Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 24.04.2009, RV/0147-F/09

Familienbeihilfe für ein Adoptivkind, das im Anschluss an einen längeren Auslandsaufenthalt im Ausland blieb

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/16/0133 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0147-F/09-RS1
Bleibt ein Adoptivkind nach einem längeren, aber als vorübergehend geplanten Auslandsaufenthalt ohne die österreichische Familie in seinem Geburtsland zurück, ist hinsichtlich Familienbeihilfenanspruch zu unterscheiden: a) die Zeit bis zum gebuchten Rückflug, b) die Zeit ab Abflug der österreichischen Familie ohne das Kind.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, Adr., gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Oktober 2007 bis Oktober 2008 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für JP für den Zeitraum März 2008 bis Oktober 2008 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG1967 iV mit § 33 Abs. 4 Z 3 lit a EStG 1988 zurückgefordert werden.

Entscheidungsgründe

Im August 2008 teilte der Berufungswerber dem Finanzamt hinsichtlich Familienbeihilfenbezug schriftlich mit, dass sein Adoptivsohn JPVG bis auf Weiteres nicht im gemeinsamen Haushalt wohne.

In Ergänzung dieses Schreibens führte er in der Folge aus, JP habe bis die Volksschule T besucht. Dann reiste die Familie nach CV/Westafrika, dem Ursprungsland seiner Gattin A und seiner Adoptivsöhne E und JP. Der Berufungswerber betreibe mit Unterstützung der Vorarlberger Landesregierung ein Schulhilfeprojekt in CV und habe in diesem Zusammenhang einen Container mit Hilfsgütern nach BCV begleitet. Seine und die Anwesenheit seiner Frau seien hiebei für die Abwicklung von Formalitäten und für die Güterverteilung erforderlich gewesen. Außerdem habe seine Frau starke Bindungen an ihr Ursprungsland und ihre dort lebenden Verwandten. Am seien der Berufungswerber, seine Frau A und seine leibliche Tochter V nach Vorarlberg zurückgekehrt. Völlig unerwartet sei JP nicht mitgekommen, sondern bei der in CV lebenden Verwandtschaft geblieben. Es bestand aber die Erwartung, der Junge würde so bald wie möglich nachkommen. Im Juni 2008 flogen A und V Ai neuerlich nach CV. Ihre Bemühungen um JP blieben erfolglos und sie kehrten ohne ihn nach Österreich zurück. Erst da sei der Familie klar gewesen, dass JP bis auf Weiteres nicht bei ihnen wohnen würde.

In der Folge erging ein Bescheid des Finanzamtes, mit dem Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Oktober 2007 bis Oktober 2008 zurückgefordert wurden. Als Begründung wurde angegeben, das Kind JP halte sich seit Oktober 2007 nicht mehr in Österreich auf.

In seiner Berufung ergänzte der Berufungswerber sein bisheriges Vorbringen: Ein Verbleib des Kindes JP auf CV sei niemals geplant gewesen, auch für ihn sei selbstverständlich ein Rückflug gebucht gewesen. Er legte eine Rechnung des Reisebüros N Reisen für Flugkosten bis für die Reiseteilnehmer A und V Ai sowie JPVG vor. Der Aufenthalt des Knaben im Ausland sei nach wie vor vorübergehend. Der ordentliche Wohnsitz aller Familienmitglieder sei F . Während der karitativen Arbeit auf CV sowie während des Auslandsurlaubes könnten Beihilfen nicht gestrichen werden. Er habe dennoch, nachdem ein Rückholversuch seiner Frau im Sommer 2008 gescheitert sei, die Meldung an das Finanzamt über die weiter andauernde, aber nach wie vor vorübergehende, Abwesenheit von JP gemacht. Er schloss Ausführungen über Haushaltszugehörigkeit und Kostentragung iS des § 2 FLAG 1967 an, denen zufolge er Anspruch auf Familienbeihilfe für JP habe.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung in der es erläuterte, gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 bestehe für Kinder,die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Laut § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehöre ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teile. Die Haushaltszgehörigkeit gelte dann nicht als aufgehoben, wenn eine Abwesenheit nur vorübergehend sei, wegen Berufsausübung eine Zweitunterkunft bezogen werden müsse oder wegen eines Leidens oder Gebrechens ein Anstaltsaufenthalt erforderlich sei. Der gewöhnliche Aufenthalt von JP iS des § 26 Abs. 2 BAO sei seit Mitte September 2007 in CV, wo er bei Verwandten wohne und die Schule besuche. Für den Berufungszeitraum stehe daher die Familienbeihilfe nicht zu.

Der Berufungswerber brachte einen Antrag auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz ein. Er betonte nochmals, zum Zeitpunkt der Einreise nach CV habe kein Zweifel daran bestanden, dass JP im März 2008 mit der Familie nach Österreich zurückkehren würde. Es sei ja auch ein entsprechendes Rückflugticket gekauft worden. Zweifellos hätte man diese Ausgabe vermieden, wenn der Verbleib des Kindes in CV von vornherein klar gewesen wäre. Es sei auch Folgendes richtigzustellen: JP habe sich nicht geweigert nach Österreich zurückzukehren. Vielmehr habe sein leiblicher Vater die Zustimmung zur Ausreise verweigert, welche nach afrikanischen Bestimmungen erforderlich sei. Alle Bemühungen diese zu erlangen, vorerst telefonisch von Österreich aus, dann durch neuerliche Reise der Mutter des Kindes im Juni 2008 nach CV (Rückkehr August 2008), seien gescheitert. Erst ab dieser ergebnislosen Reise der Mutter sei klar gewesen, dass der Aufenthalt von JP in CV nicht nur vorübergehend sei. Daher könne auch erst ab August 2008 von einem ständigen Aufenthalt außerhalb Österreichs gesprochen werden. Von Oktober 2007 bis August 2008 habe sich JP unter Umständen in CV aufgehalten, die erkennen ließen, dass er dort nur vorübergehend verweile. Dafür sprächen das Rückflugticket und die Anreise der Mutter im Juni 2008, um ihn abzuholen.

Der Berufungswerber ersuchte, seiner Berufung stattzugeben bzw. in eventu teilweise stattzugeben und festzustellen, dass Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für JP für die Monate Oktober 2007 bis August 2008 zustünden.

Seitens des Finanzamtes wurden in der Folge weitere Fragen an den Berufungswerber gestellt, die er wie folgt beantwortete:

  • JP ist mein Adoptivsohn,

  • Der Rückflug wurde nicht storniert, sondern verfiel, da man bis zuletzt damit rechnete, dass der Junge mitkommen würde;

  • Es gab keine rechtlichen Probleme, nur Streit und Missgunst innerhalb der Familie;

  • Es wurde versucht die Probleme durch Gespräche, Telefonate, Vorsprachen beim lokalen Gericht (eine Art Rechtsberatung und Vermittlung) zu lösen; schließlich die neuerliche Anreise der Mutter A im Juni 2008, die ergebnislos blieb;

  • Während unseres Aufenthaltes in CV haben wir nicht bei jemandem gewohnt, sondern einen eigenen Haushalt geführt;

  • Ich wurde nicht von der Vorarlberger Landesregierung entsendet, sie hat nur den Transport des Containers mit Hilfsgütern auf die Hauptinsel finanziert. Weitere Transportkosten und landesübliche Zahlungen wurden von mir getragen. Ich unterstütze materiell und finanziell zwei Schulen und mehrere Kindergärten.

  • Ein Visum oder eine Arbeitsbewilligung benötige ich nicht, da ich mit einer CV-in verheiratet bin.

In Kopie eingereicht wurde ein Beschluss über die "Bewilligung der Annahme an Kindesstatt" mit folgendem Inhalt:

"Das Bezirksgericht F bewilligt aufgrund des schriftlichen Vertrages vom die Annahme an Kindesstatt des mj JPVG alsWahlkind durch Bw als Wahlvater. Gemäß § 182 Abs. 2 vorletzter Satz ABGB erlöschen die familienrechtlichen Beziehungen des Wahlkindes mj JPVG gegenüber seinem leiblichen Vater JJSPG".

Beim Unabhängigen Finanzsenat langte ein Ergänzungsschreiben des Berufungswerbers ein. Er führte darin aus, sein Adoptivsohn JPVG sei von der Schule am nicht endgültig abgemeldet worden. Es sei lediglich eine "Beurlaubung" erfolgt, da die gesamte Familie am zurückkommen wollte. Der Aufenthalt auf CV sei für die ganze Familie für 5 Monate, also vorübergehend, geplant gewesen. JP habe von ihm persönlich Hausunterricht bekommen und außerdem die Pflichtschule in CV besucht. Es sei unrichtig, dass JP nicht mehr nach Österreich zurückkommen werde. Laut einer von ihm eingeholten Rechtsauskunft würden Beihilfen oder auch der Alleinverdienerabsetzbetrag für eine Person, die ihren ordentlichen Wohnsitz in Österreich habe, während eines Auslandsaufenthaltes mit der Familie nicht gekürzt.

Gleichzeitig legte der Berufungswerber eine Bestätigung der Praxisvolksschule der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg, unterzeichnet vom Direktor, vor, wonach JPVG an dieser Schule im Schuljahr 2007/2008 als ordentlicher Schüler geführt worden sei. Er habe die Schule am für einen begrenzten Zeitraum verlassen. Es war zugesichert und sei vorgesehen gewesen, dass JP im zweiten Semester wieder am Unterricht teilnehmen sollte. Sein Verbleib im Ausland sei aus Gründen erfolgt, die nicht im Einfluss der Adoptivfamilie lagen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für in den lit. a) bis i) näher bezeichnete Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

§ 5 Abs. 3 FLAG 1967 spricht aus, dass kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder besteht, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967, der seit in Kraft steht, sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Nach § 26 Abs. 2 BAO hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt.

In § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ist verfügt, dass, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen hat, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung seitens einer in § 46 des FLAG 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist.

§ 33 Abs. 4 Z 3 lit a) EStG 1988 lautet: Einem Steuerpflichtigen, dem aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ab dem Jahr 2000 ein Kinderabsetzbetrag von monatlich € 50,90 für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des FLAG anzuwenden.

Strittig ist: Hatte der Berufungswerber im Zeitraum Oktober 2007 bis Oktober 2008 Anspruch auf Familienbeihilfe und davon abgeleitet auf den Kinderabsetzbetrag für seinen minderjährigen Adoptivsohn JP ?

Nach Analyse der nicht strittigen Sachlage wie sie aus dem Akt hervorgeht, ist der Unabhängige Finanzsenat zu der Auffassung gelangt, dass der entscheidungsgegenständliche Aufenthalt von JP auf CV in zwei Zeitperioden zu unterteilen ist:

  • a) Die Zeit ab Ankunft im September 2007 bis zur Abreise von Mutter, Adoptivvater und Schwester am ,

  • b) die Zeit von März 2008 bis Oktober 2008 (Streitzeitraum) und darüber hinaus.

a) Oktober 2007 bis Februar 2008:

Das Finanzamt hat einen Anspruch auf Familienbeihilfe für den minderjährigen JP verneint, weil dieser sich im gegenständlichen Rückforderungszeitraum ständig im Ausland aufgehalten habe. Es ist hiebei nicht auf den - unstrittigen - Umstand eingegangen, dass sich Mutter, Adoptivvater und Schwester ab der Ankunft bis zur Abreise am ebenfalls auf CV befanden, sich JP im genannten Zeitraum also im Verband seiner angestammten Familie im Ausland aufhielt. Es hat dem Einwand, der Aufenthalt sei von vornherein als vorübergehend geplant gewesen, wofür die für alle Familienmitglieder gelösten Rückflugtickets sprächen, keine Beachtung beigemessen.

Der Unabhängige Finazsenat teilt nicht diese strikte Sichtweise, sondern vertritt vielmehr den Standpunkt, dass der im Sinne des § 26 Abs. 2 BAO beihilfenrechtlich zu beurteilende gewöhnliche Aufenthalt von JP nicht bereits ab Beginn der Periode a) auf CV lag. In dieser Periode hielt er sich nicht unter Umständen im Ausland auf, die auf ein dauerndes Verweilen schließen ließen. Der bereits gebuchte Rückflug sowie die anvisierte und seitens der inländischen Schule bestätigte Absicht der Fortsetzung des Schulbesuches im Sommersemester 2008 sprechen dagegen. Dass der Junge auf CV von seinem Adoptivvater unterrichtet wurde und die lokale Schule besuchte, legt nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht per se den Schluss nahe, er solle und werde in Österreich nicht mehr zur Schule gehen, im Gegenteil, dem Kind wurde auf verschiedene Weise die Möglichkeit gegeben, angesichts der doch über den Umfang eines Urlaubes hinausgehenden Aufenthaltsdauer im Ausland den Anschluss an Unterrichtsstoff und Schulleben nicht zu verlieren.

Zusammenfassend ist festzuhalten: JP wurde am in CV als Sohn von AR und JJSPG geboren. Nach Eheschließung seiner Mutter im Jahr 2001 mit dem in Österreich ansässigen Bw zog das Kind im März 2002 an die inländische Adresse seiner Mutter zu. Laut im Akt aufliegenden Gerichtsbeschluss wurde JP im Jahr 2003 vom Berufungswerber an Kindesstatt angenommen. Sein gewöhnlicher Aufenthalt war von seinem Zuzug an, wie auch der seiner Mutter, seines Adoptivvaters und seiner Geschwister in F. Reisen der Familie nach CV mit längeren Aufenthalten fanden statt, nicht nur wegen der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte zur dort ansässigen Familie der Mutter, sondern auch wegen des vom Berufungswerber betreuten und von der Vorarlberger Landesregierung unterstützten Schulhilfeprojektes. Diese Projektbetreuung mit starkem Auslandsbezug war dem Berufungswerber möglich, weil er Pensionist ist, seiner Gattin, weil sie Hausfrau ist. Die Aufenthalte in CV waren als vorübergehend gewollt und unterbrachen demgemäß den Zustand des Verweilens und den gewöhnlichen Aufenthalt der Familie in Österreich nicht.

Der streitgegenständliche Zeitraum a) ist nach dem Ausgeführten als ein solcher vorübergehender, "unschädlicher" Aufenthalt zu sehen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass es sich bei CV um einen Drittstaat handelt. Es wäre sinnwidrig, einen als vorübergehend gewollten Aufenthalt im Ausland im Verband der Familie -etwa eine längere Urlaubsreise - unterschiedlich zu behandeln, je nachdem ob er in einem EWR- oder EU- Staat oder in einem Drittstaat stattfindet. Gerechtfertigt ist die Differenzierung EWR- EU- Staat/Drittstaat bei dauerhaftem Aufenthalt. Konsequenterweise hätte das Finanzamt - wenn man der Vorgangsweise im Fall JP´s folgt - im Übrigen auch für die kleine Halbschwester V die Familienbeihilfe für die Zeit ihres Auslandsaufenthaltes in Frage stellen müssen.

Insgesamt ist der Unabhängige Finanzsenat zu dem Schluss gelangt, dass für die Zeit von Oktober 2007 bis Februar 2008 eine Abwesenheit vorlag,die als nur vorübergehend gewollt anzusehen war, zumal für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes iS des § 26 Abs 2 BAO die grundsätzlich erforderliche körperliche Anwesenheit nicht ununterbrochen vorliegen muss (vgl. ). Der Status des Vorübergehenden endete für die Familie nachweislich mit dem Rückflug nach Österreich am . Dass JP aus Gründen, die außerhalb des Einflussbereiches von Adoptivvater und Mutter lagen, nicht mitkam, wurde glaubwürdig dargelegt. Welcher Art diese Gründe in concreto waren, ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht entscheidungsrelevant.

Die Familienbeihilfe und davon abgeleitet der Kinderabsetzbetrag für JP standen daher für Oktober 2007 bis Februar 2008 zu.

b) März 2008 bis Oktober 2008:

So wie der Flug am Mutter, Adpotivvater und Schwester zu ihrem ständigen Aufenthalt nach Österreich zurückführte während das Ticket JP´s verfiel, beendete dessen Verbleib in CV als deutliche Zäsur seinen Aufenthaltsstatus als "vorübergehend" und begründete einen ständigen Aufenthalt. Nun war klar, dass der Junge auf unabsehbare Zeit nicht mehr nach Österreich kommen würde, wenn auch seine bisherige Stammfamilie von Österreich aus Bemühungen für seine Rückholung setzte. Auch die neuerliche Reise der Mutter nach CV im Juni 2008 mit dem Ziel, JP abzuholen, vermag daran nichts zu ändern. Die offenbar seitens des leiblichen Vaters an das Kind gestellten Ansprüche sowie dessen Aufnahme in die cv-e Familie zeigen deutlich die Verlagerung der Lebenssituation JP´s in sein Geburtsland. Damit war aber die Haushaltszugehörigkeit zum bis dahin Familienbeihilfenanspruchsberechtigten - dem Berufungswerber - iS des § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 aufgehoben. Ab Beginn der Periode b) war der Aufenthalt JP´s in CV nicht mehr nur vorübergehend sondern ständig.

Der ständige Aufenthalt nach § 5 Abs. 3 FLAG 1967, der unter den Gesichtspunkten des Vorliegens des gewöhnlichen Aufenthaltes gemäß § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen ist, liegt dort, wo sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen, auf subjektive Momente kommt es nicht an. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit (vgl. einschränkend hiezu die oben zu Periode a) getroffenen Ausführungen hinsichtlich als vorübergehend gewollte Abwesenheiten). Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann (vgl. ).

Der objektiv bestehende ständige Aufenthalt JP´s in CV ab kann nicht bestritten werden und ist nach Wissensstand des Unabhängigen Finanzsenates bis heute nach wie vor aufrecht. Der subjektive Wunsch der österreichischen Familie auf Rückholung des Kindes verbunden mit entsprechenden Bemühungen verschiedener Art vermag daran nicht zu ändern. Die Erfüllung des Tatbestandes iS des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 schließt daher einen Familienbeihilfenbezug ab März 2008 für JP aus.

Angemerkt wird, dass die Einschränkung gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 nur dann gilt, wenn sich das Kind außerhalb von EU und EWR aufhält (§ 53 FLAG 1967 in Verbindung mit der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom ). Bei einem Aufenthalt im EU-, EWR-Raum ist vorbehaltlich des Vorliegens hier nicht näher zu erläuternder weiterer Bedingungen eine Familienbeihilfenleistung aus Österreich möglich. JP hält sich unstrittig in einem Drittstaat auf. Eine Untersuchung etwa dahingehend, ob der Berufungswerber ab für ihn Unterhalt geleistet hat (Solches wurde nicht behauptet), kann daher unterbleiben, zumal die dargestellte Gesetzeslage einer Nichtberücksichtigung derartiger Belastungen durch fehlende Transferzahlungen (dh fehlende Familienbeihilfenzahlungen) nicht entgegenstünde. Laut Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erweckt eine gesetzliche Regelung, die den Anspruch auf eine der Familienförderung dienende Transferleistung an eine Nahebeziehung des anspruchsvermittelnden Kindes zum Inland bindet und hiebei auf dessen Aufenthalt abstellt, als solche keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. mit Hinweis auf VfGH B 2366/00 vom ).

Für den Streitzeitraum März 2008 bis Oktober 2008 lagen nach dem Ausgeführten die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe und davon abgeleitet des Kinderabsetzbetrages für JP nicht vor.

Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.

Feldkirch, am

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