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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 23.01.2012, RV/3198-W/11

Kein Vorsteuerabzug, wenn im Zeitpunkt der Rechnungslegung keine gültige UID-Nummer des Rechnungsausstellers besteht


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Miterledigte GZ:
RV/3199-W/11

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adr., vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, vertreten durch Hofrätin Dr. Edith Satovitsch, vom betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2009 entschieden:

1.

Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 wird als unbegründet abngewiesen.

Dieser Bescheid bleibt unverändert.

2.

Der Körperschaftsteuerbescheid 2009 vom und die diesbezügliche Berufungsvorentscheidung vom wird gemäß § 289 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Bei der Berufungswerberin (Bw) fand hinsichtlich des Jahres 2009 eine Außenprüfung gemäß § 150 BAO unter anderem betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer statt.

Der sehr ausführlichen Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 Abs. 1 BAO, die auch als Bericht gemäß § 150 BAO anzusehen ist, lässt sich unter anderem entnehmen:

Tz 1.1 Ausführungen zur Prüfungsveranlassung sowie zum Verfahrensverlauf im Bereich der Bw.

Basierend auf einer Überprüfung der Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum 12/2009 lt. U-Überwachungsliste stellte sich heraus, dass bei der Bw eine Gutschrift in der Höhe von ~ € 32.000 im Zeitraum 12/2009 - wie nachstehend dargestellt - geltend gemacht wurde.

Zwecks Plausibilitätskontrolle der erklärten Umsatzsteuervoranmeldungsdaten wurde die Durchführung einer Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum 12/2009 - 3/2010 angeordnet. Der Prüfungsbeginn wurde am am Sitz der geprüften Gesellschaft durchgeführt.

Zwischenzeitlich wurde am von den gesetzmäßigen Vertretern der Bw. die Umsatzsteuererklärung des Jahres 2009 elektronisch eingereicht.

Im Rahmen der Erstsichtung des Belegwesen bzw. der Buchhaltungsunterlagen stellte sich heraus, dass die Bw. im Zeitraum 12/2009 Vorsteuern in der Höhe von € 22.129,90 auf Grundlage einer per von der Y mit Sitz Adr1 fakturierten Rechnung mit der Rechnungsnummer 2009/145 P in Höhe von netto € 110.649,50 betreffend Baumateriallieferungen für den Zeitraum Jänner - Dezember 2009 lukrieren wollte.

Aus der vakanten Rechnung ließen sich im Wesentlichen die nachstehenden zahlenmäßigen Informationen ableiten:

Bei der Plausibiltätskontrolle der Barzahlungsflüsse ergab sich im Zeitpunkt der Ersichtung der Buchhaltungsunterlagen insgesamt die Tatsache, dass zu den behaupteten Barzahlungen keinerlei Quittungen im Belegwesen der geprüften Gesellschaft auflagen.

Zwecks Dokumentation der Existenz der Y wurden vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der Bw. die nachfolgenden Unterlagen vorgelegt:

  • Bescheid des FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg an die Y über die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom

  • Mitteilung des FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg an die Y über die Erteilung der Steuernummer vom

  • Bescheid des Magistrates der Stadt Wien an die Y über die Feststellung der Ausübung des Gewerbes "Baumeister" am Standort Wien...vom

  • Mitteilung des FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg an die Y z.H A; Adr2 über die Löschung der Steuernummer beim FA Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf.

  • Firmenbuchauszug der Y zum Stichtag

Im Zuge der weiterführenden Recherchen stellte sich heraus, dass die UID-Nr. der Y lt. Begrenzungsbescheid vom von den zuständigen Organen des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg mit Wirksamkeit begrenzt wurde, da diese Gesellschaft mittlerweile als Scheinfirma identifiziert wurde.

Bedingt durch den Umstand, dass sich auf Grundlage der aus der Sachverhaltsermittlung insgesamt gewonnenen Erkenntnisse der Verdacht eines Finanzvergehens ergab, war gemäß § 80 FinStrG die zuständige Finanzstrafbehörde erster Instanz zwecks weiterer Veranlassung im eigenen Wirkungsbereich zu verständigen.

In der Folge wurde von der Finanzstrafbehörde I. Instanz mittels Bescheid ein Strafverfahren gemäß § 83 Abs. 2 FinStrG gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer der Bw. eingeleitet.

Bedingt durch den Umstand, dass zwischenzeitlich die Umsatzsteuererklärung des Jahres 2009 per elektronisch eingereicht wurde, war die Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum 12/2009 - 3/2010 formell zu beenden und die Sachverhaltsermittlung im Rahmen einer Buch- und Betriebsprüfung für den Zeitraum 2009 inklusive Nachschau 2010 weiterzuführen.

Nachstehend erfolgt die zusammenfassende Darstellung der seitens der gesetzmäßigen Vertreter der geprüften Gesellschaft offengelegten Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2009:

Infolge Nichtabgabe der Körperschaftsteuerklärung des Jahres 2009 besteht zudem seit ein Schätzungsauftrag zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen 2009.

Tz 1.2 Ausführungen zum Rechtsmittel der Beschwerde gegen Bescheid über die Einleitung des Strafverfahrens gemäß § 83 FinStrG - B

Seitens des handelsrechtlichen Geschäftsführers - B - wurde mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Bescheid über die Einleitung des Strafverfahrens erhoben und gleichzeitig das Begehren auf Einstellung des Finanzstrafverfahrens - mit nachstehender Begründung - gestellt:

"Der Vorwurf der mir im Einleitungsbescheid gemacht wird, lautet, dass ich als Geschäftsführer der Bw. vorsätzlich durch Aufnahme von Scheinrechnungen in die Buchhaltung eine Abgabenverkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt hätte. Der Verdacht begründet sich laut dem Bescheid im Wesentlichen darauf, dass die Firma Y, deren Rechnungen ich in die Buchhaltung aufgenommen habe, in Konkurs gegangen sei und dass es sich bei diesem Unternehmen um ein Scheinunternehmen handle. Ich kann zur Geschäftsgebahrung dieses Unternehmens im Detail nicht Stellung nehmen, halte jedoch fest, dass im allgemeinen Wirtschaftsverkehr die Insolvenz eines Unternehmens nicht ausreicht, um von einem Scheinunternehmen zu sprechen.

Weiters führe ich aus und dies habe ich den Finanzbehörden gegenüber schon mitgeteilt und bewiesen, dass ich mich schon vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung zu diesem Unternehmen ausreichend über dessen Marktstellung erkundigt habe.

Selbst wenn dieses Unternehmen am Ende seiner wirtschaftlichen Existenz auch Scheinrechnungen ausgestellt haben sollte, kann aus dieser Tatsache nicht geschlossen werden, dass es sich auch bei den vor mir in die Buchhaltung aufgenommenen Rechnungen um Scheinrechnungen handelt. Sollte es darüber hinaus gehende Beweise, wie zum Beispiel Zeugenaussagen geben, ersuche ich Sie mir diese Quelle mitzuteilen, damit ich gerichtliche Schritte gegen Sie unternehmen kann.

Ich selbst kann nur darlegen, dass auf Grund der Daten meiner Buchhaltung des Jahres 2009 und einer von mir im Detail dargestellten Warenflussrechnung die Annahme, dass es sich bei den erwähnten Rechnungen um Scheinrechnungen handelt, unbegründet erscheint.

Meines Erachtens ist die Verwendung von Scheinrechnungen nur dann sinnvoll, wenn man entweder Gewinne verschleiern will, oder bei einem im Bauwesen tätigen Unternehmen könnte auch der Ersatz von Schwarzlohnzahlungen durch Scheinrechnungen in Frage kommen.

Ich lege nunmehr eine vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 2009 vor in die die erwähnten Rechnungen im Konto Nummer 5300 Handelswarenverbrauch enthalten sind. Aus dieser Gewinn- und Verlustrechnung geht hervor, dass das Unternehmen bei einem Umsatz von € 567.830,14 ein Ergebnis vor Abschreibungen in Höhe von € 59.260,83 erzielt hat, und somit die bei Firmen des Baunebengewerbes übliche Umsatzrendite auch nach den von Ihnen als Scheinrechnungen verbuchten Rechnungen bei Weitem übertroffen hat.

Eine Hinzurechnung des mit diesen Scheinrechnungen verbundenen Aufwandes zum ausgewiesenen Ergebnis würde eine nahezu undenkbare Umsatzrendite ergeben.

Ebenso unwahrscheinlich ist der Ersatz von nicht verbuchtem Lohnaufwand durch diese Scheinrechnungen, weil ebenfalls aus der Gewinn- und Verlust-Rechnung ersichtlich ist, dass einem Handelswarenverbrauch von € 252.803,31 ein Personalaufwand (inklusive Fremdleistungen) in Höhe von € 186.360,13 gegenübersteht. Dies entspricht durchaus dem in der Branche üblichen Verhältnis zwischen Lohnaufwand und Wareneinsatz. Zum Nachweis dafür und für die durchschnittliche Umsatzrendite lege ich eine von meiner Bankengruppe erstellte Durchschnittsbilanz für das Gewerbe der Fußboden-, Fliesen- und Plattenleger vor.

Weiters habe ich mir, wie oben erwähnt die Mühe gemacht, sämtliche Warenzukäufe und die entsprechenden Ausgangsfakturen im Detail aufzugliedern und es zeigt diese Aufgliederung - nachstehendes Bild:

Einkauf bei Firmen: F, G, Y, H, I, J, K ...etc.

Es ist daher unmöglich, mehr Material zu fakturieren als einkaufen. Übergebliebene Materialien waren per Ende des Jahres auf die Baustelle (HGasse) oder in unserem Lager."

Tz 1.3 Dokumentation der sich präsentierenden Geschäftsgebarung mit der Y laut Belegwesen bzw. laut Buchhaltung:

Basierend auf den durchgeführten Ermittlungen von Organen des FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg wurde die Y als Scheinfirma identifiziert und als Konsequenz daraus die UID-Nr. lt. Begrenzungsbescheid vom mit Wirksamkeit begrenzt.

Nachstehend erfolgt die Darstellung der insgesamt im Belegwesen der Bw. vorgefundenen Fakturen der Y:

Aus der Aufstellung lässt sich eindeutig ableiten, dass sämtliche Rechnungen zu einem Zeitpunkt ausgestellt wurden, zu welchem diese Gesellschaft bereits als Scheinfirma identifiziert wurde. Insgesamt wird festgehalten, dass von diesen über die Y in Rechnung gestellten Umsatzsteuern von der geprüften Gesellschaft Vorsteuern in der Gesamthöhe von € 26.059,20 geltend gemacht wurden.

Es handelt sich bei der Gesellschaft offensichtlich um eine der im Baugewerbe verbreiteten und in der Branche bekannten substanzlosen, kurzlebigen Einmann-GmbHs mit ausländischen Gesellschaftsorganen.

Diese "Briefkasten-GmbH`s" werden nur für eine mehrmonatige Geschäftstätigkeit errichtet und haben den ausschließlichen Zweck, dass die - nach der formalrechtlich gestalteten Vertrags- und Leistungsbeziehung - zu erbringenden Leistungen, einer beschränkt haftenden juristischen Personen zugerechnet werden können.

Von diesen Subunternehmern werden dann planmäßig, die bei der Geschäftstätigkeit anfallenden, SV-Beiträge und Abgaben nicht entrichtet sowie die meisten anderen Arbeitgeberpflichten, die Kosten verursachen, nicht erfüllt. Während die "Briefkasten-GmbHs" dann ihre Geschäftstätigkeit entfalten, tauchen die ausländischen Gesellschafter und Geschäftsführer unter und sind für die Behörden nicht mehr greifbar.

Die Gesellschaftsorgane sind nicht oder nicht mehr zutreffend polizeilich gemeldet. Wenn sie in Österreich überhaupt (noch) aufhältig sind, ist ihr Aufenthaltsort den Behörden unbekannt (U-Boot). Zum Teil werden auch gefälschte Identitäten verwendet.

Mietverträge oder vielfach nur Untermietverträge werden bloß zum Zwecke der Gesellschaftsgründung abgeschlossen. Regelmäßig werden die Geschäftsadressen dann gewechselt und die Gesellschaft ist im weiteren Verlauf an keiner Örtlichkeit mehr auszumachen. Die fingierten Adressen werden manchmal auch von mehreren "Briefkasten-GmbHs" benutzt.

Um auch ein Aufspüren der Gesellschaftsorgane über in Rechnungen und behördlichen Eingaben genannten Telefonnummern zu unterbinden, werden diese Handys bzw. die Rufnummern gewechselt. Mangels Auffindbarkeit der Gesellschaftsorgane kann für die massiven Rechtsbrüche niemand zur persönlichen Verantwortung gezogen werden. Sobald sich das Insolvenzverfahren der Gesellschaft abzeichnet, werden die weiteren Bauleistungen schon über die nächste vorrätige gehaltene Briefkasten-GmbH als Subunternehmer abgewickelt.

Der wirtschaftliche Vorteil des Auftraggebers besteht in niedrigen Baukosten bzw. Werklöhnen, die anders, z.B. mit eigenem Personal, nicht erzielt werden könnten. In diesem Vermögensvorteil steckt indirekt die Beuteteilung des wissentlich an dem organisierten Abgabenbetrug teilnehmenden Auftraggebers.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 idF BGBl. Nr. 663/1994 kann ein Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

§ 11 Abs. 1 UStG 1994 zählt all jene Merkmale einer Rechnung auf, die vorliegen müssen, um beim Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug zu gewährleisten. Führt ein Unternehmer Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 aus, so ist er berechtigt, und soweit er die Umsätze an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausführt, auf Verlangen desanderen verpflichtet, Rechnungen auszustellen.

Nach § 11 Abs. 1 UStG 1994 idF BGBl. 663/1994 müssen Rechnungen grundsätzlich folgende Angaben enthalten:

  • den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;

  • den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;

  • die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;

  • den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt.

  • das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4 UStG 1994) und den anzuwendenden Steuersatz;

  • den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag.

Gemäß § 11 Abs. 3 UStG 1994 ist für die unter § 11 Abs. 1 Z 1 und 2 UStG 1994 geforderten Angaben jede Bezeichnung ausreichend, die eine eindeutige Feststellung des Namens und der Anschrift des Unternehmens sowie des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung ermöglicht.

Wenn Rechnungen Namen und Anschrift eines Leistenden enthalten, der unter dem angegebenen Namen oder unter der angegebenen Anschrift nicht existiert, dann fehlt es am Rechnungserfordernis des Namens und der Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers (vgl. u.a. ; , 95/13/0029 und 95/13/0072). Unter Anschrift im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 ist demnach nicht eine bloße Zustelladresse zu verstehen, sondern eine Geschäftsanschrift, an der das leistende Unternehmen eine Geschäftstätigkeit entwickelt.

Die Angabe beispielsweise eines bloßen Repräsentanten des Leistenden keine Anschrift im Sinne des Gesetzes darstellt. Es ist erforderlich, dass an der angegebenen Anschrift das Unternehmen betrieben wird.

Essentielle Voraussetzung des Vorsteuerabzuges ist nach § 12 Abs 1 Z 1 UStG 1972 iVm § 11 Abs 1 UStG 1972 die ua eindeutige Identifizierbarkeit des Rechnungsausstellers allein anhand der in der Rechnung angeführten Identifikationsmerkmale. Da der Leistungsempfänger eines im Einklang mit den bestehenden Gesetzen abgewickelten Rechtsgeschäftes dem Leistungserbringer gegenüber einen Anspruch darauf hat, von diesem eine dem Gesetz entsprechend gestaltete Rechnung ausgestellt zu erhalten, lässt sich mit dem Hinweis auf den guten Glauben im geschäftlichen Verkehr nicht erfolgreich argumentieren. Da

Das Risiko einer Enttäuschung in seinem guten Glauben hat der zu tragen, der im guten Glauben handelt. Weshalb der gutgläubig Handelnde berechtigt sein sollte, dieses sein eigenes Risiko auf einen Dritten, nämlich den Abgabengläubiger, zu überwälzen, ist nicht einsichtig. Bleibt der Leistungserbringer für den Abgabepflichtigen greifbar, werden sich unterlaufene Fehler in der Rechnungslegung im Innenverhältnis zwischen den Vertragspartnern, und sei es durch Ausstellung einer berichtigten Rechnung, beheben lassen. Die Ungreifbarkeit eines Leistungserbringers aber ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat.

Aus den Ermittlungsergebnissen ergibt sich damit eindeutig, dass weder der Ort der Geschäftsleitung noch der Geschäftstätigkeit im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 sich im Leistungs- und Abrechungszeitpunkt an den angegebenen Rechnungsadressen befunden hat. Die bezeichneten Rechnungen der genannten leistenden Subunternehmer entsprechen somit nicht den Formalerfordernissen des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG.

In Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH zur Versagung des Vorsteuerabzugs bei bösgläubiger Teilnahme an einem Leistungsaustausch, der dem Umsatzsteuerbetrug dient, ist die Gutgläubigkeit zu prüfen.

Es stellt sich die Frage, ob der gesetzmäßige Vertreter der geprüften Gesellschaft wusste oder hätte wissen müssen, dass die von ihm beauftragten "Briefkasten-GmbHs" plangemäß die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht abführen werden und ob dieses Wissen (oder gesollte Wissen) des Leistungsempfängers selbst bei Vorliegen formell korrekter Rechnungen den Vorsteuerabzug ausschließt, weil mit dem bewussten Herbeiführen (in Kauf nehmen) eines inkriminierten Leistungsaustausches am USt-Betrug mitgewirkt wird.

Der gesetzmäßige Vertreter der Bw. hat langjährige Erfahrung im Baugewerbe.

Die "Schwarzarbeit am Bau" ist immer wieder Gegenstand von Medienberichten und in der breiten Öffentlich bekannt. Umso mehr kann vorausgesetzt werden, dass auch der gesetzmäßige Vertreter der Bw. über das Auftreten von Scheinfirmen am Bau und den damit verfolgten Zweck Kenntnis hat.

Für jedermann ist erkennbar, dass die - meist kurz zuvor aus dem Ausland eingereisten - Personen, die als Gesellschafter und Geschäftsführer der "Briefkasten-GmbHs" eingesetzt werden, weder die finanziellen Mittel noch die Sachkenntnis haben, um solche Unternehmen zu gründen und zu führen.

Sie sind im System lediglich "Frontleute" (ähnlich den Dealern) die ihren "Kopf hinhalten" und lediglich einfache Tätigkeiten ausführen.

Ob es sich tatsächlich um den Gesellschafter-Geschäftsführer der jeweiligen Briefkasten-GmbH handelt oder dieser nur seinen Namen für die Unternehmensgründung (gegen einen Vorteil) hergegeben hat und ein anderer - für viele solcher Scheinfirmen - in dessen Namen handelt (z.B. Abrechnungen erstellt, Geld kassiert und weiterleitet usw.) bleibt im Dunkeln.

Die Drahtzieher, die tatsächlich hinter der Errichtung und Geschäftsentfaltung der "Briefkasten-GmbHs" stehen, sind jedenfalls andere Personen, die im Hintergrund agieren. Offenkundig ist, dass diese Hintermänner für eine Vielzahl von Scheinfirmengründung stehen und für den laufenden Nachschub sorgen.

Wer aber mit einer typischen "Briefkasten-GmbH" in einen Leistungsaustausch tritt, hätte wissen müssen, dass die von diesem Unternehmen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer plangemäß nicht abgeführt werden soll. Dem bösgläubigen Leistungsempfänger steht aber der Vorsteuerabzug in keinem Fall zu, weil er vorweg die Gewissheit hat, dass bei diesem Leistungsaustausch das - im UStG leitende -Grundprinzip der Kosten- bzw. Wettbewerbsneutralität der Umsatzsteuer nicht verwirklicht werden soll.

Insgesamt waren die in diesem Zusammenhang im Jahr 2009 von der Bw. geltend gemachten Vorsteuern aus den über die Y Agentur in Rechnung gestellten Umsatzsteuern in der Gesamthöhe von € 26.059,20 nicht anzuerkennen.

Laut Buchhaltung des Jahres 2009 Bw. präsentieren sich weiters die nachstehenden Bewegungen auf dem Kreditorenkonto (KtoNr 30193) der Y :

Aus der Darstellung lässt sich insgesamt die Tatsache ableiten, dass über die Belegart LiKa Zahlungsflüsse in Bar im Ausmaß von € 115.000,00 nachgebucht wurden (BUFALL 015970 - 015973). Damit wurde jedoch das Prinzip der Journalfunktion durchbrochen, sodass keine chronologische Erfassung der laufenden Geschäftsfälle vorliegt.

Weiters lässt sich aus den zur Auswertung vorgelegten elektronischen Buchhaltungsdateien des Jahres 2010 kein Zahlungsfluss für den laut Rechnung aushaftenden Restbetrag von € 17.779,40 nachvollziehen.

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 1998 (AbgÄG 1998), BGBl 28/99, sind die Bestimmungen der §§ 131 Abs. 3 und 132 Abs. 3 Bundesabgabenordnung (BAO), wie folgt, geändert worden.

Werden dauerhafte Wiedergaben (= Papierausdrucke, Ausgaben auf optische Speichermedien) erstellt, so sind diese jedenfalls für Zeiträume ab dem auf Datenträgern zur Verfügung zu stellen.

Die Verpflichtung erstreckt sich auf alle Daten, für die dauerhafte Wiedergaben erstellt werden können.

Die Vorlageverpflichtung beschränkt sich demnach nicht nur auf die Buchhaltung im engeren Sinn (Hauptbuch, Kreditoren-Nebenbuch und Debitoren-Nebenbuch, Journale, Saldenlisten, Offene-Posten-Listen und dergleichen) sondern erstreckt sich auch auf sämtliche Vorsysteme, die auf die Buchführung Einfluss nehmen oder Schnittstellen zur Buchführung aufweisen. Insbesondere sind als solche Systeme die Anlagenbuchhaltung, die Systeme für Zahlungseingang und Zahlungsausgang (Kassa und auch Telebanking), die Lohn- und Gehaltsverrechnung, die Materialwirtschaft sowie die Kostenrechnung in Betracht zu ziehen.

Eine BF, die als materiell richtig beurteilt werden soll, muss vorab grundsätzlich - durch welche Methoden auch immer - tatsächlich passiv verprobungs- und überprüfungsfähig sein.

Die Grundfunktionen tragen dazu bei, dass jede Buchführung eine gewisse Systematik befolgt, und dass bestimmte Ordnungsprinzipien in jeder Buchführung eingehalten werden. So wird die Nachvollziehbarkeit des einzelnen buchführungspflichtigen Geschäftsvorfalles insbesondere durch die Beachtung

  • der Grundbuchfunktion (Journalfunktion)

  • der Hauptbuchfunktion (Kontenfunktion) sowie

  • der Belegfunktion gewährleistet.

Für die Journalfunktion, die durch das sogenannte Eingabeprotokoll ausgefüllt wird, gelten folgende Grundsätze:

Diese Grundfunktionen sind unverzichtbare Bestandteile jeder Buchführung. Buchungspflichtige Geschäftsvorfälle sind vollständig und möglichst bald nach ihrer Entstehung so festzuhalten, dass ihre weitere buchtechnische Behandlung gesichert ist sowie jederzeit verfolgt und nachgeprüft werden kann.

Dieser Verpflichtung wird nachgekommen, indem im sogenannten Grundbuch "alle Buchungen zeitnah und in zeitlicher (chronologischer) Reihenfolge aufgezeichnet werden."

Der Sinn und Zweck der Aufzeichnungen im Grundbuch liegt zum einen darin, dass sich dadurch die einzelnen Geschäftsvorfälle leichter bis zum Zeitpunkt ihrer Entstehung verfolgen lassen.

Die Journalfunktion kann entweder durch Ausdruck oder durch Speicherung des Buchungsstoffes in Kombination mit einer Ausdruckbereitschaft erfüllt werden. "Grundbuchaufzeichnungen mit Sicherungsfunktion können in verschiedenen Stufen des Verarbeitungsprozesses durch

  • Ausdruck

  • Speicherung bei der Datenerfassung und Ausdruck

  • Speicherung bei der Dateneingabe und Ausdruck

  • Speicherung i. Z. mit der maschinellen Verarbeitung

gewonnen werden.

Andererseits - und das ist der weitaus wesentlichere und gewichtigere Zweck - erfüllt die Grundbuchfunktion den Gesichtspunkt der gesetzlichen Anforderung der vollständigen Erfassung (materielle Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung) aller buchungspflichtigen Geschäftsvorfälle.

Ein "Nachbuchen" von Geschäftsfällen stellt demnach einen groben Verstoß gegen die Bestimmungen des § 132 Abs 2 BAO dar und hat zur Folge, dass die Rechtsvermutung des § 163 BAO nicht mehr gilt und die Schätzungsverpflichtung der Abgabenbehörde gemäß § 184 BAO gegeben ist.

Tz 1.4 Detailausführungen zu den weiterführenden Ermittlungsschritten im Finanzstrafverfahren iZm der Geschäftsgebarung mit der Y:

Neben dem Schuldprinzip gilt im Finanzstrafverfahren auch das Prinzip der Unschuldsvermutung. Bis zum Nachweis der Schuld des Tatverdächtigen gilt dieser als unschuldig. Die Beweislast für die Schuld des Verdächtigen hat somit die Finanzstrafbehörde zu tragen.

Eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft den Abgabepflichtigen jedoch in jenen Fällen, in welchen die Möglichkeiten der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes eingeschränkt sind.

Dadurch kommt es zu Beweismittelbeschaffungspflicht und Vorsorgepflicht des Abgabepflichtigen.

Fälle der erhöhten Mitwirkungspflicht (§115 BAO):

  • Sachverhalte, die das Bankgeheimnis berühren,

  • Sachverhalte, die die ärztliche Verschwiegenheit betreffen

  • bei Auslandssachverhalten,

  • Die erhöhte Mitwirkungspflicht kommt aber auch bei reinen Begünstigungsbestimmungen zum Tragen (bei Sonderausgaben; bei Nachsicht ;wenn die Behörde nur auf Antrag tätig wird , so bei Behilfenantrag, Rückzahlungsantrag )

  • Die erhöhte Mitwirkungspflicht kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Behauptung des Steuerpflichtigen mit den Erfahrungen des täglichen Lebens im Widerspruch stehen.

Befugnisse der Abgabenbehörde:

  • die Behörde kann

  • jede Auskunft von Dritten verlangen,

  • in Geschäftsbücher Nachschau halten,

  • Das Bankgeheimnis (§ 38 BWG) schützt gegen Nachforschungen der Abgabenbehörde , es besteht nicht im Zusammenhang mit eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren und mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen , ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten,

  • Buch- und Betriebsprüfung vornehmen: Dazu muss ein behördlicher Prüfungsauftrag vorliegen, der die zu prüfenden Abgaben und die zu prüfenden Zeiträume bestimmt.

  • Besondere Überwachungsmaßnahmen bestehen für Betriebe, die verbrauchssteuerpflichtige Gegenstände herstellt. (§§ 154 ff BAO),

  • andere Körperschaften öffentlichen Rechtes um Beistand und Auskunft ersuchen. Darüber hinaus sind die Dienststellen der Gebietskörperschaften, insb. auch die Gerichte, verpflichtet, abgabenrechtlich bedeutsame Umstände aus eigenem den Abgabenbehörden mitzuteilen. (§ 158 Abs.3 BAO) Mitteilungspflichten seitens der Gerichte bestehen zur Sicherung der ErbSt,GrESt, und der Gebühren, außerdem über Eintragungen im Grundbuch (Erlass des BMJ)Löschungen von AG, GmbH, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften dürfen im Firmenbuch erst vorgenommen werden , wenn eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes vorliegt. (§ 160 BAO),

  • Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese in Anlehnung an § 184 BAO zu schätzen.

Zwecks Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse wurden vom der Bw. im Wesentlichen folgende Aussagen zur Geschäftsgebarung mit der Y sowie zu den tatsächlichen Empfängern der Geldbeträge gemäß § 162 BAO am im Rahmen der erhöhten Mitwirkungsverpflichtung niederschriftlich zur Protokoll gegeben:

"Die Bw. bekommt im laufenden Geschäftsverkehr ständig Angebote von den üblichen Branchengroßlieferanten (z.B. W, H, F, L) bezüglich Materialieferungen im Fliesensegment entweder über Vertreter dieser Firmen oder über direkten Kontakt mit den Vertretern bei Baustellenbesichtigungen.

Der Lieferant mit den besseren Konditionen bekommt letztendlich den Auftrag von der Bw. Bezüglich der Preisfindung gibt es offizielle Preislisten. Von dieser Preisliste bekommt die Bw. entsprechende ausverhandelte Rabatte (z.B. Mengenrabatte im Ausmaß von bis zu 60% auf die Nettopreise je nach Materialsegment).

Glaublich im Jahr Dezember 2008 oder Anfang Jänner 2009 verhielt es sich so, dass ich beim Materialeinkauf für die Bw. bei der Firma H mit Vertretern einer Firma Y in Kontakt kam.

Es handelte sich bei den Vertretern einerseits um eine Dame - namentlich nicht mehr bekannt -, die gebrochen Deutsch sprach und offensichtlich slowakischer Herkunft - glaublich Polin oder Tschechin - war. Diese Dame war in Begleitung von einer männlichen Person, die sich mir gegenüber als P vorstellte.

Bezüglich Identitätsausweis der Personen gebe ich zu Protokoll, dass ich niemals Personalausweise gesehen und auch niemals Personalausweise verlangt habe.

Bei diesem Treffen habe ich meine Visitenkarte an Herrn P übergeben und mitgeteilt, dass die Bw. im Jahr 2009 eine größere Baustelle (HGasse) zur Verfliesung übernehmen wird und ich als Geschäftsführer dieser Firma diesbezüglich auf Angebote bezüglich Fliesenmaterial warte.

Ca. am 10. oder ist Herr P nach vorangegangener telefonischer Terminankündigung im Büro der Bw. in Begleitung der mir namentlich nicht bekannten Dame erschienen.

Bei diesem Treffen wurden Firmenunterlagen der Y (Firmenbuchauszug, Bestätigung über eine aufrechte Umsatzsteueridentifikationsnumnmer) vorgelegt und in der Folge Verhandlungen betreffend des Projektes in der HGasse (Baustelle mit ca. 6.000m2) der Bw. zwischen mir und Herrn P geführt und dabei die Auftragsmodalitäten und Zahlungsmodalitäten festgelegt.

Bezüglich der Auftragsmodalitäten wurde von P mündlich zugesichert, dass er gegenüber Angeboten der Firma H um mindestens 5 bis maximal 10% unter dem Preis anbieten wird. Bezüglich der Zahlungsmodalitäten wurden monatliche Auszahlungen in Höhe von ca. € 10.000,00 mit Restzahlung in bar bei Schlussrechnungslegung vereinbart.

Schriftlich wurde in diesem Zusammenhang keine Vereinbarung zwischen der Bw. mit der Y getroffen.

Bei der Überprüfung der offensichtlich per EDV ausgestellten Lieferscheine - ebenfalls allesamt ausgestellt durch P - ist festzuhalten, dass der Wert der Materiallieferungen unterjährig im höher war als die von der Bw. an P geleisteten Pauschalbarzahlungen.

Die Materiallieferungen der Y wurden von mehreren unterschiedlichen Personen hauptsächlich mit LKW-Kran bei größeren Lieferungen oder einmal - durch persönliche Beobachtung - von der Spedition.. auf die Baustelle HGasse geliefert. Fallweise wurde auch einzelne Paletten mit Kleinbussen mit 2-Mann-Besatzung direkt ins Lager der Bw. situiert in ... gebracht.

Die entsprechenden Lieferscheine wurden bei der jeweiligen Materiallieferung von mir oder meinen Mitarbeitern unterschrieben und von den Lieferanten wieder mitgenommen. Eine Zweitschrift wurde bei diesen Lieferungen von den Lieferanten nicht ausgehändigt und auch von der Bw. keine Fotokopie nicht angefertigt.

Im Laufe des nächsten Monats nach der jeweiligen Materiallieferung hat P den Lieferschein in Form einer EDV-Zusammenstellung des gelieferten Materials auf einem Zettel im Büro der Bw. vorbeigebracht und ausgehändigt und außer beim ersten Mal im Februar 2009 in der Folge gleichzeitig die Pauschalzahlungen bar kassiert.

Persönlich hat weder P noch die mir namentlich nicht bekannte Dame jemals Materiallieferungen durchgeführt

Im Zeitpunkt der Barzahlungen von der Bw. wurden von mir Barauszahlungsbestätigungen ausgestellt, welche persönlich von P unterschrieben wurden.

Mir wird vorhalten, dass hinsichtlich der behaupteten an P geleisteten Barzahlungen keine Zahlungsbestätigungen unter den Kassabelegen der Bw. auflagen noch in der laufenden Buchhaltung erfasst wurden.

In diesem Zusammenhang gebe ich zu Protokoll, dass diese zwar vorhanden sind (liegen bei Buchhalter auf), diese jedoch mit heutigem Datum nicht vorgelegt werden können. Die entsprechenden Zahlungsbestätigungen werden jedoch per Post an die Betriebsprüfung nachgereicht.

Persönlich war ich nie am Firmensitz der Y.

Die seitens der Y ausgestellten Rechnungen bezüglich Fliesenmaterial können jederzeit den entsprechenden Baustellen sowie diesen zugrundeliegenden Ausgangsrechnungen bis auf den üblichen Schwund zugeordnet werden.

Eine entsprechende Jahresaufstellung 2009 sämtlicher Materialbewegungen im Bereich der Bw. wird nunmehr im Zuge der Befragung zur weiteren Auswertung vorgelegt, wobei anzumerken ist, dass glaublich ca. 40% der Materialeinkäufe des Jahres 2009 von der Y getätigt wurden.

Ende Dezember 2009 wurde die Schlussrechnung von P gelegt und persönlich ins Büro der Bw. gebracht. Bei diesem Treffen wurde der offene Restbetrag von ca. € 17.000,00 von P bar kassiert.

Die mir namentlich nicht bekannte Dame der Y war außer beim ersten Treffen nicht mehr dabei, so auch nicht beim letzten Treffen zwischen mir und P Ende Dezember 2009.

Mitte Jänner 2010 (ca. 10.01. oder ) habe ich wieder telefonisch 10-15x (fast jeden 2. Tag) versucht, P zu kontaktieren, diesen jedoch nicht mehr erreicht und nur mehr die Mobil-Box gehört und dabei 3-4x Sprachnachrichten hinterlassen.

Anfang Februar verhielt es sich dann bei einem abschließenden Anruf so, dass vom Funkbetreiber mitgeteilt wurde, "über diese Nummer ist uns kein Anschluss bekannt, sodass die Nummer offensichtlich nicht mehr existent war. Danach war die Sache für mich erledigt.

Die Handynummer von P kann ich mit heutigem Datum nicht mehr bekanntgeben, da ich diese bereits auf meiner Handyadressliste gelöscht habe und diese auch nicht auf einem Beleg der Y aufscheint. Erinnerlich ist mir nur mehr die Vorwahl "0699".

Basierend auf den Aussagen des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Bw. wurden im Sinne der Unschuldsvermutung seitens der Abgabenbehörde weiterführende amtswegige Ermittlungen zwecks Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse bezüglich der sich präsentierenden Geschäftsgebarung zwischen der geprüften Gesellschaft und der Y durchgeführt.

In diesem Zusammenhang wird festgehalten, dass seitens der Abgabenbehörde tatsächlich eine Person namens P ausgeforscht werden konnte, welche im Zeitraum - bei der Y als Arbeiter zur SV angemeldet war.

Im Zuge der weiteren Sachverhaltsermittlung wurde diese Person vorgeladen und schließlich per niederschriftlich als Zeuge über die Verhältnisse im Bereich der Y einvernommen.

Im Wesentlichen wurden dabei von der Person P die nachstehenden Aussagen getätigt:

"Ich war glaublich am in einem Wettbüro in der... und habe mit einem Bekannten - Name nicht mehr erinnerlich - gesprochen, dass ich Arbeit suche, weil ich bei der Firma ... auf Grund des Wetters entlassen wurde.

Dieser Bekannte hat sich danach an eine Person im Lokal gewandt und diesem erzählt, dass ich Arbeit suche. In der Folge ist diese männlichen Person mit Body-Builder-Statur und Glatze zu mir gekommen und hat sich mir gegenüber als "Goran" zu erkennen geben. Ein Familiennamen hat er mir nicht genannt. Danach bin ich darauf von ihm angesprochen worden, ob ich für ihn arbeiten wolle und hat mir dabei eine Visitenkarte der Firma Y übergeben.

Ich habe sofort zugesagt und habe gleich am nächsten Tag () auf einer Baustelle im 10.Bezirk,... als Eisenbieger zum Arbeiten begonnen. Auf dieser Baustelle war ich ca. 14 Tage tätig. Als besagter "Goran" auf die Baustelle kam, habe ich ihm mitgeteilt, dass ich kündige und dass ich meine Papiere wegen der Arbeitslose haben will. "Goran" hat mir meine Papiere in der Folge per Post nach Hause geschickt.

Danach hatte ich keinerlei Kontakt mehr zu "Goran" bzw. einer Firma Y.

Außer zu "Goran" hatte ich mit keiner anderen "Chef"-Person von der Firma Y zu tun. Die Arbeiter, mit denen ich auf der Baustelle für die Y zusammenarbeitete, kannte ich nur nach dem Vornamen.

Im Büro der Y war ich niemals.

Die Bw. ist mir gänzlich unbekannt. Ebenso ist mir die mir genannte Person B gänzlich unbekannt. Im Jahr 2003 hatte ich eine zwar ein Wertkartenhandy mit der Vorwahl "0699" - Telefonnummer nicht mehr erinnerlich, jedoch nur 1 Jahr.

Mir werden nunmehr die im Vorfeld zum Gegenstand der Einvernahme vorgehaltenen Rechnungskopien der Firma Y sowie Kopien der Barzahlungsbestätigungen - unterschrieben und mit dem Stempel der Firma Y versehen - zur Stellungnahme vorgelegt.

Dazu gebe nehme ich wie folgt Stellung:

Ich habe diese mir vorgelegten Rechnungen der Y Agenturnicht ausgestellt.

Ebenso habe ich die Barbestätigungen nicht ausgestellt und niemals Geld kassiert. Die Unterschrift ist außerdem nicht meine. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

Meine Angaben wurden richtig und vollständig aufgenommen und ich zeichne ohne Änderung und Zusatz."

Das Problem der Beweislast entsteht im Abgabenverfahren, wenn trotz der amtswegigen Ermittlungen und trotz der Mitwirkungspflicht der Parteien Tatsachen nicht feststellbar sind. Kommt der Abgabenpflichtige seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, wird die Behörde aufgrund der freien Beweiswürdigung auf das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines bestimmten Sachverhaltes Rückschlüsse ziehen.

Die Abgabenbehörde hat die Beweislast für Tatsachen, die den Abgabenanspruch begründen, der Abgabenpflichtige für Tatsachen, die den Abgabenanspruch einschränken und für Begünstigungen.

Ihn trifft auch die Beweislast für einen von ihm behaupteten Sachverhalt, der der allgemeinen Lebenserfahrung widerspricht. Die Behörde trifft die Beweislast für sachliche Unrichtigkeiten der Bücher und Aufzeichnungen. Ein Sonderfall stellt die Aufforderung zur Gläubiger-benennung und Empfängerbenennung dar.

Verweigert der Abgabenpflichtige diese Angabe, dann sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen. (§ 162 BAO).

§ 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei einem Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu versteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Abgabepflichtige den Empfänger konkret genannt hat. Es dürfen allerdings dem Abgabepflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. Offenbar unerfüllbar sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Die Bezeichnung der Empfänger der aufgewendeten Beträge kann jedoch nicht als unverschuldetermaßen tatsächlich unmöglich angesehen werden, wenn dem Abgabepflichtigen die Bezeichnung der Empfänger aufgrund seines eigenen Verhaltens unmöglich wurde (Hinweis E , 87/14/0203).

Die Rechtsfolge des § 162 Abs 2 BAO ist nur ausgeschlossen, wenn dem Steuerpflichtigen die genaue Bezeichnung der Empfänger der aufgewendeten Beträge unverschuldetermaßen tatsächlich unmöglich ist. Die Bezeichnung der Empfänger der aufgewendeten Beträge kann jedoch nicht als unverschuldetermaßen tatsächlich unmöglich angesehen werden, wenn dem Steuerpflichtigen die Bezeichnung Empfänger auf Grund seines eigenen Verhaltens unmöglich wurde. Dies trifft aber grundsätzlich zu, wenn er bei Lieferanten, bei denen die Versteuerung der empfangenen Beträge offenkundig in Betracht kommt, die Feststellung der tatsächlichen Identität unterlässt und in großem Umfang die Angabe fingierter Namen in Kauf nimmt. - Eine andere Betrachtung ist allenfalls geboten, wenn es um sogenannte Bagatelleinkäufe geht dh um geringwertige Einkäufe von - nach Art der Geschäfte - regelmäßig "privaten" Verkäufern.

Bezeichnet der Abgabepflichtige die "fingierten" Lieferanten nicht, kommt § 162 Abs 2 BAO zu Recht zum Zug, und es können die entsprechenden Aufwendungen auch nicht im Schätzungsweg berücksichtigt werden.

Selbst wenn eine als Empfänger bezeichnete Gesellschaft eine juristische Person ist, bleibt es der Abgabenbehörde unter den Voraussetzungen des § 162 BAO unbenommen, im Rahmen der freien Beweiswürdigung den Abzug der abgesetzten Beträge zu versagen, wenn maßgebliche Gründe die Vermutung rechtfertigen, dass die benannte (und sei es auch eine juristische) Person nicht der tatsächliche Gläubiger oder Empfänger ist.

Hat die namhaft gemachte Person eine Leistung nicht erbracht, sei es, dass es sich dabei um eine "Briefkastenfirma", dh um ein Unternehmen handelt, das keinen geschäftlichen Betrieb hat und deswegen keine Leistung erbringen kann, sei es aus anderen Gründen, so kann diese Person auch nicht als Empfänger iSd § 162 BAO angesehen werden.

Insgesamt war damit in Anlehnung an § 162 BAO im Jahr 2009 ein Aufwand in Höhe von € 130.296,00 nicht anzuerkennen.

Tz 1.5 Umsatzsteuer 2009 lt. Bp

Nachstehend erfolgt die Darstellung der Besteuerungsgrundlagen lt. Bp für das Jahr 2009:

Tz 1.6 Körperschaftsteuer 2008

[...]

Tz 1.7 Körperschaftsteuer 2009 lt. Bp

Nachstehend erfolgt die Darstellung der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer des Jahres 2009 lt. Bp:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. Erklärung
70.125,53
darin enthalten Gewinnanteile als Mitunternehmer lt. Erklärung
0,00
+ Nichtanerkennung Aufwand gem. § 162 BAO
130.296,00
+ Gewinnanteil als Mitunternehmer lt. Bp
1.964,02
Einkünfte aus Gewerbebetrieb lt. Bp
202.385,55
verrechenbare Verluste aus Vorjahren
-31.523,05
Bemessungsgrundlage KöSt lt. Bp
170.862,50

...

Die Niederschrift wurde für die Bw. nicht unterfertigt.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am jeweils einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid und einen Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2009, ferner einen Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid für 2011 und Folgejahre.

Die Umsatzsteuer wurde mit € -12.869,42, die Körperschaftsteuer mit € 39.777,64 und die Körperschaftsteuervorauszahlungen mit € 55.150,07 festgesetzt.

Am wurde über FinanzOnline gegen die genannten Bescheide das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und der Antrag gestellt, die Umsatzsteuer mit € -38.928,62, die Körperschaftsteuer mit € 4.186,05 und die Körperschaftsteuervorauszahlungen mit € 5.000 erklärungsgemäß festzusetzen.

Die Begründung wurde mit gesondertem Schriftsatz vom beigebracht:

"..Die derzeit bestehenden Bescheide für die Umsatzsteuer versagen die Anerkennung der in den Rechnungen der Firma mit der Begründung, dass es sich bei dieser Firma um eine "Scheinfirma" handelt. Da wir Ihnen nachgewiesen haben, dass die verbuchten Warenlieferungen im Einklang mit den von uns erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen stehen, hat sich Ihr Amt bei der Ablehnung der Vorsteuer auf die Tatsache zurückgezogen, dass die Rechnung hinsichtlich des Bestandteiles Namen und Anschrift des liefernden Unternehmens nicht richtig und damit nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Es waren von Beginn der Geschäftsbeziehung bis Ende Mai 2009 nachweislich positive Auskünfte über die Lieferantin vorhanden. Wenn uns vorgeworfen wird, dass wir uns von der Existenz der Firma nicht überzeugt hätten, ist festzuhalten, dass Lieferanten von Baumaterial österreichweit tätig sind, die Kontaktaufnahme durch Vertreter üblich ist und die mit der Auslieferung des Materials befassten Personen in der Regel auch inkassoberechtigt sind.

Ein Besuch in den Firmenzentralen ist daher nicht üblich.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen zum Problem der Aufwandsanerkennung verwiesen. zumindest grobe Fahrlässigkeit bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der ausgestellten Rechnungen vorgewiesen werden kann. Von Ihrem Amt konnte der Nachweis nicht erbracht werden, dass die in Rechnung gestellten Lieferungen nicht tatsächlich durchgeführt wurden

Selbst wenn es sich bei der Firma Y wirklich von Anfang an um eine Scheinfirma gehandelt hat, ist es erfahrungsgemäß häufig so, dass diese Scheinfirmen die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbringen und nur die damit zusammenhängenden Abgabenbeträge nicht an die zuständigen Stellen abführen.

Im konkreten Fall wurde von uns die Firma Y für die Materialanlieferungen trotz geringfügiger Preisnachlässe deshalb gewährt, weil sie zum Unterschied der den Markt beherrschenden größeren Unternehmen des Baustoffhandels bereit war, für die Lieferungen ein 45-tägiges Zahlungsziel zu gewähren.

Zu den Ausführungen bezüglich der Einvernahme eines Arbeiters mit dem Namen P ist festzuhalten, dass es sich bei dieser Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht um jenen Herrn P gehandelt hat, der im Jänner 2009 die Geschäftsanbahnung zwischen uns und der Firma Y durchgeführt hat.

Da die Verhältnisse (Name, Geschäftsadresse, Gesellschafter-Geschäftsführer etc.) sich zwischen Zuteilung einer UID-Nummer und der Rechnungslegung an uns sich nicht geändert haben, kann unseres Erachtens an uns nicht strengere Maßstäbe angelegt werden, als an die erhebenden Beamten Ihres Amtes anlässlich der Zuteilung der UID-Nummer.

Die verspätete Verbuchung der Zahlungen und die späte Rechnungserstellung können nach unserer Ansicht nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges führen, da für den Vorsteuerabzug ein verbuchen der Rechnung nicht Voraussetzung ist.

Eine nicht chronologische Verbuchung der Geschäftsfälle berechtigt das Finanzamt deshalb zur Schätzung, weil berechtigte Zweifel an der Vollständigkeit des Buchungsmaterials bestehen.

Da derartige Zweifel nicht belegt werden können, hat sich ihr Amt auch hier auf den Formalstandpunkt des § 162 BAO zurückgezogen und die Behauptung aufgestellt, dass der wahre Empfänger unserer Leistungen (Zahlung der ausgestellten Rechnungen) nicht mehr feststellbar ist.

Hier ist festzuhalten, dass § 162 BAO jene Fälle im Auge hat, bei denen Provisionen an natürliche Personen gezahlt werden, die diese sodann nicht der Besteuerung unterwerfen.

Im konkreten Fall handelt es sich jedoch um Warenlieferungen, die nachweislich in unsere Leistungen eingeflossen sind und es ist nunmehr so, dass die eben von Ihnen inkriminierten Scheinrechnungen den Nachweis für die Pflicht zur Aufnahme in die Buchhaltung der Scheinfirma darstellen.

Es kann unseres Erachtens einen Leistungsempfänger, der eine ordnungsgemäße Rechnung einer im Firmenbuch eingetragenen Firma erhält, nicht auferlegt werden, zu überprüfen, ob der Rechnungsaussteller die Rechnung ordnungsgemäß in die Buchhaltung aufnimmt und die damit verbundenen Abgaben tatsächlich abführt.

Es ist daher unserer Ansicht nach der Vorsteuerabzug anzuerkennen und davon Ihrer Behörde die Möglichkeit von Zuschätzungen nicht wahrgenommen wurde, hat auch die Veranlagung zur Körperschaftsteuer der Erklärung gemäß zu erfolgen.

Wir ersuchen daher, unserer Berufung stattzugeben"

Mit Berufungsvorentscheidungen vom wies das Finanzamt Wien 2/20/21/22 die Berufungen gegen den Umsatzsteuerbescheid und gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2009 gemäß § 276 BAO als unbegründet ab.

"In der Berufung wird im Wesentlichen vorgebracht, dass auch ,Scheinfirmen' die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich erbringen.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer nur eine Steuer als Vorsteuer abziehen, die der ausstellende Unternehmer in einer den Formvorschriften des § 11 UStG 1994 entsprechenden Rechnung an ihn gesondert ausgewiesen hat.

Da unstrittig blieb, dass die Rechnung nicht vom auf der Rechnung ausgewiesenen Unternehmer stammt, war der Vorsteuerabzug schon allein aus diesem Grund zu versagen. Auf die seitens der Betriebsprüfung festgestellten Rechnungsmängel (ungültige UID-Nummer, falsche Anschrift) war nicht mehr näher einzugehen."

"Gemäß § 162 BAO ist die Anerkennung von Aufwendungen dann zu versagen, wenn der Empfänger nicht bekannt gegeben wird. Der Betriebsprüfung wurde P als Empfänger der von der Y in Rechnung gestellten Beträge bekannt gegeben. In der Berufung wird nunmehr bekannt gegeben, dass der von der Betriebsprüfung als Zeuge befragte P mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht der Empfänger der Geldbeträge gewesen sei. Eine Namhaftmachung des tatsächlichen Empfängers erfolgte nicht. Die Aufwendungen waren daher zu Recht nicht anzuerkennen."

Über FinanzOnline wurde hinsichtlich Umsatzsteuer 2009 und Körperschaftsteuer 2009 rechtzeitig ein Vorlageantrag eingebracht. Die Berufungsbegründung werde unverändert aufrechterhalten, eine Äußerung zu den Ausführungen in den Berufungsvorentscheidungen erfolgte nicht.

Mit am eingelangtem Bericht legte das Finanzamt Wien 2/20/21/22 die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Umsatzsteuer 2009

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG 1994) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Der Vorsteuerabzug steht für die "von einem anderen Unternehmer" in einer Rechnung gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen zu.

Voraussetzung für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ist neben der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers daher auch die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft des Erbringers der Lieferung oder sonstigen Leistung, die ebenfalls im Zeitpunkt der Leistung gegeben sein muss.

Ob der leistende Unternehmer beim Finanzamt steuerlich erfasst ist oder nicht, ist für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nicht maßgeblich.

Leistender ist, wer im Außenverhältnis zur Leistungserbringung verpflichtet ist (vgl. Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-ON 2.00 § 12 Rz 22, unter Hinweis auf ; und ).

Ob der Aussteller der Rechnung ein Unternehmer ist, ist eine Rechtsfrage, die nach den Kriterien des § 2 auf der Basis von Sachverhaltsfeststellungen über das Vorliegen der im § 2 genannten Tatbestandsmerkmale zu beurteilen ist (vgl. ; , 95/13/0143; , 95/13/0030). Auf den "guten Glauben" des Rechnungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers bzw dessen subjektive Überzeugung kommt es nach dieser Rechtsprechung nicht an (vgl auch ; , 2002/15/0174; , 2003/13/0004). Das Risiko einer Enttäuschung in seinem guten Glauben hat nach der Rechtsprechung des VwGH der zu tragen, der im guten Glauben handelt; eine Überwälzung des Risikos auf den Abgabengläubiger ist nicht möglich (vgl. ).

Stellt sich (nachträglich) heraus, dass der Leistende keine Unternehmereigenschaft besitzt, so geht der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers verloren (vgl Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-ON 2.00 § 12 Rz 26).

Die Unternehmereigenschaft des Leistungserbringers ist an der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nummer) zu erkennen. Gemäß Art 28 UStG 1994 hat das Finanzamt Unternehmern, die im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, eine UID-Nummer zu erteilen. Gem § 11 Abs 1 UStG 1994 ist die dem Unternehmer vom Finanzamt erteilte UID-Nummer in der Rechnung anzugeben (vgl Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-ON 2.00 § 12 Rz 26).

Grundsätzlich erfordert § 11 Abs 1 UStG 1994 die Angabe einer korrekten UID-Nummer auf der Rechnung. Wird eine falsche UID-Nummer oder eine nicht dem leistenden Unternehmer gehörende UID-Nummer ausgewiesen, liegt ein Rechnungsmangel vor, der zur Versagung des Vorsteuerabzugs führt (; , RV/1542-W/05; , RV/0363-W/10, RV/0364-W/10).

Ist die UID-Nummer des leistenden Unternehmers zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung nicht gültig, ist dies dem Fehlen der UID-Nummer gleichzustellen. Der Rechnungsempfänger ist daher angehalten, die Gültigkeit der UID-Nummer zu prüfen (vgl. Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-ON 2.00 § 11 Rz 94).

Maßgebend für den Vorsteuerabzug sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Rechnungslegung. Liegt im Zeitpunkt der Rechnungslegung keine gültige UID-Nummer des Rechnungsausstellers vor, kommt ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht, da wesentliches Rechnungsmerkmal fehlt, mag auch im Zeitpunkt der Leistungserbringung eine gültige UID-Nummer bestanden haben.

Nach den unbestrittenen Feststellungen des Finanzamtes verfügte die (angebliche) Rechnungsausstellerin, die Y, seit über keine gültige UID-Nummer.

Sämtliche streitgegenständlichen Rechnungen der Y datieren zwischen und .

In diesem Zeitraum verfügte die (angebliche) Rechnungsausstellerin über keine gültige UID-Nummer.

Der Vorsteuerabzug aus den streitgegenständlichen Rechnungen steht der Bw daher schon deswegen nicht zu, ohne auf die anderen im Verfahren vorgebrachten Argumente eingehen zu müssen.

Besteht im Zeitpunkt der Rechnungslegung keine gültige UID-Nummer des Rechnungslegers, steht der Vorsteuerabzug aus einer Rechnung nicht zu, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob der Rechnungsempfänger bei im Zeitpunkt der Rechnungslegung gültiger UID-Nummer auf die Unternehmereigenschaft des Rechnungslegers vertrauen kann oder nicht (siehe etwa ; ; ; -G/10; ).

Ergänzend ist festzuhalten, dass nach der Aktenlage die Y über keine Betriebsstätte verfügt hat (bei der angegebenen Rechnungsadresse handelte es sich um die leerstehende ehemalige Wohnung der Gesellschafter-Geschäftsführerin), die Gesellschafter-Geschäftsführerin unauffindbar ist und im Insolvenzverfahren hinsichtlich der Gesellschaft keine sachdienlichen Buchhaltungsunterlagen aufgefunden werden konnten. Schließlich ist fraglich, ob die Rechnungen überhaupt von der Y ausgestellt wurden, wobei die Bw ihre Behauptung, der vom Finanzamt ausfindig gemachte P sei nicht mit jenem P ident, auf den sich die Bw beziehe, nicht unter Beweis gestellt hat.

Dem Finanzamt ist zuzustimmen, dass angesichts der näheren Umstände der Geschäftsbeziehung von einem guten Glauben der Bw - unabhängig davon, ob dies von Bedeutung wäre - keine Rede sein kann. Wenn die Bw im Jänner 2009 die UID-Nummer der Y geprüft hat, kann sie nicht darauf vertrauen, dass die Y im Oktober bis Dezember 2009 noch Unternehmerin ist. Hier wäre es an der Bw gelegen, sich zeitnahe vor den Zahlungen davon zu überzeugen, ob die UID-Nummer ihrer (angeblichen) Geschäftspartnerin noch aufrecht ist und der Y gegebenenfalls - unter Unternehmern ist davon auszugehen, dass zivilrechtlich der Nettopreis als Entgelt vereinbart wurde - nur den Nettopreis zu zahlen.

Die Berufung betreffend Umsatzsteuer 2009 ist daher als unbegründet abzuweisen.

2. Körperschaftsteuer 2009

Es steht außer Streit, dass Aufzeichnungen der Bw zufolge der von der Außenprüfung aufgezeigten Mängel nicht die Vermutung der Richtigkeit nach § 163 BAO für sich haben.

§ 184 BAO lautet:

"§ 184. (1) Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

(3) Zu schätzen ist ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

§ 162 BAO lautet:

"§ 162. (1) Wenn der Abgabepflichtige beantragt, daß Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde verlangen, daß der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet.

(2) Soweit der Abgabepflichtige die von der Abgabenbehörde gemäß Abs. 1 verlangten Angaben verweigert, sind die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen.

Eine Aufforderung nach § 162 Abs 1 BAO stellt eine im behördlichen Ermessen (§ 20 BAO) gelegene verfahrensleitende Verfügung (§§ 94, 244 BAO) dar. Sie ist unzulässig und somit rechtswidrig, wenn sie ohne Verschulden der Partei nicht erfüllt werden kann (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 162 Anm 3).

Eine an die Bw gerichtete formelle Aufforderung zur Empfängerbenennung i.S.d. § 162 BAO (hierbei handelt es sich um einen Bescheid, vgl Ritz, BAO4, § 162 Tz 1) ist weder aus dem Finanzamtsakt noch aus den Arbeitsbögen ersichtlich.

Will das Finanzamt die Rechtswirkungen des § 162 BAO eintreten lassen, hat zuvor ein auf § 162 gestützter Bescheid zu ergehen, der auch auf die Rechtsfolgen nach § 162 Abs 2 BAO hinweist.

Erfolgte kein Auftrag zur Empfängerbenennung, hat eine Schätzung nach den Regelungen des § 184 BAO zu erfolgen.

Eine Schätzung "in Anlehnung an § 162 BAO" ist unzulässig. Entweder es liegt ein Anwendungsfall des § 162 BAO vor, dann dürfen Aufwendungen, falls die Empfängerbenennung nicht gelingt, auch dann nicht abgesetzt werden, wenn sie tatsächlich angefallen sind. Oder es wird geschätzt, dann sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Es liegt auf der Hand, dass Fliesenlegungsarbeiten nur dann durchgeführt werden können, wenn das Material entweder vom Auftraggeber beigestellt wird oder der Fliesenleger das Material selbst einkauft.

Für eine Schätzung fehlt es aber an jeglichen festgestellten Grundlagen.

Ist die Berufung weder zurückzuweisen (§ 273 BAO) noch als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2 BAO, § 86a Abs. 1 BAO) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3 BAO, § 274 BAO) zu erklären, so kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Im weiteren Verfahren sind die Behörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im Aufhebungsbescheid dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat. Soweit die Verjährung der Festsetzung einer Abgabe in einer Berufungsentscheidung (§ 289 Abs. 2 BAO) nicht entgegenstehen würde, steht sie auch nicht der Abgabenfestsetzung im den aufgehobenen Bescheid ersetzenden Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz entgegen; § 209a BAO gilt sinngemäß.

Die Abgabenbehörde erster Instanz wird im weiteren Verfahren entweder formell eine Aufforderung nach § 162 BAO ergehen zu lassen haben, wobei auch das Ermessen entsprechend zu begründen ist. Kann danach der tatsächliche Empfänger nicht genannt werden, hat dies dann zwingend die Nichtanerkennung der Aufwendungen zur Folge.

Oder, falls § 162 BAO nicht zur Anwendung kommt, hat eine Schätzung gemäß § 184 BAO vorgenommen zu werden. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass normalerweise Aufwendungen für die verlegten Fliesen - falls tatsächlich derartige Arbeiten geleistet wurden - angefallen sein werden, die dann auch ihren steuerlichen Niederschlag finden müssen. Zu den behaupteten Wareneinkäufen müsste es auch korrespondierende Leistungen der Bw geben. Wurden solche nicht erklärt, wären - je nach Grad der Wahrscheinlichkeit - entweder sowohl Erlöse hinzuzuschätzen als auch ein Wareneinsatz gewinnmindernd anzusetzen oder überhaupt kein Wareneinsatz zu berücksichtigen, wenn auch keine Leistungen damit erbracht wurden.

Hierzu fehlen bislang aber jegliche Feststellungen.

Im Übrigen fehlen auch Feststellungen hinsichtlich der sonstigen Geschäftsgebarung der Bw, da Mängel des Rechnungswesens unstrittig bestehen und somit auch die sonstige Geschäftsgebarung - über die Rechtsbeziehung mit der Y hinausgehend - einer Prüfung bedürfte.

Sollten hierbei entscheidungswesentliche Tatsachen neu hervorkommen, stünde die gegenständliche Berufungsentscheidung in Bezug auf die Umsatzsteuer einer Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO nicht entgegen.

Da die erstmalige Anwendung des § 162 BAO im Rechtsmittelverfahren zwar zulässig ist, aber den Rechtsschutz des Bw beschränkt und da bei einer Schätzung weitere Außenprüfungshandlungen erforderlich sein werden, war die Sache an das Finanzamt zurückzuverweisen.

Die Aufhebung nach § 289 Abs 1 BAO stellt eine Ermessensentscheidung dar, welche nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit zu treffen ist. Zweckmäßig ist die Zurückverweisung im gegenständlichen Fall jedenfalls aus dem Grund, weil zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes noch umfangreiche Ermittlungen notwendig sind.

Zudem würde es die Anordnungen des Gesetzgebers unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines ausreichenden Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Berufungsbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache werden würde. Es ist nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Berufungsbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. Ritz, BAO³, § 289 Tz 5; , betr. die vergleichbare Bestimmung des § 66 Abs. 2 AVG). Will der Unabhängige Finanzsenat der ihm zugedachten Rolle eines unabhängigen Dritten gerecht werden, muss er sich im Wesentlichen auf die Funktion eines Kontroll- und Rechtsschutzorganes beschränken (vgl. Beiser, SWK 3/2003, S 102 ff). Würde der Unabhängige Finanzsenat im berufungsgegenständlichen Fall die fehlenden Ermittlungen erstmals durchführen, würde dies auch zu einer nicht unbeträchtlichen Verfahrensverzögerung führen, weil alle Ermittlungsergebnisse immer der jeweils anderen Verfahrenspartei zur Stellungnahme bzw. Gegenäußerung unter Beachtung des Parteiengehörs iSd § 115 Abs. 2 BAO zur Kenntnis gebracht werden müssten, was bei der Ermessensübung iSd § 289 Abs 1 BAO ebenfalls Beachtung zu finden hat.

Wien, am

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