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OGH vom 19.03.2015, 1Ob12/15v

OGH vom 19.03.2015, 1Ob12/15v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Sylvia Hochreiter, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl Partner, Rechtsanwälte OG, Salzburg, wegen 46.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 169/14g 15, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 8 Cg 7/14v 11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Geschäftsführerin der beklagten Partei äußerte, den bestellen Radlader nicht mehr zu wollen. Die klagende Partei legte daraufhin Rechnung und mahnte den ausständigen Betrag ein, wobei sie anbot, der Radlader könne bei ihr abgeholt werden. Nachdem die beklagte Partei später mitteilte, sie wolle den Radlader doch, bot die klagende Partei Lieferung nach Zahlungseingang an; eine Zahlung unterblieb aber.

Das Berufungsgericht bestätigte den (unbedingten) Zuspruch des Kaufpreises.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revisionswerberin führt aus, ihr Annahmeverzug sei durch ihre im Nachhinein (allerdings erst nach Rücktrittserklärung, Rechnungsstellung und Mahnung) erklärte Bereitschaft, den Kaufgegenstand doch ausgeliefert haben zu wollen, weggefallen. Dadurch sei die ursprünglich vereinbarte Vorleistungspflicht unverändert bestehen geblieben; der Radlader sei aber nicht ausgeliefert worden.

2. Dem ist nicht zu folgen: Durch ihre Erklärung, mit der sie deutlich bekundete, am Vertrag nicht mehr festhalten zu wollen, befand sich die Käuferin einerseits im Annahmeverzug iSd § 1419 ABGB (RIS Justiz RS0018326), sodass sich eine tatsächliche Lieferung erübrigte und vielmehr eine bloß wörtliche Anbietung genügte (RIS Justiz RS0018326 [T2]). Andererseits lag nach dem Vertrag, der Zahlung zehn Tage nach Lieferung netto ohne Abzug und bei Rücktritt vom Vertrag (Storno) Fälligkeit des gesamten Kaufpreises auch ohne gesonderte Rechnungslegung oder Mahnung (Pkt 7. der AGB) vorsah, bereits Schuldnerverzug vor. Lehnt der Gläubiger die Lieferung der vorleistungsbereiten Verkäuferin ab, kann er sich nicht nachträglich auf die Einhaltung der Vorleistungspflicht berufen, deren Erfüllung er durch sein eigenes Verhalten vereitelt hat (vgl 7 Ob 708/86). Gerät nämlich der nachleistungspflichtige Käufer in Annahmeverzug, steht ihm die Einrede des nicht erfüllten Vertrags jedenfalls dann nicht mehr zu, wenn sich der Annahmeverzug über das gesamte Zahlungsziel erstreckte (RIS Justiz RS0019999; vgl auch 5 Ob 9/72; zum Wegfall der Vorleistungspflicht siehe 3 Ob 233/50 = RIS Justiz RS0025287). Die Frage, ob die Verurteilung Zug um Zug oder unbedingt

dies jedenfalls bei gleichzeitigem Schuldnerverzug und Gläubigerverzug: (5 Ob 778/80 = SZ 54/3; RIS Justiz RS0021637 [T2]; RS0020035) zu erfolgen hat, muss aber für die hier vorliegende Konstellation, in der der Käufer später und für den Verkäufer nicht vorhersehbar die Ware doch übernehmen will, nicht geklärt werden, weil auf den Umstand, dass eine Forderung nur Zug um Zug gegen die zu erbringende Gegenleistung zu erfüllen ist, nicht von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist (vgl RIS Justiz RS0020997; Reischauer in Rummel , ABGB³ § 1419 Rz 4; Heidinger in Schwimann ABGB 3 § 1419 Rz 11). Eine Zug um Zug Einrede wurde von der beklagten Partei im Verfahren erster Instanz nicht erhoben.

3. Die von der Revisionswerberin zitierte Rechtsprechung, der Annahmeverzug dauere nur so lange an, bis sich der Gläubiger dem Schuldner gegenüber durch empfangsbedürftige Erklärung zur Entgegennahme der Leistung im Sinne des Vertrags bereit erklärt habe (RIS Justiz RS0021791) betrifft den Annahmeverzug im Rahmen eines Werkvertrags, und zwar für den Fall, dass bei einer vom Besteller begehrten Verbesserung (des daher bereits erbrachten Werks) dieser die versuchte Mängelbehebung durch den Unternehmer ablehnt, und kann nicht auf den hier vorliegenden Kauf übertragen werden. Auch dem Standpunkt der Revisionswerberin, die Entscheidung 1 Ob 716/79 (= SZ 52/178) belege ihre Behauptung, der Annahmeverzug ändere nichts an der Vorleistungspflicht des Verkäufers, kann nicht beigetreten werden. Gerade dieser Entscheidung, die sich mit der Ansicht Bydlinskis auseinandersetzt, auch im Falle eines nur vorübergehenden Leistungshindernisses richte sich der gewöhnliche Erfüllungsanspruch des Werkunternehmers auf Zahlung des Werklohns nach allgemein schuldrechtlichen Regeln, dem vertragstreuen Teil könne auch beim Werkvertrag nicht verwehrt sein, den im Verzug befindlichen Partner auf Erfüllung zu klagen ( F. Bydlinski , Fälligkeit und Grundlagen des Entgeltanspruchs bei Störungen in der Erfüllung des Kaufes und Werkvertrages, JBl 1973, 281 ff), ist (bloß) zu entnehmen, dass die Rechtslage für Werkverträge und Kaufverträge unterschiedlich zu betrachten sei. Während beim Werkvertrag der Rechtsansicht Bydlinskis nur zu folgen sei, wenn die zu erbringende Werkleistung bereits angefertigt worden sei und sich lediglich die Abnahme der Leistung durch den Besteller verzögere, könne dies dem Unternehmer nicht zugestanden werden, wenn noch gar nicht feststehe, ob das Werk je zur Ausführung kommen werde. Für den Kaufvertrag sei die Gesetzeslage insofern unterschiedlich zum Werkvertrag, weil der Verkäufer im Regelfall die Ware bereits vorrätig oder doch angeschafft haben müsse und demnach typischerweise bereits Aufwendungen getätigt habe, um leistungsbereit sein zu können. Aus der Schlussfolgerung, der Verkäufer könne den vollen Erfüllungsanspruch gegenüber dem Käufer nur geltend machen, wenn er selbst leistungsbereit sei, also bereit sei, seine Leistung Zug um Zug gegen Erbringung der Gegenleistung zu erbringen, kann für den vorliegenden Fall aber jedenfalls nicht die von der Revisionswerberin angestrebte Konsequenz abgeleitet werden, die Vorleistungspflicht des Verkäufers sei trotz zuvor eingetretenem Schuldner und Gläubigerverzug in der Person des Käufers weiterhin aufrecht und die Klage daher abzuweisen.

4. Soweit sich die Revisionswerberin (beispielsweise mit der Darlegung, die klagende Partei sei nicht leistungsbereit gewesen) gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen richtet, ist ihr zu erwidern, dass die Beurteilung der Tatfrage dem Obersten Gerichtshof entzogen ist (RIS Justiz RS0069246).

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00012.15V.0319.000