Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 20.02.2013, RV/0549-S/12

Berücksichtigung von Bezügen aus der gesetzlichen Sozialversicherung als Progressionseinkünfte gemäß DBA-D

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See, vom betreffend Einkommensteuer 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) bezog im Streitjahr inländische Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von rund € 10.500,- und eine Rente aus der deutschen Sozialversicherung in Höhe von € 7.500,00.

Die Veranlagung zur Einkommensteuer unter Heranziehung der deutschen Einkünfte zum Progressionsvorbehalt führte zu einer Steuernachforderung von € 1.383,23. Zur Bescheidbegründung wurde ausgeführt, Pensionen aus einer ausländischen Sozialversicherung, die auf Pflichtbeiträge zurückzuführen sind, seien in Österreich ungekürzt zur Berechnung des Progressionsvorbehaltes heranzuziehen. Eine Aufteilung der deutschen Rentenbezüge in einen steuerfreien Tilgungsanteil und einen steuerpflichtigen Ertragsanteil sei nicht zulässig. Die deutschen Altersrentenbezüge seien deswegen mit € 7.502,00 als Progressionseinkünfte erfasst worden.

Dagegen wurde fristgerecht Berufung erhoben und eingewendet, dass die Zahlung von € 734,00 an das Finanzamt Neubrandenburg im bekämpften Bescheid nicht Berücksichtigung gefunden hätte.

Mit Berufungsvorentscheidung wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen: Die Zahlung an das Finanzamt in Deutschland stelle eine gemäß § 20 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht abzugsfähige Personensteuer dar, welche bei der Ermittlung der Progressionseinkünfte nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen sei.

Mit Eingabe vom erhob der Bw nunmehr "Einspruch", da durch die bereits erfolgte Bezahlung deutscher Steuer eine unzulässige Doppelbesteuerung vorliege.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 unterliegt das gesamte in- und ausländische Einkommen eines unbeschränkt Steuerpflichtigen (mit Wohnsitz im Inland) der Einkommensteuer.

Einkommen ist nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach §§ 104 und 105.

Nach § 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 unterliegen der Einkommensteuer auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG).

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 sind Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 gehören Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Der Bw hat seinen Wohnsitz im Inland und ist damit in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 2 EStG 1988. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Der Bw bezog im Streitjahr eine Pension aus der inländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die im Inland der Besteuerung unterliegt. Daneben erhielt er, wie dem Einkommensteuerbescheid der deutschen Abgabenbehörde vom zu entnehmen ist, eine Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung in der Bundesrepublik Deutschland, für die der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 18 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland (DBA D) das uneingeschränkte Besteuerungsrecht zusteht.

Doppelbesteuerungsabkommen dienen der Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung: Ob Steuerpflicht besteht, ist zuerst nach innerstaatlichem Recht zu beurteilen. Ergibt sich aus innerstaatlichem Recht eine Steuerpflicht, so ist im nächsten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird.

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III 182/2002 (DBA-Deutschland sieht in Artikel 18 für Ruhegehälter, Renten und ähnliche Zahlungen folgende Regelungen vor:

1) Erhält eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen oder Renten aus dem anderen Vertragsstaat, so dürfen diese Bezüge nur im erstgenannten Staat besteuert werden.

2) Bezüge, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus der gesetzlichen Sozialversicherung des anderen Vertragsstaates enthält, dürfen abweichend von vorstehendem Absatz 1 nur in diesem anderen Staat besteuert werden.

Nach Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland dürfen Einkünfte oder Vermögen einer in der Republik Österreich ansässigen Person, die nach dem Abkommen von der Besteuerung in der Republik Österreich auszunehmen sind, gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.

Das bedeutet für den gegenständlichen Fall: Art. 18 Abs. 2 DBA- Deutschland weist für Renten aus der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung Deutschland das alleinige Besteuerungsrecht zu. In Österreich sind diese Einkünfte nach Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland von der Steuer befreit. Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland hat Österreich jedoch das Recht, bei der Festsetzung der Steuer für inländische Einkommen die deutschen Pensionsbezüge zu berücksichtigen (Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt).

Nach der Befreiungsmethode werden Einkünfte, die bei unbeschränkt Steuerpflichtigen (mit Wohnsitz in Österreich) zwar nach dem Welteinkommensprinzip, nicht aber nach dem DBA in Österreich besteuert werden dürfen, von der inländischen Einkommensteuer freigestellt. Allerdings dürfen die ausländischen Einkünfte zur Berechnung der individuellen Steuerprogression mitberücksichtigt werden (Progressionsvorbehalt). Durch die Anwendung des Progressionsvorbehaltes wird somit die deutsche Pension in Österreich nicht besteuert, sondern es werden lediglich die steuerpflichtigen inländischen Einkünfte mit jenem Steuersatz erfasst, der zum Tragen käme, wenn alle Einkünfte aus inländischen Quellen stammten.

Der Progressionsvorbehalt ist bei Vorliegen entsprechender inländischer Einkünfte im Wege einer Steuerveranlagung durch das zuständige Wohnsitzfinanzamt zwingend vorzunehmen und liegt nicht im Ermessen des Finanzamtes. Da das Gesetz nicht vorsieht, dass die ausländischen Einkünfte nach § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 nur mit einem bestimmten Anteil bei der Berechnung des progressiven Steuersatzes einzubeziehen sind, kann auch der Hinweis des Bw, dass die Rente in Deutschland zum Teil als steuerfrei behandelt wird, nicht dazu führen, dass dies bei der Steuersatzermittlung zu berücksichtigen ist. (UFSG v. , RV0122-G/12). Auch konnte, da für die ausländische Pension in Österreich keine Einkommensteuer erhoben wurde, ausländische Steuer darauf nicht angerechnet werden.

Aus oben angeführten Gründen musste die Berufung abgewiesen werden.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

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