Aufhebung eines Prüfungsauftrages, Rechtswidrigkeit
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes fa vom betreffend Antrag auf Aufhebung des Prüfungsauftrages vom gemäß § 299 BAO entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Schriftsatz vom beantragte die Berufungswerberin (Bw) die Aufhebung der Außenprüfung (Prüfungsauftrag) gemäß § 299 Abs. 1 BAO iVm § 148 BAO wie folgt:
"Die Außenprüfung wurde nicht gem. § 148 Abs. 5 BAO vorher angekündigt. Auch wurde mir am - der Beginn der Amtshandlung (die bei mir durchgeführte Hausdurchsuchung) - kein Prüfungsauftrag vorgewiesen noch haben sich die Finanzbeamten bei deren Amtshandlung ausgewiesen (§ 148 Abs. 1 BAO). Für meine am entwendeten Gegenstände - ohne mir ein Sicherstellungs/Beschlagnahmeprotokoll auszustellen - war keine Berechtigung vorhanden. Meine eingebrachte Beschwerde wurde bis heute nicht bearbeitet sondern offensichtlich ,schubladisiert'. Von einer Rechtsbelehrung kann keine Rede sein, denn schließlich habe ich erst bei der Zustellung der Vorladung zur Außenprüfung datiert mit zufällig erfahren, dass ich nunmehr als Beschuldigte im Finanzstrafverfahren geführt werde. Die Außenprüfung ist bzw. war eine reine Willkür seitens der Beamten und stellt lediglich eine Rechtfertigung für deren Vorgangsweise dar.
Gemäß 3.1.2 Abs. 13 DBP wurde der Prüfungszeitraum nicht nur für die 3 letzten Jahre festgesetzt. Die Ausdehnung des Prüfungszeitraumes über die letzten 3 Jahre hinaus wurde nicht begründet. Jedenfalls ist ein Prüfungszeitraum außerhalb der 5jährigen Verjährungsfrist unzulässig. Der Prüfungsauftrag samt der durchgeführten Außenprüfung ist aus den dargelegten Gründen mehrfach rechtswidrig.
Ich stelle daher den Antrag auf ersatzlose Aufhebung des Prüfungsauftrages."
Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Bw abgewiesen und wie folgt ausgeführt:
"Eine Rechtswidrigkeit des Prüfungsauftrages, der als verfahrensleitende Verfügung einem Rechtsmittel nicht zugänglich ist (§ 244 BAO), konnte nicht aufgezeigt werden, weshalb eine Aufhebung nach § 299 Abs 1 BAO nicht vorzunehmen war.
In der Vorladung der Berufungswerberin vom , welche gemeinsam mit dem Prüfungsauftrag vom selben Tag mit RsA-Sendung zugestellt wurde, durch die Prüferin auf den ist eine Ankündigung zu sehen, welche der Antragstellerin ausreichend Zeit für eine Vorbereitung eingeräumt hat. Im Übrigen gilt die Bestimmung über eine Ankündigung der Prüfung gemäß § 99 Abs 2 FinStrG bei finanzstrafrechtlichen Prüfungen nicht!
Der Beginn der Amtshandlung war nicht der ; zu diesem Datum wurde die staatsanwaltlich angeordnete und gerichtlich bewilligte Hausdurchsuchung wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Betruges gegen n1 durch Beamte des LKA l1s vorgenommen. Die Teilnahme von Beamten der Steuerfahndung wurde durch die Staatsanwaltschaft gestattet. Nichts desto trotz handelte es sich um eine der Justiz zuzurechnende Zwangsmaßnahme. Die "Entwendung" von Gegenständen war durch die staatsanwaltschaftliche Anordnung zur Durchsuchung und Sicherstellung von Beweismitteln gedeckt. Da die Zwangsmaßnahmen der Justiz zuzurechnen sind, wäre die Monierung eines fehlenden Sicherstellungs/Beschlagnahmeprotokolles dort vorzubringen gewesen und nicht in einem Antrag auf Aufhebung des (erst viel später ergangenen) Prüfungsauftrages gemäß § 148 BAO in Verbindung mit § 99 Abs 2 FinStrG. Es darf aber zudem daran erinnert werden, dass die Antragstellerin und n1 einer freiwilligen Nachschau zugestimmt haben und eben im Rahmen dieser Nachschau die Sicherstellung durch Beamte des LKA für l1 erfolgt ist.
Soweit ersichtlich ist die von der Antragstellerin beabsichtigte Administrativbeschwerde an den VwGH gegen eine sie betreffende Ausübung finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt aus formalen Gründen von diesem mit Beschluss vom zurückgewiesen worden (ZI. 2011/16/0143). Der Vorwurf der "Schubladisierung" ist daher verfehlt. Im Übrigen hätte eine solche Beschwerde auch nicht die Finanzverwaltung betroffen, sondern die Justiz bzw Polizei.
Der Vorwurf einer fehlenden Rechtsbelehrung (als Beschuldigte iSd § 14 Abs 3 FinStrG infolge der angeordneten Prüfung nach § 99 Abs 2 FinStrG) ist ebenfalls nicht gerechtfertigt, konnte die Antragstellerin doch gar nicht belehrt werden, da sie den Vorladungstermin auf den nicht wahrnahm.
Der Vorwurf, die Prüfung sei eine reine Willkür der Beamten gewesen, muss strikt zurückgewiesen werden, war es doch die Antragstellerin, die weder zum Vorladungstermin auf den noch zur Schlussbesprechung (die Prüfungsfeststellungen wurden ihr im Vorhinein zugesendet) ohne jede Entschuldigung erschienen ist.
Die Antragstellerin darf darauf hingewiesen werden, dass die DBP (Dienstanweisung Betriebsprüfung) nicht mehr in Geltung ist und durch das Organisationshandbuch der Finanzverwaltung ersetzt wurde. Dort ist geregelt, dass der Prüfungszeitraum als Standard zwar die letzten drei veranlagten bzw erklärten Jahre betragen soll, in begründeten Fällen aber durchaus erweitert werden kann und bei hinterzogenen Abgaben sich an der finanzstrafrechtlichen Verjährung zu orientieren hat. Die Entscheidung betreffend den Prüfungszeitraum obliegt (einzig und allein) der prüfenden Organisation. Ein "Ausdehnung" des Prüfungszeitraumes (im Sinne eines fünfjährigen Zeitraumes) ist an und für sich (im Prüfungsauftrag) nicht zu begründen, im vorliegenden Fall wurde aber die Verdachtslage ohnedies erläutert.
Die fünfjährige Verjährungsfrist ist entgegen der Meinung der Antragstellerin nicht überschritten worden: Die Verjährung der Einkommensteuer 2005 beginnt mit Ablauf des Jahres 2005 und endet mit Ablauf des Jahres 2010. Durch die Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2005 () wurde diese Frist um ein Jahr bis Ende 2011 verlängert (§ 209 Abs 1 BAO). Nachdem aber 2011 weiterer Verlängerungshandlungen vorgenommen wurden (Prüfungsmaßnahmen, zB Vorladung auf den ), verlängerte sich die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr bis zum Ablauf des Jahres 2012. Der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Einkommensteuerbescheid 2005 vom ist daher innerhalb der "normalen" fünfjährigen Verjährungsfrist ergangen, sodass die verlängerte Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben gar nicht herangezogen werden musste.
Abschließend darf vermerkt werden, dass auch ein potentiell rechtswidriger Prüfungsauftrag zu keinem Beweisverwertungsverbot für die Prüfungsergebnisse führen würde."
Mit Schriftsatz vom erhob die Bw innert offener Frist das Rechtsmittel der Berufung mit folgender Begründung:
"Beim Vorladungstermin vom erschien Herr n1 mit einer Vollmacht und hatte mich ohne Widerspruch seitens des Finanzamtes vertreten. Er hatte für mich aber keine Rechtsbelehrung erhalten. Eine Bestätigung, dass ich und Hr. n1 einer freiwilligen Nachschau zugestimmt hätten, wurde mir bzw. Hrn. n1 bis heute zwecks Stellungnahme nicht übermittelt. Die Entwendung meiner Gegenstände war eben nicht durch die staatsanwaltliche Anordnung gedeckt. Die staatsanwaltliche Anordnung richtete sich lediglich gegen Herrn n1. Weiters verweise ich auf meinen per Fax eingebrachten Vorlageantrag vom (Umsatzsteuerbescheide 2009-2011 und Einkommensteuerbescheide 2005-2010)."
Im von der Bw ins Treffen geführten Vorlageantrag wurde wie folgt ausgeführt:
"§ 3 StPO ist der 1. Instanz offensichtlich nicht bekannt. Es wurde mir weder der Beschuldigtenstatus bekanntgegeben noch eine Rechsmittelbelehrung erteilt. Die 1. Instanz war auch nicht in der Lage mir bekanntzugeben, seit wann ich als Beschuldigte geführt werde. Die vorgehaltenen "Zeugen"aussage habe ich zwecks Stellungnahme nicht erhalten. Die Ermittlungsbehörden haben nach Auswertung meiner Unterlagen entgegen den datenschutzrechtlichen Bestimmungen meine Nachbarschaft mit entsprechenden Fragen, welche meine Privatsphäre betreffen, konfrontiert. Eine Nachreichung von Unterlagen zur Betriebsprüfung konnte ich schon deshalb nicht, da die 1. Instanz im rechtswidrigen Besitz meiner Unterlagen war. Beweisverwertungsverbot gilt schon deshalb, weil es insgesamt kein faires Verfahren war. Abgesehen davon: Welche Beweise haben die Ermittlungsbehörden? Akteneinsicht habe ich bis heute keine erhalten. Die Akteneinsicht ist vor der Schlussprüfung zu gewähren. Die von der 1. Instanz erwähnte Zeugeneinvernahme vom fand nicht statt, sondern lediglich die Hausdurchsuchung. Und eine Hausdurchsuchung ist keine freiwillige Nachschau. Bei der am durchgeführten Hausdurchsuchung hatten mir die Beamten meine Gegenstände ähnlich wie bei einer Plünderung weggenommen, ohne mir ein Sicherstellungs-/Beschlagnahmeprotokoll auszuhändigen. Bis heute habe ich u.a. das Medion Navigationsgerät samt 2 oder 4 GB Speicherkarte nicht zurück erhalten. Die bewilligte Hausdurchsuchung richtete sich gegen n1 und nicht gegen mich."
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 148 BAO lautet wie folgt:
Abs 1: Die von der Abgabenbehörde mit der Vornahme von Außenprüfungen beauftragten Organe haben sich zu Beginn der Amtshandlung unaufgefordert über ihre Person auszuweisen und den Auftrag der Abgabenbehörde auf Vornahme der Prüfung (Prüfungsauftrag) vorzuweisen.
Abs 2: Der Prüfungsauftrag hat den Gegenstand der vorzunehmenden Prüfung zu umschreiben. Soweit es sich nicht um eine unter § 147 Abs. 2 fallende Prüfung handelt, hat der Prüfungsauftrag die den Gegenstand der Prüfung bildenden Abgabenarten und Zeiträume zu bezeichnen.
Abs 4: Gegen den Prüfungsauftrag ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
Abs 5: Außenprüfungen sind dem Abgabepflichtigen oder seinem Bevollmächtigten tunlichst eine Woche vorher anzukündigen, sofern hiedurch der Prüfungszweck nicht vereitelt wird.
Gemäß § 299 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Das Finanzamt verweist in seinem Bescheid darauf, dass eine Rechtswidrigkeit des Prüfungsauftrages - welcher als verfahrensleitende Verfügung einem Rechtsmittel nicht zugänglich ist - nicht aufgezeigt werden konnte. Eine Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO wurde daher verneint.
Das Finanzamt entgegnete, dass die Vorladung der Bw vom , welche gemeinsam mit dem Prüfungsauftrag zugestellt wurde, als Ankündigung zu sehen sei, welche der Bw ausreichend Zeit für eine Vorbereitung eingeräumt hat. Richtig ist ebenfalls der Verweis, dass eine Bestimmung über eine Ankündigung der Prüfung gemäß § 99 Abs 2 FinStrG bei finanzstrafrechtlichen Prüfungen nicht gilt (siehe hiezu Ritz, BAO4, § 147 Tz 8).
Das Finanzamt führt auch das Procedere sämtlicher Amtshandlungen aus. Betreffend der "Entwendung" von Gegenständen wird auf die Zwangsmaßnahmen der Justiz verwiesen. Entgegen der Angaben der Bw sei durch die Antragstellerin/Berufungswerberin und Herrn n1 einer freiwilligen Nachschau zugestimmt worden.
Betreffend "Schubladisierungsvorwurf" wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom (Zl. 2011/16/0143) verwiesen.
Auch betreffend Rechtsbelehrung wurde darauf verwiesen, dass die Bw den Vorladungstermin für den nicht wahrgenommen hatte und deshalb auch keine Belehrung stattfinden konnte. Vorgehalten wurde auch, dass die Antragstellerin/Berufungswerberin weder zum Vorladungstermin noch zur Schlussbesprechung ohne jegliche Entschuldigung erschienen ist.
Laut Prüfungsbericht und Angaben des Finanzamtes hat die Bw dem Vorladungstermin vom nicht persönlich entsprochen. Die Bw ließ sich durch ihren Lebensgefährten, Herrn n1, vertreten. Er stellte den Antrag auf Ausdehnung des Prüfungsauftrages auch auf das Jahr 2004 und auf Akteneinsicht, machte hiezu jedoch keine weiteren Angaben (siehe die nicht unterfertigte Niederschrift vom ). Das Finanzamt verwies außerdem darauf, dass Herr n1 nicht befugt gewesen wäre, Akteneinsicht zu nehmen. Herr n1 darf nämlich als gewerblicher Buchhalter vor der Abgabenbehörde nicht vertreten. Außerdem handelte es sich um eine Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG, also um Maßnahmen nach § 14 Abs. 3 FinStrG, bei welchen "relativer Anwaltszwang" gemäß § 77 FinStrG besteht. Der Hinweis der Bw, Herr n1 habe keine Rechtsbelehrung erhalten, geht somit ins Leere.
Auf die Ausführungen betreffend Dienstanweisung Betriebsprüfung und fünfjährige Verjährungsfrist darf verwiesen werden.
Entgegen den Aussagen der Bw wurde sie als Zeugin gem. §§ 104, 106 und 108 FinStrG sowie über den § 289 StGB rechtsbelehrt und ein Protokoll über die Vernehmung der Bw als Zeugin am aufgenommen, welches von der Bw handschriftlich unterzeichnet wurde. Auch der Einwand, es sei der Bw keine Akteneinsicht gewährt worden, wird unter Verweis auf den bereits vom Unabhängigen Finanzsenat ergangenen Bescheid zu RD/0005-F/12 vom entkräftet. Laut Schriftsatz vom gab die Abgabenbehörde erster Instanz nämlich an, der Bw bereits zwei Termine für eine Akteneinsicht eingeräumt zu haben. Diese Termine seien von ihr nicht wahrgenommen worden.
Dahingestellt bleiben kann auch das Argument der Bw, eine Bestätigung über die Zustimmung einer freiwilligen Nachschau sei ihr bzw. Herrn n1 bis heute nicht zwecks Stellungnahme übermittelt worden.
Insgesamt ist es der Bw nicht gelungen, die Rechtswidrigkeit des Prüfungsauftrages, welche eine Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO begründen würde, aufzuzeigen.
Die Ausführungen des Finanzamtes in seiner Bescheidbegründung werden auch zum Inhalt dieser Entscheidung erhoben.
Der Berufung war daher kein Erfolg beschieden und es war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Feldkirch, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at