervorgehe, dass nicht an den Handel verkauft wurde. Aus der für Kunden bestimmten Rechnung sei ersichtlich gewesen, wer die Vertragspartner waren.

Das Zollamt Graz hat die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Es stützte seine Entscheidung nach dem Hinweis auf § 57 AlkStG im Wesentlichen darauf, aus der Rechnungslegung sei zweifelsfrei zu erkennen, dass es sich bei der C und bei der D um Zwischenhändler handle. Daher habe keine Direktverkauf bzw. Ab-Hof-Verkauf zwischen dem Abfindungsberechtigten und einem Letztverbraucher vorgelegen. Die Bf habe den unter Abfindung hergestellten Alkohol nicht an den Letztverbraucher, sondern an Zwischenhändler auf Kommissionsbasis zur Weiterveräußerung abgegeben und damit gegen die Verkehrsbeschränkungen verstoßen.

Dagegen wendet sich die Beschwerde vom . Die Bf erklärt im Wesentlichen, sie sei mit dem Inhalt der Berufungsvorentscheidung nicht einverstanden. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass die Verkaufsstellen Zwischenhändler waren, weil sie als solche den Alkohol von ihm erwerben hätten müssen. Keiner der Zwischenhändler habe den Erlös aus dem Verkauf ihres Abfindungsbrandes in der Betriebskasse verbucht. Es seien sogenannte Winzerkonten eröffnet worden. Sie sei immer Eigentümerin ihres unter Abfindung hergestellten Alkohols geblieben. Der Verkauf sei rechtlich - auch für Kunden klar erkennbar - zwischen ihr und dem Kunden als Letztverbraucher erfolgt, auch wenn der Geldfluss über die Zentralkasse der jeweiligen Vinothek gelaufen sei. Das Beiziehen eines Erfüllungsgehilfen widerspreche nicht den Bestimmungen des AlkStG, weshalb sie einen Verstoß gegen § 57 AlkStG nicht gesetzt habe.

Die E hat zur Sache mit Schreiben vom eine allgemeine Stellungnahme abgegeben. In einem Leitfaden sei für den Fall, dass sich ein Bauernladen auf Betriebsflächen eines Supermarktes bzw. eines Lagerhauses (hier: einer Vinothek) einmietet oder ein Handelsgeschäft Abfindungsbrände gegen Spesenersatz im Namen und auf Rechnung des Erzeugers verkauft, geregelt, dass diesfalls der Geldfluss nicht über die Zentralkasse des jeweiligen Händlers erfolgen dürfe. Es sei in solchen Fällen eine separate Kassa (Handkasse) notwendig. Diese im Leitfaden verankerte Rechtsauslegung des Zollamtes Graz ergebe sich nach Ansicht der F nicht zwingend aus dem Gesetz. Wesentlich sei nur, dass der Verkauf von Abfindungsalkohol an den Letztverbraucher erfolge. Es liege kein Gesetzesverstoß vor, weil aus der Rechnung und den sonstigen Umständen klar ersichtlich sei, dass der Alkohol an Letztverbraucher auf Namen und auf Rechnung des Produzenten verkauft werde.

Zur Verbreiterung des Sachverhaltes hat der Unabhängige Finanzsenat in einem ähnlich gelagerten Rechtsbehelfsverfahren zu GZ. ZRV/vvvvv/07 zum rechtlichen Charakter der in Rede stehenden Bauernecken weitere Beweise erhoben.

Ziel der Befragung von Auskunftspersonen war ua. die Klärung der Unternehmensidentität (Corporite Identity) von Bauernecken, im Konkreten der Werdegang von der Idee zur Umsetzung, die Frage nach dahinter stehenden Unternehmen, die Beschickerzulassung, die Bedeutung des Gütesiegels "Gutes vom Bauernhof", der Organisationsaufbau einer Bauernecke - wie Ladenbau, Positionierung der Bauernecke, das Konzept, der dahinter stehende Verein, die Aufnahmebedingungen für die Beschicker von Bauernecken und das Sortiment in der Bauernecke. Von verfahrensgegenständlichem Interesse waren auch die Preisbildung, die Verkaufskosten, das Kassensystem, die Verkaufsabwicklung im Namen und auf Rechnung der Produzenten, die Bestückung der Bauernecke, Grundlagen für die laufende Abwicklung, die Haftung, die finanztechnische Abwicklung und die Art der Rechnungslegung.

Die Ausführungen der Auskunftspersonen und der Bf finden im Wesentlichen im Handbuch "So arbeiten die Besten" als Kommissionskonzept von "Gutes vom Bauernhof" Deckung. Das von der G-H Franchise GmbH herausgegebene Handbuch ist eine detailgenaue Darstellung der Vermarktung von Waren bäuerlicher Direktvermarkter in den Bauernecken.

Die Befragung von Kunden einer Bauernecke hat ergeben, dass in der Bauernecke sowohl sporadisch als auch regelmäßig eingekauft wird; auch alkoholische Produkte werden eingekauft. In den Bauernecken wird aus unterschiedlichsten Motiven eingekauft. Nicht allen befragten Auskunftspersonen ist der Begriff "Gutes vom Bauernhof" bekannt und geläufig. Allen Auskunftspersonen hingegen ist bewusst, dass die Produkte in der Bauernecke den Bauern selbst gehören und sich der Geschäftsinhaber einen Anteil des Entgeltes für anfallende Kosten einbehält. Die Waren werden im Auftrag der Bauern verkauft. Den Kunden als Letztverbrauchern ist bewusst, dass sie die Ware direkt von den Bauern in deren Eigenschaft als Produzenten kaufen. Die Form der Rechnung und die Anmerkungen auf derselben hatten für diese Auskunftspersonen hingegen wenig Bedeutung.

In diesem gleichgelagerten Rechtsbehelfsverfahren wurde gegen die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates Amtsbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben, weshalb die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde bis zur Beendigung des beim VwGH zur Zl. 2008/16/0056 schwebenden Verfahrens mit Bescheid vom ausgesetzt wurde.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Alkohol und alkoholhaltige Waren (Erzeugnisse), die im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht werden, unterliegen nach § 1 Abs. 1 AlkStG einer Verbrauchsteuer (Alkoholsteuer).

Die Alkoholsteuer beträgt nach § 2 Abs. 1 AlkStG € 1.000 je 100 l Alkohol (Regelsatz).

Die Alkoholsteuer ermäßigt sich nach Abs. 2 Z 1 leg. cit. auf 54 vH des im Abs. 1 angeführten Steuersatzes für Alkohol, der unter Abfindung (§ 55) bis höchstens 100 l Alkohol über die Erzeugungsmenge hinaus hergestellt wird.

Bei der Herstellung von Alkohol unter Abfindung werden gem. § 55 Abs. 1 AlkStG selbstgewonnene alkoholbildende Stoffe (§ 58) auf einem zugelassenen einfachen Brenngerät (§ 61) verarbeitet. Die Alkoholmenge, die der Steuer unterliegt (Abfindungsmenge), und der Zeitraum, der zum Herstellen der Abfindungsmenge erforderlich ist (Brenndauer), werden pauschal nach Durchschnittswerten bestimmt, die der Bundesminister für Finanzen durch Verordnung festzusetzen hat. Eine von den Bestimmungen des Alkoholsteuergesetzes abweichende Herstellung von Alkohol gilt als gewerbliche Herstellung.

Nach § 57 Abs. 1 AlkStG ist der Handel mit Alkohol, der unter Abfindung hergestellt worden ist, verboten, ausgenommen der Handel zwischen dem Abfindungsberechtigten und 1. einem Inhaber eines Alkohollagers, zur Aufnahme in das Lager gemäß § 31 Abs. 4, 2. einem Gast- und Schankgewerbetreibenden, in Kleingebinden mit einem deutlich sichtbaren Vermerk, dass der Inhalt unter Abfindung hergestellt worden ist, zur Weiterveräußerung durch Ausschank im Gast- und Schankbetrieb, 3. einem Letztverbraucher durch Ausschank oder in Kleingebinden mit einem deutlich sichtbaren Vermerk, dass der Inhalt unter Abfindung hergestellt worden ist.

Die Herstellung von Alkohol unter Abfindung gilt nach § 64 Abs. 1 als bewilligt, wenn das Zollamt nicht innerhalb von drei Tagen nach fristgerechtem Einlangen der Abfindungsanmeldung einen Bescheid nach Abs. 2 oder 3 erlässt. Bei elektronischer Anmeldung gilt die Herstellung von Alkohol als bewilligt, wenn das Zollamt nicht bis zu Beginn der Brennfrist den Antrag mittels elektronisch übermittelter Nachricht oder in anderer Weise abweist.

Das Zollamt hat nach Abs. 2 leg. cit. den Antrag (§ 62) mit Bescheid abzuweisen, wenn 1. gegen die steuerliche Zuverlässigkeit des Antragstellers, bei juristischen Personen oder Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit einer zu ihrer Vertretung bestellten oder ermächtigten Person, Bedenken bestehen, 2. die Abfindungsanmeldung beim Zollamt verspätet einlangt, 3. die Angaben in der Anmeldung unvollständig sind, 4. der Antragsteller Inhaber eines Steuerlagers ist.

Das Zollamt hat nach Abs. 3 leg. cit. den Antrag mit Bescheid zu berichtigen, wenn die Angaben in der Abfindungsanmeldung unrichtig sind.

Soweit im AlkStG nicht anderes bestimmt ist, steht dem Abfindungsberechtigten nach § 65 Abs. 1 AlkStG in einem Kalenderjahr die Herstellung von 100 l Alkohol (Erzeugungsmenge) zu.

Der Abfindungsberechtigte kann gem. Abs. 2 leg. cit. über die jährliche Erzeugungsmenge hinaus 100 l Alkohol zum Steuersatz gemäß § 2 Abs. 3 herstellen.

Der VwGH hat sein Erkenntnis vom , Zl. 2008/16/0056, im Wesentlichen und für die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde bei vergleichbarem Sachverhalt von Relevanz wie folgt begründet: "Das Beschwerde führende Zollamt geht nicht davon aus, dass der verfahrensgegenständliche Alkohol entgegen den Bestimmungen des § 55 Abs. 1 erster Satz AlkStG hergestellt wurde. Die Parteien (das Zollamt und Bf im Administrativverfahren) gehen vielmehr übereinstimmend davon aus, dass dieser Alkohol unter Abfindung hergestellt wurde. Strittig ist - auch im gegenständlichen Verfahren - ausschließlich, ob durch den Verkauf dieses Abfindungsbrandes in den sogenannten Bauernecken eine Verletzung der Verkehrsbeschränkung des § 57 Abs. 1 Z 3 AlkStG (Verwendungsbeschränkung) erfolgt ist. Dies bejaht das Zollamt. Das Zollamt übersieht jedoch, dass auch eine allfällige Verletzung der Verkehrsbeschränkung des § 57 Abs. 1 Z 3 AlkStG (Verwendungsbeschränkung) des unter Abfindung hergestellten Alkohols keine rückwirkende Unrichtigkeit der Abfindungsanmeldung (§ 62 Abs. 2 AlkStG) bewirkt, die das Zollamt nach § 64 Abs. 3 AlkStG mit Bescheid hätte berichtigen können. Für eine Verletzung der Verkehrsbeschränkung (Verwendungspflicht) enthält das AlkStG auch keinen Tatbestand, der zur Entstehung einer Steuerschuld für den Abfindungsberechtigten führen würde (§ 8 Abs. 1 Z 8 AlkStG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 427/96 betrifft nur die bestimmungswidrige Verwendung von steuerfrei bezogenen Erzeugnissen, nicht aber die bestimmungswidrige Verwendung von unter Abfindung hergestellten Alkohol)."

Bereits aus diesen (vom VwGH dargelegten) Gründen erweist sich der Bescheid des Zollamtes Graz vom , mit dem die Abfindungserklärungen berichtigt und der Bf Alkoholsteuer vorgeschrieben wurden, als rechtswidrig. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung der Verwendungspflicht ausschließlich durch § 51 Abs. 1 lit. b FinStrG sanktioniert wird. In diesem Zusammenhang sieht sich der Unabhängige Finanzsenat zu folgenden Ausführungen veranlasst:

Für den Unabhängigen Finanzsenat stellte sich die Frage, ob eine wie im Verfahren gegenständliche Ausprägung der Vermarktung von unter Abfindung hergestelltem Alkohol die steuerliche Ungleichheit von regelversteuertem und Abfindungs-Alkohol in der Art ausreizt, dass der Wettbewerb verzerrt und damit das Marktgefüge gestört wird. Im gegebenen Zusammenhang erschien die Frage klärungsbedürftig, was unter einem unmittelbaren Handel zwischen dem Abfindungsberechtigten und dem Letztverbraucher zu verstehen ist, welche Anforderungen an einen Erfüllungsgehilfen im Hinblick auf den vom Gesetzgeber geforderten Direktkontakt zu stellen sind, insbesondere aber auch dahingehend, ob ein Erfüllungsgehilfensystem noch dem vom Gesetzgeber geforderten Direktkontakt entspricht. Damit stellte sich dem Unabhängigen Finanzsenat die Frage nach den gesetzlichen Vorgaben an den unmittelbaren Handel zwischen dem Abfindungsbrenner und dem Letztverbraucher, demnach, ob der Verkauf bzw. die Direktvermarktung von Abfindungsalkohol im Geschäft einer Handelskette oder eines genossenschaftlichen Lagerhauses (hier: einer Vinothek) unter Verwendung von deren Kassen mit Verweisen in der Rechnung auf Listennummern oder Kürzel und auf Produzenten noch als Handel zwischen einem Abfindungsberechtigten und dem Letztverbraucher im Sinne des § 57 Abs. 1 AlkStG zu werten ist.

Die Alkoholsteuersatzrichtlinie (Richtlinie 92/84/EWG des Rates vom über die Annäherung der Verbrauchsteuersätze auf alkoholische Getränke) ordnet ua. an, dass Mitgliedstaaten bei der Festsetzung von Verbrauchsteuern Mindest- und Höchststeuersätze zu beachten haben.

Die Alkoholsteuer beträgt gemäß § 2 Abs. 1 AlkStG 1.000 € je 100 l Alkohol (Regelsatz). Gemäß Abs. 2 leg. cit. ermäßigt sich die Alkoholsteuer auf 54 vH des im Abs. 1 angeführten Steuersatzes für Alkohol, der ua. unter Abfindung (§ 55) im Rahmen der Erzeugungsmenge (§ 65 Abs. 1) hergestellt worden ist.

Im Sinne des Art. 22 der Alkoholstrukturrichtlinie (Richtlinie 92/93/EWG des Rates vom zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke) können Mitgliedstaaten ua. auf Ethylalkohol, der von kleinen Brennereien hergestellt wird, ermäßigte Verbrauchsteuersätze anwenden. Die ermäßigten Steuersätze dürfen den normalen nationalen Verbrauchsteuersatz um nicht mehr als 50 % unterschreiten. Die Mitgliedstaaten können Regelungen für die Pauschalbesteuerung für Kleinerzeuger vorsehen. Nach den Erwägungsgründen zur Alkoholstrukturrichtlinie dürfen für den Fall, dass Mitgliedstaaten ermäßigte Steuersätze oder Steuerbefreiungen für bestimmte althergebrachte regionale Erzeugnisse gewähren, derartige Sätze nicht zur Verzerrung des Wettbewerbes im Binnenmarkt führen.

Dass die Bf zur Herstellung des verfahrensgegenständlichen Alkohols unter Abfindung berechtigt war, ist nicht strittig. Strittig hingegen ist, ob die Bf berechtigt war, den unter Abfindung hergestellten Alkohol über eine Vinothek zu verkaufen, ohne dabei gegen die Verkehrsbeschränkungen zu verstoßen.

Ein zum Regelsatz versteuerter Liter Alkohol ist in Österreich mit 10,00 € belastet. Der Warenwert beträgt dabei einen Bruchteil der Steuerbelastung, so dass die Alkoholsteuer für die Preisbildung ausschlaggebend ist. Ein bäuerlicher Abfindungsbrand ist bei einer steuerlichen Belastung von 5,40 € je Liter Alkohol wesentlich geringer mit Alkoholsteuer belastet als der zum Regelsatz versteuerte Alkohol.

Der Gesetzgeber verwendet für die für das gegenständliche Verfahren relevante Verkehrsbeschränkung den Begriff "Handel". Nach Meyers Lexikononline 2.0 ist unter Handel im weiteren funktionalen Sinn die Übertragung (insbesondere der Verkauf) von wirtschaftlichen Gütern (Sachgüter und andere) durch Haushalte oder Unternehmen auf ein anderes Wirtschaftssubjekt zu verstehen. Beim Handel im engeren funktionalen Sinn beschaffen Marktteilnehmer Güter (Handelswaren) von anderen Marktteilnehmern und setzen sie an Dritte ab. Im institutionellen Sinn umfasst der Handel jene wirtschaftlichen Institutionen (Handelsunternehmen, Handelsbetrieb, Handlung), deren Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend dem Handel im funktionalen Sinne zuzurechnen ist. Im engeren Sinn zählen zum Handel nur solche Unternehmen, die im Eigenhandel, dh. im eigenen Namen und für eigene Rechnung vorwiegend bewegliche Sachgüter absetzen.

Der Bindungswille des Anbietenden ist bei einem Verkauf ein wesentlicher Bestandteil des Angebotes. Bei einem Verkauf werden Wirtschaftsgüter auf der Basis eines Kaufvertrages von einem Verkäufer auf ein anderes Wirtschaftssubjekt (zB Letztverbraucher) übertragen. In der Regel liegt der Bindungswille bei einem normalen Kauf darin, dass sich ein bestimmter Anbieter gegenüber einem bestimmten Erklärungsempfänger bindet, ihm eine Sache zu veräußern.

Von dieser Konstellation sind Fälle abzugrenzen, in denen Angebote gegenüber unbestimmten Personen abgegeben werden. Beim Verkauf von Waren in Bauernecken handelt es sich um einen Sonderfall eines Vertragsschlussmechanismus. Die Waren werden an unbestimmte Personen angeboten. Der Anbieter der Waren gibt dabei zu erkennen, die präsentierten und real vorhandenen Waren an jedermann veräußern zu wollen. Der Aufsteller will sich erkennbar binden, solange der Vorrat reicht. Es liegt ein gültiges Angebot gegenüber unbestimmten Personen vor, das durch Willensbildung, in der Regel durch eine Annahmehandlung nach § 864 ABGB, bei der ein Zugang der Annahmehandlung an den Offerenten nicht erforderlich ist, angenommen wird (siehe dazu Andreas Riedler, Privatrecht I, allgemeiner Teil, Lehrbuch, 3. Auflage, S 142 f).

Ist eine ausdrückliche Erklärung der Annahme nach der Natur des Geschäftes oder der Verkehrssitte nicht zu erwarten, kommt gemäß § 864 ABGB der Vertrag zustande, wenn dem Antrag innerhalb der hierfür bestimmten oder den Umständen angemessenen Frist tatsächlich entsprochen worden ist. In diesen Fällen ersetzt die tatsächliche Annahmehandlung als stille Annahme die Annahmeerklärung.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Kauf in Bauernecken als Sonderform des Konsensualvertrages durch die stille Annahme und damit Willenseinigung (Konsens) der Vertragspartner über Ware und Preis zustande kommt. Einer der Vertragspartner ist dabei der unbestimmte Letztverbraucher als Käufer der Ware, der andere der Verkäufer der Ware als deren Produzent als Eigenhändler, der über die Bauernecke eigene Wirtschaftsgüter im eigenen Namen und für eigene Rechnung an unbestimmte Personen anbietet, absetzen will und auch absetzt.

Dass sich der Produzent bei der Erfüllung des Kaufgeschäftes eines Erfüllungsgehilfen bedient, ist für das Kauf- und Verkaufsgeschäft nicht schädlich. Wie der "normale" Kaufvertrag kommt auch der aufgezeigte Sonderfall eines Kaufes bereits durch Willenseinigung (Konsens) der Vertragsparteien - wenn auch nach einem besonderen Vertragsschlussmechanismus - zustande. In einer Bauernecke ist der Konsens spätestens zu dem Zeitpunkt erreicht und damit der Kaufvertrag zustande gekommen, in dem der Kunde in seiner Eigenschaft als Letztverbraucher Ware aus der Bauernecke entnimmt und damit die Annahmehandlung setzt. In diesem Zeitpunkt einigen sich die Kaufvertragsparteien über den Kaufgegenstand (Ware) und den Preis.

Dass der Käufer der Ware den Gegenstand des Kaufgeschäftes in der Folge zur Kassa verbringt, sie dort - wie und unter welchen Konditionen auch immer - beim Kassenpersonal des Geschäftsinhabers als Erfüllungsgehilfen des Verkäufers bezahlt, um schließlich mit ihr das Geschäft zu verlassen, also den realen Leistungsaustausch anstrengt, hat keinen rechtlich relevanten Einfluss auf das gültige Zustandekommen des Kaufvertrages per se. Die Übergabe der Ware und die Bezahlung derselben an der Kassa stellen lediglich Erfüllungshandlungen dar und sind keine Tatbestandsmerkmale für den Abschluss des Kaufvertrages selbst.

Als Letztverbraucher gilt nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH derjenige, der ein Wirtschaftsgut vom Lieferer als Letzter gegen Entgelt übernimmt, es also nicht zum Wiederverkauf erwirbt (zB , 90/17/0283). Nach der gegebenen Sachlage bestehen keine Zweifel darüber und steht außer Streit, dass in der verfahrensgegenständlichen Bauernecke an Letztverbraucher verkauft wird.

Gemäß § 21 Abs. 1 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Dabei galt es zu beachten, dass § 21 BAO nach Ansicht des VwGH keine Regel zur Auslegung von Steuergesetzen, sondern eine Richtlinie zur Beurteilung abgabenrechtlich relevanter Sachverhalte darstellt (zB , 98/13/0080).

Wie bereits ausgeführt wurde, kommt - wie beim normalen Kaufvertrag - auch der Sonderfall eines Kaufes als Konsensualvertrag durch die bloße Willenseinigung der Vertragsparteien zustande. Die Willenseinigung erfolgt im Falle des Kaufes in Bauernecken in dem Zeitpunkt, in dem der Käufer einer Ware als konkludente Annahmehandlung die Ware aus der Bauernecke entnimmt. Bei einer gebotenen engen Auslegung der Verkehrsbeschränkungen des § 57 AlkStG als Ausnahmebestimmungen war beim Verkauf von alkoholischen Produkten über Bauernecken darauf zu achten, ob bzw. dass in diesem Zeitpunkt dem Kunden als Letztverbraucher bewusst war, dass er die Ware direkt vom Produzenten als ihrem bäuerlichen Direktvermarkter und damit unter Abfindung hergestellten Alkohol vom Abfindungsbrenner erwirbt. Ist dem Letztverbraucher bewusst, dass er bei Entnahme aus der Bauernecke einen von einem Abfindungsbrenner hergestellten Alkohol vom Abfindungsbrenner selbst erwirbt, sind die rechtlichen Vorgaben des unmittelbaren Handels, des Verkaufes durch einen Abfindungsbrenner und des Kaufes durch einen Letztverbraucher erfüllt.

Ob eine Rechnung bestimmte Vermerke trägt, ein eigenes - im Übrigen gesetzlich nicht gefordertes - Kassabuch geführt, eine Handkasse verwendet, der Kaufpreis aus finanztechnischer Sicht sofort und direkt an die Bauern ausbezahlt oder vorerst auf ein Vereinskonto gebucht wird, um von dort erst nach dem Monatsende ausbezahlt zu werden, ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates für die Beurteilung der Frage, ob ein Kaufgeschäft rechtsgültig zustande gekommen ist, nicht entscheidungswesentlich.

Die Führung eines eigenen Kassabuches, die Benützung einer eigenen Handkasse, die Rechnungslegung mit entsprechenden Vermerken erlauben - wie auch andere Indizien - Rückschlüsse auf das Kaufgeschäft, vor allem auf die am Kaufgeschäft beteiligten Vertragsparteien. Rückschlüsse auf das Kaufgeschäft ermöglicht auch der Umstand, dass im Bereich der Bauernecke eine Tafel oder eine Liste gut einsehbar angebracht ist, auf der unmissverständlich sämtliche Lieferanten der Bauernecke mit Adresse und Produkten ersichtlich sind. Dies dient der Klarstellung, dass eindeutig der Direktvermarkter Anbieter der Produkte in der Bauernecke ist und nicht der Franchisenehmer. Die Bauernecke wird von den Direktvermarktern mit verkaufsfertigen Produkten (Produkt- und Preisauszeichnung, Strichcode) bestückt. Die Bauernecke ist ausschließlich mit bäuerlich, traditionell hergestellten grundsätzlich regional abgestimmten Produkten von landwirtschaftlichen Vermarktern bestückt. Ein Basissortiment - das sind Spitzenprodukte, die für den Umsatz in der Bauernecke wesentlich sind (zB Brotwaren, Fleischwaren, Kernöl, Milch und Milchprodukte, Wein, Honig, Konfitüren) - wird durch ein saisonales Produktangebot (zB Frischobst, Frischgemüse, Wild und Wildprodukte, Edelbrände, Liköre, Most, Weihnachtsbäckerei) ergänzt. Industriewaren dürfen nicht mit dem "Gutes vom Bauernhof"-Sortiment in Verbindung gebracht werden. Die Aufzeichnung der Beschickung der Bauernecke erfolgt entweder durch ein im Geschäft aufliegendes Lagerbuch oder durch Lagerscheine (nicht Lieferscheine), welche vom Direktvermarkter mitgebracht werden. Der Direktvermarkter haftet für die Produkte bis zum Gefahrenübergang an den Konsumenten. Abgelaufene Produkte werden vom Produzenten zurückgenommen. Das Risiko des Schwundes liegt beim Direktvermarkter. Grundsätzlich erfolgt die Abrechnung mit den bäuerlichen Produzenten über das Vereinskonto des örtlichen Vereines. Andere Vereinbarungen, auch Auszahlungen in bar, sind jedoch möglich.

Der Unabhängige Finanzsenat konnte sich im Zuge der ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen im bezeichneten gleich gelagerten Rechtsbehelfsverfahren davon überzeugen, dass den Kunden der Bauernecken im Zeitpunkt der Willenseinigung bewusst war (bewusst ist), dass sie die alkoholischen Produkte direkt von den selbst vermarktenden Abfindungsbrennern kaufen. Dass der Kunde direkt vom Produzenten (Abfindungsbrenner) kauft, demnach der Produzent Direktvermarkter und Anbieter der Produkte ist, resultiert vor allem aus dem Produkt "Bauernecke", der Position und Bewerbung desselben, der Bauernecke als shop-in-shop, der Aufmachung der angebotenen Waren, dem Warensortiment der Bauernecke und dem Gütesiegel "Gutes vom Bauernhof". Eine Bauernecke ist mit einer Tafel und/oder Liste der namentlich bezeichneten Produzenten mit ihren Anschriften und Produkten ausgeschildert. Schließlich ist der Rechnung zu entnehmen, dass die Kunden der Bauernecken direkt vom Produzenten im Namen und auf Rechnung desselben als Verkäufer gekauft haben.

Im Jahr 2004 ist die J (nunmehr G-H Franchise GmbH) als Nahversorgungsinitiative in das 100 %ige Eigentum der K (nunmehr - L) übergegangen. Der Geschäftsführung sind die G-Leitung, das Projektmanagement Sortiment und Logistik, das Projektmanagement Standort-Aufbau und Betrieb, die Qualitätssicherung, das Marketing und die Werbung sowie die Förderabwicklung unterstellt. Ein Beirat, der sich aus drei Vertretern des Lebensmittelhandels zusammensetzt, ist der Leitung der G zugeordnet. Er entscheidet über neu zu vergebende Franchiseverträge. Diese schließt die G-H Franchise GmbH, die das Geschäftskonzept entwickelt und erprobt hat, als Franchisegeber mit selbständigen Unternehmern als Franchisenehmer. Der Beirat entscheidet damit über die Etablierung neuer Bauernmärkte, die Abänderungen bestehender Verträge, über Vertragsabschlüsse mit Franchisenehmern, die Freigabe von neuen Standorten, die Marketingplanung und beobachtet die Marktsituation, um letztlich eine Störung des Marktgefüges und eine Verzerrung des Wettbewerbes hintan zu halten.

Der Sachverhalt betreffend den Verkauf von Abfindungsbrand in den Bauernecken ist mit dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt, der sich mit dem Verkauf von Abfindungsbrand in Vinotheken befasst mutatis mutandis auch im Hinblick auf den zugrunde liegenden Vertragsmechanismus vergleichbar. Auch in den Vinotheken waren die Beschicker ausgeschildert und es war für die Kunden erkennbar, dass sie in den Vinotheken Abfindungsbrand direkt von den selbstvermarktenden Abfindungsbrennern kaufen. Dies hat sich vor allem bei Ermittlungen durch den Unabhängigen Finanzsenat vor Ort bei den Vinotheken und bei der Befragung von Auskunftspersonen (Vinothekar, Vereinsobmann, Verkäuferin) am ergeben.

Aus den dargelegten Erwägungen war festzustellen, dass der Verkauf des unter Abfindung hergestellten Alkohols in der beschriebenen Weise auch in den Vinotheken nicht den Verkehrsbeschränkungen des § 57 AlkStG widerspricht.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 8 Abs. 1 Z 4 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994
§ 55 Abs. 1 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994
§ 57 Abs. 1 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994
Schlagworte
Letztverbraucher
Abfindungsbrennerei
Steuerschuld
Handel
Verkehrsbeschränkungen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at