Kein Anspruch auf Familienbeihilfe eines nicht rechtmäßig beschäftigten Arbeitnehmers wegen fehlender Freizügigkeit
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., W., yyy, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, vom betreffend Familienbeihilfe für den Zeitraum bis entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
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Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw.) ist polnischer Staatsbürger und hat seit April 2005 im Inland einen Zweitwohnsitz, der nach seinen Angaben gleichzeitig der Firmensitz für die streitgegenständlichen Verspachtelungsarbeiten gewesen sein soll. Der Mieter dieser Wohnung benützte diese gemeinsam mit dem Bw. und verrechnete diesem anteilig die Miete.
Der Bw. beantragte am für seine beiden Kinder (geboren am xxx und am x.x.x.) Familienbeihilfe. Die beiden Kinder leben bei der Ehegattin des Bw. am Familienwohnsitz in Polen.
Erhebungen zur strittigen Verspachtelungsarbeit haben ergeben, dass an besagter Adresse kein Firmenschild und auch kein Festnetzanschluss existiert haben. Auf den diversen Rechnungen des Bw. sei auch keine Mobiltelefonnummer angeführt gewesen. Belege, die die streitgegenständliche Tätigkeit betroffen haben, wären in der Wohnung des Bw. aufbewahrt worden. Es gebe keine Mitarbeiter, der Bw. habe keine firmenmäßige Werbung durchgeführt, seine persönlichen Kontakte wären für die Erlangung der Aufträge nützlich gewesen. Der Bw. verfügt über Berechtigungen zur Ausübung des Gewerbes betreffend das Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten, die Montage von mobilen Trennwänden und das Verschließen von Bauwerksfugen, wobei das zuletzt genannte Gewerbe nicht ausgeübt worden wäre.
Der Bw. gab niederschriftlich am Folgendes bekannt:
Werkzeuge, wie z.B. Spachtelzeuge, kleine Elektrowerkzeuge und Wasserwaagen wären vom Auftragnehmer beizustellen gewesen. Das übrige Arbeitsmaterial sei vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt worden. Der Auftraggeber oder der Polier teilte dem Bw. mit, auf welcher Baustelle und welche Arbeiten er dort durchzuführen hatte. Der Bw. wäre bezüglich der Arbeitsqualität kontrolliert worden.
Der Bw. hatte von April 2005 bis Februar 2006 einen einzigen Auftraggeber, das Unternehmen A GmbH, mit dem er keinen Werk- oder Rahmenvertrag abgeschlossen hat. Sämtliche vom Bw. ausgestellten Honorarnoten enthalten keine genaue Beschreibung des Leistungsumfanges, sondern enthielten lediglich den Hinweis auf Verspachtelungsarbeiten oder Montagearbeiten lt. Pauschalangaben für diverse Baustellen in unterschiedlichen Wiener Bezirken und wurden einmal im Monat erstellt. Sie enthalten alle den gleichen Wortlaut (kein genaues Bauvorhaben, keine Arbeitsstunden, keine Angaben von Quadratmetern der geleisteten Arbeiten). Der Bw. hat im Vorhinein das Honorar pauschal mit dem Auftraggeber vereinbart.
Für den darauffolgenden Zeitraum hat der Bw. am mit dem Unternehmen B einen Rahmenauftrag über diverse Bauvorhaben abgeschlossen. In diesem wurde unter anderem bestimmt, dass Arbeiten und Preise nach einem Leistungsverzeichnis bestimmt würden. Auch in diesen Fällen enthielten die Honorarnoten keine Leistungsbeschreibung. Sie wurden ebenso monatlich über pauschal vereinbarte Beträge ausgestellt.
Zur Gewährleistung wurde vertraglich festgehalten, dass bei Abnahme festgestellter Mängel diese umgehend zu beheben seien. Sollten diese vom Auftraggeber behoben werden müssen, werde der Betrag vom Rechnungsbetrag abgezogen.
Der Bw. stellte im Jahre 2006 zwei Rechnungen an das Unternehmen A GmbH, drei Fakturen an die B. Die B habe den Bw. in den eigenen Büroräumlichkeiten bar bezahlt. Im Jahre 2007 legte der Bw. über Bauhilfsarbeiten nur eine Rechnung an ein weiteres Bauunternehmen, die C GmbH.
Festgestellt wird, dass der Bw. mit Bescheid vom eine Beschäftigungsbewilligung erhalten hat und seit damals in einem Dienstverhältnis bei der A GmbH steht und Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit versteuert hat.
Über den Antrag des Bw. auf Familienbeihilfe erließ das Finanzamt am einen Abweisungsbescheid betreffend den Zeitraum bis und begründete diesen damit, dass für Staatsangehörige bestimmter EU/EWR-Staaten die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes weiter gelten würden. Der Bw. habe innerhalb der siebenjährigen Übergangsfrist demnach keinen freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt gehabt. Stehen solche Staatsangehörige unter Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in Österreich dennoch in einem Arbeitsverhältnis, könne nicht vom Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der genannten EU-Verordnungen ausgegangen werden. In einem solchen Fall sei daher ein Anspruch auf die österreichische Familienleistungen zu verneinen. Das Finanzamt stützte sich weiters auf § 47 EStG, wonach ein Arbeitsverhältnis dann vorliege, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, der Arbeitnehmer unter der Leitung des Arbeitsgebers stehe oder dessen Weisungen zu folgen verpflichtet sei. Ein Arbeitsverhältnis liege demnach insbesondere dann vor, wenn der Arbeitgeber sein persönliches Weisungsrecht bezüglich der Art der Ausführung der Arbeit, der Zweckmäßigkeit des Einsatzes der Arbeitsmittel, der zeitlichen Koordination der zu verrichtenden Arbeiten, der Vorgabe des Arbeitsortes und der Arbeitszeit ausübe. Dabei sei nach gängiger Rechtsprechung bei der Beurteilung, ob ein steuerlich als Arbeitsverhältnis einzustufendes Vertragsverhältnis besteht, vom tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung zwischen den Vertragspartner auszugehen. Maßgebend sind ausschließlich die objektiven Umstände, auch wenn die formalen Voraussetzungen (z.B. Gewerbeschein) für eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegen.
Der Bw. erhob gegen den genannten Abweisungsbescheid Berufung und führte aus, dass er bis Mitte 2008 eine Gewerbetätigkeit ausgeübt habe und Beiträge an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft bezahlt habe. Außerdem habe er dem Finanzamt Einkommensteuererklärungen übermittelt. Die rechtliche Begründung seines Falles wäre für den Bw. nicht nachvollziehbar gewesen.
Abschließend ersuchte der Bw. um nochmalige Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe und zwar auch für den Zeitraum April bis Dezember 2005. Er führte in diesem Zusammenhang aus, dass er nicht einsehe, warum er sich an eine Berufungsfrist halten müsse, wenn demgegenüber das Finanzamt für Erledigungen offensichtlich unbefristet Zeit habe.
Diesbezüglich geht aus den Finanzamtsakten hervor, dass der Antrag auf Zuerkennung von Differenzzahlungen für 2005 bescheidmäßig abgewiesen wurde. Der Bw. hat gegen diese Entscheidung des Finanzamtes kein Rechtsmittel erhoben, weshalb diese in Rechtskraft erwachsen ist.
Das Finanzamt erließ über die streitgegenständliche Berufung am eine abweisende Berufungsvorentscheidung und führte in der Begründung im Wesentlichen aus:
"Gemäß Art. 75 der Verordnung EWG-Nr. 1408/71 werden Familienleistungen vom zuständigen Träger des Staates gewährt, dessen Rechtsvorschriften für den Arbeitnehmer oder für den Selbständigen gelten. Zu prüfen war daher, ob die Tätigkeit des Bw. im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder aufgrund gewerberechtlicher Vorschriften ausgeübt worden ist. Der Bw. war am bis und vom bis als gewerblich selbständig Erwerbstätiger versichert. Für das Jahr 2006 wurde eine Einkommensteuererklärung beim Finanzamt eingereicht, für das Jahr 2007 keine. In der Einkommensteuererklärung 2008 wurden nur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beim Unternehmen A GmbH ab Mai 2008 deklariert. Das Finanzamt hat wiederholt Erhebungen und Befragungen zur Art der Tätigkeit durchgeführt und ist zum Ergebnis gelangt, dass aufgrund der betrieblichen Struktur, der Weisungsgebundenheit, der organisatorischen Eingliederung und der pauschalen Honorarvereinbarungen ein Dienstverhältnis zu den genannten Unternehmen vorgelegen ist. Da für polnische Staatsbürger der Zugang zum Arbeitsmarkt mit dem EU-Erweiterungsanspassungsgesetz, BGBl. I Nr. 20/2004 und umgesetzt auf nationaler Ebene im Ausländerbeschäftigungsgesetz eingeschränkt worden ist, kann die Verordnung 1408/71 nur dann zur Anwendung gelangen, wenn gegen die Bestimmungen über die Freizügigkeit von Arbeitnehmern nicht verstoßen werde. Da der Bw. erst seit Mai 2008 über eine gültige Beschäftigungsbewilligung verfügte, war sein Antrag auf Familienleistungen für den Zeitraum davor abzuweisen, da er damals als Arbeitnehmer keinen rechtmäßigen Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt gehabt hatte und die Familienleistungen nach der genannten Verordnung deshalb nicht zuzuerkennen waren. Bezüglich des Anspruches auf Familienbeihilfe für den Zeitraum April bis Dezember 2005 gab das Finanzamt bekannt, dass darüber bereits eine Berufungsvorentscheidung vom rechtskräftig ergangen war."
Im Vorlageantrag führte der Bw. aus, dass die Feststellung des Finanzamtes, dass er bezüglich des herzustellenden Werkes weisungsgebunden tätig geworden sei, den Tatsachen wiedersprechen würde. Bei Ausführung aller Aufträge, die er als selbständiger Unternehmer erhalten habe, habe keine Weisungsgebundenheit bestanden. Die Auftraggeber hätten vom Bw. verlangt, die Arbeit innerhalb bestimmter Zeit vertragsmäßig auszuführen. Während dieser Zeit wäre es dem Bw. freigestanden, wann und wie er diesen Auftrag erledige. Erst nach Beendigung des Auftrages wäre er in Bezug auf die Normeinhaltung und Qualität der Arbeiten vom jeweiligen Auftraggeber überprüft worden. Danach erfolgte die Rechnungslegung und Überweisung des vertraglich vereinbarten Entgeltes an den Bw. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen hätte der Bw. die Wünsche des Auftraggebers vertragsmäßig erfüllen müssen. Der Bw. gab an, bei der Ausführung der Arbeiten sowohl die Haftung als auch die Gewährleistung getragen zu haben. Richtig sei, dass er in diesem Zusammenhang Fristen und allgemeine Koordinierung der Arbeiten beachten hätte müssen, er wäre jedoch niemals in seiner Entscheidungsfreiheit als selbständiger Unternehmer durch Weisungen des Auftraggebers eingeschränkt worden. Als Anhang übermittelte der Bw. Einkommensteuererklärungen, die er beim Finanzamt für das Jahr 2007 und 2008 eingereicht habe, samt den jeweiligen Ausgabescheinkopien. Der Bw. erklärte für das Jahr 2007 Einnahmen in Höhe von 11.130,00 € und Ausgaben von 1.883,97, wobei der größte Anteil der Aufwendungen Sozialversicherungsbeiträge, ein geringfügiger Teil Reise und Fahrtspesen betroffen hat. Für Jänner 2008 bis April 2008 wurden Einnahmen in Höhe von 3.470,00 € erklärt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im konkreten Fall wird folgender Sachverhalt als erwiesen angenommen:
Der Berufungswerber ist polnischer Staatsbürger und seit dem in Österreich gemeldet. Seine Ehegattin und die beiden Kinder leben am Familienwohnsitz in Polen. Der Bw. erhielt im Inland Unterkunft bei einem Mitbewohner, dem er auch die anteilige Miete und Betriebskosten bezahlte. Er meldete außerdem am bei der Gewerbebehörde das Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten, die Montage von mobilen Trennwänden und das Verschließen von Bauwerksfugen als Gewerbe an. Der Bw. bezahlte. in diesem Zeitraum - ausgenommen für die Monate 12/2006 und 1/2007 - auch Pflichtversicherungsbeiträge an die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft. Streitgegenständlich ist der Abweisungsbescheid bezüglich des Zeitraumes bis , mit dem das Finanzamt den Anspruch des Bw. auf Zuerkennung der Familienbeihilfe für seine beiden in Polen lebenden Kinder verneint hat.
Der Bw. erklärte für das Jahr 2007 Einnahmen in Höhe von 11.130,00 € und Ausgaben von 1.883,97, wobei der größte Anteil der Aufwendungen Sozialversicherungsbeiträge, ein geringfügiger Teil Reise und Fahrtspesen betroffen hat. Für Jänner 2008 bis April 2008 wurden Einnahmen in Höhe von 3.470,00 € erklärt. Ab war der Bw. im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig, wofür er auch eine Beschäftigungsbewilligung erhielt. Das Finanzamt hat erstmals für das Jahr 2008 einen Einkommensteuerbescheid erlassen und darin Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit festgesetzt.
Der Bw. hat im Jahre 2006 zwei Rechnungen über Verspachtelungstätigkeiten und Montagearbeiten an das Unternehmen A GmbH, drei Fakturen an die B adressiert. Sämtliche Rechnungen wurden einmal im Monat gelegt und enthalten pauschale Beträge. Der Bw. hat lediglich mit der B einen Rahmenauftrag für diverse Bauvorhaben am abgeschlossen. Dieser Auftrag nimmt Bezug auf die Durchführung der im Leistungsverzeichnis angeführten Arbeiten sowie Einheits- und Pauschalpreise ohne diese eigens zu benennen. Ein Leistungsverzeichnis befindet sich überdies nicht in den Akten bzw wurde auch nicht vorgelegt. Im genannten Vertrag wurde beispielsweise vereinbart, dass der Bauherr oder sein Bevollmächtigter ausdrücklich Regiestunden anordnet. Das Recht, Teile des Auftrages selbst auszuführen ist dabei dem Auftraggeber vorbehalten gewesen.
Am hat der Bw. einen weiteren Werkvertrag mit der C GmbH für einen Monat ( bis ) abgeschlossen. Laut diesem Vertrag besteht keine Bindung an eine Arbeitszeit und an einen Dienstort, die Verrichtung der Baustellenkoordination erfolgte in eigener Verantwortung, eigene Hilfsmittel waren zu verwenden, am Ende eines Monats war ein Pauschbetrag zu bezahlen, ein allgemeines Vertretungsrecht war möglich, es sollte allerdings dem Auftraggeber zur Kenntnis gebracht werden. Vertraglich wurde auch vereinbart, dass der Bw. für festgestellte Mängel im Zuge der Abnahme eine Gewährleistung zu tragen hatte.
Der Bw. hat demgegenüber niederschriftlich vor dem Finanzamt zur streitgegenständlichen Tätigkeit bekannt gegeben, dass er Werkzeuge, wie Spachtel, Wasserwaage, Elektrowerkzeuge selbst beigestellt hat, während das übrige Arbeitsmaterial der Auftraggeber zur Verfügung stellte. Der Auftraggeber teilte dem Bw. mit, auf welcher Baustelle und welche Arbeiten er durchzuführen hatte und kontrollierte ebenso die Arbeitsqualität. Der Bw. kann sich nicht durch andere Personen vertreten lassen und hat keine Mitarbeiter. Im Jahre 2006 hatte der Bw. zwei Auftraggeber, für die er zeitlich gesehen nacheinander tätig geworden ist und stets monatlich Rechnungen ausgestellt hat, im Jahre 2007 arbeitete er für einen Auftraggeber.
Sämtlichen Rechnungen war kein genaues Bauvorhaben, keine Arbeitsstunden oder Quadratmeterpreise zu entnehmen. Nach den Angaben des Bw. wurde das Honorar vor Tätigkeitsbeginn pauschal vereinbart und pauschal in Rechnung gestellt.
Rechtliche Würdigung:
Gemäß § 3 Abs 1 FLAG 1967 in der seit dem geltenden Fassung haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten (§ 3 Abs 2 FLAG).
Der Bw. besitzt eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52 NAG) und die sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten. Im Zusammenhang mit dem § 3 Abs 1 und 2 FLAG 1967 ist § 53 FLAG 1967 bezüglich der Gleichstellung von EWR-Bürgern zu beachten. Eine solche ist grundsätzlich anzunehmen, vorausgesetzt Staatsangehörige von Vertragsparteien des EWR halten sich rechtmäßig in Österreich auf und die entsprechenden unionsrechtlichen Regelungen sind anwendbar (Aigner/Wanke in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 3 Rz 165).
Art 45 Abs 1 AEUV lautet in diesem Zusammenhang, dass innerhalb der Union die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu gewährleisten ist. Maßgebend im Bereich der Freizügigkeit und der Familienleistungen sind die VO 1408/71 (Wanderarbeitnehmer), VO 883/2004 (Soziale Sicherheit) und die RL 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) (Aigner/Wanke in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 3 Rz 61).
Somit gilt, dass vorrangig das Unionsrecht auch für Bürger aus den Mitgliedstaaten der EU oder des EWR maßgebend ist.
§ 53 Abs 1 FLAG bestimmt, dass Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des EWR nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.
Polen ist auf Grund seines Beitritts zum EG-Vertrag mit Wirksamkeit vom Mitglied der Europäischen Union. Damit genießen mit dem Beitritt alle polnischen Staatsangehörige (Unternehmen) grundsätzlich die gleichen Rechte wie die Angehörigen der der EU bereits angehörenden Staaten, was insbesondere für das Recht auf Arbeitnehmer- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 39 ff und 49 ff EGV) gilt. Die Übergangsbestimmungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit laut Anhang XII Punkt II, Freizügigkeit (Polen) der Liste nach Art 24 der Beitrittsakte schränken in ihren Z. 2 bis 14 dieses grundsätzliche Recht auf Freizügigkeit aber - zeitlich gestaffelt (2 plus 3 plus 2 Jahre) - ein (vgl. ).
Die österreichische innerstaatliche Regelung findet sich in § 32a des AuslBG. Für Staatsangehörige von Polen endet demnach die Übergangsfrist nach Ablauf der sieben Jahre endgültig am . Während dieser Übergangsfrist bedarf die Ausübung einer nichtselbständigen Tätigkeit einer Arbeitserlaubnis. Dies bedeutet, dass der Bw. als polnischer Staatsbürger bezüglich der Ausübung einer nichtselbständigen Tätigkeit im Streitzeitraum weiterhin unter die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes fällt.
Daraus ist jedenfalls auch abzuleiten, dass dem Bw. bis durch § 32 a AuslBG keine unbeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit und Dienstleistungsfreiheit eingeräumt wurde. Für ihn gilt demnach kein freier Zugang zum Arbeitsmarkt und damit verbunden sind auch seine Rechte zur sozialen Absicherung.
In der Präambel zu VO 1408/71 ist unter anderem ausgeführt, dass diese Vorschriften der Koordinierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften bezüglich Sozialversicherungssysteme dienen. Die Verordnung regelt die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Union zu- und abwandern. Aus Punkt 2 des Berichts der Kommission über die Anwendung der im Beitrittsvertrag 2003 festgelegten Übergangsregelung ergibt sich, dass EU Wanderarbeiter und ihre Familien einen Anspruch auf Gleichbehandlung nicht nur in Bezug auf Beschäftigung, sondern auch auf dem öffentlichen Wohnungsmarkt, bei Steuervergünstigungen und Sozialleistungen haben (Art 39 EGV). Einschränkungen im Bereich des Zugangs zum Arbeitsmarkt können lediglich das Recht auf Aufnahme einer Beschäftigung begrenzen. Sobald ein Arbeitnehmer Zugang zum Arbeitsmarkt eines bestimmten Mitgliedstaates hat, gelten die Gemeinschaftsbestimmungen bezüglich der Gleichbehandlung beim Arbeitsentgelt und auch beim Zugang zu Vergünstigungen im sozialen und steuerlichen Bereich. Dies bedeutet, dass rechtmäßig beschäftigte Arbeitnehmer keinerlei Diskriminierung ausgesetzt sein dürfen.
Der oben genannten VO 1408/71 muss sohin jene Bedeutung beigemessen werden, dass eine Gleichbehandlung von Unionsbürgern mit Inländern nur bei Anknüpfung an eine erlaubte Beschäftigung und der daraus resultierenden Versicherungspflicht gegeben ist. Dies ergibt sich aus dem Gesamtinhalt der Regelung zur Freizügigkeit der Wanderarbeitnehmer an die die Rechtsakte der Sozialpolitik regelmäßig anknüpfen. Diese fordern ausdrücklich eine "rechtmäßige" Arbeit in einen Mitgliedstaat (vgl. Nummer 2 zweiter Absatz des Anhang V der Liste zu Art 24 der Beitrittsakte).
Würden unrechtmäßig beschäftigte Personen in den Anwendungsbereich der VO 1408/71 fallen, wären entgegen den Ausnahmen von der Freizügigkeit beschäftigte Personen jenen gleichgestellt, die sich rechtsgetreu verhalten. Der genannten Verordnung kann jedoch ein solches Ziel auf Basis einer zulässigen Einschränkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern nicht unterstellt werden.
Für den Berufungsfall gilt demnach, dass die VO 1408/71 keine Anwendung findet. Aufgrund der einschränkenden Bestimmungen zur Freizügigkeit fehlt es in der Folge auch an einer Gleichstellung mit österreichischen Staatsbürgern im Sinne des § 53 Abs 1 FLAG 1967, sodass die Anwendung dieser Bestimmung auf Grund der Regelungen des Beitrittsvertrages 2003 für den Bw. zu verneinen ist.
Rechtliche Beurteilung der streitgegenständlichen Tätigkeit
Aus nachfolgenden Gründen ist die Tätigkeit des Bw. als nicht selbständig zu beurteilen:
§ 2 Abs 2 AuslBG, BGBl I Nr. 78/2007, bestimmt, dass als Beschäftigung die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis gilt (lit a und b). Ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs 2 dieser Bestimmung vorliegt, ist nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach der äußeren Erscheinungsform des Sachverhaltes zu beurteilen (Abs 4).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gilt als Beschäftigung iSd § 2 Abs 2 AuslBG die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Maßgebend für die Einordnung unter den Begriff Beschäftigung ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird ().
Der Bw. vertritt die Auffassung, dass er bis April 2008 eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt habe, zumal er die Pflichtbeiträge an die Sozialversicherungsanstalt stets bezahlt und auch Einkommensteuererklärungen abgegeben hatte. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jene Person als Arbeitnehmer anzusehen ist, die tatsächliche und effektive Tätigkeiten ausübt und Leistungen für einen anderen während einer bestimmten Zeit nach dessen Weisung erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Es kommt somit bei der Abgrenzung von selbständiger und nicht selbständiger Tätigkeit auf das Unterordnungsverhältnis an ().
Damit ist klar, dass der wahre wirtschaftliche Gehalt der streitgegenständlichen Leistungen festzustellen und eine selbständige Tätigkeit nicht schon deshalb anzunehmen ist, weil der Bw. eine Gewerbeberechtigung besitzt und überdies angab, Einkommensteuererklärungen abgegeben zu haben.
Unstrittig ist, dass der Auftraggeber dem Bw. die Baustellen zugewiesen hat, damit dieser dort die aufgetragenen Hilfsarbeiten ausführte. Dies deutet bereits auf das Bestehen eines Unterordnungsverhältnisses hin, zumal die Arbeitskraft des Bw. an einem bestimmten vom Auftraggeber festgelegten Arbeitsort eingesetzt wurde. Den vorgelegten Rechnungen war überdies zu entnehmen, dass der Bw. Montage- und Verspachtelungsarbeiten erbracht hat, somit Leistungen ausführte, die in einem zeitlichen Zusammenhang mit anderen Arbeiten zu erbringen waren. Daher war dem Berufungsvorbringen, der Bw. könne innerhalb der auftragsgemäß vereinbarten Zeit frei entscheiden, wann und wie er seinen Auftrag erledige, nicht zu folgen. Somit war auch davon auszugehen, dass die konkrete vertragliche Vereinbarung einer freien Dienstzeit tatsächlich nicht realisiert wurde, der Bw. vielmehr sich an eine vorgegebene zeitliche Koordination halten musste und so seine Bestimmungsfreiheit weitgehend ausgeschaltet war.
Dazu kommt, dass der Bw. Spachtelwerkzeuge nur im geringfügigen Ausmaß selbst beistellte, während der Arbeitgeber die übrigen Arbeitsmaterialien zur Verfügung stellte. Damit ist klar, dass der Bw. weder über wesentliche Betriebsmittel verfügte noch solche bei Erbringung seiner Arbeiten bereitstellen musste. Dies spricht entgegen den Berufungsausführungen nicht für eine eigenständige unternehmerische Gestaltung und schließt auch das Vorliegen eines Unternehmerrisikos aus. Ein solches Risiko ist aber Voraussetzung für eine unternehmerische Tätigkeit.
Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung zum AuslBG die Ansicht, dass Tätigkeiten als Bauhilfsarbeiter typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bilden (, ). Solche einfachen Tätigkeiten auf einer Baustelle deuten bereits nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses hin und ist ein solches auch als erwiesen anzunehmen, wenn nicht weitere atypische Anhaltspunkte, wie zB das Vorliegen eines Unternehmerrisikos bestehen. Wie bereits oben ausgeführt ist im Berufungsfall ein Unternehmerrisiko zu verneinen und überdies deshalb auszuschließen, da der Bw. einmal im Monat pauschal abrechnete, was einer regelmäßigen Entlohnung vergleichbar einem Nichtselbständigen gleichkommt. Außerdem trafen den Bw. auch keine wesentlichen Ausgaben, da er nur für die Anschaffung geringfügiger Werkzeuge verantwortlich war und insoweit durch Steuerung der Kostenseite seine Einnahmen nicht maßgebend gestalten konnte.
Der Bw. gab niederschriftlich bekannt, dass er sich bei Erbringung der Verspachtelungsarbeiten nicht vertreten lassen konnte. Auch dieser Umstand spricht dafür, dass er persönlich und wirtschaftlich vom Auftraggeber abhängig war, zumal das Bestimmungsrecht zur Vertretung nur dann als Indiz für Selbständigkeit gewertet werden kann, wenn es nach Belieben des Auftragnehmers unabhängig von einer Zustimmung des Auftraggeber ausgeübt werden darf. Derartige Umstände waren jedoch im konkreten Fall nicht festzustellen. Außerdem folgt der Unabhängige Finanzsenat den niederschriftlichen Aussagen des Bw., zumal diese mit größerer Wahrscheinlichkeit den wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit widerspiegelten als gegenteilige Vereinbarungen eines Rahmenwerkvertrages, für deren tatsächliche Umsetzung kein Nachweis besteht. Ein weiterer Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses war, dass der Bw. die jeweiligen Arbeiten regelmäßig über einen längeren Zeitraum für einen Auftraggeber erbracht hat und überdies monatlich abrechnete, was typisch auf eine arbeitnehmerähnliche Stellung hinweist.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die durch Werkverträge nach außen hin zum Ausdruck gebrachte Gestaltung der Bauhilfsarbeiten in Form eines selbständigen Gewerbebetriebes nach dem tatsächlichen Geschehen nicht verwirklicht wurden.
Da nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt die streitgegenständlichen Tätigkeiten in einem Beschäftigungsverhältnis erbracht wurden, sind sie vom Anwendungsbereich des AuslBG nicht ausgenommen. Der Bw. hat für den Streitzeitraum keine Arbeitsbewilligung vorgelegt und übte daher die in Rede stehende nichtselbständige Tätigkeit nicht rechtmäßig aus. Im Sinne obiger Ausführungen zum FLAG waren die VO 1408/71 und der § 53 FLAG auf den Bw. nicht anwendbar, weshalb der in Streit stehende Anspruch auf Familienbeihilfe zu verneinen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
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